Urteil des AG Bochum vom 28.02.2002
AG Bochum: angepasste geschwindigkeit, fahrspur, fahrbahn, kennzeichen, stillstand, verschulden, kollision, unfall, pauschalierung, fahren
Amtsgericht Bochum, 75 C 112/01
Datum:
28.02.2002
Gericht:
Amtsgericht Bochum
Spruchkörper:
Abteilung 75
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
75 C 112/01
Tenor:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt an die Klägerin
6.205,42 DM (= 3.172,78 Euro) nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen
Basiszinssatz ge-mäß DÜL seit dem 22.02.2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten zu 2/3 und die
Klägerin zu 1/3.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen
Sicher-heitsleistung in Höhe von 6.100,00 Euro.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch
Sicherheitslei-stung in Höhe von 1.000,00 Euro abwenden, wenn diese
nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
4. Der Streitwert wird auf 4.825,64 Euro (= 9.438,13 DM) festgesetzt.
TATBESTAND
1
Die Klägerin nimmt den Beklagte zu 1) als Fahrzeughalter und -führer~ sowie die
Beklagte zu 2) als Haftpf1ichtversicherer wegen eines Verkehrunfalles in Anspruch, der
sich am 01.02.2001 gegen 11:55 Uhr in Bochum, auf der I-Straße in Höhe des Hauses
Nr. 549 ereignet hat.
2
Die Unfallsteilen liegt innerorts. Die I-Straße ist im Bereich der Unfallsteile in
Fahrtrichtung C-Mitte zweispurig befahrbar. In der Fahrbahnmitte, die ebenfalls
befahrbar ist, befindet sich der Gleiskörper der Straßenbahn. Zum Unfallzeitpunkt war
die Fahrbahn durch Schneefall glatt.
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Der Zeuge M befuhr mit dem Pkw der Klägerin, einem Nissan Micra, amtliches
Kennzeichen BO-..... die rechte Fahrspur der I- Straße in Fahrtrichtung C-Mitte. Er
bremste das von ihm geführte Fahrzeug ab und geriet in eine Schrägstellung zur
Fahrbahnführung.
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Der Beklagte zu 1) fuhr mit seinem Pkw Ford Sierra Turnier, amtliches Kennzeichen BO-
....., ebenfalls auf der rechten Fahrspur der Hattinger Straße, hinter dem Fahrzeug der
Klagepartei. Er bremste sein Fahrzeug ab und versuchte nach links auszuweichen. Die
Fahrzeuge kollidierten, wobei das Fahrzeug der Klagepartei zusätzlich mit der
Frontpartie gegen einen Strommast' stieß. Die weiteren Einzelheiten des,
Unfallherganges sind zwischen den Parteien streitig.
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Das Fahrzeug der Klägerin wurde beschädigt.
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Sie beziffert ihren Sachschaden wie folgt:
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1. Fahrzeugschaden: 8.100,00 DM
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2. Gutachterkosten: 1.168,13 DM
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3. An- und Abmeldekosten pauschal: 120,00 DM
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4. Unkostenpauschale: 50,00 DM
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Gesamtschaden: 9.438,13 DM
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Die Klägerin hat ihr altes Fahrzeug abgemeldet, ein neues jedoch noch nicht
angemeldet.
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Mit Schreiben vom 13.02.2001 forderte die Klägerin die Beklagte zu 2) unter
Fristsetzung bis zum 21..02.2001 zur Zahlung ihres Schadens auf.
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Sie behauptet, der Zeuge M habe wegen eines vor ihm fahrenden Pkws abbremsen
müssen. Das von ihm geführte Fahrzeug sei beim Abbremsen mit dem Heck nach links
ausgebrochen und habe sich leicht quer gestellt; es sei jedoch noch unmittelbar vor dem
dortigen Strommast zum Stehen gekommen; dann sei das Fahrzeug der beklagten
Partei gegen sein Fahrzeug gefahren und habe ihn gegen den Mast gedrückt;
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 9.438,13 DM bzw.
4.825,64 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜL ab dem
22.02.2001 zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behaupten, der Zeuge M habe unvermittelt und ohne Grund sein Fahrzeug
abgebremst. Er habe beim Abbremsen die Kontrolle über den von ihm geführten Pkw
verloren; er sei mit dem Pkw gegen den dortigen Strommast geprallt und
zurückgeschleudert worden, so daß der Pkw der Klagepartei gegen den von ihm
geführten Pkw geprallt sei, als er sich bereits auf der linken Fahrspur befunden habe,
um dem Zeugen M auszuweichen;
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Im übrigen sie eine allgemeine Unkostenpauschale in Höhe von nur 40,00 DM
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angemessen, ebenso, wie eine Pauschale in Höhe von 80,00 DM zzgl. der
Ummeldkosten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen
den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die gerichtliche Niederschrift vom
28.06.2001 Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin L und des
Zeugen M. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das gerichtliche
Protokoll vom 28.06.2001 Bezug genommen. Weiter hat das Gericht Beweis erhoben
durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß
Beweisbeschluss vom 19.07.2001. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme.
insoweit wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. T
vom 16.11.2001.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE
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Die Klage ist nur teilweise begründet.
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I. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Ersatz ihres materiellen
Schadens aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 und 2 PflVG in Höhe von 6.205,42 DM (=
3.172,78 Euro). Ein weitergehender Anspruch besteht nicht.
