Urteil des AG Düsseldorf vom 04.05.2004

AG Düsseldorf: kündigung, unterbrechung des kausalzusammenhangs, neues vorbringen, örtliche zuständigkeit, arbeitsgericht, versicherungsvertrag, rechtsschutzversicherung, vermittler, versuch, agent

Amtsgericht Düsseldorf, 52 C 18371/03
Datum:
04.05.2004
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
52 C 18371/03
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom
23.3.2004
durch den Richter am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache
hinsichtlich der Feststellungsanträge aus der Klageschrift vom
10.12.2003 erledigt ist.
Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 1.071,24 EUR nebst 5 %
Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 28.1.2004 zu zahlen.
Die Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, den Kläger von
weiteren Kosten der Rechtsverfolgung für das Verfahren vor
dem Integrationsamt Münster - Az. 61 K - 131301 - 1.3 und 61 K
131301/438/2003 - und für das Kündigungsschutzverfahren vor
dem Arbeitsgericht Bochum - Az. 3 Ca 1773/03 i.H.v. insgesamt
3.043,16 EUR freizustellen.
Die Klage im übrigen wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.400 EUR
vorläufig vollstreckbar.
vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
1
Zwischen den Parteien bestand vom 1.1.2002 bis zum 30.9.2002 eine
Berufsrechtsschutzversicherung mit Maßgabe einer Selbstbeteiligung des Klägers i.H.v.
102,26 EUR.
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Aufgrund Kündigung der Beklagten endete dieses Rechtsschutzverhältnis zum
genannten Zeitpunkt.
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Der Versicherungsvertrag wurde durch die X GmbH, als Assekuranz Makler firmierend,
vermittelt und betreut.
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Seit dem Frühjahr 2002 versuchte der Arbeitgeber des Klägers, die Y AG in XX, den zu
100 % schwerbehinderten Kläger zu kündigen. Mit Datum vom 17.4.2002 beantragte die
Arbeitgeberin die Zustimmung zu einer von ihr ausgesprochenen betriebs- und
verhaltensbedingten Kündigung bei dem zuständigen Integrationsamt. Die Beklagte
gewährte dem Kläger für das Verfahren vor diesem Amt Deckungsschutz. In diesem
Verfahren nahm die Arbeitgeberin am 27.8.2002 die verhaltensbedingte Kündigung
zurück. Unter dem 25.3.2003 teilte das zuständige Amt der Arbeitgeberin mit, dass die
Zustimmung zur Kündigung bei Vorliegen eines Schließungsbeschlusses erteilt werden
könne. Darauf hin argumentierte sie mit Schreiben vom 25.4.2003 hinsichtlich ihres
Zustimmungsantrages mit der Schließung des Betriebes. Das Integrationsamt erteilte
nunmehr die Zustimmung zu Kündigung, welche die Arbeitgeberin unter dem 27.6.2003
erneut aussprach. Gegen die Zustimmung des Amtes erhob der Kläger Widerspruch,
gegen die Kündigung erhob er Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Bochum.
Für diese beiden Verfahren bat der Kläger erneut um Deckungsschutzzusage der
Beklagten. Diese lehnte eine Deckungszusage unter Berufung auf Nachvertraglichkeit
der den Verfahren zugrundeliegenden Ereignisse ab.
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Im vor dem Integrationsamt Münster geführten Verfahren entstanden dem Kläger bisher
Kosten von 526,96 EUR. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren, das zwischenzeitlich durch
einen Abfindungsvergleich zwischen dem Kläger und seinem vormaligen Arbeitgeber
abgeschlossen worden ist, wurden ihm Kosten in Höhe von 3.791,96 EUR berechnet. Er
zahlte bislang hierauf 324,67 EUR bzw. 848,83 EUR zuzüglich der mit der Beklagten
vereinbarten Selbstbeteilungsbeträge.
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Mit der Klage hat der Kläger zunächst die Erstattung der vorgenannten bereits gezahlten
Beträge verlangt und die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm
Rechtsschutz für die Verfahren vor dem Integrationsamt und dem Arbeitsgericht Bochum
zu gewähren.
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Nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens hat er nunmehr die
Feststellungsanträge für erledigt erklärt und verlangt Erstattung sämtlicher ihm in diesen
Verfahren berechneten Kosten.
