Urteil des BGH vom 27.04.2009

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 253/07 Verkündet
am:
27. April 2009
Vondrasek
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ
: nein
BGHR
:
ja
GmbHG § 64 Abs. 1 (i. d. bis zum 31.10.2008 geltenden Fassung); BGB § 252
a) Beruft sich der für den objektiven Tatbestand der Insolvenzverschleppung
darlegungs- und beweispflichtige Gläubiger für die behauptete insolvenz-
rechtliche Überschuldung der Gesellschaft auf eine Handelsbilanz, die ei-
nen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag ausweist, und trägt er
außerdem vor, ob und in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige
aus der Handelsbilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind,
ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundä-
ren Darlegungslast im Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder
sonstige für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Han-
delsbilanz nicht abgebildet sind.
b) Der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtete Schadensersatzan-
spruch eines Neugläubigers wegen Insolvenzverschleppung umfasst den in
einem Kaufpreis enthaltenen Gewinnanteil grundsätzlich nicht. Ein An-
spruch auf Ersatz entgangenen Gewinns kann dem Neugläubiger jedoch
dann zustehen, wenn ihm wegen des Vertragsschlusses mit der insolventen
Gesellschaft ein Gewinn entgangen ist, den er ohne diesen anderweitig hät-
te erzielen können.
c) Rechtsverfolgungskosten, die einem Neugläubiger durch die Geltendma-
chung seiner Ansprüche gegen die insolvente Gesellschaft entstanden sind,
stellen einen nach dem Schutzzweck der Norm des § 64 Abs. 1 GmbHG
a.F. erstattungsfähigen Insolvenzverschleppungsschaden dar.
BGH, Urt. v. 27. April 2009 - II ZR 253/07 - OLG Rostock
LG
Schwerin
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Der II.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 27. April 2009 durch die Richter Dr. Kurzwelly, Dr. Strohn,
Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats
des Oberlandesgerichts Rostock vom 9. November 2007 im Kos-
tenpunkt und insoweit aufgehoben, als in Höhe von 16.217,25 €
nebst Zinsen zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Die weitergehende Revision wird mit der Maßgabe zurückgewie-
sen, dass der Beklagte zur Zahlung von 1.553,60 € nebst Zinsen
Zug um Zug gegen Abtretung der entsprechenden Insolvenzforde-
rung der Klägerin gegen die B. GmbH verurteilt ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der B.
B. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen auf Antrag des
Beklagten vom 8. April 2004 am 1. Juli 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet
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wurde. Die Schuldnerin stand in ständiger Geschäftsbeziehung zu der Klägerin,
die einen Baustoffhandel betreibt. In der Zeit vom 30. September 2003 bis zum
12. Januar 2004 bestellte die Schuldnerin bei der Klägerin Baumaterialien, die
ihr von der Klägerin geliefert und in Rechnung gestellt wurden. Den Kaufpreis in
Höhe von insgesamt 18.468,15 € beglich die Schuldnerin nicht. Die Klägerin
erwirkte gegen die Schuldnerin über diesen Betrag am 26. Mai 2004 ein Ver-
säumnisurteil, wodurch ihr Kosten in Höhe von 1.553,60 € entstanden.
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Zahlung des offenen Kaufprei-
ses und der ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt
20.021,75 € nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Be-
rufungsgericht hat ihr - unter Abweisung der auf den Rechnungsbetrag entfal-
lenden Umsatzsteuer - in Höhe von 17.770,85 € nebst Zinsen stattgegeben.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der von dem Berufungsgericht zuge-
lassenen Revision.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision des Beklagten hat teilweise Erfolg.
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Sie führt in Höhe von 16.217,25 € nebst Zinsen zur Aufhebung und Zu-
rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im Übrigen (Rechtsverfol-
gungskosten von 1.553,60 € nebst Zinsen) ist die Revision mit der Maßgabe
unbegründet, dass die Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Abtre-
tung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die B.
GmbH auszusprechen war.
