Urteil des BGH vom 27.06.2013

Fleurop Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 53/12
Verkündet am:
27. Juni 2013
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
Fleurop
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2
Wird Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder verwechselba-
ren Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt (Keyword-Advertising), ist
eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke zwar in der Regel zu ver-
neinen, wenn die Anzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und
entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Mar-
ke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke an-
gebotenen Produkte enthält. Liegt jedoch für den angesprochenen Verkehr auf-
grund eines ihm bekannten Vertriebssystems des Markeninhabers die Vermutung
nahe, dass es sich bei dem Dritten um ein Partnerunternehmen des Markeninha-
bers handelt, ist die Herkunftsfunktion der Marke bereits dann beeinträchtigt, wenn
in der Werbeanzeige nicht auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwi-
schen dem Markeninhaber und dem Dritten hingewiesen wird (Fortführung von
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 217/10, GRUR 2013, 290 = WRP
2013, 505 - MOST-Pralinen).
BGH, Urteil vom 27. Juni 2013 - I ZR 53/12 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
- 2 -
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 27. Juni 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Dr. h.c. Born-
kamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch
für Recht erkannt:
Die Revision gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlan-
desgerichts Braunschweig vom 7. März 2012 wird auf Kosten der
Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin der am 21. April 1983 eingetragenen Wortmarke
FLEUROP
für folgende Waren und Dienstleistungen:
Natürliche und künstliche Blumen und lebende und künstliche Pflanzen sowie
daraus hergestellte Kränze, Gebinde, Dekorationen und/oder Arrangements;
Geschenkartikel, nämlich Parfümerien, Spirituosen, Weine, Schokoladenwaren,
Modeschmuck, Schallplatten und Spiele; Vermittlung der Zusammenstellung,
der Lieferung und der Abrechnung von Blumenspenden, Kränzen, Gebinden
und/oder Dekorationen sowie von Geschenkkörben, enthaltend die vorgenann-
ten Waren in verschiedenen Zusammenstellungen.
Sie vermittelt über etwa 8.000 als Partnerfloristen tätige Blumenfachge-
schäfte bundesweit Blumengrüße; Kunden der Klägerin können bei einem Partner-
floristen Blumen bestellen, die dann an einem anderen Ort durch einen anderen
Partnerfloristen an die gewünschte Adresse geliefert werden.
1
2
- 3 -
Die Beklagte ist Inhaberin der Mar
ke „Blumenbutler“. Sie bietet unter ihrer
Internetadresse „blumenbutler.de“ den Versand von Blumen an. Dafür hat sie bei
der In
ternetsuchmaschine „Google“ sogenannte AdWords-Anzeigen geschaltet
und hierfür das Schlüsselwort (Keyword) „Fleurop“ gebucht. Bei Eingabe dieses
Wortes als Suchwort erschienen im Jahr 2011 oberhalb und rechts neben der
Trefferliste - jeweils in einem von der Trefferliste räumlich getrennten und mit dem
Wort
„Anzeigen“ gekennzeichneten Werbeblock - folgende Werbeanzeigen:
Blumenversand online
www.blumenbutler.de/blumenversand Blumen
schnell & einfach bestellen Mit kostenloser Grußkarte
(Anzeige oberhalb der Trefferliste)
Blumenversand online
Blumen schnell & einfach bestellen
Mit kostenloser Grußkarte
www.blumenbutler.de/blumenversand
(Anzeige rechts neben der Trefferliste)
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihres Rechts an der
Marke „FLEU-
ROP“. Sie verlangt von der Beklagten es zu unterlassen, bei „Google“ Werbean-
zeigen zu schalten, die bei Eingabe des Suchbegriffs „Fleurop“ erscheinen und
wie oben wiedergegeben gestaltet sind. Ferner begehrt sie Freistellung von Ab-
mahnkosten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die
Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2
Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren
Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abwei-
sung der Klage.
