Urteil des BGH vom 21.02.2001

Leitsatzentscheidung

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 34/99
Verkündet am:
21. Februar 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGB §§ 1353, 1579 Nr. 3, Nr. 4
Zur Frage der Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs nach § 1579
Nr. 3, Nr. 4 BGB, wenn die Ehefrau sich einer homologen In-vitro-
Fertilisation unterzieht, obwohl der Ehemann sein Einverständnis zurückgezogen
hat.
BGH, Urteil vom 21. Februar 2001 - XII ZR 34/99 - OLG Stuttgart
AG Ulm
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Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Dr. Hahne, Gerber, Sprick und Weber-Monecke
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats
- Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom
14. Januar 1999 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückge-
wiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die seit 8. September 1998 rechtskräftig geschiedenen Parteien streiten
um den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Ehefrau (Antragsstellerin) aus
§ 1570 BGB wegen Betreuung eines Kindes, welches im Wege der homologen
In-vitro-Fertilisation (im folgenden IVF) gezeugt wurde.
Da die seit 1992 verheirateten Parteien auf natürlichem Wege keine
Kinder bekommen konnten und auch künstliche Inseminationen erfolglos blie-
ben, entschlossen sie sich zu einer IVF. Zu diesem Zweck wurden der Antrag-
stellerin nach einer Hormonbehandlung mehrere Eizellen entnommen, die nach
extrakorporaler Befruchtung mit dem Sperma des Antragsgegners in die Ge-
bärmutter der Antragstellerin implantiert werden sollten. Drei im März, Juli und
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Oktober 1996 durchgeführte Implantationen blieben erfolglos. Am 24. Dezem-
ber 1996 unterzog sich die Antragstellerin erneut einer Implantation, die zur
Schwangerschaft und am 21. September 1997 zur Geburt einer Tochter führte.
Der Antragsgegner hatte im November 1996 während eines allein in Me-
xiko verbrachten Urlaubs eine andere Frau, seine jetzige Ehefrau, kennenge-
lernt. Nach seiner Rückkehr gestand er der Antragstellerin diese außereheliche
Beziehung ein und bedeutete ihr, an der Ehe und an der Abrede der extrakor-
poralen Befruchtung nicht mehr uneingeschränkt festhalten zu wollen. Der
Aufforderung der Antragstellerin, sie am 24. Dezember 1996 zum Arzt zu be-
gleiten, kam er nicht nach.
Im Februar 1997 trennten sich die Parteien. Die Antragstellerin stellte im
Mai 1997 Scheidungsantrag. Nach der Geburt des Kindes gab sie wegen des-
sen Betreuung und Erziehung ihre Berufstätigkeit auf, mit der sie bisher ca.
monatlich netto 2.200 DM verdient hatte, und bezieht seither das staatliche
Erziehungsgeld. Im Rahmen des Scheidungsverbundes hat sie erstinstanzlich
einen nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 1.245 DM geltend ge-
macht.
Das Amtsgericht hat ihren Unterhalt in Anwendung von § 1579 Nr. 3
BGB und unter Anrechnung von Erziehungsgeld auf monatlich 700 DM be-
schränkt. Auf ihre Berufung hat das Oberlandesgericht das Urteil des Amtsge-
richts abgeändert und ihr den in zweiter Instanz noch verlangten Unterhalt von
monatlich 1.228 DM zuerkannt.
Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit der zugelassenen Revisi-
on, mit der er die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erstrebt.
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Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg. Das Urteil des Oberlandesgerichts (ver-
öffentlicht in FamRZ 1999, 1136) hält im Ergebnis, wenn auch nicht in allen
Teilen der Begründung, einer Überprüfung stand.
1. Zutreffend ist das Oberlandesgericht dem Grunde nach von einem
Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ausgegangen. Bei der
1997 geborenen Tochter handelt es sich um ein gemeinschaftliches Kind der
Parteien, wegen dessen Pflege und Erziehung von der Antragstellerin keine
Erwerbstätigkeit erwartet werden kann.