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Dieses Ergebnis ist über die nach § 17 StVG vorzunehmende, Schadensabwägung
gerechtfertigt. Die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu
leistenden Ersatzes hängt von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der
Schaden vorwiegend von der einen oder anderen Seite verursacht wurde. Für das Maß
der Verursachung ist ausschlaggebend, mit welchem Grad von Wahrscheinlichkeit ein
Umstand allgemein geeignet ist, Schäden der vorliegenden Art herbeizuführen. Dabei
richtet sich die Schadensverteilung auch nach dem Grad eines etwaigen Verschuldens,
eines Beteiligten. Jedoch können im Rahmen der Abwägung zu Lasten einer Partei nur
solche Tatsachen berücksichtigt werden, die als unfallursächlich feststehen.
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Gegen die beklagte Partei spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins. Der
Beklagte zu.1) ist auf das Fahrzeug der Klagepartei aufgefahren. Fährt im fließenden
Verkehr der Hintermann auf den Vordermann auf, so spricht der erste Anschein dafür,
daß der Hintermann entweder den erforderlichen Abstand unterschritten hat oder
unaufmerksam gewesen ist oder zu langsam reagiert und dadurch den Unfall schuldhaft
verursacht hat.
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Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme geht das Gericht davon aus, daß der
Beklagte zu.1) zunächst auf das stehende Fahrzeug der Klagepartei aufgefahren ist.
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Der Sachverständige Dipl. Ing. T hat nachvollziehbar ausgeführt, dass der Erstanstoß
gegen die Heckstruktur des klägerischen Pkws erfolgte und zwar unter einem Winkel
von 45 Grad. Dieser Heckanstoß war geeignet, sodann den Pfahlanprall zu
verursachen. Nach seinen Bekundungen ist der Vortrag der Klagepartei technisch
plausibel. Diese Feststellungen decken sich auch mit den Angaben des Zeugen M, der
glaubhaft angab, das Fahrzeug des Beklagten zu 1) habe ihn gegen den Laternenpfahl
gedrückt.
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Soweit die Zeugin L bekundete, das Fahrzeug der Klagepartei sei gegen Pfeiler
gefahren und dann "zurück auf die Fahrbahn geschossen", so daß es zu der Kollision
kam, ist dies technisch nicht plausibel.
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Den Beklagten zu 1) trifft jedoch ebenfalls ein Verschulden. Er ist bei schneeglatter
Straße mit 30 km/h gefahren ist. Diese Geschwindigkeit war den Verkehrsverhältnissen
nicht angepasst. Sie bewirkte, daß das Fahrzeug nicht kontrolliert zum Stehen kam,
sondern - was der Zeuge M selbst einräumt - in einen "instabilen" Fahrzustand geriet
und dadurch in einer Schrägstellung zum Stillstand kam. Eine nicht angepasste
Geschwindigkeit muß sich allerdings auch der Beklagte zu 1) vorwerfen lassen, der
ebenfalls nach seinen Angaben und den Angaben der Zeugin L bei schneeglatter
Straße mit 30 km/h fuhr.
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Der Zeuge M hat jedoch nicht plötzlich, abrupt und ohne Grund gebremst. Davon muß
das Gericht ausgehen, weil den Beklagten der ihnen obliegende Beweis insoweit nicht
gelungen ist. Die Zeugin L konnte dazu keine ergiebigen Angaben machen. Der Zeuge
M gab an, er habe verkehrsbedingt bremsen müssen. Selbst der Beklagte zu 1)
schilderte kein abruptes Abbremsen des Fahrzeuges. Zum Grund des Abbremsen
konnte er im übrigen keine Angaben machen.
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Unter Abwägung der festgestellten Verursachungsbeiträge hält das Gericht eine
Haftung zu Lasten der Beklagten von 2/3 für gerechtfertigt. Der Verstoß des Beklagten
zu 1) hat sich in erheblichem Maße unfallursächlich ausgewirkt.. Er hätte in der Lage.
sein müssen, auch bei eine plötzlichen Bremsung, noch rechtzeitig halten zu können.
Dabei hätte er angesichts der besonderen Witterungsverhältnisse mit besonderer
Sorgfalt und angepaßter Geschwindigkeit fahren müssen. Ob der Beklagte versucht hat
nach links auszuweichen, um dem klägerischen Pkw auszuweichen, kann dahingestellt
bleiben. Zum einen wäre diese Möglichkeit nach den Feststellungen des
Sachverständigen wäre diese Möglichkeit rein tatsächlich aufgrund der fahrdynamisch
zugrundeliegenden Voraussetzungen behindert gewesen. Zum anderen würde dies den
Beklagten zu 1) nicht entlasten. Er hätte dafür Sorge tragen müssen, sein Fahrzeug
ohne weiteres zum Stillstand zubringen, wenn vor ihm ein Fahrzeug abbremst.
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Danach haben die Beklagten der Klägerin ihren Schaden zu 2/3 zu ersetzen. Ihr
Schaden beläuft sich jedoch insgesamt nur auf 9,308,13 DM, so daß von den Beklagten
nur 6.205,42 DM (= 3.172,78 Euro) zu zahlen sind:
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1. Fahrzeugschaden: 8.100,00 DM
2. Gutachterkosten: 1.168,13 DM
3. Unkostenpauschale: 40.00 DM
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Pauschalierte An- und Abmeldekosten in Höhe von 120,00 DM sind nicht
erstattungsfähig. Außer einer allgemeinen Unkostenpauschale in Höhe von 40,00 DM
sind sonstige Schadenspositionen konkret darzulegen und ggf. zu beweisen. Für eine
weitergehende Pauschalierung besteht kein Bedarf, da die Kosten mit wenigen Belegen
problemlos nachgewiesen und konkret beziffert werden können (Beschluß des
Landgerichts Bochum vom 15.05.;2001, Aktenzeichen 9 T 27/01).
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III. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 284, 286, 288 Abs. 1 BGB.
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IV. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 100, 708 Nr. 11, 709,
711 ZPO.
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