3
4
5
- 4 -
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten An-
sprüche auf Unterlassung und Freistellung von Abmahnkosten wegen Verletzung
des Rechts der Klägerin an
der Marke „FLEUROP“ für begründet erachtet und da-
zu ausgeführt:
Die Beklagte habe dadurch, dass sie das Zeichen „Fleurop“ als Schlüssel-
wort für ihre AdWords-Anzeigen ausgewählt habe, ein mit der M
arke „FLEUROP“
identisches Zeichen für ihre Waren und Dienstleistungen benutzt. Diese Benut-
zung habe die herkunftshinweisende Funktion der Marke beeinträchtigt. Zwar ent-
hielten die Werbeanzeigen nicht das Markenwort „FLEUROP“. Jedoch ermögliche
der Domainname „www.blumenbutler.de/blumenversand” dem Verbraucher keine
Zuordnung zu einem bestimmten (anderen) Unternehmen als der Klägerin. Der in
dem Domainnamen
verwendete Begriff „Blumenbutler“ sei nicht als Zeichen er-
kennbar, sondern erscheine als humorige Umschreibung der von der Beklagten
angebotenen Dienstleistung eines Blumenversands. Der typische Kunde der Klä-
gerin könne
nicht erkennen, ob es sich bei „Blumenbutler“ um ein Partnerunter-
nehmen der Klägerin handele oder nicht. Für ihn liege aufgrund des ihm bekann-
ten Vertriebssystems der Klägerin die Vermutung einer solchen Partnerschaft na-
he.
II. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat
mit Recht angenommen, dass die in Rede stehenden AdWords-Anzeigen die
Rechte aus der Klagemarke verletzen (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 MarkenG) und die
mit der Klage erhobenen Ansprüche auf Unterlassung (§ 14 Abs. 5 Satz 1 Mar-
kenG) und Freistellung von Abmahnkosten (§ 14 Abs. 6 Satz 1 MarkenG, §§ 677,
683, 670 BGB) daher begründet sind.
6
7
8
- 5 -
1. Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im
geschäftlichen Verkehr (1) ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder
Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz
genießt (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) oder (2) ein Zeichen zu benutzen, wenn we-
gen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität
oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder
Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht (§ 14
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Die Vorschriften des § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG
setzen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a und b MarkenRL (nahezu wörtlich) ins deut-
sche Recht um und sind daher richtlinienkonform auszulegen.
2. Die Beklagte hat das Zeichen „Fleurop“ dadurch ohne Zustimmung der
Klägerin im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen benutzt, dass
sie es als Schlüsselwort für AdWords-Anzeigen ausgewählt hat, mit denen sie für
die auf ihrer Internetseite angebotenen Waren und Dienstleistungen wirbt (vgl.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 217/10, GRUR 2013, 290 Rn. 16 und
19 = WRP 2013, 505 - MOST-Pralinen, mwN).
3. Das Berufungsgericht ist bei seiner Prüfung einer Markenverletzung nach
§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ersichtlich davon ausgegangen, zwischen der Klage-
marke „FLEUROP“ und dem Schlüsselwort „Fleurop“ sowie zwischen den durch
die Klagemarke und das Schlüsselwort erfassten Waren und Dienstleistungen be-
stehe jeweils Identität. Diese Annahme begegnet zwar Bedenken; es kann jedoch
offenbleiben, ob diese Bedenken durchgreifen.
a) Ein Zeichen ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäi-
schen Union allerdings nicht nur dann mit der Marke identisch, wenn es ohne Än-
derung oder Hinzufügung alle Elemente wiedergibt, die die Marke bilden, sondern
auch dann, wenn es als Ganzes betrachtet nur so geringfügige Unterschiede ge-
9
10
11
12
- 6 -
genüber der Marke aufweist, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen
können (vgl. EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg. 2003, I-2799 =
GRUR 2003, 422 Rn. 54 Arthur/Arthur et Félicie; Urteil vom 25. März 2010
- C-278/08, Slg. 2010, I-2517 = GRUR 2010, 451 Rn. 25 - BergSpechte/trekking.at
Reisen; Urteil vom 8. Juli 2010 - C-558/08, Slg. 2010, I-6959 = GRUR 2010, 841
Rn. 47 - Portakabin/Primakabin). In der Vergangenheit hat der Senat zwischen der
großgeschriebenen Wortmarke „POWER BALL“ und dem kleingeschriebenen Zei-
chen „power ball“ lediglich eine hochgradige Zeichenähnlichkeit (also keine Identi-
tät) angenommen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - I ZR 51/08, GRUR
2010, 835 Rn. 32 = WRP 2010, 1165 - POWER BALL, mwN). Auf diesen Ge-
sichtspunkt kommt es aber nicht an, wenn - wovon der Senat ausgeht - bei der
Buchung von Google-Adwords nicht danach unterschieden wird, ob das Schlüs-
selwort in Groß- oder in Kleinbuchstaben eingegeben wird.