2. Das Oberlandesgericht hat Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Wider-
spruchs des Antragsgegners gegen die Vornahme der künstlichen Befruchtung
geäußert, weil dieser am 24. Dezember 1996 die Antragstellerin weder am
Arztbesuch gehindert noch dem Arzt gegenüber seine Einwilligung widerrufen
habe. Es hat diese Frage aber dahinstehen lassen, weil es für die Beurteilung,
ob der Unterhaltsanspruch nach § 1579 Nr. 3 oder Nr. 4 BGB auszuschließen
oder zu beschränken sei, nicht darauf ankomme. Der Antragstellerin könne
nämlich nicht vorgehalten werden, sich durch die künstliche Herbeiführung der
Schwangerschaft und die Geburt des Kindes mutwillig bedürftig gemacht und
sich leichtfertig und verantwortungslos über die Vermögensinteressen des An-
tragsgegners hinweggesetzt zu haben. Ob ein Ehegatte sich gegenüber dem
Partner verantwortungs- und rücksichtslos verhalte, sei an den Verpflichtungen
zu messen, die sich für beide aus der ehelichen Lebensgemeinschaft gemäß
§ 1353 Abs. 1 BGB ergäben. Die hieraus folgenden Bindungen hätten für die
Parteien zum Zeitpunkt der Implantation am 24. Dezember 1996 auch noch
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bestanden, da zu diesem Zeitpunkt ihre Ehe zwar in der Krise, aber noch nicht
gescheitert gewesen sei. Beide Ehegatten hätten im Rahmen ihrer Familien-
planung den gemeinsamen Entschluß gefaßt, eine Schwangerschaft der An-
tragstellerin im Wege extrakorporaler Befruchtung herbeizuführen. Diese Ver-
abredung, an der der Antragsgegner mitgewirkt habe, stehe nicht zur einseiti-
gen Disposition, sondern bleibe für beide Ehegatten bindend, solange auch nur
einer von ihnen daran festhalte; ein späterer Gesinnungswandel eines Ehe-
gatten könne den anderen, auf der Vereinbarung beharrenden nicht ins Un-
recht setzen. Pflichtwidrig handle vielmehr derjenige, der sich einseitig entge-
gen der gemeinschaftlich getroffenen Entscheidung verhalte. Das sei hier der
Antragsgegner, der - unter Verstoß gegen seine eheliche Treuepflicht - sich
einer anderen Frau zugewandt habe und von der einvernehmlichen Familien-
planung einseitig abgerückt sei. Dann aber sei die Antragstellerin nicht ver-
pflichtet, auf seine durch den Treuebruch veränderte Bewußtseinslage Rück-
sicht zu nehmen, sondern sei im Recht, wenn sie an der ursprünglich gemein-
samen Familienplanung festhalte. Da die Freiheit der Entscheidung für ein
Kind zum engsten Kern der Persönlichkeit und ihrer Entfaltung in Selbstbe-
stimmung gehöre, könne man in der Wahrnehmung dieser Freiheit kein leicht-
fertiges, von üblichen sozialen Standards abweichendes Verhalten sehen. Die
Antragstellerin habe den Antragsgegner auch nicht hintergangen, da sie ihn
über ihre Absichten, am 24. Dezember 1996 eine erneute Implantation vor-
nehmen zu lassen, nicht im unklaren gelassen habe. Selbst wenn aber ein
Härtegrund nach § 1579 Nr. 3 BGB anzunehmen wäre, würde die Erfüllung der
Unterhaltspflicht den Antragsgegner nicht grob unbillig belasten. Bei der nach
§ 1579 BGB gebotenen Billigkeitsprüfung, die zusätzlich zur Feststellung des
Härtegrundes erfolgen müsse, seien die Interessen der Antragstellerin an der
Erfüllung ihres Kinderwunsches, das Interesse des Antragsgegners an der
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Verschonung von Unterhaltspflichten, das im Werden begriffene Persönlich-
keitsrecht der befruchteten Eizelle und auch das Schutzbedürfnis des bereits
geborenen Kindes an möglichst ungestörter Betreuung gegeneinander abzu-
wägen. Folge man dabei dem Bundesgerichtshof in seiner Auffassung, daß
jedem potentiellen Erzeuger die autonome Entscheidung über seine Eltern-
schaft zukomme, seien die Interessen der Parteien gleichwertig. Vertrete man
dagegen die Ansicht, daß sich derjenige ins Unrecht setze, der sich einseitig
von einer gemeinsamen Planung lossage, sei der Standpunkt der Antragstelle-
rin eher rechtlich schützenswert. Ein Vorrang der Interessen des Antragsgeg-
ners lasse sich nicht erkennen, zumal er die Empfängnis durch einen Widerruf
seines Einverständnisses dem Arzt gegenüber noch in letzter Minute hätte ver-
hindern können.
