Till Groß veröffentlichte in der Zeitschrift UBB 11/2018, Ernst+Sohn Verlag eine zusammenfassende Darstellung über Möglichkeiten und Grenzen für den Einsatz der Adjudikation zur temporär bindenden Entscheidung von Baukonflikten unter deutschem Recht.
Gerichtsprozesse dauern ewig und verbrennen einen Menge Geld. Die Bauwirtschaft ebenso wie Auftraggeber sind insoweit stetig auf der Suche nach Alternativen, wie Problemfälle am Bau ohne Gericht gelöst werden können. Ein Begriff, der immer wieder in diesem Zusammenhang mit außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren auftritt, ist die „Adjudikation“. Die im August 2017 (Karlsruher Institut für Technologie) im Auftrag des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e.V. erstellte Studie „Möglichkeiten und Grenzen der Adjudikation als Verfahren der außergerichtlichen Streitlösung im Bauwesen” liefert eine gut recherchierte Darstellung der aktuellen Situation, mehr als zwanzig Jahre nach der gesetzlichen Einführung der Adjudikation in Großbritannien über den HGCRA [1996]. Sie zeigt sowohl die Möglichkeiten als aber auch die Grenzen dieser außergerichtlichen Streitbeilegungsform in der deutschen Baupraxis auf.
Die im Grundgesetz verankerten Prinzipien nach (1) Art. 19 Abs.4 GG: “Rechtsschutzgarantie”, (2) Art. 20 GG: “Rechtsstaatsgebot” und (3) Art. 92 GG: “Die Rechtssprechende Gewalt ist den Richtern anvertraut” führen haben in Deutschland bisher nicht zur Akzeptanz der Adjudikation als schnelles Verfahren zur vorläufigen und bindenden Entscheidung von Konflikten in der Bau- und Immobilienwirtschaft geführt.
Wichtige Kernaussagen des Aufsatzes sind:
- Um in Deutschland die Adjudikation als Verfahren zur alternativen Streitlösung (ADR) nutzen zu können, muss diese vertraglich vereinbart werden.
- Die gute Baukonjunktur erlaubt es den Auftragnehmern, ihre Leistungen kostendeckend anzubieten.
- Abgestufte ADR-Mechanismen und klar definierter partnerschaftlicher Prinzipien sollten in allen Bauverträgen aufgenommen werden.
- Adjudikation kann auch in Deutschland schnell und preiswert zu temporär bindenden Entscheidungen führen. Im Gegensatz zum britischen Recht sind diese aber nachträglich revidierbar.
- Adjudikation ist zur Entscheidung bereits eskalierter Konflikte eher ungeeignet, weil die eigentlichen Ursachen immer mehr durch von beiden Parteien gleichzeitig verursachte Effekte überlagert werden.
- Adjudikatoren müssen nicht das gesamte Projekt gebunden werden. Die britische Praxis bestätigt den Erfolg der Berufung von Spezialisten.
- Aus baupraktischer Sicht ist es nicht zwingend nötig, Juristen als Adjudikatoren zu bevorzugen. Berufspraxis im Bauvertrags- und im Konfliktmanagement sowie eine vertiefte Zusatzausbildung in außergerichtlicher Streitlösung können das kompensieren.
- Es besteht ein Bedarf an beruflichen Weiterbildungsangeboten für ADR.
Der Artikel ist veröffentlicht als Hauptaufsatz im UnternehmerBrief Bauwirtschaft (UBB 41, Heft 11, 2018) bei Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin UBB 41 (2018), Heft 11, Seite 3 - 8).