Urteil des AG Freiburg vom 06.08.2004
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AG Freiburg Urteil vom 6.8.2004, 10 C 617/04
Wohnraummiete: Schadenersatzanspruch des Mieters wegen unwirksamer fristloser Mietvertragskündigung durch Rechtsanwaltsschreiben
in Höhe von Rechtsberatungskosten
Gründe
1 (aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
2 Die Klage ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Die Beklagte hat gemäß § 9 Beratungshilfegesetz Kostenersatz zu leisten, da die von
Beklagtenseite mit Anwaltsschreiben vom 28.3.2003 ausgesprochene fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erkennbar unwirksam war und
den Tatbestand einer positiven Vertragsverletzung erfüllte. Die fristlose Kündigung wird zum einen darauf gestützt, dass sich die Mieterin
geweigert habe, die Undichtigkeiten im Badezimmer beseitigen zu lassen, und zum anderen darauf, dass sich die Mieterin beharrlich weigere, die
Wohnung für die Durchführung von dringend anstehenden Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen freizumachen. Ein derartiges Verhalten
der Mieterin rechtfertigt jedoch nicht die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses, was zumindest für eine rechtskundige Person ohne weiteres
erkennbar gewesen wäre. Die im Mietvertrag enthaltene Kleinreparaturklausel (§ 14 Nr. 2) ist unwirksam, da es sich um eine sogenannte
Vornahmeklausel handelt, welche den Mieter entgegen § 9 AGB-Gesetz unangemessen benachteiligt (vgl. BGH WM 1992, 355). Auch die
Weigerung der Mieterin, die Wohnung wegen der anstehenden Renovierungs- und Sanierungsmaßnahmen zu räumen, kann nicht als eine zur
fristlosen Kündigung berechtigende Vertragsverletzung gewertet werden, da eine derartige Räumungsverpflichtung nicht bestand, jedenfalls nicht
ohne Garantie des nachherigen Wiedereinzugs und Zahlung eines Kostenvorschusses für die Zwischenunterkunft. Den Klägern steht deshalb der
geltend gemachte und auf sie übergegangene Schadensersatzanspruch dem Grunde nach zu. Die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren
errechnen sich jedoch lediglich aus einem Gegenstandswert, der der Jahreskaltmiete entspricht (ständige Rechtsprechung des Amtsgerichts
Freiburg). Diese beläuft sich auf insgesamt EUR 5595,30. Aus diesem Gegenstandswert steht den Klägern die geltend gemachte 8/10-Gebühr zu.
Es ist nicht erkennbar, dass die Bestimmung dieser Gebühr nicht billigem Ermessen im Sinne von § 12 BRAGO entspräche. Die Einholung eines
Gutachtens des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer gemäß § 12 Abs. 2 BRAGO ist nicht erforderlich, da es sich vorliegend um keinen
Rechtsstreit zwischen Anwalt und Mandanten handelt.
3 Bei Zugrundelegung des oben genannten Gegenstandswertes beläuft sich die 8/10-Geschäftsgebühr auf EUR 270,40.
4 Soweit die Kläger darüber hinaus die Erstattung einer 5/10 Besprechungsgebühr verlangen, war die Klage abzuweisen, da die Kläger keinen
prozessordnungsgemäßen Beweis für die behauptete telefonische Besprechung angetreten haben. Die Voraussetzungen für die Vernehmung der
eigenen Partei gemäß § 448 ZPO, nämlich das Vorliegen eines Anfangsbeweises, sind nicht gegeben. Zuzüglich der Auslagenpauschale von
EUR 20,– und der gesetzlichen Mehrwertsteuer beläuft sich der Schadensersatzanspruch der Kläger, welcher gemäß § 9 Beratungshilfegesetz auf
sie übergegangen ist, auf insgesamt EUR 313,66. Insoweit war der Klage zuzüglich der gesetzlichen Zinsen stattzugeben, wohingegen sie im
übrigen als unbegründet abzuweisen war.