b) Zwischen den durch die Klagemarke und das Schlüsselwort gleicherma-
ßen erfassten Waren „Blumen“ besteht zwar Identität. Es könnte aber zweifehlhaft
sein, ob Identität auch zwischen den durch die Klagemarke und das Schlüsselwort
erfassten Dienstleistungen besteht. Das Schlüsselwort wird für die Dienstleistung
des Versands von Blumen verwendet; die Klagemarke ist dagegen für die Dienst-
leistung der Vermittlung der Lieferung von Blumenspenden eingetragen. Die Revi-
sion macht geltend, zwischen den Dienstleistungen des eigenen Versands von
Blumen einerseits und der Vermittlung des Versands von Blumen durch Dritte an-
dererseits bestehe ein so erheblicher Unterschied, dass nicht von einer Identität
der Dienstleistungen ausgegangen werden könne.
c) Es kann im vorliegenden Zusammenhang offenbleiben, ob diese Beden-
ken durchgreifen. Die Parteien streiten - soweit in der Revisionsinstanz noch von
Bedeutung - allein über die Frage, ob die Beklagte mit der Auswahl des Schlüs-
selworts „Fleurop“ die herkunftshinweisende Funktion der Marke „FLEUROP“ ver-
13
14
- 7 -
letzt hat.
Zwischen der Klagemarke „FLEUROP“ und dem Schlüsselwort „Fleurop“
sowie zwischen den durch die Klagemarke und das Schlüsselwort erfassten
Dienstleistungen der Blumenvermittlung und des Blumenversands besteht jeden-
falls (hochgradige) Ähnlichkeit. Eine Marke genießt ebenso wie in Fällen der Dop-
pelidentität (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a MarkenRL)
auch in Fällen der Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, Art. 5 Abs. 1
Satz 1 Buchst. b MarkenRL) Schutz vor Beeinträchtigung ihrer Herkunftsfunktion.
Für die Beurteilung, ob die Herkunftsfunktion einer Marke durch die Nutzung eines
Schlüsselworts für Werbeanzeigen beeinträchtigt wird, gelten in beiden Fällen die-
selben Grundsätze.
4. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die her-
kunftshinweisende Funktion der Marke „FLEUROP“ verletzt ist.
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union er-
fordert die Beurteilung, ob die Herkunftsfunktion einer Marke beeinträchtigt wird,
wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen oder der Marke
ähnlichen Schlüsselworts eine Anzeige eines Dritten gezeigt wird, eine zweistufige
Prüfung: Zunächst hat das Gericht festzustellen, ob bei einem normal informierten
und angemessen aufmerksamen Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten
Marktmerkmale das Wissen zu unterstellen ist, dass der Werbende und der Mar-
keninhaber nicht miteinander wirtschaftlich verbunden sind, sondern miteinander
im Wettbewerb stehen. Fehlt ein solches allgemeines Wissen, hat das Gericht zu
prüfen, ob der Internetnutzer aus der Werbeanzeige erkennen kann, dass die vom
Werbenden angebotenen Waren oder Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber
oder mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH, Urteil
vom 22. September 2011 - C-323/09, Slg. 2011, I-8625 = GRUR 2011, 1124
Rn. 51 - Interflora/M&S Interflora Inc.).
15
16
- 8 -
Im Streitfall hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, aus
denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass der normal informierte und
angemessen aufmerksame Internetnutzer aufgrund der allgemein bekannten
Marktmerkmale Kenntnis davon hat, dass der Werbende und der Markeninhaber
nicht miteinander wirtschaftlich verbunden sind, sondern miteinander im Wettbe-
werb stehen. Daher kommt es darauf an, ob für den Internetnutzer aus der Wer-
beanzeige erkennbar ist, dass die vom Werbenden angebotenen Waren oder
Dienstleistungen nicht vom Markeninhaber oder mit ihm wirtschaftlich verbunde-
nen Unternehmen stammen. Diese Beurteilung hängt nach der Rechtsprechung
des Gerichtshofs der Europäischen Union insbesondere von der Gestaltung der
Anzeige ab. Ist aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen
aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen, ob die in der
Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder
von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von ei-
nem Dritten stammen, ist die herkunftshinweisende Funktion der Marke beein-
trächtigt (vgl. zum mit der Marke identischen Schlüsselwort EuGH, Urteil vom 23.
