Urteil des AG Potsdam vom 25.11.2005
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Gericht:
AG Potsdam
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
34 C 105/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 249 BGB
Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Bestreiten von nicht kompatiblen
Vorschäden
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3 Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 Prozent des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin war am 25.11.2005 Eigentümerin des Pkw VW Golf mit dem amtlichen
Kennzeichen .... Dieses Fahrzeug befuhr am genannten Tag gegen 18.00 Uhr die Lange
Brücke in P in Richtung Innenstadt. Als es verkehrsbedingt anhalten musste, fuhr der
durch die Beklagte zu 2 gesteuerte, auf die Beklagte zu 1 zugelassene und beim
Beklagten zu 3 haftpflichtversicherte Pkw Renault Clio mit dem amtlichen Kennzeichen ...
auf den Klägerischen Pkw auf.
Nach einem durch die Klägerin eingeholten Sachverständigengutachten, zu dessen
Einzelheiten auf die Ablichtungen Blatt 54 bis 69 der Akten Bezug genommen wird,
beläuft sich der Sachschaden an ihrem Pkw auf 2.592,79 Euro netto bei einem
Wiederbeschaffungswert von 3.100,00 Euro mit einem Restwert von 600,00 Euro. Für das
Gutachten selbst wandte sie 509,74 Euro auf. Reparatur- und Gutachterachterkosten
sowie eine allgemeine Kostenpauschale in Höhe von 21.00 Euro fordert sie mit der am
23.03.2006 zugestellten Klage erstattet.
Sie behauptet, die in dem durch sie eingereichten Gutachten dokumentierten Schäden
seien auf den hier streitigen Unfall zurückzuführen. Die durch einen – unstreitigen –
vorangegangenen Unfall entstandenen Heckschäden seien vor dem 25.11.2005 bis auf
eine kleine Delle in der Heckklappe fachgerecht beseitigt gewesen; diese Delle habe ihr
Sachverständiger zutreffend mit einem Abzug "neu für alt" in Höhe von 225,00 Euro
berücksichtigt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 3.123,53 Euro nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.03.2006 zu
zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie behaupten, durch den hier streitigen Unfall sei kein messbarer Sachschaden
entstanden. Der Wagen der Klägerin habe zum Unfallzeitpunkt im Anstoßbereich
unreparierte deutliche Vorschäden aufgewiesen. Unter Berufung auf ein durch sie
eingeholtes Gutachten, zu dessen Einzelheiten auf die Ablichtungen Blatt 83 bis 103 der
Akten Bezug genommen wird, für das sie 719,20 Euro aufwenden mussten, behaupten
sie, die Reparaturkosten des Fahrzeugs betrügen lediglich 1.626,70 Euro netto, sein
Wiederbeschaffungswert 2.000,00 Euro brutto, der beschädigte Wagen sei für 1.000,00
Euro zu verwerten gewesen. Die Beklagten sind der Meinung, die Klägerin habe ihren
Schadensersatzanspruch verwirkt. Hilfsweise rechnet sie mit den aufgewandten
Sachverständigenkosten in Höhe von 719,20 Euro auf.
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Das Gericht hat durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Gutachtens Beweis
darüber erhoben, ob und in welchem Umfang das Fahrzeug der Klägerin am 25.11.2005
Schäden aufwies. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des
Ingenieurbüros S, Blatt 162 bis 192 der Akten, sowie auf das Sitzungsprotokoll vom
20.07.2007 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz aus
dem Verkehrsunfall vom 25.11.2005 auf der Langen Brücke in P Richtung Innenstadt
nach §§ 823, 269 ff. BGB i.V.m. §§ 7; 18 StVG; §§ 1 Abs. 2; 3 und 4 StVO; § 3 PflVG.