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I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-
führt:
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Der Beklagte schulde der Klägerin nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64
Abs. 1 GmbHG a.F. wegen Insolvenzverschleppung Schadensersatz in Höhe
des von der Schuldnerin nicht bezahlten Kaufpreises, jedoch ohne Mehr-
wertsteuer, und der ihr entstandenen Prozesskosten. Der Beklagte habe es
entgegen seiner Verpflichtung aus § 64 Abs. 1 GmbHG unterlassen, ohne
schuldhaftes Zögern Insolvenzantrag zu stellen. Hierzu sei er spätestens bis
Ende April 2003 verpflichtet gewesen. Die Schuldnerin sei - wie die Klägerin
vorgetragen habe - zum 31. Dezember 2001 ebenso wie zum 31. Dezember
2002, zum 31. Dezember 2003 und zum 31. Januar 2004 bilanziell überschul-
det gewesen. Der Beklagte sei seiner Darlegungslast dafür, dass trotz bilanziel-
ler Überschuldung eine insolvenzrechtliche Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2
Satz 2 InsO nicht vorgelegen habe, nicht nachgekommen. Da der Beklagte
auch schuldhaft gehandelt habe, sei er der Klägerin zum Ersatz des Vertrau-
ensschadens verpflichtet, der ihr dadurch entstanden sei, dass sie infolge der
unterbliebenen Insolvenzantragstellung und in Unkenntnis der - zum Zeitpunkt
der Bestellungen fortbestehenden - Insolvenz der Schuldnerin mit den Waren-
lieferungen in Vorleistung getreten sei. Im Rahmen von Verträgen entspreche
das negative Interesse dem nicht durchsetzbaren Zahlungsanspruch für die
erbrachte Leistung und umfasse auch den entgangenen Gewinn. Ebenso habe
der Beklagte die Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, weil es sich um einen
Folgeschaden handele, der unter den Schutzzweck der Insolvenzverschlep-
pungshaftung falle.
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II. Diese Beurteilung hält, soweit der Beklagte das Berufungsurteil wegen
der Verurteilung zur Zahlung von 16.217,25 € nebst Zinsen angefochten hat,
revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
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1. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht aller-
dings im Ergebnis ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Schuldnerin jeden-
falls seit April 2003 und auch noch zum Zeitpunkt der Bestellungen bei der Klä-
gerin überschuldet und damit insolvenzreif war und - da auch die sonstigen Vor-
aussetzungen einer Insolvenzverschleppungshaftung vorliegen - der Beklagte
dem Grunde nach der Klägerin zum Ersatz ihres Neugläubigerschadens ver-
pflichtet ist.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats trägt der Gläubiger
die Darlegungs- und Beweislast für den objektiven Tatbestand einer haftungs-
begründenden Insolvenzverschleppung und damit auch für die Überschuldung
der Gesellschaft (BGHZ 126, 181, 200; 164, 50, 57; 171, 46 Tz. 16; Urt. v.
12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Tz. 12). Für die Feststellung,
dass die Gesellschaft insolvenzrechtlich überschuldet ist, bedarf es nach der
Rechtsprechung des Senats grundsätzlich der Aufstellung einer Überschul-
dungsbilanz, in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen
Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind. Hingegen kommt einer
Handelsbilanz für die Frage, ob die Gesellschaft überschuldet ist, lediglich indi-
zielle Bedeutung zu. Legt der Anspruchsteller für seine Behauptung, die Gesell-
schaft sei überschuldet gewesen, nur eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein
nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, hat er jedenfalls die An-
sätze dieser Bilanz daraufhin zu überprüfen und zu erläutern, ob und ggf. in
welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtliche Ver-
mögenswerte vorhanden sind (BGHZ 146, 264, 267 f.; Sen.Urt. v. 7. März 2005
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- II ZR 138/03, ZIP 2005, 807; v. 16. März 2009 - II ZR 280/07 Tz. 10 z.V.b.). Ist
der Anspruchsteller diesen Anforderungen nachgekommen, ist es Sache des
beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im
Einzelnen vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Über-
schuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet
sind (Sen.Urt. v. 16. März 2009 aaO).
b) Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht im Ergebnis mit
Recht angenommen, dass die Schuldnerin schon geraume Zeit vor den hier zu
beurteilenden Materialbestellungen im Sinn von § 19 Abs. 2 InsO - in der bis
zum Inkrafttreten des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober
2008 (BGBl. I S. 1982) geltenden Fassung - überschuldet war. Die Klägerin hat
die Überschuldung der Schuldnerin ausreichend dargelegt. Nach den - von der
Revision nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts war in den
Handelsbilanzen der Schuldnerin zum 31.
Dezember 2001 und zum
31. Dezember 2002 ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von
109.000,00 € bzw. von rund 274.000,00 € ausgewiesen, der sich nach dem
Jahresabschluss zum 31. Dezember 2003 auf 321.000,00 € und - unter Zugrun-
delegung der zum 31. Januar 2004 fortgeschriebenen BWA - auf 351.000,00 €
erhöhte und sich - nach dem Bericht des Insolvenzverwalters an das Insolvenz-
gericht vom September 2004 - bis März 2004 weiter vergrößerte. Die Klägerin
hat sich für ihren Vortrag, dass die Schuldnerin zum Zeitpunkt ihrer Bestellun-
gen bei der Klägerin insolvenzreif war, auf den Beratungsbericht der N.
GmbH vom März 2003 und auf den Bericht des Insolvenzverwalters bezogen.
