Urteil des AG Essen vom 24.09.2008

AG Essen: schmerzensgeld, ärztliche behandlung, verkehrsunfall, wiederbeschaffungswert, distorsion, vollstreckung, reparatur, fahrrad, anhörung, gesellschaft

Amtsgericht Essen, 29 C 161/08
Datum:
24.09.2008
Gericht:
Amtsgericht Essen
Spruchkörper:
Abt. 29 C
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
29 C 161/08
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin
ein - weiteres - Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 € nebst Zinsen in
Höhe von 5-%-Punkten über dem Basiszinssatz ab 19. Dezember 2007
zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 69 % und die
Beklagten als Gesamtschuldner zu 31 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils jeweils zu vollstreckenden
Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten restliche Schadensersatzansprüche aus
einem Verkehrsunfall geltend der sich am 16. Juli 2007 auf dem Radweg der F-Straße
in Essen ereignet hat. Bei diesem Verkehrsunfall wurde die Klägerin als Fahrradfahrerin
von dem von der Beklagten zu 1.) gesteuerten PKW, amtliches Kennzeichen #-####,
angefahren, wobei die Klägerin zu Boden stürzte. Dabei erlitt die Klägerin eine HWS-
Distorsion sowie eine Knieprellung rechts und eine Schürfwunde Knie rechts. Aus
ärztlichen Bescheinigungen des Dr. med. L vom 07. Dezember 2007 und 19. August
2008 ergibt sich, dass die Klägerin sich zu regelmäßigen ambulanten Kontrollen am 16.
Juli, 25. Juli, 10. August, 20. August, 01. September, 03. September und 27. November
2007 vorstellte. Der Klägerin wurden insgesamt 30 krankengymnastische
Übungsbehandlungen/Manualtherapie verordnet, die von der Klägerin auch
wahrgenommen wurden. Außerdem wurde der Klägerin eine Schmerzmedikation mit
Ibuprofen bei Bedarf angeraten.
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In der ärztlichen Bescheinigung vom 07. Dezember 2007 wird ausgeführt, dass sich bei
der klinischen Untersuchung am 27. November 2007 eine fast schmerzfreie
Beweglichkeit der Halswirbelsäule findet, wobei die Klägerin berichtet, dass sie keine
Kopfschmerzen mehr habe und auch nicht mehr regelmäßig Medikamente einnehmen
müsse. Allerdings habe sie abends noch ein Spannungsgefühl im Nacken bis zum
Hinterhaupt ausstrahlend sowie ein Gefühl, als ob der Kopf abends schwerer werde
bzw. zu schwer sei. Die ärztliche Behandlung durch Dr. med. L wurde am 27. November
2007 beendet. Aus der ärztlichen Bescheinigung dieses Arztes vom 07. Dezember 2007
ergibt sich, dass die Klägerin bis kurz von Weihnachten 2007 einmal wöchentlich
physiotherapeutische Behandlungen durchführe. In der ärztlichen Bescheinigung vom
07. Dezember 2007 wird ausgeführt, dass die geklagten Beschwerden von Seiten von
der HWS zweifellos eine Unfallfolge sei, da morphologisch fassbare Vorschäden weder
klinisch noch röntgenologisch an der HWS nachweisbar sei. In der ärztlichen
Bescheinigung vom 19. August 2008 wird ausgeführt, dass der Klägerin vom 25. Juli bis
29. Juli 2007 und erneut vom 03. September bis 07. September 2007 eine
Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden sei. In einer an die Beklagte zu 2.) gerichteten
Bescheinigung vom 24. August 2007 wird die Frage: "Ist der/die Verletzte
arbeitsunfähig?" mit "Nein" beantwortet.
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Von den Beklagten werden gegen den Grund der Haftung keine Einwände erhoben.
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Im Hinblick auf die unfallbedingten Verletzungen und die daraus resultierenden
Beeinträchtigungen begehrt die Klägerin von den Beklagten ein Schmerzensgeld von
2.500,00 €.
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Unter Bezugnahme auf einen "Reparatur-Auftrag Rechnung" der Fahrradwerkstatt S der
Gesellschaft für soziale F GmbH in der ausgeführt wird, dass am Fahrzeug der Klägerin
ein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten sei und der Wiederbeschaffungswert des
Rades ca. 500,00 € betrage beziffert die Klägerin den an ihrem Fahrrad entstandenen
Schaden auf 500,00 €. Für eine beschädigte Hose verlangt die Klägerin 80,00 € und
macht darüber hinaus eine Auslagenpauschale von 30,00 € geltend.
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Insgesamt ergibt sich somit eine Gesamtforderung der Klägerin von 3.110,00 €. Die
Beklagte zu 2.) hat vorprozessual auf die Schmerzensgeldforderung 1.000,00 € und auf
den materiellen Schaden 500,00 € gezahlt.