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Er vertritt die Ansicht, dass für den Rechtsschutzfall allein die unter dem 17.4.2002 von
seiner vormaligen Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zur betriebsbedingten
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Kündigung als auslösendes Ereignis für auch alle weiteren folgenden Verfahren
anzusehen sei, sodass der Versicherungsfall noch während des Vertragsverhältnisses
der Parteien eingetreten sei.
Der Kläger beantragt,
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1.) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 424,70 EUR nebst 5 % Zinsen
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über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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2.) die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.689,70 EUR nebst 5 %
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Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
14
3.) die Beklagte zu verurteilen, weitere 20 EUR nebst 5 % Zinsen
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über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf, da der
Versicherungsvertrag durch einen Makler und nicht durch einen Versicherungsagenten
vermittelt worden sei. In der Sache behauptet sie, die Arbeitgeberin des Klägers habe
neben der verhaltensbedingten Kündigung auch den Antrag auf Zustimmung zur
betriebsbedingten Kündigung vom 17.4.2002 zurückgenommen. Der Antrag auf
Zustimmung zur Kündigung mit Schreiben vom 25.4.2003 stelle daher einen völlig
neuen Antrag dar. Dies sei aber erst nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses
mit dem Kläger geschehen, sodass eine Leistungspflicht der Beklagten nicht bestehe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die vor dem Amtsgericht Düsseldorf erhobene Klage ist zulässig.
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Das AG Düsseldorf ist örtlich zuständig als Gerichtsstand des Versicherungsagenten
i.S.v. § 21 ZPO i.V.m § 20 Abs. 1 S. 2 ARB-HRV bzw. der gleichlautenden Regelung
des § 48 VVG.
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Das Versicherungsverhältnis der Parteien wurde durch einen Versicherungsagenten im
Sinne des § 20 ARB-HRV vermittelt.
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Die als Vermittler aufgetretene X GmbH ist als Versicherungsagent im Sinne dieser
Vorschrift zu qualifizieren. Dass dieser Vermittler selbst sich nicht als Agent bezeichnet,
sondern als Makler firmiert, auf den bei richtiger Verwendung der Firmierung die
Vorschrift nicht anwendbar wäre, ist unbeachtlich. Entscheidend ist nicht die Firmierung,
sondern der Umstand, dass die X GmbH gegenüber dem Kläger wie ein
Versicherungsagent aufgetreten ist und gehandelt hat und nicht wie ein
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Versicherungsmakler.
Die genannten Vorschriften sind unabhängig von der Firmierung des Vermittlers auch
dann anwendbar, wenn ein sich als Makler bezeichnender Vermittler vom Versicherer
dauernd mit der Vermittlung von Versicherungsverhältnissen betraut ist. Der als Makler
auftretende Vermittler stellt sich in diesem Fall tatsächlich als Versicherungsagent dar,
der seine Stellung aber dem Versicherungsnehmer nicht offen gelegt hat (vg.
Römer/Langheid, § 48 VVG, Rn. 2).
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Kennzeichnender und damit entscheidender Unterschied zwischen Makler und Agent ist
es, dass nur ein Agent ständig von einem Unternehmen mit der Vermittlung und
Betreuung von Geschäften betraut ist, während dies bei dem Versicherungsmakler nur
ausnahmsweise, für ausgesuchte Aufgaben der Fall ist (vgl. Hofmann, Handelsrecht, 10.
Aufl., S. 172, 179). Die X GmbH erfüllt entgegen ihrer Firmierung hinsichtlich des
streitgegenständlichen Versicherungsverhältnisses alle Voraussetzungen zur
Begründung einer Agentenstellung. Sie ist gegenüber dem Kläger ihrem gesamten
Erscheinungsbild nach als ständiger Partner der Beklagten aufgetreten, deren Aufgabe
darin besteht, ständig Versicherungsverträge für die Beklagte zu vermitteln und zu
betreuen. Die Beklagte hat unbestritten gelassen, dass die X GmbH von ihr dauerhaft
betraut ist. Dies findet auch seine Bestätigung in den Angaben der X GmbH auf ihrer
Homepage, der Verwendung eines einheitlichen Formulars mit der Verwendung bei der
Firmenbezeichnungen sowie im Umstand der Betreuung des
Versicherungsverhältnisses durch die X GmbH.
