Urteil des ArbG Essen vom 23.12.1997
ArbG Essen (betriebsrat, arbeitgeber, seminar, aufgaben, bag, arbeit, erforderlichkeit, verhältnis zu, wissen, höhe)
Arbeitsgericht Essen, 2 BV 62/97
Datum:
23.12.1997
Gericht:
Arbeitsgericht Essen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 BV 62/97
Schlagworte:
Erforderlichkeit einer Schulungsveranstaltung zum Sozialrecht für die
Betriebsratsarbeit
Normen:
Gesetz : § 37 Abs. 6 BetrVG .
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1.) Eine Schulungsveranstaltung über Grundzüge des Sozialrechts kann
Kenntnisse vermitteln, die für die Betriebsratsarbeit erforderlich sind.
2.) Der Betriebsrat ist zur Wahrnehmung seiner Aufgaben nach den §§
80, 89, 90, 91 BetrVG und § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG, nach § 9 ArbSichG
sowie nach § 719 RVO nicht nur im Interesse der Belegschaft und des
Betriebs, sondern auch im öffentlichen Interesse verpflichtet, um durch
eine ständige Optimierung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung
persönliche Schäden der Belegschaftsmitglieder und
betriebswirtschaftliche Schäden zu verhindern.
3.) Der Betriebsrat wird in seiner täglichen Arbeit zudem regelmäßig mit
Fragen nach der Versicherungspflicht, bzw. -freiheit, etwaigen
Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung oder
Berufsgenossenschaft, nach Ansprüchen auf Zahlung von Krankengeld
und den Rechten und Pflichten der Beschäftigten im Falle eingetretener
Arbeitsunfähigkeit konfrontiert.
Tenor:
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Betriebsrat von den
Kosten des Seminars "Augen auf, Justitia! - Was Betriebs- und
Personalräte vom Sozialrecht wissen sollten" gegenüber der
Gemeinnützigen hbv-KBV GmbH, Kanzlerstr. 8, 40472 Düsseldorf, in
Höhe von 2.276,20 DM freizustellen.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, an das Betriebsratsmitglied
....................... Kostenersatz für die Teilnahme an dem o.g. Seminar in
Höhe von 382,-- DM zu leisten.
G r ü n d e :
1
A.
2
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für eine Schulungsveranstaltung
zum Thema "Augen auf, Justitia! - Was Betriebs- und Personalräte vom Sozialrecht
wissen sollten".
3
Der beteiligte Arbeitgeber (= Antragsgegnerin) ist eine deutsche Großbank mit über 900
Filialen in ganz Deutschland.
4
Der beteiligte Betriebsrat (= Antragsteller) vertritt ca. 630 Arbeitnehmer in F. und
Umgebung, die organisatorisch zur "Filiale F." des Arbeitgebers gehören.
5
Zwischen dem Arbeitgeber und dem für das Unternehmen gebildeten Gesamtbetriebsrat
wurde am 29. April 1997 über die "Konzentration Inlandzahlungsverkehr und
Geschäftsabwicklung Filialen (Bildung von Bearbeitungszentren) gemäß
Vorstandsbeschluß vom 30. November 1996" ein Interessenausgleich (vgl. Bl. 23-29
d.A.) sowie - ebenfalls unter dem 29. April 1997 - aus Anlaß der geplanten
Betriebsänderungen ein Sozialplan (vgl. Bl. 30-40 d.A.) abgeschlossen.
6
Im Hinblick auf die mit den Betriebsänderungen zusammenhängenden, auch
mindestens ca. 120 Arbeitnehmer des Betriebs "Filiale F." betreffenden
Umstrukturierungen beschloß der Betriebsrat in seiner Sitzung vom 10. April 1997 nach
vorheriger längerer diesbezüglicher Korrespondenz mit dem Arbeitgeber (vgl. Bl. 7-13
d.A.), das freigestellte Betriebsratsmitglied L. zu dem von der Gemeinnützigen hbv-KBV
mbH veranstalteten 1-wöchigen Seminar "Augen auf, Justitia! - Was Betriebs- und
Personalräte vom Sozialrecht wissen sollten" vom 16. Juni bis 20. Juni 1997 in Erkner
bei Berlin zu entsenden. Für das betreffende Seminar war folgender Themenplan
vorgesehen (vgl. Bl. 21/22 d.A.):
7
"Montag
8
Seminarbeginn: 15:00 Uhr
9
Seminareinstieg
10
Eröffnung und Vorstellungsrunde
11
Überblick über die Bereiche des Sozialrechts, z.B.
12
Arbeitslosen-, Kranken, Unfall-, Pflege- und Rentenrecht
13
Rechtsdurchsetzung vor den Sozialgerichten
14
Betriebliche Aspekte des Sozialrechts
15
Aufgaben des Betriebsrats nach § 80 ff BetrVG
16
Geringfügig Beschäftigte nach § 8 SGB IV
17
Dienstag
18
Arbeitsförderungsrecht
19
Abfindungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
20
Probleme bei Aufhebungsverträgen, z.B. Sperrzeiten
21
Ansprüche auf Leistungen z.B. Umschulung, Fortbildung,
22
Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe
23
Ansprüche auf Kurzarbeitergeld und Konkursausfallgeld
24
Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats bei Betriebs(teil)schließungen im Rahmen
von Beschäftigungsgesellschaften
25
Mittwoch
26
Krankenversicherungsrecht
27
Versicherter Personenkreis, Beitragsbemessung
28
Versicherungsfälle, Leistungen
29
Arbeitsunfähigkeit und Krankengeldanspruch
30
Entgeltfortzahlungsanspruch bei Erkrankung eines Kindes
31
Ansprüche bei Mutterschutz und auf Erziehungsgeld.
