Urteil des BGH vom 07.05.2009

BGH (zpo, zwangsversteigerung, unwirksamkeit, anordnung, hamburg, schuldner, beschwerde, zwangsvollstreckung, auseinandersetzung, braunschweig)

BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
V ZB 180/08
vom
7. Mai 2009
in der Zwangsversteigerungssache
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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2009 durch den Vorsit-
zenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke und
Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 28
des Landgerichts Hamburg vom 7. November 2008 wird auf Kos-
ten des Beteiligten zu 3 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten der Betei-
ligten zu 1 beträgt 392.582,20 €.
Gründe:
I.
Die Beteiligte zu 1 betreibt aus einer notariellen Urkunde, in der sich der
Beteiligte zu 3 wegen eines dinglichen Anspruchs der sofortigen Zwangsvoll-
streckung unterworfen hat, die Zwangsversteigerung des im Eingang dieses
Beschlusses genannten Grundstücks.
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Die Erinnerung des Beteiligten zu 3 gegen die Anordnung der Zwangs-
versteigerung, mit der er geltend macht, seine Unterwerfungserklärung sei nach
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, ist von dem Vollstreckungsgericht zurück-
gewiesen worden. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das
Landgericht zurückgewiesen.
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Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 3 die
Aufhebung der Zwangsversteigerungsanordnung.
II.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässi-
ge Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
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1. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts begegnet allerdings Be-
denken, weil sie keine Darstellung des Sachverhalts enthält. Beschlüsse, die
mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden können, müssen den maßgeb-
lichen Sachverhalt wiedergeben und die Anträge der Beteiligten erkennen las-
sen. Andernfalls ist das Rechtsbeschwerdegericht, das grundsätzlich von dem
durch das Beschwerdegericht festgestellten Sachverhalt auszugehen hat (§ 577
Abs. 2 Satz 1 u. 4, § 559 ZPO), zu einer rechtlichen Überprüfung des angefoch-
tenen Beschlusses nicht in der Lage (st.Rspr., vgl. BGH, Beschl. v. 22. Januar
2008, VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670, 1671; Beschl. v. 20. Juni 2006, VI ZB
75/05, NJW 2006, 2910; Beschl. v. 7. April 2005, IX ZB 63/03, NJW-RR 2005,
916; Beschl. v. 12. Juli 2004, II ZB 3/03, NJW-RR 2005, 78; Beschl. v. 20. Juni
2002, IX ZB 56/01, NJW 2002, 2648, 2649).
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Das Fehlen einer Sachdarstellung hindert eine Entscheidung über die
Rechtsbeschwerde hier nur deshalb nicht, weil sich die Vorgänge, auf die es
ankommt, mit noch ausreichender Deutlichkeit dem Beschluss des Vollstre-
ckungsgerichts entnehmen lassen und nach den Umständen ausnahmsweise
anzunehmen ist, dass sich das Beschwerdegericht diese Feststellungen still-
schweigend zu Eigen gemacht hat.
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2. Das Beschwerdegericht nimmt im Ergebnis zu Recht an, dass die so-
fortige Beschwerde unbegründet ist. Das folgt allerdings nicht aus den von ihm
angestellten Erwägungen zu der Wirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten
Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, sondern daraus, dass
die zugrunde liegende Einwendung des Schuldners für die Entscheidung über
die Anordnung der Zwangsversteigerung unerheblich ist.
Dabei bedarf es auch hier keiner Entscheidung, inwieweit die formelle
Unwirksamkeit des Vollstreckungstitels mit der Vollstreckungserinnerung (§ 766
ZPO) gerügt werden kann (vgl. Senat, Beschl. v. 14. April 2005, V ZB 4/05,
DNotZ 2005, 845). Eine aus materiellrechtlichen Erwägungen folgende Unwirk-
samkeit des Titels, wie sie der Beschwerdeführer hier unter Hinweis auf § 307
BGB einwendet, kann der Schuldner mit der Vollstreckungserinnerung jeden-
falls nicht geltend machen (BGH, Beschl. v. 16. April 2009, VII ZB 62/08, WM
2009, 846; insoweit unzutreffend: OLG Braunschweig BauR 2000, 1228, 1229).
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Inwiefern etwas anderes gilt, wenn die Unwirksamkeit des Titels evident
ist, kann offen bleiben. Ob es sich bei einer Unterwerfungserklärung um eine
Allgemeine Geschäftsbedingung handelt und ob diese gegen § 307 Abs. 1
Satz 1 BGB verstößt, lässt sich nämlich nur nach einer eingehenden materiell-
rechtlichen Prüfung beantworten, die sich einer Evidenzkontrolle verschließt
(BGH, Beschl. v. 16. April 2009, VII ZB 62/08, aaO, S. 847).
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III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Vorschriften der
§§ 91 ff. ZPO sind anwendbar, weil es sich bei der Auseinandersetzung zwi-
schen Gläubiger und Schuldner über die Anordnung der Zwangsversteigerung
regelmäßig um kontradiktorisches Streitverhältnis handelt (vgl. Senat, BGHZ
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170, 378, 381). Die Wertfestsetzung für die außergerichtlichen Kosten der Be-
teiligten zu 1 beruht auf § 26 Nr. 1 RVG.
Krüger Klein
Lemke
Schmidt-Räntsch
Stresemann
Vorinstanzen:
AG Hamburg-St. Georg, Entscheidung vom 26.09.2008 - 902 K 55/08 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.11.2008 - 328 T 79/08 -