3. Dem kann nicht in allen Punkten gefolgt werden. Die Revision erhebt
zu Recht Bedenken gegen den Ansatzpunkt des Oberlandesgerichts, daß sich
der Antragsgegner, dessen Gesinnungswandel auf seiner Beziehung zu einer
anderen Frau und damit auf einem Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht
beruht habe, im Rahmen der noch bestehenden ehelichen Lebensgemein-
schaft nicht einseitig von der gemeinsam verabredeten Familienplanung habe
lossagen können.
a) Nach heutigem Eheverständnis ist ein bestimmter Eheinhalt nicht
mehr vorgegeben. Auch eine kinderlose Ehe ist, gleich, ob die Kinderlosigkeit
biologisch vorgegeben ist oder auf freiwilligem Entschluß beruht, eine vollwer-
tige Ehe. Kein Ehegatte kann daher von dem anderen unter Berufung auf das
eheliche Pflichtenverhältnis nach § 1353 BGB die Zeugung oder den Empfang
eines Kindes verlangen (vgl. MünchKomm/Wacke BGB 4. Aufl. § 1353 Rdn. 32;
FamK-Rolland/Brudermüller 1993 § 1353 BGB Rdn. 12; Staudinger/Hübner/
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Voppel BGB 13. Bearb. 2000 § 1353 Rdn. 34, 38; Gernhuber/Coester-Waltjen
Familienrecht 4. Aufl. § 18 V 7; Streck Generalklausel und unbestimmter Begriff
im Recht der allgemeinen Ehewirkungen, Bonn 1970, S. 88, 89). Vielmehr ent-
scheiden die Ehegatten in freier gemeinsamer Verantwortung darüber, ob, zu
welchem Zeitpunkt und gegebenenfalls auf welche Weise sie Nachkommen
haben wollen. Jedoch kann sich aus einem solchen Konsens keine Bindung
auf Dauer ergeben. Da der Entschluß, zur Entstehung eines neuen Lebens
beizutragen und in der Folge für dieses verantwortlich zu sein, für jedes Indivi-
duum eine höchstpersönliche Angelegenheit ist, würde eine solche Bindungs-
wirkung die grundrechtlich geschützte personale Würde und das Selbstbe-
stimmungsrecht des einzelnen (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) verletzen, zu denen
es auch gehört, sich jederzeit erneut und frei für oder gegen ein Kind zu ent-
scheiden. Das gilt für Männer und Frauen in gleicher Weise. Ein anderes Ver-
ständnis wäre auch mit dem Wesen der Ehe nicht zu vereinbaren, in der sich
gleichberechtigte Partner in gegenseitiger Achtung der Person und Respektie-
rung der individuellen Anschauungen des anderen, insbesondere was den
engsten persönlichen Intimbereich angeht, zusammenfinden. Dem steht nicht
entgegen, daß die Ehe auch eine Geschlechtsgemeinschaft ist, in der ein Ehe-
gatte grundsätzlich darauf vertrauen kann, daß der andere Ehegatte sich sei-
nem natürlichen Wunsch nach Kindern nicht verschließen werde. Die Rechts-
ordnung überläßt es jedoch den Ehegatten, bei widerstreitenden Ansichten zu
einem Konsens zu kommen. Gelingt ihnen dies nicht und trägt dies zur Zerrüt-
tung der ehelichen Lebensgemeinschaft bei, so kann dies allenfalls im Rahmen
der §§ 1565 ff. BGB Bedeutung erlangen (vgl. Staudinger/Hübner/Voppel aaO
§ 1353 Rdn. 39).
Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur besteht weitgehend Ei-
nigkeit darüber, daß Abreden über die Familienplanung, die den Kernbereich
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der ehelichen Lebensgemeinschaft betreffen, keine Rechtsbindungswirkung
entfalten und von jedem Ehegatten auch gegen den Willen des anderen aufge-
kündigt werden können, da eine Bindungswirkung weder mit dem individuellen
Selbstbestimmungsrecht eines jeden Ehegatten noch mit dem Wesen der Ehe
in Einklang zu bringen ist. Dies wird überwiegend am Fall der vereinbarten
Kinderlosigkeit erörtert, trifft aber ebenso auch auf den gemeinsamen Ent-
schluß zu, Kinder zu wollen. So wird die Abrede über den Gebrauch, aber auch
umgekehrt über das Unterlassen von empfängnisverhütenden Mitteln als zum
rechtsfreien Raum gehörend angesehen, der weder unmittelbar noch mittelbar
- etwa im Rahmen eines Schadensersatzanspruches - zum Gegenstand ge-
richtlicher Überprüfung gemacht werden kann (vgl. Reinhart JZ 1983, 184, 190;
Beitzke/
Lüderitz Familienrecht 27. Aufl. Rdn. 214 (3); MünchKomm/Wacke aaO § 1353
Rdn. 32; Staudinger/Hübner/Voppel aaO Rdn. 41; Soergel/Lange BGB 12. Aufl.
§ 1353 Rdn. 11; im Grundsatz ebenso Kamps MedR 1994, 339, 347, der aller-
dings in der Vornahme der IVF gegen den Willen des Ehemannes eine die
Ehefrau zum Schadensersatz verpflichtende Persönlichkeitsverletzung sieht;
a.A., nämlich für eine Bindungswirkung, wohl Palandt/Brudermüller BGB
60. Aufl. § 1353 Rdn. 7; Gernhuber/Coester-Waltjen aaO, die jedoch bei Ver-
stoß eines Ehegatten gegen die Abrede einen Schadensersatzanspruch aus-
drücklich verneinen).
Der Bundesgerichtshof hat in drei ähnlich gelagerten Bereichen eben-
falls die Bindungswirkung einer Abrede über die Familienplanung verneint. Er
hat im Zusammenhang mit den Fällen fehlgeschlagener Sterilisation ausge-
führt, daß die freie Entscheidung für oder gegen eine Elternschaft der
Wertordnung unserer Verfassung entspreche, die der Einzelpersönlichkeit für
diesen innersten Bereich der Lebensverwirklichung einen Freiheitsraum ge-
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währe, zu dem die Gemeinschaft keinen Zugang habe. Gegenüber dem Sterili-
sationswunsch eines Ehegatten müßten etwa entgegenstehende Wünsche und
Interessen des anderen Ehegatten zurücktreten. Solche Entscheidungen treffe
jeder kraft eigener Selbstbestimmung für sich (BGHZ 67, 48, 51, 54). Es ent-
spreche dem verfassungsrechtlich geschützten Selbstbestimmungsrecht eines
jeden Menschen, daß ihm die Entscheidung über die eigene Fortpflanzung
freigestellt sein müsse (BGH, Urteil vom 27. Juni 1995 - VI ZR 32/94 -
NJW 1995, 2407, 2409).