32
Donnerstag
33
Unfallversicherungsrecht
34
Arbeitsunfall als Versicherungsfall
35
Wegeunfälle, Berufskrankheiten
36
Leistungen der Berufsgenossenschaft
37
Haftungsfragen (z.B. Arbeitgeber, Arbeitskollegen)
38
Freitag
39
Gesetzliche Rentenversicherung
40
Abgrenzung zwischen Arbeitern und Angestellten
41
Regelaltersgrenze, vorgezogene Altersgrenzen
42
Versicherungspflicht, freiwillige Versicherungen
43
Leistungen zur Rehabilitation
44
Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsrenten
45
Abschluß des Seminars
46
Seminarauswertung
47
Seminarende: ca. 14:00 Uhr (nach dem Mittagessen)
48
Referentinnen: Ute Grandt, Juristin, Düsseldorf
49
Udo Geiger, Richter am Sozialgericht Berlin
50
Seminarleitung: Gerhard Noll, Justitiar, Gemeinn. Hbv-KBV mbH,
51
Düsseldorf"
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Auf die Mitteilung des Betriebsrats über die beabsichtigte Entsendung des
Betriebsratsmitglied L. zu der Schulungsveranstaltung bestritt der Arbeitgeber mit
Schreiben vom 03. April 1997 die Erforderlichkeit der Schulung und lehnte die
Kostenübernahme ab, stellte Herrn L. allerdings für die Zeit der Schulungsveranstaltung
unter Bezugnahme auf § 37 Abs. 7 BetrVG unter Fortzahlung der Vergütung von der
Arbeit frei.
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Durch die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds L. sind der Trägerin des Seminars, der
Gemeinnützigen hbv-KBV mbH Kosten in Höhe von DM 1.776,20 entstanden.
Außerdem trat die Seminarträgerin auch hinsichtlich der angefallenen Übernachtungs-
und Verpflegungskosten in Höhe von DM 500,-- für den Betriebsrat in Vorleistung.
Ferner entstanden dem Betriebsratsmitglied L. selbst durch die Teilnahme an der
Schulungsveranstaltung Fahrtkosten und Kosten für Verpflegungs-Mehraufwendung in
Höhe von insgesamt DM 382,-- (vgl. Bl. 48 d.A.).
54
Mit dem vorliegenden, am 06. Oktober 1997 bei Gericht eingegangenen Antrag nimmt
der Betriebsrat den Arbeitgeber auf Freistellung von den Kosten der Schulung sowie auf
Leistung von Kostenersatz an das Betriebsratsmitglied L. in Anspruch.
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Zur Begründung macht der Betriebsrat geltend, jeder Betriebsrat, insbesondere auch er
selbst, sei ständig mit Fragen von Arbeitnehmern nach den Folgen von betriebs- und
verhaltensbedingten Kündigungen sowie Aufhebungsverträgen konfrontiert. Von jedem
Betriebsrat werde verlangt, daß er die Arbeitnehmer zumindest ansatzweise hinsichtlich
der insoweit vorhandenen sozialrechtlichen Problematik berate. Dieser Beratungsbedarf
könne sich aktuell etwa dadurch ergeben, daß in kurzer Zeit entschieden werde müsse,
ob ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag zur Vermeidung einer betriebs- oder
verhaltensbedingten Kündigung unterschreibe. Die insoweit vermittelten Kenntnisse aus
dem Arbeitsförderungsrecht und aus dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung,
die sich jeweils aus dem Themenplan ergäben, seien allgemein für die Arbeit von
Betriebsräten erforderlich, so daß ein konkreter Schulungsbedarf des Betriebsrats
insoweit nicht darzulegen sei. Die Kenntnisse im Unfallversicherungsrecht seien
ebenfalls allgemein von erheblicher Bedeutung, und zwar im Hinblick auf § 89 BetrVG,
insbesondere auf § 89 Abs. 5 BetrVG. Danach sei der Betriebsrat bei
Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen, nach § 193 SGB VII sei die Unfallanzeige vom
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Betriebsrat mit zu unterzeichnen. Der Betriebsrat sei dabei berechtigt, gegebenenfalls
seine Sicht des Unfallgeschehens darzulegen. Auch durch § 5 der allgemeinen
Verwaltungsvorschrift über das Zusammenwirken der Träger der Unfallversicherungen
mit dem Betriebsrat werde sichergestellt, daß der Betriebsrat von allen der
Berufsgenossenschaft angezeigten Unfällen Kenntnis erhalte. Der Betriebsrat sei nicht
nur zur Besichtigung des Unfallortes, sondern auch z.B. zur Vernehmung von
Unfallzeugen und zur Anhörung von Sachverständigen über die Unfallursachen
hinzuzuziehen, Unterlagen die sich hierzu verhielten, seien ihm vorzulegen.
