Urteil des BFH vom 16.12.2008
BFH: Gewinnermittlung bei Fremdwährungsbuchführung, zweigniederlassung, betriebsstätte, steuerrecht, buchhaltung, bestandteil, kapitalgesellschaft, wechselkurs, handbuch, leistungsfähigkeit
BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 16.12.2008, I B 44/08
Gewinnermittlung bei Fremdwährungsbuchführung
Tatbestand
1 I. Streitpunkt ist, wie eine in ausländischer Währung aufgestellte Bilanz in DM umzurechnen ist.
2 Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine italienische Kapitalgesellschaft mit im Handelsregister
eingetragener inländischer Zweigniederlassung. Die Geschäfte der Zweigniederlassung wickelte die Klägerin
überwiegend in US-Dollar (US-$) ab. Sie führte dort neben einem geschlossenen Buchhaltungskreis in DM/EUR einen
davon getrennten, ebenfalls in sich geschlossenen Buchhaltungskreis in US-$.
3 Im Jahr 1996 erwarb die Klägerin über die Zweigniederlassung festverzinsliche Wertpapiere für insgesamt 1 200 000
US-$; das entsprach zum Kurswert des Anschaffungszeitpunkts 1 924 082 DM. Mit diesem Betrag als
Anschaffungskosten wurden die in dem US-$-Buchhaltungskreis geführten Wertpapiere in den auf DM lautenden
Bilanzen der Zweigniederlassung für die Jahre 1996 bis 1999 aktiviert. Im Streitjahr 2000 veräußerte die Klägerin die
Wertpapiere und erlöste dafür 1 199 640 US-$. Nach dem Umrechnungskurs am Verkaufstag entsprach der
Veräußerungserlös 2 570 026,48 DM. Auf Anweisung des Stammhauses überwies die Zweigniederlassung den nicht in
DM umgetauschten Veräußerungserlös noch im Streitjahr an dieses und aktivierte in Höhe des US-$-Betrages eine
gegen das Stammhaus gerichtete Forderung.
4 In dem auf DM lautenden Jahresabschluss der Zweigniederlassung für das Streitjahr erfasste die Klägerin aus der
Veräußerung der Wertpapiere einen Gewinn von 645 944,48 DM. Sie sah darin einen noch nicht realisierten
Währungskursgewinn, den sie in ihrer Bilanz zum 31. Dezember des Streitjahres durch ertragswirksame Passivierung
einer gleich hohen Position "sonstige Rücklage" neutralisierte. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --
FA--) erkannte diese Bilanzposition nicht an und berücksichtigte den Veräußerungsgewinn im Rahmen des
Körperschaftsteuerbescheids für das Streitjahr ertragswirksam. Die deswegen erhobene Klage hat das Finanzgericht
(FG) Bremen mit Urteil vom 17. Januar 2008 1 K 22/07 (1) abgewiesen.
5 Die Klägerin beantragt die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und begründet ihr Begehren mit der
grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH)
zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
6 Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Die geltend gemachten
Zulassungsgründe liegen nicht vor.
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1. Der Rechtssache kommt unter den von der Klägerin aufgeworfenen Aspekten keine grundsätzliche Bedeutung i.S.
von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu.
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a) Die Klägerin erachtet die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob die (deutschen) Grundsätze der ordnungsmäßigen
Buchführung (GoB) es erfordern, dass zur Ermittlung des inländischen Gewinns eines Steuerpflichtigen (hier:
inländische Niederlassung eines ausländischen Unternehmens) jeder in einer Fremdwährung realisierte
Geschäftsvorfall in DM/EUR umgerechnet werden müsse oder ob die GoB auch im Rahmen einer
Fremdwährungsbuchhaltung eingehalten werden könnten.
10 b) Die damit zur Prüfung gestellten Rechtsfragen sind indes durch die Senatsrechtsprechung geklärt und es sind
keine Gründe ersichtlich, die eine erneute Befassung des BFH mit der Frage geboten erscheinen lassen.
11 aa) Das angefochtene Urteil geht davon aus, dass die Klägerin im Streitjahr mit den gewerblichen Einkünften ihrer
inländischen Zweigniederlassung gemäß § 2, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr.
2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) beschränkt körperschaftsteuerpflichtig und nach Maßgabe von §
140 der Abgabenordnung i.V.m. § 13f, §§ 238 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) buchführungspflichtig war und dass
sie ihren Gewinn gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 EStG zu ermitteln hatte. Hiergegen hat die Klägerin nichts erinnert.
12 Des Weiteren beruht das FG-Urteil auf der Annahme, dass die laufende Buchhaltung der Zweigniederlassung zwar
nach den GoB im Streitjahr nicht zwingend in DM zu führen, dass aber der Jahresabschluss gemäß § 244 HGB in DM
aufzustellen und aus diesem Grund das Ergebnis der in US-$ aufgestellten (Teil-)Bilanz und der Gewinn- und
Verlustrechnung der Zweigniederlassung auch zu Steuerzwecken in DM umzurechnen war. Auch dagegen erhebt die
Klägerin keine Einwendungen.
