Urteil des BGH vom 19.06.2007
Leitsatzentscheidung
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 142/05 Verkündet
am:
19. Juni 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als
Urkundsbeamtin
der
Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
VerbrKrG § 9 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 9 Abs. 3 (Fassung 1. Januar 1991 bis
30. September 2000)
a) Voraussetzung für eine unwiderlegliche Vermutung für eine wirtschaftliche
Einheit von Kreditvertrag und finanziertem Geschäft im Sinne des § 9
Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG ist, dass der kreditgebenden Bank das Zusam-
menwirken des für sie tätigen Vermittlers mit dem Verkäufer positiv be-
kannt ist.
b) Bilden ein Darlehensvertrag und das finanzierte Anlagegeschäft eine wirt-
schaftliche Einheit, so kann in dieses verbundene Geschäft im Sinne des
§ 9 VerbrKrG ein mit einem anderen Kreditinstitut geschlossener, ebenfalls
der Finanzierung des Anlagegeschäfts dienender Realkreditvertrag nicht
einbezogen werden. Eine Anwendung des § 9 Abs. 3 VerbrKrG auch auf
den Realkredit scheidet aus.
BGH, Urteil vom 19. Juni 2007 - XI ZR 142/05 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
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Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 19. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Müller und Dr. Joeres, die Richterin Mayen sowie den Richter
Dr. Grüneberg
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des
2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig
vom 14. April 2005 im Kostenpunkt und insoweit auf-
gehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden
worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten
des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-
rückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagten begehren - soweit im jetzigen Revisionsverfahren
noch maßgeblich - im Wege der Widerklage von der klagenden Bank
Freistellung von sämtlichen Verpflichtungen aus einem Darlehensvertrag
mit der … Hypothekenbank (im Folgenden: Gläubigerin). Dem
liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
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Die Beklagten erwarben im Rahmen eines Steuersparmodells
durch notariellen Vertrag vom 15. Oktober/11. November 1998 von der
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A. AG in V. (im Folgenden: Verkäuferin) ohne Eigenkapital eine
Eigentumswohnung in einem Sanierungsobjekt in Au. zu
einem Kaufpreis von 201.932,50 DM. Diesen finanzierten sie in Höhe
von 165.000 DM über ein grundpfandrechtlich gesichertes Annuitäten-
darlehen der Gläubigerin sowie in Höhe weiterer 40.000 DM über einen
nicht grundpfandrechtlich gesicherten Kredit der Klägerin. Sowohl der
Abschluss der Kreditverträge als auch der des Kaufvertrages erfolgten
auf Vermittlung des für die M. GmbH (im Folgenden: Vermittle-
rin) auftretenden Vermittlers L. . Zwischen den Parteien selbst gab
es keine Kreditverhandlungen. Vielmehr hatte die Klägerin der Vermittle-
rin ihre Formulare überlassen und - allerdings ohne Bezug auf bestimmte
Finanzierungsobjekte - eine allgemeine Provisionszusage für den Fall
einer erfolgreichen Vermittlung von Darlehensverträgen erteilt. Ob sie
der Verkäuferin oder der Vermittlerin eine allgemeine Finanzierungszu-
sage erteilt hatte, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Fra-
ge, ob der Klägerin die Zusammenarbeit der Vermittlerin auch mit der
Verkäuferin positiv bekannt war.
Nach Auszahlung des Darlehens auf ein Konto der Beklagten und
Leistung von fünf Zins- und Tilgungsraten stellten die Beklagten im Mai
1999 weitere Zahlungen an die Klägerin ein. Sie verwiesen u.a. darauf,
von dem Vermittler L. über den Wert der Immobilie, die von ihnen
monatlich aufzubringenden Beträge und die Möglichkeiten einer steuerli-
chen Abschreibung arglistig getäuscht worden zu sein. Tatsächlich sei
der Kaufpreis in sittenwidriger Weise überhöht gewesen. Die Klägerin
kündigte daraufhin den Kredit und hat mit ihrer Klage über 41.199,52 DM
dessen Rückzahlung zuzüglich Zinsen sowie Bearbeitungs- und Konto-
führungsgebühren verlangt. Die Beklagten haben widerklagend die Rück-
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zahlung an die Klägerin geleisteter Darlehensraten in Höhe von
2.075 DM nebst Zinsen sowie Freistellung von sämtlichen Verpflichtun-
gen aus dem Darlehensvertrag mit der Gläubigerin begehrt. Das Landge-
richt hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die
Berufung der Beklagten ist zunächst ohne Erfolg geblieben. Der erken-
nende Senat hat dieses Berufungsurteil aufgehoben, soweit zum Nach-
teil der Beklagten entschieden war, und die Sache insoweit zur erneuten
Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom
23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232).