Zwar ist das bei der Beklagten zu 3 haftpflichtversicherte Fahrzeug der Beklagten zu 2
und 2 unstreitig auf das Heck des stehenden Pkw der Klägerin aufgefahren. Gleichwohl
haften die Beklagten für dadurch (möglicherweise) an dem Kraftwagen der Klägerin
entstandene Schäden nicht. Die Klägerin hat mögliche Schadensersatzansprüche
jedenfalls verwirkt. Ein Ersatzanspruch ist nämlich dann nicht gegeben, wenn das
Kraftfahrzeug vorgeschädigt war, der Geschädigte diesen Vorschaden jedoch beharrlich
in Abrede stellt (vgl. KG VerkMitt 1995, 84). So liegt der Fall hier. Die Klägerin behauptete
noch in ihrem Prozessschriftsatz vom 23.06.2006, die am Fahrzeug vorhandenen
Schäden u.a. im Heckbereich seien unmittelbar nach dessen Erwerb durch die Klägerin
bis auf die Delle in der Heckklappe fachgerecht beseitigt worden. Insbesondere sei der
vorgeschädigte Heckstoßfänger ausgewechselt worden.
Diese Behauptung ist durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Die
Sachverständigen Prof. K S und Dipl.-Ing. M O haben nachvollziehbar und überzeugend
festgestellt, der Pkw der Klägerin habe am 25.11.2005 noch erhebliche Vorschäden
aufgewiesen, die aus einem vorangegangenen Heckschaden herrührten. Das Gericht hat
keinen Anlass, die Feststellungen des Gutachtens des Büros S zu bezweifeln. Das
Gutachten enthält keinen Verstoß gegen die Denk- und Naturgesetze. Es wird zudem
durch das Ergebnis der Zeugenvernehmungen bestätigt. Der Zeuge E T, wohnhaft H
Ring ... in P, hat ausgesagt, er habe den Heckstoßfänger gerade nicht ausgewechselt,
sondern vielmehr hier und da ein bisschen ausgebeult bzw. gerichtet. Zu mehr sei er
auch gar nicht in der Lage gewesen, da er Autoschlosser, jedoch nicht Lackierer oder
Klempner sei; zudem habe ihm, da er privat für seine Cousine gearbeitet habe, das in
einer Werkstatt vorhandene Werkzeug nicht zur Verfügung gestanden. Die Aussage ist
glaubhaft. Der Zeuge machte sie ruhig und sachlich; es lässt nicht einmal im Ansatz zu
erkennen, weshalb er seine Cousine – die Klägerin – der Wahrheit zuwider belasten sollte.
Immerhin hat der Zeuge ja gerade für seine Cousine seine Freizeit geopfert, um ihr mit
Reparaturarbeiten zu helfen.
Auch die Aussage des Zeugen N T hilft der Klägerin nicht weiter. Der Zeuge hat
ausgesagt, die Reparaturarbeiten nicht selber ausgeführt, sondern dem Zeugen E T
überlassen zu haben. Dieser Zeuge habe auch die notwendigen Ersatzteile besorgt,
dabei habe es sich allerdings nur um eine einzelne Glühbirne gehandelt. Damit ist auch
nach Aussage dieses Zeugen der unstreitig vorgeschädigte Heckstoßfänger vor dem
25.11.2005 nicht ausgewechselt worden.
Der Zeuge E T, wohnhaft Wstraße in P, konnte schließlich keine Aussagen zu den
Vorschäden am Fahrzeug machen. Nach seinen Bekundungen sah er sich den Wagen
nur gelegentlich und so flüchtig an, dass ihm die vorhandenen Schäden im Einzelnen
nicht mehr erinnerlich sind.
Danach steht der Klägerin kein Schadensersatz zu. Bestreitet ein Anspruchsteller wie die
Klägerin das Vorliegen nicht kompatibler Vorschäden, so ist ihm nämlich auch für die
Schäden, die dem Unfallereignis zugeordnet werden können, kein Ersatz zu leisten.
Denn auf Grund des Vorschadens lässt sich nicht ausschließen, dass auch die
kompatiblen Vorschäden auf das frühere Ereignis zurückzuführen sind (vgl. OLG Köln
VersR 1999, 865, 866).
Die Nebenforderung teilt das Schicksal der Hauptforderung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit
folgt §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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