Aus diesen Unterlagen geht zweifelsfrei hervor, dass die Schuldnerin weder im
März 2003 noch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über wesentliche stille
Reserven oder sonstige in der Handelbilanz nicht ausgewiesene Vermögens-
werte verfügte. Die inhaltliche Richtigkeit der Berichte der N. GmbH
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oder des Insolvenzverwalters zweifelt die Revision nicht an. Sie zeigt auch nicht
auf, dass der Beklagte konkreten Vortrag zum Vorhandensein stiller Reserven
oder sonstiger nicht bilanzierter Vermögenswerte der Schuldnerin gehalten hät-
te.
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c) Anders als die Revision meint, ist das Berufungsgericht ebenso zu
Recht davon ausgegangen, dass im Haftungsprozess wegen Insolvenzver-
schleppung der Geschäftsführer, der sich abweichend vom gesetzlichen Regel-
fall des § 19 Abs. 2 InsO in der bis zum 17. Oktober 2008 geltenden Fassung,
der eine Überschuldungsprüfung nach Liquidationswerten vorsieht, darauf be-
ruft, die Prüfung der Überschuldung sei nach Fortführungswerten vorzunehmen,
die Umstände darzulegen und notfalls auch zu beweisen hat, aus denen sich
eine günstige Prognose für den fraglichen Zeitraum ergibt (Sen.Beschl. v.
9. Oktober 2006 - II ZR 303/05, ZIP 2006, 2171 Tz. 3, zu § 64 Abs. 2 GmbHG
a.F.). Solches hat der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts
indessen nicht vorgetragen.
Im Übrigen kommt es auf die Frage, ob eine positive Fortführungsprog-
nose für die Schuldnerin bestand, die für sich allein nach § 19 Abs. 2 InsO in
der hier maßgeblichen Fassung einer Insolvenzreife der Gesellschaft nicht ent-
gegen stünde, sondern lediglich für die Bewertung ihres Vermögens nach Li-
quidations- oder Fortführungswerten von Bedeutung sein könnte (BGHZ 171,
46 Tz. 19), nicht entscheidungserheblich an, weil das Berufungsgericht die
Überschuldung unter Zugrundelegung der Handelsbilanzen festgestellt hat und
diese von Fortführungswerten ausgehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).
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2. Nicht frei von Rechtsfehlern sind jedoch die Ausführungen des Beru-
fungsgerichts zur Schadenshöhe.
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Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet insoweit die Annahme
des Berufungsgerichts, der auf Ersatz des negativen Interesses gerichtete An-
spruch des Neugläubigers wegen Insolvenzverschleppung umfasse regelmäßig
auch den entgangenen Gewinn.
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a) Wie das Berufungsgericht noch zutreffend erkennt, hat der Neugläubi-
ger, der in Unkenntnis der Insolvenzreife einer Gesellschaft noch in Rechtsbe-
ziehung zu ihr getreten ist, Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens, der
ihm dadurch entstanden ist, dass er einer solchen Gesellschaft, z.B. durch eine
Vorleistung, Kredit gewährt hat, ohne einen werthaltigen Gegenanspruch zu
erlangen (BGHZ 126, 181, 192; 164, 50, 60). Er ist deshalb vom Geschäftsfüh-
rer so zu stellen, wie wenn er mit der insolvenzreifen Gesellschaft keinen Ver-
trag geschlossen hätte. Der danach zu ersetzende Schaden besteht nicht in
dem wegen Insolvenz der Schuldnerin "entwerteten" Erfüllungsanspruch und
umfasst deshalb den in dem Kaufpreis der gelieferten Waren enthaltenen Ge-
winnanteil grundsätzlich nicht. Auszugleichen ist vielmehr in der Regel lediglich
das negative Interesse, z.B. in Form von Aufwendungen für Waren- und Lohn-
kosten, die der Neugläubiger wegen des Vertragsschlusses mit der Schuldnerin
erbracht hat (Sen.Urt. v. 12. März 2007 - II ZR 315/05, ZIP 2007, 1060 Tz. 23;
v. 8. März 1999 - II ZR 159/98, ZIP 1999, 967).
b) Ein Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns (§ 252 BGB) kann ei-
nem Neugläubiger allerdings dann zustehen, wenn ihm wegen des Vertrags-
schlusses mit der insolventen Gesellschaft ein Gewinn entgangen ist, den er
ohne diesen anderweitig hätte erzielen können (vgl. BGHZ 171, 46 Tz. 21;
BGH, Urt. v. 22. September 2005 - VII ZR 34/04, NJW 2006, 60, 62 f.; v.