Das Mitwirkungsrecht des Betriebsrats bei Arbeitsunfällen sei also umfassend
ausgestaltet, so daß sich bereits hieraus ein allgemeiner Schulungsbedarf darüber
ergebe, welche Unfälle Versicherungsfälle im Sinne des Rechtes der gesetzlichen
Unfallversicherung darstellten, in welchen Fällen Wegeunfälle vorlägen bzw.
Berufskrankheiten nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung zu behandeln
seien, welche Leistungen die Berufsgenossenschaft erbringe und welche
Haftungsfragen sich aus Arbeitsunfällen ergäben. Auch insoweit handele es sich um
Themen, mit denen jeder Betriebsrat vertraut sein müsse, um seine gesetzlichen
Aufgaben zu erfüllen. Bisher habe auch noch kein Betriebsratsmitglied des
antragstellenden Betriebsrats an einer entsprechenden Schulung teilgenommen. Im
übrigen ergebe sich insoweit ein konkreter Schulungsbedarf auch daraus, daß in den
Monaten Januar bis April 1997 insgesamt 6 Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen auf dem
Weg zur oder in der Bank einen Unfall erlitten hätten. Auch dies sei für den Betriebsrat
Anlaß dafür gewesen, sich hinsichtlich der sozialrechtlichen und
versicherungsrechtlichen Folgen schulen zu lassen.
57
Hinsichtlich des Themenkomplexes Krankenversicherungsrecht ergebe sich der
Schulungsbedarf des Betriebsrats ebenfalls aus allgemeinen Erwägungen.
Insbesondere Fragen der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, der Möglichkeiten des
Arbeitgebers, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen über die Krankenversicherung
anzuzweifeln, Entgeltfortzahlungsansprüche bei Erkrankung eines Kindes und
Ansprüche bei Mutterschutz und auf Erziehungsgeld seien Gegenstand ständiger
Fragen von Arbeitnehmern an den Betriebsrat, so daß die Grundzüge der
sozialrechtlichen Vorschriften dem Betriebsrat bekannt sein müßten. Auch insoweit
habe bisher noch keine Schulung eines Betriebsratsmitglieds des Antragstellers
stattgefunden.
58
Soweit betriebliche Aspekte des Sozialrechts angesprochen seien, insbesondere die
Aufgaben nach §§ 80 ff BetrVG, handele es sich ersichtlich um ein für die Arbeit des
Betriebsrats erforderliches Thema, das im Rahmen der allgemeinen
Betriebsratsschulungen nicht, jedenfalls kaum unter sozialrechtlichen Aspekten,
behandelt werde.
59
Darüber hinaus ergebe sich ein aktueller Schulungsbedarf zu wesentlichen Punkten
des infrage stehenden Seminars aus einer bereits beschlossenen und mit
Interessenausgleich und Sozialplan geregelten erheblichen Betriebsänderung. Nach
dieser würden die Funktionen Inlandszahlungsverkehr und Geschäftsabwicklung der
Filialen in Bearbeitungszentren zusammengefaßt. Für die "Filiale F." bedeute dies, daß
diese Funktionen zukünftig in Hamm bearbeitet würden, wodurch in F. mindestens ca.
120 Arbeitnehmer betroffen würden. Bei den in dem Interessenausgleich genannten
Maßnahmen handele es sich u.a. um die Reduktion der Arbeitszeit,
Vorruhestandsregelungen, Altersteilzeitregelungen, freiwillige Reduzierung der
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Wochenarbeitszeit etc.. Über die entsprechenden Einzelmaßnahmen seien nach § 7
des Interessenausgleichs die örtlichen Betriebsrate zu unterrichten, und zwar so
rechtzeitig, daß Anregungen noch berücksichtigt werden könnten. Nach dem Sozialplan
seien Abfindungen im Falle von Kündigungen oder arbeitgeberseitig veranlaßtem
Aufhebungsvertrag vorgesehen, ferner seien Vorruhestandsregelungen vereinbart. Dies
alles belege, daß die massiven Auswirkungen der bereits beschlossenen
Betriebsänderung - betroffen seien etwa 17 % der gegenwärtigen Mitarbeiter im
Zuständigkeitsbereich des Antragstellers - einen erheblichen Informationsbedarf des
Betriebsrats erforderten, der sich vor allem auch auf die sozialrechtlichen Folgen von
Aufhebungsverträgen, Vorruhestandsregelungen, Kündigungen in bezug auf die
arbeitsförderungsrechtlichen und rentenrechtlichen Konsequenzen beziehe. Die
Betriebsänderung sei den Mitarbeitern Weihnachten 1996 mitgeteilt worden. Seither
sehe sich der Betriebsrat mit ständigen Anfragen der in den Bereichen
"Inlandszahlungsverkehr" und "Geschäftsabwicklung Filialen" tätigen Mitarbeitern
konfrontiert. Die Arbeitnehmer wollten möglichst frühzeitig planen, wie sie sich bei der
Umsetzung der Maßnahme im Frühjahr/Sommer 1998 verhalten sollten. Zum Teil
erwögen sie eine vorzeitige Aufhebung des Arbeitsverhältnisses, zum Teil einen
vorzeitigen Rentenbezug oder Regelungen nach dem Altersteilzeitgesetz. Der
Betriebsrat habe festgestellt, daß er hinsichtlich der sozialrechtlichen Aspekte
dringenden Schulungsbedarf habe. Dies sei der Hauptgrund dafür gewesen, daß das
Betriebsratsmitglied L. zu der Schulung entsandt worden sei, da sie sich als die
geeignetste Schulung dargestellt habe, die Kenntnisse über die
arbeitsförderungsrechtlichen und rentenversicherungsrechtlichen Auswirkungen der
geplanten Betriebsänderung vermittle.