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Mit Anwaltsschreiben vom 11. Dezember 2007 war der Beklagten zu 2.) eine letzte
Regulierungsfrist bis zum 18. Dezember 2007 gesetzt worden.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
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1.) an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über
dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2007 zu zahlen;
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2.) an die Klägerin 110,10 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem
19. Dezember 2007 zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie tragen vor:
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Der Klägerin stünden aus dem Verkehrsunfall vom 16. Juli 2007 keine weitergehenden
Schmerzensgeld- bzw. Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu, da sowohl
das hier in Betracht zuziehende Schmerzensgeld als auch der geltend gemachte
Sachschaden mit den insoweit geleisteten Zahlungen hinreichend abgegolten worden
sei.
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Insoweit handele es sich um Verletzungen und Verletzungsfolgen, die ein
Schmerzensgeld in der von der Klägerin beanspruchten Größenordnung auch nicht
annäherungsweise rechtfertigen könnte.
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Der Wiederbeschaffungswert für das nach Angaben der Klägerin im Unfallzeitpunkt
bereits fünf Jahre alte und mit einem Kostenaufwand von ca. 750,00 € angeschaffte
Fahrrad liege deutlich unterhalb des Betrages von 500,00 €. Auch bzgl. der Hose lasse
sich ein Zeitwert von 80,00 € nicht rechtfertigen. Die Unkostenpauschale betrage nur
20,00 €.
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Im Termin vom 01. September 2008 wurde die Klägerin gemäß § 141 ZPO gehört.
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Bzgl. des weiteren Akteninhalts wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze und auf die von ihnen zu den Gerichtsakten überreichten Unterlagen
verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist nur in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet. Der
Klägerin steht gegenüber den Beklagten zu 1.) und 2.) gemäß §§ 7 Absatz 1, 11 Satz 2,
18 StVG, 823, 253 BGB, 3 Nr. 1 und 2 PflVG noch ein - weiterer -
Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 500,00 € zu.
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Da die Klägerin bei dem Verkehrsunfall vom 16. Juli 2007 Verletzungen davon getragen
hat, sind die Beklagten verpflichtet der Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zu
zahlen. Das Schmerzensgeld soll dem Geschädigten einen Ausgleich bieten für
diejenigen Schäden nicht vermögensrechtlicher Art, die die Verletzung zur Folge hat.
Hierbei sind u. a. die erlittenen Schmerzen, Art und Ausmaß der Beeinträchtigungen
sowie die Beeinträchtigungen der Lebensfreude zu berücksichtigen. Neben dieser
Ausgleichsfunktion kommt dem Schmerzensgeldanspruch auch eine gewisse
Genugtuungsfunktion zu.
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Vorliegend ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine HWS-Distorsion zu
erheblichen Beschwerden führt, die jedoch mit der Zeit abnehmen. Weiterhin ist zu
berücksichtigen, dass die Klägerin hier über einen längeren Zeitraum unter
Beschwerden litt und sich auch 30 krankengymnastischen Behandlungen unterziehen
musste.
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Auch aus den Angaben die die Klägerin bei ihrer Anhörung gemäß § 141 ZPO im
Termin vom 01. September 2008 gemacht hat, ergibt sich, dass die Klägerin unter
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erheblichen unfallbedingten körperlichen Beeinträchtigungen zu leiden hat. Unter
Berücksichtigung sämtlicher bei der Bemessung eines Schmerzensgeldes
maßgeblichen Umständen ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts ein
Schmerzensgeldbetrag in Höhe von insgesamt 1.500,00 € angemessen aber auch
ausreichend. Somit steht der Klägerin gegenüber den Beklagten noch ein weiterer
Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 500,00 € zu.
Ein weitergehender materieller Schadensersatzanspruch steht der Klägerin gegenüber
den Beklagten jedoch nicht zu.
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Nach Auffassung des erkennenden Gerichts sind diese Schäden durch die von der
Beklagten zu 2.) geleistete Zahlung in Höhe von 500,00 € angemessen ausgeglichen
worden. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin einen Anschaffungsbeleg
bzgl. des Fahrrades nicht vorgelegt hat. Unter Berücksichtigung des Alters des
Fahrrades erscheint der in der "Reparatur-Auftrag Rechnung" in Ansatz gebracht
Wiederbeschaffungswert von 500,00 € sehr hoch. Bzgl. der Unkostenpauschale könnte
allenfalls ein Betrag von 25,00 € berücksichtigt werden. Deshalb sind die materiellen
Schadensersatzansprüche der Klägerin durch die Zahlung des Betrages von 500,00 €
hinreichend ausgeglichen.
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Der Zinsanspruch ist gemäß § 286, 288 BGB begründet.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen §§ 92, 100, 708 Ziffer, 711 ZPO.
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