März 2010 - C-236/08 bis C-238/08, Slg. 2010, I-2417 = GRUR 2010, 445 Rn. 82
bis 87 - Google France und Google; EuGH, GRUR 2010, 451 Rn. 35 - BergSpech-
te/trekking.at Reisen; EuGH, Beschluss vom 26. März 2010 - C-91/09, GRUR
2010, 641 Rn. 24 - Eis.de/BBY; EuGH, GRUR 2010, 841 Rn. 34 - Portakabin/
Primakabin; GRUR 2011, 1124 Rn. 44 - Interflora/M&S Interflora Inc.; zum der
Marke ähnlichen Schlüsselwort EuGH, GRUR 2010, 451 Rn. 38 f. - BergSpech-
te/trekking.at Reisen; GRUR 2010, 841 Rn. 52 - Portakabin/Primakabin).
Auf eine Beeinträchtigung in diesem Sinne ist zu schließen, wenn die An-
zeige des Dritten entweder suggeriert, dass zwischen ihm und dem Markeninha-
ber eine wirtschaftliche Verbindung besteht, oder hinsichtlich der Herkunft der
fraglichen Ware oder Dienstleistung so vage gehalten ist, dass ein normal infor-
mierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer aufgrund des Werbelinks
17
18
- 9 -
und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende
im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder mit ihm wirtschaftlich verbunden ist
(vgl. EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 89 f. - Google France und Google; GRUR 2010,
451 Rn. 36 und 40 - BergSpechte/trekking.at Reisen; GRUR 2010, 641 Rn. 26 f.
- Eis.de/BBY; GRUR 2010, 841 Rn. 35 und 53 - Portakabin/Primakabin; GRUR
2011, 1124 Rn. 45 - Interflora/M&S Interflora Inc.).
Ob nach diesen Grundsätzen eine Beeinträchtigung der herkunftshinwei-
senden Funktion vorliegt oder vorliegen kann, ist Sache der Würdigung durch das
nationale Gericht (EuGH, GRUR 2010, 445 Rn. 88 - Google France und Google;
GRUR 2010, 451 Rn. 37 - BergSpechte/trekking.at Reisen; GRUR 2010, 641
Rn. 25 - Eis.de/BBY; GRUR 2010, 841 Rn. 36 - Portakabin/Primakabin; GRUR
2011, 1124 Rn. 46 - Interflora/M&S Interflora Inc.).
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt nach diesen
Grundsätzen in aller Regel keine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden
Funktion der Marke vor, wenn die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste ein-
deutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und
selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die
unter der Marke angebotenen Produkte enthält (vgl. BGH, GRUR 2013, 290
Rn. 26 - MOST-Pralinen, mwN).
Der verständige Internetnutzer erwartet in einem von der Trefferliste räum-
lich, farblich oder a
uf andere Weise deutlich abgesetzten und mit dem Begriff „An-
zeigen“ gekennzeichneten Werbeblock nicht ausschließlich Angebote des Marken-
inhabers oder mit ihm verbundener Unternehmen. Ihm ist klar, dass eine notwen-
dige Bedingung für das Erscheinen der Anzeige vor allem deren Bezahlung durch
den Werbenden ist. Ihm ist zudem bekannt, dass regelmäßig auch Dritte bezahlte
Anzeigen bei Google schalten. Er hat daher keinen Anlass zu der Annahme, eine
19
20
21
- 10 -
bei Eingabe einer Marke als Suchwort in der Anzeigenspalte erscheinende Ad-
Words-Anzeige weise allein auf das Angebot des Markeninhabers oder eines mit
ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmens hin (vgl. BGH, GRUR 2013, 290
Rn. 27 - MOST-Pralinen, mwN).