Das Berufungsgericht hat nunmehr die Klage abgewiesen und der
Widerklage insoweit stattgegeben, als sie auf Rückzahlung an die Kläge-
rin erbrachter Leistungen gerichtet war. Bezüglich der weitergehenden
Widerklage auf Freistellung von den Verbindlichkeiten gegenüber der
Gläubigerin hat das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten zu-
rückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre Revision, mit der die Beklagten
diesen Anspruch weiterverfolgen.
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Entscheidungsgründe:
A.
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Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision ist insgesamt
statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Berufungsgericht hat die Revision in der Urteilsformel ohne
Einschränkung zugelassen. Wie die Revision zu Recht geltend macht,
ergibt sich auch aus den Entscheidungsgründen keine Beschränkung.
Insbesondere ist die Revision entgegen der Auffassung der Revisionser-
widerung nicht ausschließlich zugunsten der Klägerin zugelassen wor-
den. Zwar rechtfertigt das Berufungsgericht die Zulassung nur unter
Hinweis auf seine für die Klägerin nachteiligen Ausführungen zum ver-
bundenen Geschäft. Damit gibt es aber nur den Grund dafür an, warum
es die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Dass
es die Zulassung der Revision auf die Frage der Voraussetzungen eines
verbundenen Geschäfts beschränken wollte, liegt schon auf Grund des
Verfahrensganges fern. Das Berufungsgericht ist vom erkennenden Se-
nat bereits im ersten Revisionsurteil darauf hingewiesen worden, dass
eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung auf eine bestimm-
te Rechtsfrage nicht möglich ist (Urteil vom 23. September 2003 - XI ZR
135/02, WM 2003, 2232). Es kann danach nicht angenommen werden,
das Berufungsgericht habe mit seiner Begründung der Revisionszulas-
sung noch einmal einen Versuch einer unzulässigen Beschränkung der
Revisionszulassung auf eine Rechtsfrage unternehmen wollen.
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Eine solche läge hier vor. Die Zulassung der Revision kann näm-
lich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf ei-
nen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes
beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte und auf
den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Un-
zulässig ist es hingegen, die Zulassung auf einzelne von mehreren An-
spruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken
(BGHZ 101, 276, 278; Senatsurteile vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02,
WM 2003, 1370, 1371 und vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02,
WM 2003, 2232; BGH, Urteil vom 5. November 2003 - VIII ZR 320/02,
WM 2004, 853). Der Teil des Prozessstoffs, für den die Zulassung aus-
gesprochen wird, muss vom restlichen Prozessstoff teilbar sein. Im Falle
einer Zurückverweisung darf die Änderung dieses Teils nicht die Gefahr
eines Widerspruchs zu dem nicht anfechtbaren Teil begründen (Senats-
urteil vom 23. September 2003, aaO, S. 2233 m.w.Nachw.). Das wäre
hier aber der Fall. Die vom Berufungsgericht für grundsätzlich erachtete
Rechtsfrage nach den Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts
im Sinne des § 9 VerbrKrG ist sowohl für die wechselseitigen Zahlungs-
ansprüche der Parteien aus dem zwischen ihnen geschlossenen Darle-
hensvertrag als auch für den noch im Streit stehenden Freistellungsan-
spruch von Bedeutung.
7
B.
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und
zur erneuten Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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I.