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Die Klage ist auch weit überwiegend begründet.
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Der Kläger hat aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagen gemäß §§ 11, 158 I
VVG gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 1.071,24 EUR
sowie einen Anspruch auf Freistellung von Kosten der Rechtsverfolgung i.H.v. 3.043,13
EUR.
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Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag erfasst die vom Kläger
geltend gemachten Kosten der Rechtsverfolgung für die Verfahren vor dem
Integrationsamt und dem Arbeitsgericht Bochum. Beide Fälle sind sachlich vom Vertrag
erfasst. Gem. § 1 ARB-HRV gilt die Rechtsschutzversicherung für Kosten der
Rechtsverfolgung.
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Der von der Beklagten zum 20.9.2002 gekündigte Vertrag erfasst die Rechtsschutzfälle
des Klägers aber entgegen der Auffassung der Beklagten auch zeitlich. Dabei kommt es
nicht darauf an, dass die streitgegenständlichen Ereignisse des Abschlusses der beiden
Verfahren nicht mehr im Vertragszeitraum stattgefunden haben.
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Dies folgt aus einer Anwendung des dem Vertrag der Parteien zugrundeliegenden § 4
Abs. 2 c), Abs. 3 S. 1, ARB-HRV - . Diese Regelung stellt für den Beginn eines
Rechtsschutzfalles, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, auf das erst, für alle
folgenden Versicherungsfälle ursächliche Ereignis ab.
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Rechtsschutzfall hat sich über
einen längeren Zeitraum hingezogen. Die Arbeitgeberin des Klägers hat ihre Versuche,
dem Kläger betriebsbedingt zu kündigen, entscheidend mit dem Antrag vom 17.4.2002
auf Zustimmung gegenüber dem Integrationsamt begonnen. Dieser als einheitlich zu
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bewertende Rechtsschutzfall fand erst sein Ende mit dem Abfindungsvergleich vor dem
Arbeitsgericht Bochum vom 12.2.2004.
Das für die Versicherungsfälle des Verfahrens vor dem Integrationsamt sowie des
Kündigungsschutzverfahrens ursächliche Ereignis liegt in einem Geschehen, dass sich
noch innerhalb des versicherten Zeitraumes bis zum 30.9.2002 ereignete. Ursächlich
i.S.v. § 4 Abs. 3 S. 2 ARB-HRV für die gesamte folgende Entwicklung war allein der
Antrag des Arbeitgebers vom 17.4.2002 auf Zustimmung zur betriebsbedingten
Kündigung.
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Von der Ursächlichkeit eines Rechtsschutzfalles ist auszugehen, wenn der erste
Vorgang schon für sich alleine betrachtet, nach der Lebenserfahrung geeignet ist, den
Rechtskonflikt auszulösen oder dass er zumindest erkennbar nachwirkt und den
endgültigen Ausbruch der Streitigkeit nach dem Vorliegen einer oder mehrerer Verstöße
bzw. Ereignisse ausgelöst hat (Böhme, Allgemeine Bedingungen für die
Rechtsschutzversicherung, 11. Aufl., § 14 (3) ARB, Rn. 12.
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Eine rechtliche Auseinandersetzung kann sich aus mehreren zeitlich
aufeinanderfolgenden Rechtsverstößen bzw. Rechtsvorgängen entwickeln, so
insbesondere in Dauerschuldverhältnissen wie Arbeitsverträgen.
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Vorliegend ist die gesamte rechtliche Streitigkeit zwischen dem Kläger und seiner
vormaligen Arbeitgeberin erstmals durch den Antrag vom 17.4.2002 gegenüber dem
Integrationsamt ausgelöst worden.
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Es ist unbeachtlich, dass die streitgegenständlichen Verfahren vor dem Integrationsamt
und dem Arbeitsgericht Bochum zeitlich erst nach dem Ende des
Versicherungsverhältnisses liegen. Diese Verfahren müssen als Einheit mit dem sie
auslösenden Antrag der Arbeitgeberin vom 17.4.2002 angesehen werden.
