Rechtsanwalt Wolfgang Herfurtner

20457, Hamburg
Rechtsgebiete
Bankrecht und Kapitalmarktrecht Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Zivilrecht
12.05.2015

Aufklärungspflicht bei SWAP-Geschäften

Zur Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert von Swap-Geschäften hat sich der BGH nun nochmals geäußert. In der Entscheidung vom 28.04.2015 – XI ZR 378/13 hat er sich mit den Pflichten von Banken beschäftigt, die eigene Zinssatz-Swap-Verträge empfehlen.

Beratende Banken und Sparkassen, die ihre Kunden über Abschlüsse von Swap-Geschäften mit sich selbst beraten, müssen aufgrund des bestehenden Interessenskonflikts über die Tatsache, dass der Swap-Vertrag einen anfänglichen negativen Marktwert aufweist und über dessen genaue Höhe aufklären.

Die Klägerin, die Stadt Ennepetal in Nordrhein-Westfalen mit rund 30.000 Einwohnern, schloss in den Jahren 2006 bis 2008 mit der früheren WestLB auf Grundlage eines Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte vier verschiedene Zinssatz-Swap-Verträge. Viele andere Kommunen haben ebenso Zinswetten, so genannte Swaps, in der Hoffnung auf Gewinne abgeschlossen. Die Stadt Ennepetal wettete zum Beispiel darauf, dass der Euro gegenüber dem Schweizer Franken stark bleibt.

Die Parteien vereinbarten mehrere Swap-Verträge. Der Invers-CMS-Stufen-Swap-Vertrag und der CHF-Plus-Swap-Vertrag hingen von der Kursentwicklung des Schweizer Franken ab.  Zwei Flexi-Swap-Verträge hingen vom Drei-Monats-Euribor ab. Alle vier abgeschlossenen Swap-Verträge hatten bei Vertragsschluss einen für die betroffene Gemeinde negativen Marktwert.

Die Stadt Ennepetal hat anstelle der erhofften Gewinne insgesamt 1,5 Millionen EURO Verbindlichkeiten aufgehäuft. Die Kommune befürchtet außerdem Verluste aus den vier umstrittenen Geschäften und will die Verträge nicht mehr bedienen.

Die Vorinstanzen hatten zur Aufklärungspflicht festgestellt, dass die Klägerin, über den anfänglichen negativen Marktwert nicht ordnungsgemäß informiert worden sei. Daher müsse sie auf die Zinssatz-Swap-Verträge keine Zahlungen mehr leisten. Der BGH hat nun das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Stellungnahme zur Aufklärungspflicht bei negativem Marktwert

Bei der Zurückverweisung hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht aus dem Jahr 2011 bestätigt. Falls eine Bank oder Sparkasse zu einem eigenen Zinssatz-Swap-Vertrag berät, muss sie den Kunden über das Einpreisen ihrer Kosten und ihres Netto-Gewinns aufklären. Ein anfänglicher negativer Marktwert muss also angegeben werden.

Die Aufklärungspflicht des Kreditinstituts über den anfänglichen negativen Marktwert umfasst dabei auch die Information über seine Höhe. Nur bei Kenntnis auch der Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes können Bankkunden das eigene wirtschaftliche Interesse der Bank an der Empfehlung des Swap-Vertrages richtig einschätzen.

Mit dem Urteil vom 22.03.2011 – XI ZR 33/10 hatte der BGH entschieden, dass eine Bank, die ihrem Kunden den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrags empfiehlt, eine Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert hat. Wie der Bundesgerichtshof auch in seiner aktuellen Entscheidung betont, befinde sich die Bank bei der Beratung zu einem eigenen Swap-Vertrag in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt. Als Partnerin des Swaps übernehme sie eine Rolle genau entgegengesetzt zu den Interessen des Kunden. Denn für die Bank erweise sich der Swap-Vertrag nur dann als günstig, wenn der Kunde einen spiegelbildlichen Verlust erleide. Als Beraterin des Kunden sei die Bank aber gerade verpflichtet, dessen Interessen zu wahren.

Die Bank muss aber dann nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufklären, wenn der Swap-Vertrag der Absicherung gegenläufiger Zins- oder Währungsrisiken aus konnexen Grundgeschäften dient. Unabhängig davon, wie komplex die Produkte ausgestaltet sind, müssen Banken ihre Kunden darüber aufklären, dass sie einen anfänglichen negativen Marktwert einstrukturiert haben. Wenn eine Kommune ein Darlehen aufgenommen hat und sie sich gegen steigende Zinsen absichern will, muss die Bank ihren Gewinn aber nicht preisgeben.

Die Komplexität eines Swapgeschäfts ist kein Kriterium für oder gegen die Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert. Entscheidend für die Aufklärungspflicht ist der schwerwiegende Interessenskonflikt, in dem sich die beratende Bank ihrem Kunden gegenüber befindet.

Urteilswirkung für Kommunen

Die Hoffnungen vieler Kommunen auf Schadensersatz in jedem Fall sind enttäuscht worden. Zinssatz-Swap-Verträge sind nicht schon deshalb unwirksam und die aus ihnen resultierenden Forderungen daher nicht mehr zu bedienen, weil die Anleger Kommunen sind.

Selbst, wenn diese ausschließlich Spekulations-Gewinne hätten erzielen wollen, hätten sie damit weder ihren gemeindlichen Wirkungskreis überschritten noch gegen ein etwaiges gemeindliches Spekulationsverbot verstoßen. Dies hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung nun geklärt.

Verjährung von Ansprüchen

Die Einwendung, die Bank habe den Kunden wegen einer Aufklärungspflicht-Verletzung so zu stellen, als habe er den Swap-Vertrag nicht abgeschlossen, verjährt ebenso wie der ihr zugrundeliegende Anspruch auf Aufhebung der den Kunden belastenden Forderung aus dem Swap-Geschäft.

Sollten Sie durch Swap-Geschäfte Verluste erlitten haben, steht Ihnen die Rechtsanwaltskanzlei Herfurtner für eine Beratung gerne zur Verfügung.