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Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Die Klägerin könne von den Beklagten eine Rückzahlung des Dar-
lehens nicht beanspruchen, da die Beklagten ihr im Wege des sog. Ein-
wendungsdurchgriffs gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG alle ihnen aus dem
Kaufvertrag gegenüber der Verkäuferin zustehenden Einwendungen ent-
gegenhalten könnten. Der Darlehensvertrag der Parteien bilde mit die-
sem Kaufvertrag eine wirtschaftliche Einheit. Die Klägerin habe sich der
M. GmbH als Vermittlungsbeauftragter der Verkäuferin be-
dient. Zwar sei nicht bewiesen, dass die Klägerin der Verkäuferin oder
der Vermittlerin eine allgemeine Finanzierungszusage erteilt habe. Auch
stehe nicht fest, dass die Klägerin positive Kenntnis von der Mitwirkung
der Vermittlerin beim Vertrieb der Anlage gehabt habe. Es seien aber
angesichts der langjährigen Geschäftsbeziehung zwischen der Klägerin
und der M. GmbH und den Umständen des Finanzierungsge-
schäfts hinreichend Anhaltspunkte vorhanden, dass den Mitarbeitern der
Klägerin die Identität von Anlagevermittler und Finanzierungsvermittler
bekannt gewesen sei und sie lediglich die Augen davor verschlossen hät-
ten. Für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Kauf- und
Darlehensvertrag sei es ausreichend, wenn die Darlehensgeberin - wie
hier - der Vermittlerin ihre Darlehensformulare überlasse, ihre Kreditent-
scheidung auf der Basis der von der Vermittlerin eingeholten Auskünfte
treffe und sich ihr die Doppelrolle der Vermittlerin aufdrängen müsse. Zu
den Einwendungen, die die Beklagten somit auch gegenüber der Kläge-
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rin geltend machen könnten, gehöre die Unwirksamkeit des Kaufvertra-
ges. Dieser sei wegen Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig.
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Auf Grund des erfolgreichen Einwendungsdurchgriffs stehe den
Beklagten der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der an die
Klägerin erbrachten Leistungen zu. Hingegen schulde die Klägerin ihnen
keine Freistellung von den Verbindlichkeiten gegenüber der Gläubigerin.
Aus dem Gesichtspunkt des Einwendungsdurchgriffs nach § 9 Abs. 3
VerbrKrG ergebe sich ein solcher Anspruch schon deshalb nicht, weil die
Klägerin nicht Darlehensgeberin dieses Kredites sei und die Anwendung
des § 9 VerbrKrG bei einem Realkredit im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2
VerbrKrG ohnedies ausscheide. Ein Schadensersatzanspruch aus Auf-
klärungsverschulden wegen Überschreitens der Kreditgeberrolle bestehe
nicht, da ein solcher voraussetze, dass die Bank im Zusammenhang mit
der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Objekts gleichsam
als Partei des zu finanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarer
Weise die Funktion oder Aufgaben des Veräußerers oder Vertreibers
übernommen und damit einen zusätzlichen, auf die übernommenen
Funktionen bezogenen Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Das sei
hier nicht der Fall.
II.
Das
Berufungsurteil
hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit
der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich ein Freistel-
lungsanspruch der Beklagten nicht ablehnen.
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1. Rechtsfehlerfrei und auch von der Revisionserwiderung unbean-
standet ist allerdings die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der
von den Beklagten mit der Verkäuferin geschlossene Kaufvertrag wegen
einer sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises nach § 138 Abs. 1
BGB nichtig ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
liegt ein besonders grobes Missverhältnis, das eine Vermutung für die
subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vor, wenn
der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegen-
leistung (st.Rspr., siehe etwa Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - XI ZR
6/04, WM 2006, 1194, 1200, Tz. 47, zur Veröffentlichung in BGHZ 168,
1 ff. vorgesehen und vom 13. März 2007 - XI ZR 159/05, Umdruck
S. 11 f., Tz. 22, jeweils m.w.Nachw.). Nach den vom Berufungsgericht
getroffenen Feststellungen betrug der Verkehrswert der Wohnung zum
Stichtag 23. August 2001 mit 16.361,34 € lediglich knapp ein Sechstel
des Kaufpreises. Angesichts des kurzen, nicht einmal drei Jahre wäh-
renden Zeitraums zwischen dem Abschluss des Kaufvertrages und die-
sem Stichtag ist der vom Berufungsgericht gezogene Schluss, dass auch
zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Kaufpreis zumindest knapp
doppelt so hoch war wie der Verkehrswert der Wohnung, aus Rechts-
gründen nicht zu beanstanden.