Der Betriebsrat beantragt,
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1. der Antragsgegnerin aufzugeben, den Betriebsrat von den Kosten des Seminars
"Augen auf, Justitia! - Was Betriebs- und Personräte vom Sozialrecht wissen sollten"
gegenüber der Gemeinnützigen hbv-KBV mbH, Kanzlerstraße 8, 40472 Düsseldorf in
Höhe von 2.276,20 DM freizustellen;
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2. der Antragsgegnerin aufzugeben, an das Betriebsratsmitglied L. Kostenersatz für die
Teilnahme an dem Seminar in Höhe von 382,-- DM zu leisten.
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Der Arbeitgeber beantragt,
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die Anträge zurückzuweisen.
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Der Arbeitgeber meint, bei dem infrage stehenden Seminar handele es sich nicht um
eine nach § 37 Abs. 6 BetrVG für die Betriebsratsarbeit erforderliche
Fortbildungsveranstaltung. Allenfalls könne von einem nach § 37 Abs. 7 BetrVG zur
Unterstützung der Betriebsratsarbeit geeigneten Seminar ausgegangen werden. Ein
erster Hinweis darauf, daß es sich nicht um eine notwendige Fortbildung im Sinne des §
37 Abs. 6 BetrVG handele, ergebe sich schon aus dem Namen des Seminars. Der
Veranstalter gehe durch die Verwendung des Wortes "sollten" selbst davon aus, daß
dort keine notwendigen Inhalte für die Betriebsratsarbeit vermittelt würden, sondern
Inhalte, deren Kenntnis im Einzelfall zwar sinnvoll sein könne, die aber für die Erfüllung
der gesetzlichen Aufgaben eines Betriebsrats keineswegs unverzichtbar seien.
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Zum Kernbereich der täglichen Arbeit des antragstellenden Betriebsrats gehöre von den
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aus der Themenliste des Seminars ersichtlichen Einzelthemen alleine das
Arbeitsförderungsrecht. Insoweit weise der Betriebsrat zu Recht darauf hin, daß im
Zusammenhang mit den derzeit im Unternehmen anstehenden organisatorischen
Veränderungen und der Abwägung der betroffenen Arbeitnehmer, ob ein Angebot der
Bank zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen
angenommen oder über eine Vertragsbeendigung nachgedacht werden solle, sicher
auch Fragen zu erörtern seien, die mit dem Arbeitsförderungsrecht zusammenhingen,
insbesondere z.B. Fragen der erst mit der letzten Gesetzesänderung eingeführten
Anrechnung von Abfindungszahlungen auf das Arbeitslosengeld. Dieser Teilbereich
aus der Thematik des Seminars habe jedoch nur einen einzigen von den 5 Tagen
seiner Gesamtdauer ausgemacht, wobei auch zu berücksichtigen sei, daß von den
Themen, die im Rahmen der Information über das Arbeitsförderungsrecht angesprochen
würden, wiederum Teile, wie z.B. die Regelungen über Kurzarbeitergeld und
Konkursausfallgeld, in der betrieblichen Praxis einer deutschen Großbank ohne
Bedeutung seien. Es sei auch nicht absehbar, daß diese Aspekte in Zukunft irgendeine
Bedeutung erlangen könnten.
Eine Erforderlichkeit von Kenntnissen des Kranken-, Unfall- und
Rentenversicherungsrechts für die Erfüllung der Aufgaben eines Betriebsrats bestehe
nicht. Betriebsvereinbarungen über einen Interessenausgleich oder einen Sozialplan
würden bei organisatorischen Veränderungen in einem Filialunternehmen nicht mit
einem einzelnen der über 180 örtlichen Betriebsräte abgeschlossen, sondern mit dem
Gesamtbetriebsrat, da von solchen Veränderungen regelmäßig mehrere Filialen
betroffen seien.
68
Entgegen der Meinung des Betriebsrats ergebe sich z.B. für Fragen des
Unfallversicherungsrechts keine Betriebsratszuständigkeit aus § 89 BetrVG. Die
Mitwirkung des Betriebsrats in diesem Bereich beziehe sich auf praktische Fragen wie
die Analyse von Gefährdungen im Betrieb und die Möglichkeiten zu deren Vermeidung.
Genausowenig bestünden Mitbestimmungsrechte bei Fragen der Krankenversicherung.