Rechnet der Internetnutzer mit Angeboten, die nicht vom Markeninhaber
oder von mit ihm verbundenen Unternehmen stammen, bedarf es keines Hinwei-
ses auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden
und dem Markeninhaber, um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der
Marke auszuschließen. Der Umstand, dass ein in der Werbeanzeige angegebener
Domainname auf eine andere betriebliche Herkunft hinweist, ist daher keine not-
wendige Bedingung, sondern nur ein zusätzlicher Grund für den Ausschluss einer
Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion. Andererseits kann die Herkunftsfunktion
der Marke auch bei einer Platzierung der Anzeige in einem deutlich abgesetzten
und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock beeinträchtigt sein, wenn die
Werbeanzeige einen Hinweis auf das Markenwort oder den Markeninhaber oder
die unter der Marke vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung angebotenen
Waren oder Dienstleistungen enthält. Allein der Umstand, dass Waren oder
Dienstleistungen der unter der Marke vertriebenen oder erbrachten Art in der
Werbeanzeige mit Gattungsbegriffen bezeichnet werden, kann allerdings grund-
sätzlich nicht zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke führen
(BGH, GRUR 2013, 290 Rn. 28 - MOST-Pralinen, mwN).
c) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass
nach diesen Maßstäben unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des
Streitfalls eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion und damit eine Verletzung
der Klagemarke zu bejahen ist. Die Herkunftsfunktion der Marke wird zwar nicht
dadurch beeinträchtigt, dass Waren und Dienstleistungen der unter der Marke
„FLEUROP“ angebotenen Art in den Werbeanzeigen mit den Gattungsbegriffen
22
23
- 11 -
„Blumen“ und „Blumenversand“ bezeichnet werden (dazu aa). Die Werbeanzeigen
enthalten auch keinen die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigenden Hin-
weis auf das Markenwort „FLEUROP“ oder den Markeninhaber oder die unter der
Marke vom Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung angebotenen Waren oder
Dienstleistungen (dazu bb). Da jedoch für den angesprochenen Verkehr aufgrund
des ihm bekannten Vertriebssystems der Klägerin die Vermutung naheliegt, dass
es sich bei „Blumenbutler“ um ein Partnerunternehmen der Klägerin handelt, ist
die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt, weil in der Werbeanzeige nicht auf
das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen der Klägerin und der Be-
klagten hingewiesen wird (dazu cc).
aa) Gibt ein Internetnutzer den von der Beklagten als Schlüsselwort ausge-
wählten Begriff „Fleurop“ als Suchwort ein, erscheinen die von der Klägerin bean-
standeten Werbeanzeigen der Beklagten nach den Feststellungen des Berufungs-
gerichts zum einen oberhalb und zum anderen rechts neben der Trefferliste, und
zwar jeweils in einem von dieser
räumlich getrennten und mit dem Wort „Anzei-
gen“ gekennzeichneten Werbeblock. Da der verständige Internetnutzer in einem
von der Trefferliste hinreichend deutlich
getrennten und mit dem Wort „Anzeigen“
gekennzeichneten Werbeblock mit Angeboten rechnet, die nicht vom Markeninha-
ber oder von mit ihm verbundenen Unternehmen stammen, kann allein der Um-
stand, dass Waren und Dienstleistungen der unter der Marke „FLEUROP“ ange-
botenen
Art in den Werbeanzeigen mit den Gattungsbegriffen „Blumen“ und „Blu-
menversand“ (unterstellt, die Dienstleistungen „Blumenversand“ und „Blumenver-
mittlung“ sind als gleichartig anzusehen) bezeichnet werden, grundsätzlich nicht
zu einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke führen.
bb) Die Herkunftsfunktion der Marke wird auch nicht durch einen in den
Werbeanzeigen enthaltenen Hinweis auf das Markenwor
t „FLEUROP“ oder den
Markeninhaber oder die unter der Marke vom Markeninhaber oder mit seiner Zu-
24
25
- 12 -
stimmung angebotenen Waren oder Dienstleistungen beeinträchtigt. Vielmehr
weist
der in der Werbeanzeige enthaltene Begriff „Blumenbutler“ - entgegen der
Ansicht des Berufungsgerichts - eher auf eine andere betriebliche Herkunft der
angebotenen Waren und Dienstleistungen hin und ist damit grundsätzlich geeig-
net, einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion entgegenzuwirken.