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2. Rechtlich nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Be-
rufungsgerichts, die Unwirksamkeit des Kaufvertrages könne - bezogen
auf das bei der Gläubigerin aufgenommene Darlehen - nicht mit Erfolg im
Wege des Einwendungsdurchgriffs gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG geltend
gemacht werden.
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- 10 -
Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, lässt sich ein
Freistellungsanspruch der Beklagten hinsichtlich des mit der Gläubigerin
geschlossenen Darlehensvertrags selbst dann nicht begründen, wenn
der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag mit dem
Kaufvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG
bildet. Dabei kann dahinstehen, ob die Einbeziehung eines weiteren, mit
einem anderen Kreditinstitut geschlossenen, ebenfalls der Finanzierung
des Kaufgeschäfts dienenden Darlehensvertrages in ein verbundenes
Geschäft überhaupt möglich ist. Sie ist zumindest dann ausgeschlossen,
wenn nach der Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG die Vorschrift
des § 9 VerbrKrG auf dieses weitere Kreditgeschäft - wie hier - wegen
einer vereinbarten grundpfandrechtlichen Sicherung nicht anwendbar ist.
Ließe man in solchen Fällen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG außer Betracht
und wendete auch auf diese weiteren Kreditverträge § 9 VerbrKrG an,
hätte dies zur Folge, dass der Darlehensnehmer auch dem weiteren Kre-
ditgeber nach § 9 Abs. 3 VerbrKrG die Einwendungen aus dem Kaufge-
schäft entgegenhalten könnte. Jede andere Handhabung würde zu dem
nicht zu rechtfertigenden Ergebnis führen, diesen weiteren Vertrag zwar
als zu der wirtschaftlichen Einheit im Sinne des § 9 Abs. 1 VerbrKrG zu-
gehörig anzusehen, gleichwohl aber den Absatz 3 dieser Vorschrift auf
ihn nicht anzuwenden. Eine Anwendung des § 9 Abs. 3 VerbrKrG auch
auf das weitere Kreditgeschäft liefe der eindeutigen gesetzlichen Rege-
lung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG zuwider. Sie würde zudem, da der
weitere Kreditgeber mit einer solchen Rechtsfolge nicht rechnen konnte
und sich mithin nicht um eine entsprechende Absicherung bemühen
musste, nach dem Willen des Gesetzgebers auch die Verlagerung des
Insolvenzrisikos des Verkäufers auf ihn nicht mehr zu rechtfertigen ver-
mögen.
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3. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist ferner, dass das
Berufungsgericht den begehrten Freistellungsanspruch auch nicht aus
einem Aufklärungsverschulden der Klägerin wegen Überschreitens der
Kreditgeberrolle hergeleitet hat. Dies greift auch die Revision nicht an.
4. Mit diesen Ausführungen lässt sich ein Anspruch der Beklagten
auf Freistellung von den Verpflichtungen aus dem mit der Gläubigerin
abgeschlossenen Darlehensvertrag jedoch nicht abschließend verneinen.
Auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
kommen in Fällen verbundener Geschäfte weitergehende Ansprüche ei-
nes über das Anlagegeschäft arglistig getäuschten Darlehensnehmers
auch gegen die finanzierende Bank in Betracht.
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a) Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines verbunde-
nen Geschäfts gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG im Ergebnis zu Recht
bejaht.