2. März 1988 - VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; v. 17. April 1984
- VI ZR 191/82, NJW 1984, 1950 f.). Eine solche Konstellation läge dann vor,
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wenn der Klägerin wegen der Lieferungen an die insolvenzreife Schuldnerin ein
- in gleicher Höhe gewinnbringender - Verkauf derartiger Baustoffe an dritte In-
teressenten nicht möglich war. Auch wenn dies, da die Klägerin mit Baustoffen
handelt, die sie anderweitig bezieht, nicht regelmäßig der Fall sein wird, ist eine
solche Konstellation nicht von vornherein ausgeschlossen; insbesondere könn-
te die Klägerin noch geltend machen, ein - ersatzfähiger - Gewinnentgang liege
vor, weil die ihr zur Verfügung stehenden Lieferkapazitäten nicht ausreichend
waren, um eine etwa bestehende Nachfrage zu befriedigen. Derartige Voraus-
setzungen sind vom Berufungsgericht bisher - auf der Grundlage seines fehler-
haften Rechtsstandpunkts allerdings folgerichtig - nicht festgestellt.
c) Zu einem diesbezüglichen schlüssigen Vortrag hinsichtlich eines mög-
lichen entgangenen Gewinns ist der Klägerin unter dem Blickwinkel der Gewäh-
rung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ebenso Gelegenheit zu ge-
ben wie - insbesondere - zur spezifizierten rechnerischen Darlegung des ihr
mindestens entstandenen Vertrauensschadens in Form des für das gelieferte
Baumaterial aufgebrachten Wareneinstandspreises.
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III. Demgegenüber hat das Berufungsgericht - im Ergebnis zu Recht - die
der Klägerin durch die gerichtliche Geltendmachung ihrer Zahlungsansprüche
gegen die Schuldnerin entstandenen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von
1.553,60 € nebst Zinsen als vom Beklagten im Rahmen der Insolvenzver-
schleppungshaftung zu erstattenden Neugläubigerschaden angesehen.
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1. Der Schutzzweck der Norm des § 64 Abs. 1 GmbHG a.F. (§ 15 a
Abs. 1 InsO n.F.), potentielle Neugläubiger davor zu bewahren, einer unerkannt
insolvenzreifen Gesellschaft noch Kredit zu gewähren oder sonstige Vorleistun-
gen an sie zu erbringen und dadurch einen Schaden zu erleiden (BGHZ 164,
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50, 60; 171, 46 Tz. 13; Beschl. v. 20. Oktober 2008 - II ZR 211/07, ZIP 2009,
366 Tz. 3), umfasst auch den Ersatz solcher Kosten, die dem Neugläubiger we-
gen der Verfolgung seiner Zahlungsansprüche gegen die insolvenzreife Gesell-
schaft entstanden sind (vgl. OLG Celle, NZG 1999, 1160; OLG Jena, ZIP 2002,
631, 632; Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 64
Rdn. 96).
2. Insoweit war das Berufungsurteil allerdings einschränkend dahinge-
hend zu ergänzen, dass die Verurteilung des Beklagten Zug um Zug gegen Ab-
tretung der entsprechenden Insolvenzforderung der Klägerin gegen die Schuld-
nerin auszusprechen war.
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Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 171, 46 Tz. 20) ist zwar
der Anspruch des Neugläubigers nicht um die - erst nach Abschluss des Insol-
venzverfahrens feststehende - Insolvenzquote zu kürzen. Um dem schadenser-
satzrechtlichen Bereicherungsverbot Rechnung zu tragen, ist jedoch dem in
voller Höhe ersatzpflichtigen Geschäftsführer entsprechend § 255 BGB - Zug
um Zug gegen Zahlung des geschuldeten Schadensersatzes - ein Anspruch auf
Abtretung der Insolvenzforderung des Neugläubigers gegen die Schuldnerin
zuzubilligen (BGHZ 171 aaO).
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IV. Wegen des dem Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Verur-
teilung des Beklagten zum Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises von
16.217,25 € im Hinblick auf die Ermittlung des negativen Interesses unterlaufe-
nen Rechtsfehlers (siehe oben II. 2.) unterliegt das angefochtene Urteil der Auf-
hebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die Sache an das Be-
rufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit es - nach ergän-
zendem Vortrag der Parteien - die noch fehlenden Feststellungen zum Umfang
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des der Klägerin vom Beklagten zu erstattenden Vertrauensschadens (siehe
oben II 2 b, c) treffen kann.
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Im Rahmen des danach zuzuerkennenden Schadensersatzes - bei des-
sen Ermittlung ggf. von § 287 ZPO Gebrauch gemacht werden kann - wird das
Berufungsgericht erneut die Grundsätze des schadensersatzrechtlichen Berei-
cherungsverbots analog § 255 BGB zu beachten haben (siehe oben III 2).
Kurzwelly Strohn Caliebe
Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Schwerin, Entscheidung vom 23.06.2006 - 4 O 240/06 -
OLG Rostock, Entscheidung vom 09.11.2007 - 8 U 65/06 -