Sicherlich könnten im Arbeitsverhältnis Fragen zum Umfang eines
Gehaltsfortzahlungsanspruchs, des Mutterschutzes und des Erziehungsurlaubs
auftauchen. Die Tatsache, daß dem Betriebsrat gelegentlich solche Fragen aus dem
Bereich der Krankenversicherung gestellt würden, mache das Thema aber noch nicht
unverzichtbar für die Betriebsratsarbeit im Rahmen der Mitbestimmung nach dem
Betriebsverfassungsgesetz. Entsprechendes gelte auch die Fragen des
Rentenversicherungsrechts.
69
Die Anzahl der für die Betriebsratsarbeit erforderlichen Themen auf dem infrage
stehenden Seminar mache auch nicht mehr als 50 % aller insgesamt auf der
Tagesordnung stehenden Themen aus; vielmehr könne lediglich ein Seminartag, der
sich mit dem Arbeitsförderungsrecht beschäftige, als für die Betriebsratsarbeit
tatsächlich notwendig bewertet werden.
70
Selbst wenn man, wie der antragstellende Betriebsrat, meine, davon ausgehen zu
müssen, daß alle im Seminar behandelten Themenbereiche zum Aufgabengebiet des
Betriebsrats gehörten, sei nach der Rechtsprechung des BAG zwischen
Veranstaltungen zu unterscheiden, die Grundwissen vermittelten und solchen, die
ergänzendes Wissen vermittelten. Nur soweit es sich um Themen handele, die zum
Grundwissen eines Betriebsrats gehörten, gehe die Rechtsprechung des BAG davon
aus, daß eine Erforderlichkeit einer Schulung generell zu vermuten sei. Hingegen könne
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bei Fortbildungsveranstaltungen zur Vermittlung von ergänzendem Wissen von der
Erforderlichkeit einer solchen Schulung nur bei Vorliegen eines konkreten betrieblichen
Anlasses ausgegangen werden, der gerade eine Beratung oder ein Tätigwerden durch
das Betriebsratsmitglied L. erforderlich mache.
B.
72
Der zulässige Antrag ist begründet.
73
I.
74
1. Das geltend gemachte Begehren wird von dem Betriebsrat zutreffend im
arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren verfolgt.
75
Es handelt sich um eine Angelegenheit aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne
der §§ 2 a Abs. 1 Nr. 1, 2 a Abs. 2, 80 Abs. 1 ArbGG.
76
2. Das - im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren stets erforderliche und von Amts
wegen zu prüfende (vgl. Grunsky, ArbGG, 7. Auflage 1995, § 80 Rz. 22-22;
Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl. 1995, § 81 Rz. 23-32; Rewolle/Bader,
ArbGG, § 81 Erl. 1) - Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag des Betriebsrats ergibt sich
daraus, daß die Beteiligten darüber streiten, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, den
Betriebsrat von dem durch die Schulungsveranstaltung entstandenen Kosten
freizustellen bzw. die von diesem verauslagten Kosten an das Betriebsratsmitglied L. zu
zahlen.
77
Gegen die Zulässigkeit der beiden Anträge bestehen daher keine Bedenken.
78
II.
79
Die Anträge sind auch begründet.
80
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Betriebsrat die
Aufgabe, über die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern zu beschließen, deren
Schulung er zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Betrieb für erforderlich hält (vgl. BAG vom
06. November 1973 - 1 ABR 8/73 - AP Nr. 5 zu
81
§ 37 BetrVG 1972; BAG vom 05. April 1984 - 6 AZR 495/81 - AP Nr. 46 zu § 37 BetrVG
1972; BAG vom 15. Mai 1986 - 6 ABR 64/83 - AP Nr. 53 zu § 37 BetrVG 1972 = NZA
1986, 803 = DB 1986, 2189).
82
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vermittlung von
Kenntnissen und Fähigkeiten nur dann für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn der
Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigt, um
seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu
können. Kenntnisse, die für die Betriebsratsarbeit nur verwertbar und nützlich sind,
erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Soweit es sich nicht um für die Betriebsratsarbeit
stets aktuelle Fragenbereiche handelt, wie es z.B. beim Betriebsverfassungsrecht und
Fragen des allgemeinen Arbeitsrechts der Fall ist, muß daher ein aktueller
betriebsbezogener Anlaß für die Annahme bestehen, daß die auf der
Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft benötigt
83
werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach und fachgerecht ausüben
kann (vgl. BAG vom 16. März 1988 - 7 AZR 557/87 - AP Nr. 63 zu § 37 BetrVG 1972).
Lediglich bei erstmals gewählten Betriebsratsmitgliedern wird auf eine nähere
Darlegung der Schulungsbedürftigkeit verzichtet, wenn es sich um die Vermittlung von
Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht (vgl. BAG vom 07. Juni 1989 - 7 ABR
26/88 - AP Nr. 67 zu § 37 BetrVG 1972) und allgemeinem Arbeitsrecht (vgl. BAG vom
25. April 1978 - 6 ABR 22/75 - AP Nr. 33 zu § 37 BetrVG 1972 = EzA § 37 BetrVG Nr.
59; BAG vom 16. Oktober 1986 - 6 ABR 14/84 - AP Nr. 58 zu § 37 BetrVG 1972) handelt.
Gleiches gilt auch für den Bereich der Arbeitssicherheit und der Unfallverhütung (vgl.