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aa) Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG wird die wirtschaftliche Ein-
heit zwischen dem Kreditvertrag und dem finanzierten Geschäft unwider-
leglich vermutet, wenn der Kreditgeber sich bei der Vorbereitung oder
dem Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung des Verkäufers oder
des von diesem eingeschalteten Vermittlers bedient. Von einer solchen
Mitwirkung ist auszugehen, wenn der Kreditvertrag nicht auf Grund eige-
ner Initiative des Kreditnehmers zustande kommt, sondern weil der Ver-
triebsbeauftragte des Verkäufers dem Interessenten zugleich mit dem
Kaufvertrag einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat,
das sich dem Verkäufer gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hat
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(BGHZ 156, 46, 51; Senat BGHZ 167, 252, 257, Tz. 14 und Urteile vom
23. September 2003 - XI ZR 135/02, WM 2003, 2232, 2234 sowie vom
13. Juni 2006 - XI ZR 432/04, WM 2006, 1669, 1672, Tz. 25). Fehlt es
- wie hier - an einer solchen Finanzierungszusage, so kann sich auch
aus Indizien ergeben, dass die Bank zumindest faktisch planmäßig und
arbeitsteilig, nicht notwendig auf Dauer angelegt, mit dem Verkäufer oder
dem in seinem Auftrag tätigen Vermittler bei der Vorbereitung des Kre-
ditvertrages zusammengewirkt hat (BGH, Urteil vom 28. Juni 2004 - II ZR
373/00, WM 2004, 1675, 1676). Ein wesentliches Indiz für ein planmäßi-
ges und konzeptionsmäßiges Zusammenwirken (vgl. dazu BGH, Urteil
vom 12. Dezember 2005 - II ZR 327/04, WM 2006, 220, 222) der Bank
mit dem Veräußerer kann etwa sein, wenn die Bank dem vom Veräuße-
rer eingeschalteten Vermittlungsunternehmen ihre hauseigenen Ver-
tragsformulare überlässt und sich dadurch in die Vertriebsorganisation
eingliedert (BGHZ 159, 280, 289 und 159, 294, 301). Das ist hier nach
den Feststellungen des Berufungsgerichts geschehen. Die Klägerin hat
dem von der Verkäuferin eingeschalteten Vermittlungsunternehmen ihre
Vertragsformulare überlassen und war häufiger an der Finanzierung des
Kaufpreises für Eigentumswohnungen im selben Objekt beteiligt.
bb) Voraussetzung für eine unwiderlegliche Vermutung für eine
wirtschaftliche Einheit von Kreditvertrag und finanziertem Geschäft ist
nach der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten nahezu einhelligen
Meinung in der Literatur weiter, dass der kreditgebenden Bank das Zu-
sammenwirken des für sie tätigen Vermittlers mit dem Verkäufer positiv
bekannt ist (vgl. Emmerich in: v.Westphalen/Emmerich/v.Rottenburg,
VerbrKrG 2. Aufl. § 9 Rdn. 49 f.; MünchKomm/Habersack, BGB 3. Aufl.
§ 9 VerbrKrG Rdn. 29; Ott in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, VerbrKrG
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2. Aufl. § 9 Rdn. 48 f.; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearbeitung
2001, § 9 VerbrKrG Rdn. 28; Tröster, Verbundene Geschäfte, 2001,
S. 63; Vortmann, Aktuelle Rechtsfragen zum Verbraucherkreditgesetz
Rdn. 221; siehe auch BGH, Urteile vom 23. September 2003 - XI ZR
135/02, WM 2003, 2232, 2234, vom 28. Juni 2004 - II ZR 373/00,
WM 2004, 1675, 1676 und vom 13. Juni 2006 - XI ZR 432/04, WM 2006,
1669, 1672, Tz. 25; OLG Karlsruhe WM 2001, 245, 250). Das Erfordernis
der Kenntnis ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 2
VerbrKrG. Ohne Kenntnis und Billigung der Tätigkeit des Verkäufers
durch den Kreditgeber kann nicht davon gesprochen werden, dass sich
letzterer der Mitwirkung des Verkäufers "bedient", d.h. ihn willentlich ein-
setzt und das damit verbundene Risiko übernimmt. Auch ist nach dem
Willen des Gesetzgebers die in § 9 VerbrKrG geregelte Verlagerung des
Risikos der Insolvenz des Verkäufers nur bei einer solchen Kenntnis ge-
rechtfertigt. Denn von einer Übernahme des von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung zuvor entwickelten Grundsatzes der Subsidiarität des
Einwendungsdurchgriffs gegenüber einer Inanspruchnahme des Verkäu-
fers hat der Gesetzgeber mit der Begründung abgesehen, dass der Kre-
ditgeber sein Vertragsverhältnis zum Verkäufer von vornherein so gestal-
ten könne, dass er leicht Regress nehmen könne, indem er sich z.B. vom
Verkäufer eine Bürgschaft geben lasse (BT-Drucks. 11/5462 S. 23 f.).
