Rechtsanwalt Ronny Jänig

ROSE & PARTNER - Rechtsanwälte Steuerberater
10117, Berlin
Rechtsgebiete
Handelsrecht und Gesellschaftsrecht Internationales Wirtschaftsrecht
29.03.2017

Porsche-Aktionäre ziehen vor Gericht

Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart erheben die Aktionäre von Porsche nun gemeinsam Musterklage gegen Porsche wegen Verstoß gegen das Kapitalmarktrecht.

 

Der VW-Abgasskandal zieht weitere Kreise. Nun erheben auch die Aktionäre der Muttergesellschaft Porsche Musterklage nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). Das Landgericht Stuttgart ebnete dem Verfahren nun den Weg vor das Oberlandesgericht.

 

Wer wusste was bei Porsche?

Die Porsche SE hält als Holding die Mehrheit an Volkswagen. Porsche wird vorgeworfen, als Muttergesellschaft von VW ihre Kapitalanleger nicht rechtzeitig über die aus der Beteiligung an VW entstandenen Schäden informiert zu haben.

Dabei geht es vor allem darum zu klären, ob und in welchem Umfang Porsche verpflichtet war, über die Manipulationen bei Volkswagen aufzuklären und inwiefern die Kenntnis der gemeinsamen Vorstände der Porsche SE auch zurechenbar ist. Währenddessen ist selbst bei VW selbst noch nicht umfassend geklärt, wer wann wovon gewusst hat. Die Aufklärung geht schleppend voran.

Da Volkswagen aufgrund der weltweiten Klagewelle jedenfalls an seine finanziellen Grenzen stößt, wird es für die Aktionäre zunehmend attraktiv, auch die Muttergesellschaftlich finanziell in Verantwortung nehmen zu können.

 

Musterverfahren im Kapitalmarktrecht

Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) bildet im deutschen Recht eine Ausnahme. Obwohl wir Sammelklagen — wie die sog. „class action“ in den Vereinigten Staaten — eigentlich nicht kennen, ist im Kapitalmarktrecht eine gemeinsame Musterklage der Aktionäre vor dem Oberlandesgericht möglich.

Einzelne Verfahren werden so lange ausgesetzt, bis ein Urteil des Oberlandesgerichts vorliegt. Erkenntnisse dieses Musterverfahrens werden dann in anderen Individualverfahren verwendet. Hierin liegt eine Durchbrechung des in Deutschland grundsätzlich geltenden „inter-partes“-Grundsatzes.


Mitgehangen, mitgefangen — mitgezahlt?

Nach Bekanntwerden der Dieselaffäre verloren die VW-Aktien innerhalb kürzester Zeit enorm an Wert. Die Schäden der Porsche-Aktionäre sollen sich auf nahezu 900 Millionen Euro belaufen. Die Musterklage vor dem Oberlandesgericht Stuttgart wird eine Grundsatzentscheidung für diese Geschädigten im deutschen Recht herbeiführen.

Porsche begrüßt zwar die Bündelung der Klagen im Rahmen des Musterverfahrens. Dadurch würde eine schnellere Abwicklung der Ansprüche ermöglicht werden. In der Verantwortung sieht man sich allerdings nicht. Der Sprecher der Porsche SE beharrt bis heute, man habe von der Dieselmanipulation keinerlei Kenntnis gehabt.

 

Warum eigentlich nur die Aktionäre?
 
Ein Musterverfahren kennt in Deutschland nur das Kapitalmarktrecht. Während in den USA auch die Verbraucher eine Sammelklage (class action) anstrengen können, sind deutsche Verbraucher weiterhin darauf angewiesen, ihre Ansprüche individuell durchzusetzen.

Während also amerikanischen VW-Kunden Schadenersatz in Milliardenhöhe winkt, bleiben die deutschen Kunden übergehend mit leeren Händen im Regen stehen. Politisch werden die Forderungen nach der Einführung einer alpgemeingültigen Musterklage aber wieder laut. Nicht zuletzt der deutsche Verbraucherschutzbund forderte in den letzten Jahren immer wieder eine Verstärkung des kollektiven Rechtsschutzes. Daneben setzt sich auch die Europäische Kommission seit 2007 für die Einführung einer europäischen Sammelklage ein.

Bleibt abzuwarten, ob unsere politische Führung sich dem Druck in Angesicht der medialen Aufmerksamkeit zu fügen vermag.