BAG vom 15. Mai 1986 - 6 ABR 74/83 - AP Nr. 54 zu § 37 BetrVG 1972 = NZA 1987,
63).
84
Denn bei aller Verschiedenheit der Betriebe und der betrieblichen
Interessenvertretungen ist im allgemeinen davon auszugehen, daß der Betriebsrat
grundlegende betriebsverfassungs- und arbeitsrechtliche Kenntnisse alsbald oder doch
jedenfalls aufgrund typischer Fallgestaltungen demnächst zur Wahrnehmung gesetzlich
zugewiesener Aufgaben benötigt (vgl. BAG vom 19. Juli 1995 - 7 ABR 49/94 - NZA
1996, 442).
85
2. Der Betriebsrat hat bei seiner Beschlußfassung über die Freistellung von
Betriebsratsmitgliedern, deren Schulung er zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Betrieb für
erforderlich hält, einen gewissen Beurteilungsspielraum. Dabei hat der Betriebsrat die
Frage der Erforderlichkeit nicht nur nach seinem subjektiven Ermessen zu beantworten;
vielmehr muß er sich auf den Standpunkt eines vernünftigen Dritten stellen, der die
Interessen des Betriebes einerseits und die des Betriebsrats und der
Arbeitnehmerschaft andererseits gegeneinander abzuwägen hat. Entscheidend ist
dabei der Zeitpunkt der Beschlußfassung des Betriebsrats; unerheblich ist, ob aus
späterer Sicht rückblickend betrachtet die Freistellung im streng objektiven Sinn
erforderlich war. Die gerichtliche Kontrolle muß sich daher darauf beschränken, ob ein
vernünftiger Dritter unter den im Zeitpunkt der Beschlußfassung gegebenen Umständen
ebenfalls eine derartige Entscheidung getroffen hätte (vgl. BAG vom 16. Oktober 1986 -
6 ABR 14/84 - AP Nr. 58 zu § 37 BetrVG 1972).
86
3. Von diesen Maßstäben ausgehend, sind die auf dem Seminar "Augen auf, Justitia ! -
Was Betriebs- und Personalräte vom Sozialrecht wissen sollten" gemäß Themenplan
vermittelten Schulungsinhalte jedenfalls deutlich überwiegend für eine sachgerechte
Erfüllung der dem Betriebsrat zugewiesenen gesetzlichen Aufgaben unabdingbar:
87
a) Das vorliegend in Streit stehende Seminar vermittelt ausweislich des Themenplans
einen Überblick über die verschiedenen Bereiche des Sozialrechts und
Grundkenntnisse in den für die tägliche Betriebsratsarbeit wichtigsten Teilgebieten des
Sozialrechts. So befaßt sich der Seminareinstieg mit einem "Überblick über die
Bereiche des Sozialrechts, z.B. Arbeitslosen-, Kranken-, Unfall-, Pflege- und
Rentenrecht" sowie mit der "Rechtsdurchsetzung vor den Sozialgerichten". Hierbei
handelt es sich um einen systematischen Überblick über das Rechtsgebiet des
Sozialrechts und über die Möglichkeiten einer etwaigen Rechtsdurchsetzung - also
Fragen, mit denen der Betriebsrat in seiner täglichen Arbeit durch entsprechende
Anfragen von Arbeitnehmern ständig zu tun hat. Ebenso erforderlich für die tägliche
Arbeit eines Betriebsrats sind die Themen "Aufgaben des Betriebsrats nach §§ 80 ff
BetrVG" und "Geringfügig Beschäftigte nach § 8 SGB IV". Hierbei geht es unmittelbar
88
um die allgemeine Überwachungspflicht des einzelnen Betriebsratsmitglieds nach § 80
Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und § 80 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, der das einzelne Betriebsratsmitglied
ebensowenig nachkommen kann wie seinen Unterstützungsaufgaben nach § 82 Abs. 2
S. 2 BetrVG, 83 Abs. 1 S. 2 BetrVG, 84 Abs. 1 S. 2 BetrVG, wenn es nicht die dort
angesprochenen Bereiche des Sozialrechts in seinen Grundzügen kennt.
b) Daß - insbesondere unter Berücksichtigung der infolge der bevorstehenden
Betriebsänderung massiert aus den Reihen der Belegschaft zu erwartenden Fragen -
der Bereich des Arbeitsförderungsrechts, wie im Themenplan für den Dienstag
aufgeführt, für das teilnehmende Betriebsratsmitglied L. unbedingt erforderlich gewesen
ist, hat auch der Arbeitgeber nicht bestritten, so daß dies keiner gesonderten Vertiefung
bedürfen sollte.