Möglich ist das von vornherein nur einem Kreditgeber, der mit dem Ver-
käufer bewusst zusammenwirkt.
Die danach erforderliche positive Kenntnis der kreditgebenden
Bank vom Zusammenwirken mit dem Verkäufer hat das Berufungsgericht
zwar nicht festgestellt. Gleichwohl ist die Ansicht des Berufungsgerichts,
die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts gemäß § 9 Abs. 1
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Satz 2 VerbrKrG lägen vor, im Ergebnis richtig, weil es rechtsfehlerfrei
festgestellt hat, es lägen hinreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass den
Mitarbeitern der Klägerin die Tatsache der Identität von Anlage- und Fi-
nanzierungsvermittler bekannt gewesen sei und sie lediglich die Augen
vor dieser Tatsache verschlossen hätten. Dies steht der im Rahmen der
Vermutungsregelung des § 9 Abs. 1 Satz 2 VerbrKrG erforderlichen posi-
tiven Kenntnis gleich. Für eine solche Gleichstellung genügt zwar selbst
eine grob fahrlässig verschuldete Unkenntnis nicht. Anders ist es aber
mit einem missbräuchlichen Verhalten. Nach Treu und Glauben muss
sich derjenige, der sich - wie hier nach den Feststellungen des Beru-
fungsgerichts die Klägerin - der Kenntnis einer Tatsache unredlich ver-
schließt, so behandeln lassen, als habe er die Tatsache positiv gekannt
(vgl. BGHZ 133, 192, 198 f.; BGH, Urteil vom 18. Januar 2000 - VI ZR
375/98, NJW 2000, 953 m.w.Nachw., jeweils zu § 852 BGB a.F.).
b) Ausgehend von einem verbundenen Geschäft ist nach dem in
der Revisionsinstanz maßgeblichen Vorbringen der Beklagten auf der
Grundlage der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein
Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin auf Freistellung der Beklag-
ten von sämtlichen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag mit der
Gläubigerin nicht ausgeschlossen.
22
aa) Dabei kann offen bleiben, ob sich ein solcher Freistellungsan-
spruch - wie die Revision geltend macht - im Wege eines etwa zulässi-
gen Rückforderungsdurchgriffs analog § 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG (vgl.
hierzu BGHZ 159, 280, 292 f.; 159, 294, 313) ergeben kann. Insbesonde-
re muss nicht geklärt werden, ob das Verbraucherkreditgesetz einen sol-
chen Rückforderungsdurchgriff im Wege einer analogen Anwendung des
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§ 9 Abs. 2 Satz 4 VerbrKrG erlaubt oder es für eine solche nicht an der
erforderlichen Regelungslücke fehlt (offen gelassen in den Senatsurtei-
len vom 13. Februar 2007 - XI ZR 145/06, Umdruck S. 14, Tz. 24, vom
24. April 2007 - XI ZR 340/05, Umdruck S. 10 f. jeweils m.w.Nachw. und
vom 5. Juni 2007 - XI ZR 348/05 Umdruck S. 7).
bb) Nach dem für die Revision maßgeblichen Sachverhalt steht
den Beklagten ein Freistellungsanspruch nämlich aus einer vorsätzlichen
culpa in contrahendo auf Grund einer arglistigen Täuschung der Beklag-
ten durch den Vermittler zu.
24
(1) Der erkennende Senat hat in seinen - erst nach dem angefoch-
tenen Urteil
- ergangenen Entscheidungen vom 25.