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Hätte die Y AG diesen Antrag nicht gestellt, wäre ein Verfahren vor dem Integrationsamt
nicht in Gang gesetzt worden. Ohne dieses Verfahren aber wäre auch nicht der Hinweis
des Integrationsamtes an die Arbeitgeberin des Klägers erfolgt, dass eine Zustimmung
zur betriebsbedingten Kündigung nur im Falle eines vorhergehenden
Schließungsbeschlusses erfolgen könne. Erst auf diesen Hinweis hat die Arbeitgeberin
des Klägers diese Voraussetzung zur Zustimmung zu einer betriebsbedingten
Kündigung erfüllt. Ohne diese dann aber erteilte Zustimmung hätte die Arbeitgeberin
keine rechtswirksame Kündigung aussprechen können, gegen die sich der Kläger dann
mit der Kündigungsschutzklage gewehrt hat.
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Die Tatsache, dass die entscheidende Begründung vom 25.4.2003 erst durch einen
zuvor erteilten Hinweis des Integrationsamtes herbeigeführt wurde, lässt den
Ursachenzusammenhang des ursprünglichen Antrages für alle weiteren Streitigkeiten
zwischen Arbeitgeber und Kläger nicht entfallen. Dieser Hinweis stellte keine
Unterbrechung des Kausalzusammenhangs dar mit der Folge, dass der eine
Sachverhalt als abgeschlossen anzusehen wäre und ein neuer Sachverhalt angefangen
hätte.
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Der Hinweis betraf ein und dieselbe Kündigungsabsicht des Arbeitgebers und ist
lediglich als Hinweis gegenüber dem Arbeitgeber auf die Sach- und Rechtslage zu
verstehen.
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Es kann daher kein neuer Sachverhalt daraus konstruiert werden, dass die zutreffende
Begründung für die von vornherein beabsichtigte Kündigung des Klägers in dem
ursprünglichen Antrag vom 17.4.2002 noch nicht enthalten war, sondern erst im
Schreiben der Arbeitgeberin an das Integrationsamt vom 25.4.2003. Denn auch für
diesen späteren Antrag ist der ursprüngliche Antrag als Bedingung, die nicht
hinweggedacht werden kann, und damit lediglich als Folgeantrag in ein und derselben
Angelegenheit anzusehen.
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Der Umstand variierender Begründungen für die selbe Kündigungsabsicht kann nicht zu
einer getrennten Betrachtungsweise führen. Das gesamte Verfahren hat sich stets als
Einheit dargestellt. Dem Arbeitgeber des Klägers ging es den gesamten Zeitraum über
darum, den Kläger betriebsbedingt zu kündigen. Für den Kläger bestand daher über den
gesamten Zeitraum bis zum Abschluss durch den Abfindungsvergleich die unveränderte
Situation, sich gegenüber diesem Kündigungsbegehren verteidigen zu müssen.
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Dabei kam es - jedenfalls dem wesentlichen Inhalt nach - also dem Versuch der
betriebsbedingten Kündigung, zu keinem Zeitpunkt zu einer Unterbrechung bzw. Zäsur.
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Nur eine solche aber würde zu einer getrennten Betrachtungsweise der
unterschiedlichen Anträge der Arbeitgeberin führen. Dies war aber nicht der Fall.
Während des gesamten Zeitraumes kam es zu einer Vielzahl von schriftlichen und
tatsächlichen Verhandlungen über die Frage, ob der Kläger nun betriebsbedingt
gekündigt werden kann oder nicht. Der Arbeitgeber hat sein auf betriebsbedingte
Kündigung des Klägers gerichtetes Verhalten zu keinem Zeitpunkt unterbrochen oder
zwischenzeitlich aufgegeben. Die Y AG ging bei ihren variierenden Begründungen
selbst davon aus, dass es sich nicht um ein neues Vorbringen und dementsprechend
um einen gänzlich neuen Sachverhalt handelt. So ist in dem Begründungsschreiben
vom 28.11.2002 davon die Rede, dass die Begründung lediglich erweitert wird.