Das Berufungsgericht ist zwar ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, der
in dem Domainnamen verwendete Betriff „Blumenbutler“ erscheine dem durch-
schnittlichen Internetnutzer als humorige Umschreibung der Dienstleistung eines
Blumenversands. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, diese Annahme sei
fernliegend und erfahrungswidrig, weil zwischen dem Begriff „Butler“ und der
Dienstleistung eines Versands keine Verbindung gedanklicher oder sonstiger Art
bestehe und der Begriff „Blumenbutler“ allenfalls für andere Dienstleistungen (wie
die Versorgung von Blumen während einer Urlaubsabwesenheit oder die Pflege
von Pflanzen und Gärten) oder bestimmte Gegenstände (wie etwa Halterungen
oder Aufbewahrungsmöglichkeiten für Pflanzen, Blumen oder Blumentöpfe) eine
beschreibende Bedeutung haben könnte. Ein Butler kann durchaus Lieferdienste
leisten. Da beide Anzeigen in hervorgehobener Schrift mit „Blumenversand online“
überschrieben sind und im Domainnamen beider Anzeigen dem Begriff „Blumen-
butler“ der Begriff „Blumenversand“ unmittelbar folgt, ist die tatrichterliche Beurtei-
lung des Berufungsgerichts, der Begriff „Blumenbutler“ werde vom angesproche-
nen Verkehr als humorige Umschreibung eines Blumenversands verstanden, nicht
als erfahrungswidrig und damit rechtsfehlerhaft anzusehen.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann jedoch nicht angenom-
men werden, der im Domainnamen „www.blumenbutler.de/blumenversand” ver-
wendete Begriff „Blumenbutler“ sei nicht als Zeichen erkennbar. Der Begriff ist
auch für die Dienstleistung eines Blumenversands im Blick auf die ungewöhnliche
Kombination der Wörter „Blumen“ und „Butler“ hinreichend unterscheidungskräftig.
26
27
- 13 -
Das Berufungsgericht ist ersichtlich selbst davon ausgegangen, dass dieser Be-
griff vom Verkehr auch als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen mit der Ge-
sch
äftsbezeichnung „Blumenbutler“ verstanden wird und damit nicht rein be-
schreibend ist, sondern zumindest auch herkunftshinweisend wirkt.
cc) Das Berufungsgericht hat jedoch ohne Rechtsfehler angenommen, dass
im Streitfall besondere Umstände vorliegen, wonach es ausnahmsweise auch für
den Fall, dass die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrenn-
ten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder
die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der
Marke angebotenen Produkte enthält, ein Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaft-
lichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber erforderlich
ist, um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke auszuschließen. Da
die in Rede stehenden Werbeanzeigen einen solchen Hinweis nicht enthalten, ist
die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt.
(1) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts liegt für den angespro-
chenen Verkehr aufgrund des ihm bekannten Vertriebssystems der Klägerin die
Vermutung nahe, dass es
sich bei „Blumenbutler“ um ein Partnerunternehmen der
Klägerin handelt. Diese tatrichterliche Beurteilung lässt keinen Rechtstehler er-
kennen.
Das Vertriebssystem der Klägerin besteht nach den Feststellungen des Be-
rufungsgerichts darin, dass die Klägerin bundesweit Blumengrüße vermittelt und
ihre Kunden in etwa 8.000 als Partnerfloristen tätigen Blumenfachgeschäften Blu-
men bestellen können, die dann an einem anderen Ort durch einen anderen Part-
nerfloristen ausgeliefert werden. Im Blick auf das weitgespannte Vertriebsnetz der
Klägerin kann für den Verkehr die Vermutung naheliegen, ein Blumenversand, der
28
29
30
- 14 -
eine Werbeanzeige schalte, biete seine Leistungen als Partnerunternehmen der
Klägerin an.
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der durchschnittliche Internetnut-
zer werde die Werbeanzeigen der Beklagten wegen der Verwendung des Begriffs
„Blumenversand“ in der Weise verstehen, dass die Beklagte die Blumensträuße
selbst versende. Damit versucht die Revision lediglich, die tatrichterliche Beurtei-
lung durch ihre abweichende eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des
Berufungsgerichts darzutun. Insbesondere widerspricht die Annahme des Beru-
fungsgerichts, der angesprochene Verkehr verstehe unter der Dienstleistung eines
„Blumenversands“ nicht nur den eigenen Versand von Blumen, sondern auch die
Vermittlung des Versands durch Dritte, nicht der Lebenserfahrung.