In einem Fall, in dem der Vater des Kindes von seiner nichtehelichen
Lebenspartnerin die Erstattung des Regelunterhalts verlangt hat, weil sie abre-
dewidrig empfängnisverhütende Mittel abgesetzt hatte, hat der Bundesge-
richtshof die Möglichkeit sowohl eines vertraglichen als auch eines deliktischen
Schadensersatzanspruches verneint. Zur personalen Würde und zum Persön-
lichkeitsrecht von Geschlechtspartnern gehöre es, sich immer wieder neu und
frei für ein Kind entscheiden zu können. Sie müßten daher in ihrer Entschei-
dung über den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel frei bleiben, da diese
Entscheidung den engsten Kern ihrer Persönlichkeit und ihrer Entfaltung in
Selbstbestimmung betreffe. Daher könne sich ein Partner nicht wirksam im vor-
aus zur regelmäßigen Anwendung von Empfängnisverhütungsmitteln ver-
pflichten. Auch unterliege der Intimbereich von Partnern grundsätzlich auch
dann nicht dem Deliktsrecht, wenn der eine den anderen abredewidrig über die
Anwendung solcher Mittel getäuscht habe (BGHZ 97, 372, 379).
Die Frage, ob das vorherige Einverständnis des Ehemannes mit der
Vornahme einer heterologen Insemination bei seiner Ehefrau sein Recht auf
Anfechtung der Ehelichkeit des dann geborenen Kindes vernichte, hat der
Bundesgerichtshof angesichts der rechtlichen, ethischen, gesellschaftlichen
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und religiösen Tragweite einer solchen Zustimmung und des notwendigen
rechtlichen Schutzes des Ehemannes vor unüberlegten Entscheidungen ver-
neint und einen Verzicht auf das Anfechtungsrecht als rechtlich wirkungslos
angesehen (BGHZ 87, 169, 174). Bis zur Durchführung der zur Schwanger-
schaft führenden Insemination könne der Ehemann seine Zustimmung der
Ehefrau gegenüber grundsätzlich frei widerrufen und auf diese Weise die mit
der Zustimmung verbundene Vereinbarung kündigen, und zwar auch dann,
wenn er aufgrund veränderter Umstände oder auch nur aufgrund einer Sinnes-
änderung eine auf diese Weise zustande gekommene Schwangerschaft der
Ehefrau nicht mehr wolle. Eine unwiderrufliche Bindung sei unwirksam, weil sie
gegen elementare Grundsätze des Familienrechts und des Verfassungsrechts
verstoße. Die Rechtsordnung erkenne eine vertragliche Verpflichtung der
Eheleute zu einer bestimmten Familienplanung nicht an, was auch gelte, wenn
das Kind nicht durch natürliche, sondern durch künstliche (hier: heterologe)
Befruchtung gezeugt werden solle. Erst dann, wenn durch die Insemination
unumkehrbare Fakten geschaffen worden seien, komme ein Widerruf nicht
mehr in Betracht (Senatsurteile BGHZ 129, 297, 307 ff. und vom 12. Juli 1995
- XII ZR 128/94 - FamRZ 1995, 1272 ff.).
b) Aus welchen Gründen ein Ehegatte sein Einverständnis mit einer ver-
einbarten Familienplanung aufgibt, ist unbeachtlich. Eine Unterscheidung da-
nach, ob diese Gründe etwa moralisch-sittlich gerechtfertigt sind oder nicht,
verbietet sich aus der höchstpersönlichen Rechtsnatur der Entscheidung. Es ist
nicht Aufgabe der Rechtsordnung, den Ehegatten auf diesem Gebiet Maßstäbe
vorzugeben. Daher kann aus der Annahme, daß der Gesinnungswandel des
Antragsgegners auf seiner Beziehung zu einer anderen Frau und damit auf
einem Verstoß gegen die eheliche Treuepflicht beruhe, entgegen der Auffas-
sung des Oberlandesgerichts nichts dafür hergeleitet werden, daß die Verein-
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barung bindend, die einseitige Aufkündigung durch den Antragsgegner pflicht-
widrig und deshalb die Antragstellerin im Recht sei, wenn sie an der ursprüng-
lich gemeinsamen Familienplanung festhalte. Die Verwirklichung des Kinder-
wunsches der Antragstellerin - gegen den Willen des Antragsgegners - bedarf
einer solchen Rechtfertigung, die nach dieser unzutreffenden Auffassung ihren
eigentlichen Grund im Fehlverhalten des Antragsgegners hätte, auch nicht.