13 bb) Die zur Klärung gestellte Rechtsfrage betrifft die Art und Weise, wie die Umrechnung der in ausländischer
Währung aufgestellten Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfolgen hat. Das ist indes durch die
Senatsrechtsprechung, auf der das FG-Urteil beruht, im Grundsatz geklärt:
14 Nach der Rechtsprechung des Senats regeln weder die GoB noch das Steuerrecht, nach welchem Verfahren die
Werte aus einem ausländischen Jahresabschluss für Zwecke einer nach deutschem Steuerrecht aufzustellenden
Bilanz (Steuerbilanz) umzurechnen sind. Daraus folgt, dass jedes Umrechnungsverfahren zulässig ist, soweit es nicht
im Einzelfall mit den materiellen Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung kollidiert; insoweit hat der Senat
insbesondere die Anwendung des Zeitbezugsverfahrens, des Stichtagskursverfahrens, des Fristigkeitsverfahrens oder
des Nominal-Sachwertverfahrens als in Betracht zu ziehende Umrechnungsverfahren bezeichnet (Senatsbeschluss
vom 9. August 1989 I B 118/88, BFHE 158, 40, BStBl II 1990, 175; Senatsurteil vom 13. September 1989 I R 117/87,
BFHE 158, 340, BStBl II 1990, 57). Des Weiteren hat der Senat zur Ermittlung des Gewinns von ausländischen
Betriebsstätten unbeschränkt Steuerpflichtiger entschieden, dass die GoB und die allgemeinen
Bewertungsgrundsätze es erfordern, dass sich bei Geschäftsvorfällen in ausländischer Währung --unabhängig von
der gewählten Umrechnungsmethode-- auch der jeweilige Wechselkurs als einer der für die Bewertung der
Wirtschaftgüter relevanten Faktoren niederschlägt. Der nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts ermittelte Gewinn
enthält sonach nicht nur die aus der Tätigkeit der Betriebsstätte resultierende Vermögensmehrung in Fremdwährung,
sondern zugleich damit in Zusammenhang stehende wechselkursbedingte Wertverluste oder Wertsteigerungen; die
Umrechnung ist Bestandteil der Gewinnermittlung der Betriebsstätte (Senatsurteile vom 16. Februar 1996 I R 43/95,
BFHE 180, 286, BStBl II 1997, 128, und I R 46/95, BFHE 180, 576, BStBl II 1996, 588, vollständig abgedruckt in
BFH/NV 1997, 111). Nichts anderes kann für den Fall der Gewinnermittlung der inländischen Betriebsstätte eines
ausländischen Unternehmens gelten (vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch,
2006, Rz 6.2), für den ebenfalls das deutsche Steuerrecht und die allgemeinen innerstaatlichen
Gewinnermittlungsgrundsätze maßgeblich sind.
15 Mit diesen Grundsätzen ist das Begehren der Klägerin, das letztlich darauf hinausläuft, den Ausweis von
Wechselkursgewinnen oder -verlusten bei der Umrechnung einzelner Geschäftsvorfälle dadurch zu vermeiden, dass
nicht die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung der inländischen Betriebsstätte auf DM-Basis aufgestellt wird,
sondern schlicht der sich aufgrund eines in US-$ aufgestellten Jahresabschlusses ergebende US-$-Gewinn (nach
den Kurswerten des Bilanzstichtags oder nach dem durchschnittlichen Jahreskurswerten) umgerechnet und der
Besteuerung zugrunde gelegt wird, nicht zu vereinbaren. Ob die laufende Buchhaltung der Betriebsstätte dabei ganz
oder teilweise in einem geschlossenen Buchführungskreis in der Fremdwährung geführt wird oder nicht, kann für die
Frage, ob Wechselkursgewinne auf der Grundlage der innerstaatlichen Gewinnermittlungsgrundsätze zu besteuern
sind, keine Rolle spielen.
16 c) Die Senatsrechtsprechung ist nicht deshalb überprüfungsbedürftig, weil sie --wie die Klägerin meint-- gegen den
Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verstößt, indem sie zur Besteuerung noch nicht realisierter
"Scheingewinne" führt. Die Berücksichtigung von Wechselkursverschiebungen bei der Umrechnung des
Betriebsstättenergebnisses folgt --wie ausgeführt-- aus der Maßgeblichkeit des deutschen Steuerrechts, nach dem der
Betriebsvermögensvergleich nach § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4, § 5 EStG auf der Grundlage einer Bewertung in DM/EUR
durchzuführen ist. Auch in einem Inlandssachverhalt, in dem ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut gegen einen
Kaufpreis in US-$ veräußert, ist der Veräußerungserlös bei der Ermittlung des zu versteuernden Gewinns unabhängig
davon in DM/EUR umzurechnen, ob der Verkäufer den erhaltenen Betrag bis zum Bilanzstichtag in DM/EUR
umgetauscht hat oder nicht. Dass die gleichen Grundsätze für die Gewinnermittlung der inländischen Betriebsstätte
eines ausländischen Unternehmens gelten, verstößt weder gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip noch gegen das
Übermaßverbot. Mit der Problematik der Gewinnentstehung erst durch die Umrechnung hat sich der Senat überdies
schon mit seinen Urteilen in BFHE 180, 286, BStBl II 1997, 128 und in BFH/NV 1997, 111 (jeweils unter II.4.a) befasst
und die insoweit vorgebrachten Einwände für nicht stichhaltig erachtet.
17 2. Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass das auf der Senatsrechtsprechung basierende FG-Urteil nicht "greifbar
gesetzwidrig" ist und somit eine Revisionszulassung unter diesem Aspekt nicht in Betracht kommt.