89
c) Nach Auffassung der erkennenden Kammer sind auch die im Rahmen des fraglichen
Seminars vermittelten Grundkenntnisse über das Krankenversicherungsrecht für das
Betriebsratsmitglied L. erforderlich gewesen. Insoweit hat der Betriebsrat - vom
Arbeitgeber unbestritten - darauf hingewiesen, daß insbesondere Fragen der
Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, der Möglichkeiten des Arbeitgebers,
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit Hilfe der Krankenversicherung anzuzweifeln,
Entgeltfortzahlungsansprüche bei Erkrankung eines Kindes und Ansprüche bei
Mutterschutz und auf Erziehungsgeld Gegenstand ständiger Fragen von Arbeitnehmern
an den antragstellenden Betriebsrat seien, so daß die Grundzüge der sozialrechtlichen
Vorschriften dem Betriebsrat bekannt sein müßten. Dieser Argumentation schließt sich
die erkennende Kammer an. Es ist in der Tat richtig, daß der unter der Überschrift
"Krankenversicherungsrecht" auf dem fraglichen Seminar behandelte Themenkomplex
mit dem Betriebsverfassungsrecht als der gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des
Betriebsrats eng verflochten ist. Der Betriebsrat wird in seiner täglichen Arbeit
regelmäßig mit Fragen nach der Versicherungspflicht, Beitragsbemessungsgrenze,
etwaigen Leistungsverpflichtungen der gesetzlichen Krankenversicherung, nach
Ansprüchen auf Zahlung von Krankengeld und den Rechten und Pflichten im Falle
eingetretener Arbeitsunfähigkeit konfrontiert. Es ist außerdem nach Ansicht der Kammer
auch erforderlich, daß der Betriebsrat bei Themen wie "Entgeltfortzahlungsanspruch bei
Erkrankung eines Kindes" und "Ansprüche bei Mutterschutz und auf Erziehungsgeld"
zumindest über Grundkenntnisse verfügt, wie diese auf dem fraglichen Seminar
vermittelt worden sind.
90
d) Auch soweit es um die auf der Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse zum
"Unfallversicherungsrecht" geht, ist das Gericht mit dem Betriebsrat der Auffassung, daß
- gerade auch unter Berücksichtigung der Tatsache, daß allein in den Monaten Januar
bis April 1997 nicht weniger als 6 Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen des Arbeitgebers auf
dem Weg zur oder in der Bank einen Unfall erlitten haben - hinsichtlich der auf dem
Seminar vermittelten Fragen zum Unfallversicherungsrecht die Erforderlichkeit dieser
Kentnisse für das Betriebsratsmitglied Lauer nicht verneint werden kann. Auch insoweit
ist darauf hinzuweisen, daß - was der Arbeitgeber wohl nicht klar genug gesehen hat -
auf der in Rede stehenden Schulungsveranstaltung lediglich Grundkenntnisse zum
Unfallversicherungsrecht vermittelt worden sind, so daß es einer näheren Darlegung der
Erforderlichkeit der Schulung seitens des Betriebsrats eigentlich gar nicht bedurft hätte.
91
Selbst wenn man aber den konkreten betrieblichen Anlaß ganz außer Acht lassen
wollte, so ist es aus Sicht der erkennenden Kammer gänzlich unerläßlich, daß
zumindest ein Betriebsratsmitglied zu Themen wie "Arbeitsunfall als
92
Versicherungsfall"," Wegeunfälle, Berufskrankheiten", "Leistungen der
Berufsgenossenschaft" und "Haftungsfragen (z.B. Arbeitgeber, Arbeitskollegen)" in der
Lage ist, sowohl der allgemeinen Überwachungspflicht des Betriebsrats nach § 80
BetrVG genüge zu tun als auch von einem Arbeitsunfall betroffenen Arbeitnehmern auf
entsprechende Frage die Hilfestellung zu gewähren, die diese von einem Betriebsrat
erwarten (dürfen).
Jedenfalls sind solche Kenntnisse für die ständige Arbeit eines jeden Betriebsrats von
erheblicher Bedeutung. Durch das Betriebsverfassungsgesetz und eine Vielzahl
anderer gesetzlicher Bestimmungen und sonstige öffentlichrechtliche Vorschriften ist die
Beteiligung des Betriebsrats in derartigen Angelegenheiten angeordnet. So sind nach
den §§ 80 Abs. 1 Nr. 1, 80 Abs. 2, 80 Abs. 3, 90 BetrVG dem Betriebsrat im Hinblick auf
die Beachtung der Unfallverhütungs- und Gesundheitsschutzvorschriften sowie die
Gestaltung von Arbeitsplätzen allgemeine Kontroll-, Informations- und Beratungsrechte,
nach § 87 Abs. 1 Nr. 7, § 91 BetrVG Mitbestimmungsrechte bei der Durchführung von
Maßnahmen der Unfallverhütung und des betrieblichen Gesundheitsschutzes sowie zur
Realisierung gesicherter arbeitswissenschaftlicher Erkenntnisse über die
menschengerechte Gestaltung der Arbeit, nach § 9 Abs. 3 ArbSichG Mitwirkungsrechte
bei der Bestellung des betrieblichen Sicherheitsbeauftragten eingeräumt. Nach § 89
BetrVG hat der Betriebsrat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren
die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden, insbesondere die
Gewerbeaufsichtsämter und technischen Überwachungsvereine, die
Berufsgenossenschaften als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und gemäß
den §§ 719 Abs. 1, 719 Abs. 2, 719 Abs. 5 RVO, § 9 ArbSichG die
Sicherheitsbeauftragten und die Betriebsärzte sowie die Sicherheitsfachkräfte durch
Anregung, Beratung und Auskunft zu unterstützen.