c) Die Frage, ob der Antragsgegner dem Unterhaltsanspruch der An-
tragstellerin aus § 1570 BGB die Einwände aus § 1579 Nr. 3 BGB (mutwilliges
Herbeiführen der Bedürftigkeit) oder Nr. 4 BGB (mutwilliges Hinwegsetzen über
schwerwiegende Vermögensinteressen) entgegenhalten kann, ist zu vernei-
nen.
Dabei bestehen vorab Zweifel, ob die Anwendung des § 1579 BGB nicht
bereits im Ansatz ausscheiden muß. Geht man von dem Grundgedanken aus
(vgl. u.a. BGHZ 97 aaO; MünchKomm/Wacke aaO Rdn. 32 m.N.), daß die Ent-
scheidung für oder gegen Nachkommenschaft zum nicht justiziablen engsten
persönlichen Intimbereich der Partner gehört und weder einer rechtsgeschäftli-
chen Regelung noch dem Deliktsrecht unterliegt, so ist fraglich, ob eine mittel-
bare Überprüfung im Rahmen des § 1579 BGB überhaupt zulässig ist. Die Ver-
sagung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 3 oder Nr. 4 BGB wäre näm-
lich eine Sanktion gegen ein mißbilligenswertes Verhalten der Antragstellerin
und käme in dieser Wirkungsweise einem Schadensersatzanspruch gleich, der
aber nach ganz überwiegender Auffassung dem Antragsgegner nicht zustehen
würde. Entsprechendes könnte auch für den Einwand aus § 1579 BGB gelten
(vgl. auch Staudinger/Hübner/Voppel aaO Rdn. 41). Die Frage kann aber auf
sich beruhen, weil jedenfalls ein Härtegrund weder gemäß § 1579 Nr. 3 noch
Nr. 4 BGB gegeben ist.
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Nach Nr. 3 kann der Unterhaltsanspruch des Berechtigten versagt, teil-
weise herabgesetzt oder zeitlich begrenzt werden, soweit die Inanspruchnah-
me des Verpflichteten - auch unter Wahrung der Kindesbelange - grob unbillig
wäre, weil der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt
hat. Nach der Rechtsprechung des Senats bedeutet Mutwilligkeit zwar nicht,
daß das Verhalten vorsätzlich im Sinne einer zweckgerichteten Herbeiführung
der Bedürftigkeit zu Lasten des Unterhaltspflichtigen sein muß, andererseits
reicht einfaches Verschulden für die Sanktion der Nr. 3 nicht aus. § 1579 Nr. 3
BGB soll seiner Zielrichtung nach den Bereich zumutbarer nachehelicher Soli-
darität gegen grob unbillige Unterhaltsforderungen abgrenzen und vermeiden,
daß der Unterhaltspflichtige die Folgen einer leichtfertigen Herbeiführung der
Bedürftigkeit durch den anderen Ehegatten unterhaltsrechtlich mit tragen muß.
Erforderlich ist demgemäß ein leichtfertiges, vom üblichen sozialen Standard
abweichendes Verhalten, bei dem sich die Vorstellungen und Antriebe, die die-
sem Verhalten zugrunde liegen, auch auf die Bedürftigkeit als Folge dieses
Verhaltens erstrecken müssen (sog. unterhaltsbezogene Leichtfertigkeit).