April 2006
(BGHZ 167, 239, 250 f., Tz. 29 f.) und 13. Februar 2007 (XI ZR 145/06,
Umdruck S. 9 f., Tz. 18) entschieden und im Einzelnen begründet, dass
sich die das Anlagegeschäft des Verbrauchers finanzierende Bank bei
Vorliegen eines verbundenen Geschäfts im Sinne des § 9 VerbrKrG eine
arglistige Täuschung des Vermittlers über das Anlageobjekt zurechnen
lassen muss. Der Verbraucher kann in diesem Fall der finanzierenden
Bank gegenüber den Darlehensvertrag entweder gemäß § 123 BGB an-
fechten oder Schadensersatz aus vorsätzlichem Verschulden bei Ver-
tragsschluss (jetzt § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) in Verbindung mit dem
Grundsatz der Naturalrestitution gemäß § 249 Satz 1 BGB verlangen.
25
(2) Die Voraussetzungen liegen nach dem im Revisionsverfahren
maßgeblichen Sachverhalt vor, da die Beklagten behaupten, von dem
Vermittler arglistig getäuscht worden zu sein. Zwar erscheint zweifelhaft,
ob die von ihnen behauptete arglistige Täuschung des Vermittlers
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L. über den Wert der Immobilie, einen möglicherweise zu erwar-
tenden Gewinn bei Verkauf derselben oder der Deckung der Finanzie-
rungskosten hinreichend dargetan ist, oder ob es sich insoweit lediglich
um allgemeine Anpreisungen und Prognosen handelt, die für eine arglis-
tige Täuschung nicht ausreichen (vgl. zur Abgrenzung Senatsurteil vom
19. September 2006 - XI ZR 204/04, WM 2006, 2343, 2345 f., zur Veröf-
fentlichung in BGHZ 169, 109 ff. vorgesehen). Auch fehlt es insoweit bis-
lang an Vortrag zu einer entsprechenden Kenntnis des Vermittlers
L. von der Unrichtigkeit seiner angeblichen Äußerungen. Eine arg-
listige Täuschung läge aber vor, wenn sich der Vortrag der Beklagten als
richtig herausstellen würde, der Mitarbeiter des Vermittlers L. , Herr
P. , habe im Beurkundungstermin wahrheitswidrig auf Nachfrage
des Notars angegeben, dass mit dem Bau der zu erwerbenden Immobilie
noch nicht begonnen worden sei. Tatsächlich sei der Bau schon etwa
zwei Jahre zuvor fertig gestellt gewesen. Deshalb hätten die Beklagten
bei weitem nicht die von L. in Aussicht gestellten steuerlichen Ver-
günstigungen erzielen können, da dies nur möglich gewesen sei, wenn
mit dem Bau erst nach Erbringung von Vorschüssen auf die Herstel-
lungskosten durch den Anleger begonnen worden wäre.
(3) Sollte sich dieser Vortrag - gegebenenfalls nach einer Beweis-
aufnahme - als richtig erweisen, könnten die Beklagten auf Grund einer
vorsätzlichen culpa in contrahendo von der Klägerin die Freistellung von
ihrer Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Gläubigerin beanspruchen,
sofern die Täuschung auch für den Abschluss des mit dieser geschlos-
senen Vertrages ursächlich war. Rechtsfolge eines solchen Schadenser-
satzanspruches aus vorsätzlicher culpa in contrahendo ist nämlich, dass
der Anleger und Kreditnehmer so zu stellen ist, wie er ohne die Täu-
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- 17 -
schung gestanden hätte. Dabei ist nach der Lebenserfahrung, die zu wi-
derlegen Sache der Bank ist, davon auszugehen, dass der Darlehens-
nehmer von dem finanzierten Geschäft abgesehen hätte (vgl. Senatsur-
teil BGHZ 167, 239, 251, Tz. 31), die Beklagten demnach den Kaufver-
trag nicht geschlossen und auch den zeitlich späteren Kredit bei der
Gläubigerin nicht aufgenommen hätten.
III.
Das
angefochtene
Urteil war nach alledem aufzuheben (§ 562
Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, war sie
zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverwei-
sen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Nobbe Müller Joeres
Mayen Grüneberg
Vorinstanzen:
LG Braunschweig, Entscheidung vom 02.08.2001 - 10 O 3538/00 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 14.04.2005 - 2 U 126/01 -