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Der Betriebsrat ist zur Wahrnehmung dieser Aufgaben nicht nur im Interesse der
Betriebsbelegschaft, sondern auch im öffentlichen Interesse verpflichtet, um durch eine
ständige Optimierung des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung persönliche
Schäden der Belegschaftsmitglieder und betriebswirtschaftliche Schäden zu verhindern.
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Die Betriebsratstätigkeit sollte zwar nicht erst dann einsetzen, wenn der Eintritt einer
Schädigung absehbar oder eingetreten ist, sondern bereits im Vorfeld; gleichwohl
gehört es zu den Aufgaben des Betriebsrats in Zusammenhang mit der Unfallverhütung
(Arbeitssicherheit), auch den Mitarbeitern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, die Opfer
eines Arbeitsunfalls oder eines Wegeunfalls geworden sind bzw. durch eine
Berufskrankheit gesundheitliche Schäden erlitten haben. Insofern ist es nach
Auffassung der erkennenden Kammer unabdingbar, wenn ein Betriebsratsmitglied
hinsichtlich möglicher Leistungen der Berufsgenossenschaft und Haftungsfragen im
Verhältnis zu Arbeitgeber und Arbeitskollegen zumindest über Grundkenntnisse verfügt.
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Da das Betriebsratsmitglied L. an einer Schulung, die derartige Grundkenntnisse
vermittelt hätte, unstreitig noch nicht teilgenommen hat, ist die Schulungsveranstaltung
auch insoweit als erforderlich anzusehen, als dort Kenntnisse zum Thema
"Unfallversicherungsrecht" vermittelt worden sind.
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e) Entsprechendes gilt für Grundkenntnisse des Betriebsratsmitglieds L. zum Thema
"Gesetzliche Rentenversicherung", soweit es um "Leistungen zur Rehabilitation" und
"Berufsunfähigkeits- und Erwerbsunfähigkeitsrenten" geht. Insoweit kann auf die oben
gemachten Ausführungen verwiesen werden. Aber auch die Fragen zum Thema
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"Regelaltersgrenze, vorgezogene Altersgrenzen" sind, gerade unter Berücksichtigung
der besonderen betrieblichen Situation mit Blick auf die anstehende Betriebsänderung
im Unternehmen des Arbeitgebers, für das Betriebsratsmitglied L. als erforderlich
anzusehen gewesen. Insoweit hat der Betriebsrat zu Recht darauf hingewiesen, daß
Inhalt des Interessenausgleichs u.a. Vorruhestandsregelungen, Altersteilzeitregelungen,
Regelungen über eine freiwillige Reduzierung der Wochenarbeitszeit sind, so daß es für
den antragstellenden Betriebsrat mit Blick auf die unmittelbar bevorstehende
Umsetzung der Betriebsänderungsmaßnahme unabdingbar war, zumindest ein
Betriebsratsmitglied über die sozialrechtlichen Folgen einer vorzeitigen Aufhebung des
Arbeitsverhältnisses bzw. Rentenbezuges und der Umsetzung von Modellen nach dem
Altersteilzeitgesetz schulen zu lassen.
Schließlich betrifft auch die Frage der "Abgrenzung zwischen Arbeitern und
Angestellten" die Betriebsratsarbeit in derart vielfältiger Weise (vgl. § 6 BetrVG,
Vorschriften über die Zusammensetzung und Wahl des Betriebsrats, über die Besetzung
von Ausschlüssen, Vertretung von Minderheitsgruppen etc.), daß auch Kenntnisse
dieser Abgrenzung für jedes Betriebsratsmitglied als erforderlich anzusehen sind.
98
Insgesamt war daher das infrage stehende Seminar ganz überwiegend für die
Betriebsratsarbeit als erforderlich anzusehen mit der Folge, daß den Anträgen des
Betriebsrats zu entsprechen war.
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III.
100
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 12 Abs. 5 ArbGG).
101
RECHTSMITTELBELEHRUNG
102
Gegen diesen Beschluß kann von dem Arbeitgeber (=Antragsgegnerin) durch
Einreichung einer Beschwerdeschrift bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Ludwig-
Erhard-Allee 21, 40227 Düsseldorf, Beschwerde eingelegt werden.
103
Für den Betriebsrat (=Antragsteller) ist gegen diese Entscheidung kein Rechtsmittel
gegeben.
104
Die Beschwerdeschrift muß von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet sein; an seine Stelle können Vertreter der Gewerkschaften
oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher
Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und
der Zusammenschluß, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.
105
Die Beschwerdeschrift muß
106
binnen einer Notfrist * von einem Monat
107
nach Zustellung dieses Beschlusses bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf
eingegangen sein.
108
Sie muß den Beschluß bezeichnen, gegen den die Beschwerde gerichtet ist und die
Erklärung enthalten, daß gegen diesen Beschluß die Beschwerde eingelegt wird.
109
Die Beschwerde ist gleichzeitig oder innerhalb eines weiteren Monats nach Eingang der
Beschwerdeschrift beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf in gleicher Form schriftlich zu
begründen. Sie muß angeben, auf welche neuen Tatsachen die Beschwerde gestützt
wird.
110
* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
111
B a c h l e r
112