Leichtfertig in diesem Sinn handelt, wer seine Arbeitskraft oder sein Vermögen,
also die Faktoren, die ihn in die Lage versetzen, seinen Lebensunterhalt selbst
zu bestreiten, auf sinnlose Art aufs Spiel setzt und einbüßt. Dabei muß er sich
unter grober Nichtachtung dessen, was jedem einleuchten muß, oder in Ver-
antwortungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit gegen den Unterhaltspflichtigen
über die erkannten möglichen nachteiligen Folgen für seine Bedürftigkeit hin-
wegsetzen (st.Rspr. vgl. u.a. Senatsurteile vom 8. Juli 1981 - IVb ZR 593/80 -
FamRZ 1981, 1042 ff.; 14. Dezember 1983 - IVb ZR 38/82 - FamRZ 1984,
364 ff.; 13. Januar 1988 - IVb ZR 15/87 - FamRZ 1988, 375 ff.; vgl. zuletzt auch
Urteil vom 12. April 2000 - XII ZR 79/98 - FamRZ 2000, 815 ff.). Die vom Senat
bisher entschiedenen Sachverhalte, in denen eine Anwendung des Nr. 3 in
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Rede stand, betrafen im wesentlichen Unterhaltsberechtigte, die in vorwerfbar
leichtfertiger Weise ihre Erwerbsfähigkeit durch Alkohol- oder Drogenmiß-
brauch beziehungsweise das Unterlassen rechtzeitiger Entzugsmaßnahmen
verloren, Vermögen verschwendet oder verspielt, eine berufliche Aus- oder
Weiterbildung unterlassen oder ihren Arbeitsplatz durch eine vorsätzliche
Straftat verloren haben.
Das Verhalten der Antragstellerin erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Selbst wenn man zugunsten des Antragsgegners unterstellt, daß sie ihre spä-
tere Unterhaltsbedürftigkeit als Folge ihrer Schwangerschaft und der Geburt
des Kindes erkannt und in Kauf genommen hat (was nicht zwingend ist, da sie
einen Beruf hatte, den sie - bei anderweitiger Sicherstellung der Betreuung des
Kindes - gegebenenfalls weiter ausüben konnte), so kann man ihr die Verwirk-
lichung ihres Kinderwunsches nicht als sinnloses leichtfertiges Verhalten vor-
werfen, welches ein verständiger Mensch in vergleichbarer Situation vermieden
hätte. Ein Kind zu bekommen, auch in der Situation der Antragstellerin, ist we-
der sinnlos noch weicht es vom sozialen Standard ab. Daß sich der Kinder-
wunsch nur durch die - heute noch ungewöhnliche - Methode der IVF bewerk-
stelligen ließ, kann die Anwendung des § 1579 Nr. 3 BGB ebenfalls nicht be-
gründen.
Aus entsprechenden Erwägungen kann der Antragstellerin auch nicht
vorgehalten werden, sich mutwillig über schwerwiegende Vermögensinteressen
des Antragsgegners hinweggesetzt zu haben (§ 1579 Nr. 4 BGB).
Da es somit schon am Tatbestandsmerkmal des Härtegrundes fehlt,
kommt es auf die Frage der unbilligen Belastung des Antragsgegners nicht
mehr an. Das Oberlandesgericht hat daher im Ergebnis zu Recht eine Herab-
setzung des Unterhalts gemäß § 1579 BGB verneint und das Erziehungsgeld
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der Antragstellerin nicht gemäß § 9 Satz 2 Bundeserziehungsgeldgesetz auf
ihren Unterhaltsanspruch angerechnet.
4. Daß das Oberlandesgericht nach dem Sachvortrag des Antragsgeg-
ners einen Unterhaltsverzicht der Antragstellerin gegenüber dem Antragsgeg-
ner verneint hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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5. Die Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach läßt keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Antragsgegners und Revisionsführers erken-
nen, so daß die Entscheidung auch insoweit Bestand hat.
Blumenröhr Hahne Ger-
ber
Sprick Weber-Monecke