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Vor diesem Hintergrund ist es auch unerheblich, ob der Arbeitgeber des Klägers im
Sommer 2002 lediglich seinen Antrag auf Zustimmung zu einer verhaltensbedingten
Kündigung zurückgenommen hat oder - wie die Beklagte vorträgt - auch zugleich den
Antrag auf Zustimmung zur betriebsbedingten Kündigung. Das dahinterstehende
Begehren, dem Kläger wirksam betriebsbedingt zu kündigen, hat er unverändert
weiterverfolgt.
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Eben weil es für die Bewertung eines einheitlichen Versicherungsfalles nur darauf
ankommt, was hinter einem Gesamtverhalten steht, ist es auch unerheblich, dass der
Arbeitgeber seine Begründungen für den Antrag auf Zustimmung zur betriebsbedingten
Kündigung beim Integrationsamt variiert hat. Es kann nicht davon ausgegangen werden,
dass in jeder neuen Begründung in einem Verfahren ein neuer Versicherungsfall
gesehen werden muss. In jedem laufenden Rechtsverfahren ist es üblich und legitim,
dass die Parteien die Begründung ihres Standpunktes nicht zuletzt als Reaktion auf das
gegnerische Verhalten nachbessern, ergänzen und konkretisieren. Wenn in jeder
einzelnen neuen oder veränderten Begründung ein neuer Rechtsschutzfall gesehen
werden müsste, würde das etwa in einem Zivilprozess dazu führen, dass die
Rechtsschutzversicherung berechtigt wäre, Deckungsschutz in Abhängigkeit der
jeweiligen Begründung des Verfahrensgegners zu gewähren. Das aber würde den
Versicherungsvertrag sinnlos machen. Rechtsschutz kann nur Sinn machen, wenn er
bis zu einem endgültigen Ergebnis hinsichtlich eines Ereignisses möglich ist. Dieses
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eine Ereignis ist vorliegend der fortwährende Versuch der vormaligen Arbeitgeberin des
Klägers, diesem aus betriebsbedingten Gründen zu kündigen.
Auch die Tatsache, dass der Kläger erst nach Beendigung des
Versicherungsverhältnisses mit der Beklagten die Kündigungsschutzklage erhoben hat,
führt zu keiner anderen Beurteilung. Wie bereits ausgeführt, ist auch diese Klage
ursächlich auf den bereits während des Laufes des Versicherungsverhältnisses der
Parteien begonnenen Versuch der betriebsbedingten Kündigung zurückzuführen.
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Dem Kläger steht jedoch als Rechtsfolge lediglich ein Zahlungsanspruch i.H.v.
1.071,24EUR und zusätzlich ein Freistellungsanspruch i.H.v. 3.043,13 EUR zu. Ein
Zahlungsanspruch über den gesamten Betrag hat der Kläger nicht schlüssig dargetan.
Grundsätzlich steht einem Versicherungsnehmer aus einer Rechtsschutzversicherung
nur ein Anspruch auf Freistellung von Kosten zu. Dieser grundsätzliche
Freistellungsanspruch nach § 5 Abs. 2 ARB-HRV wandelt sich erst dann in einen
Zahlungsanspruch gegen der Versicherer, wenn der Versicherte selbst schon Zahlung
geleistet hat.
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Der Kläger hat nur die Zahlung von insgesamt 426,93 EUR für das Verfahren vor dem
Integrationsamt und von 848,83 EUR für das Kündigungsschutzverfahren vorgetragen.
Davon ist eine Selbstbeteiligung von 102,26 EUR in Abzug zu bringen, so dass ein dem
Kläger zustehender Gesamtbetrag von 1.071,24 EUR verbleibt.
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Hinsichtlich der weiter geforderten Beträge in Höhe von gesamt 3.043,13 EUR hat der
Kläger nur den grundsätzlichen Freistellungsanspruch. Er hat nicht vorgetragen, diese
Beträge bereits ausgeglichen zu haben.
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Die Klage ist auch insoweit begründet, als auf die einseitig gebliebene
Erledigungserklärung hinsichtlich der ursprünglichen Feststellungsanträge festzustellen
ist, dass die Klage sich insoweit erledigt hat. Die Feststellungsanträge waren zulässig
und auch begründet. Die Beklagte war aus den bereits ausgeführten Gründen zur
Gewährung von Rechtschutz verpflichtet.
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Der anteilig Zinsanspruch ist gemäß der §§ 288, 291 BGB gerechtfertigt.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.
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