(2) Das Berufungsgericht hat weiter ohne Rechtsfehler angenommen, unter
diesen besonderen Umständen könne eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunkti-
on der Marke nur durch einen Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Ver-
bindung zwischen der Klägerin und der Beklagten ausgeschlossen werden.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat
in der Sache „Interflora“ aus-
geführt, es könne in Fällen, in denen das Vertriebsnetz des Markeninhabers aus
zahlreichen Einzelhändlern zusammengesetzt sei, für den normal informierten und
angemessen aufmerksamen Internetnutzer besonders schwer sein, ohne Hinweis
des Werbenden zu erkennen, ob dieser zu diesem Vertriebsnetz gehöre oder nicht
(EuGH, GRUR 2011, 1124 Rn. 52 - Interflora/M&S Interflora Inc.). Deshalb habe
das nationale Gericht unter Berücksichtigung dieses Umstands und anderer Fak-
toren, die es als relevant erachte, zu beurteilen, ob ein solcher Internetnutzer, der
in seinem Suchbegriff die Marke verwende, aufgrund der in der Werbeanzeige
verwendeten Formulierungen erkennen könne, dass der Einzelhändler nicht zum
31
32
33
- 15 -
Vertriebsnetz des Markeninhabers gehöre (EuGH, GRUR 2011, 1124 Rn. 53
- Interflora/M&S Interflora Inc.).
Der High Court of Justice für England und Wales (Chancery Division) hat
nach der von ihm veranlassten Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäi-
schen Union unter Berücksichtigung dieser Vorgaben entschieden, dass die Her-
kunftsfunktion der Marke beeinträchtigt ist, wenn die Werbeanzeige keinen Hin-
weis darauf enthält, dass der Werbende nicht zum Vertriebsnetz des Markeninha-
bers gehört (Urteil vom 21. Mai 2013 - [2013] EWHC 1291 [Ch] Rn. 318
- Interflora, Inc et. al. v. Marks and Spencer PLC et. al., Arnold, J.). Das Beru-
fungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der hier vorliegende Fall, dessen
Sachverhalt dem vom Gerichtshof der Europäischen Union und dem High Court of
Justice beurteilten Fall in allen wesentlichen Punkten entspricht, nicht anders zu
beurteilen ist.
d) Es kann daher offenbleiben, ob die oberhalb der Trefferliste erscheinen-
de Werbeanzeige der Beklagten auch deshalb die Herkunftsfunktion der Klage-
marke beeinträchtigt, weil sie - wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat geltend gemacht hat - trotz ihrer räumlichen Trennung von der
Trefferliste und der Kennzeichnung des Werbeblocks mit dem Wort „Anzeige“
nicht hinreichend deutlich von der Trefferliste abgesetzt ist.
An die Abgrenzung eines oberhalb oder unterhalb der Trefferliste stehen-
den Werbeblocks von der Trefferliste sind allerdings besondere Anforderungen zu
stellen, weil ein solcher Werbeblock aufgrund seiner Anordnung eher als Bestand-
teil der Trefferliste erscheinen kann, als ein neben der Trefferliste erscheinender
Werbeblock. Allein die räumliche Trennung von der Trefferliste und die Kenn-
zeichnung mit dem Wort „Anzeigen“ lassen daher einen durchschnittlich aufmerk-
samen und verständigen Internetnutzer im Allgemeinen nicht ohne Weiteres er-
34
35
36
- 16 -
kennen, dass es sich um Werbeanzeigen handelt. Eine hinreichend deutliche Ab-
grenzung kann aber vorliegen, wenn ein solcher Werbeblock darüber hinaus mit
grafischen oder farblichen Mitteln deutlich von den Suchergebnissen abgesetzt ist
(vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 46/08, MMR 2011, 608 Rn. 27).
Im Streitfall ist der oberhalb der Trefferliste erscheinende Werbeblock nach
den Feststellungen des Landgerichts, auf die sich das Berufungsgericht bezogen
hat, zwar rosafarben unterlegt. Das Berufungsgericht hat aber nicht festgestellt, ob
diese farbliche Unterlegung so deutlich ist, dass ein durchschnittlich aufmerksa-
mer und verständiger Internetnutzer ohne weiteres erkennt, dass es sich bei die-
sen Suchergebnissen um Werbeanzeigen handelt. Das lässt sich auch aufgrund
der zu den Akten gereichten schwarz-weißen Kopie der Bildschirmdarstellung
nicht beurteilen.
37
- 17 -
III. Danach ist die Revision gegen den Beschluss des Berufungsgerichts auf
Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Bornkamm
Pokrant
Schaffert
Kirchhoff
Koch
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 14.09.2011 - 22 O 340/11 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 07.03.2012 - 2 U 104/11 -
38