Vesting-Klauseln sorgen für faire Anteilsverteilung
Die Gründung eines Startups ist regelmäßig mit viel Aufwand, Schweiß und Tränen, vielleicht auch Zweifeln, aber vor allem finanziellen Risiken verbunden. Logischerweise hat ein Startup anfangs nicht so viel Geld zur Verfügung.
Wer allerdings schon zu Beginn der Unternehmung an den falschen Ecken spart, und keinen anwaltlichen Rat zur Aufsetzung eines Gesellschaftsvertrags einholt, der sieht sich womöglich Jahre später mit Verträgen konfrontiert, die nicht unbedingt vorteilhaft für die Gründer sind. Ein fehlendes Vesting für Startup-Gründer (sog. Gründer-Vesting, engl. Founder Vesting) kann im Nachhinein sehr ärgerlich sein. Warum? Das erfahren Sie im Folgenden!
Was ist „Vesting“?
Das Prinzip, das hinter den Vesting-Klauseln steckt, ist folgendes: Gründer oder Mitarbeiter von Startups müssen sich ihre Beteiligung an dem Unternehmen sozusagen eine gewisse Zeit lang ‚verdienen‘ und zwar indem sie dem Startup ihre Arbeitsleistung für eine gewisse Zeit (die sog. Vesting-Period) zur Verfügung stellen.
Kommt es dazu, dass Betroffene das Startup verfrüht wieder verlassen, ist es möglich, dass sie ihre Anteile teilweise oder ganz wieder verlieren. Abhängig von Zeitpunkt und Grund des Ausscheidens bekommen sie als Ausgleich für die verlorenen Anteile gemessen am Verkehrswert des Unternehmens noch einen reduzierten Betrag – manchmal allerdings gar nichts. Die verschiedenen Konstellationen werden dabei durch sogenannte Bad & Good Leaver-Klauseln definiert.
Darum bringen Vesting-Klauseln Vorteile für Gründer:
Sinnvoll ist das Einbinden von Vesting-Regelungen bereits bei Gründung des Startups. Folgendes Beispiel verdeutlicht den Hintergrund: Nehmen wir an, drei Gründer (A,B,C) sind zu je einem Drittel an der Unternehmung beteiligt. In den ersten Monaten stecken alle drei ihre gesamte Arbeitsleistung in das Projekt – dann aber vergeht dem Gründer A die Lust und er wechselt zu einem anderen Job. Obwohl B und C weiter die gesamte Zeit allein für das Projekt schuften, steht Gründer A trotzdem weiterhin ein Drittel von allem zu. Zurecht empfinden B und C das irgendwann als ungerecht.
Hätte bereits eine Vesting-Regelung existiert, hätte das zur Folge gehabt, dass A seine volle Anzahl an Anteilen nur so lange behalten darf, wie er seine volle Arbeitsleistung dem gemeinsamen Unternehmen zur Verfügung stellt. Will er frühzeitig das gemeinsame Vorhaben verlassen, muss er einen Teil seiner Anteile wieder abgeben und bekommt diese ggf. (mit Abschlag) nach dem Wert des Unternehmens zum Zeitpunkt seines Ausscheidens vergütet. Dadurch wird seine Arbeitsleistung, die er bis dato eingebracht hat, hinreichend und fair honoriert – er nimmt aber nicht mehr im gleichen Umfang an künftigen Wertsteigerungen des Startups teil, die allein durch die Arbeit der zwei verbleibenden Gründer B und C erreicht werden.
Nachträgliches Vesting durch Investoren
Wurden zu Beginn der Unternehmung keinerlei Vesting-Klauseln berücksichtigt, geschieht das oftmals spätestens, wenn ein Investor an Bord geholt wurde. Welches Interesse dieser an einer nachträglichen Vesting-Regelung hat? Ganz einfach, er möchte verhindern, dass die Köpfe seines erworbenen Unternehmens bereits kurz nach dem Exit mit dem frischen Geld das Schiff verlassen, sondern ihr Know-How dem Unternehmen über einen gewissen Zeitraum auch nach der Investition zur Verfügung stellen.
Reverse-Vesting für Startup-Gründer – sinnvoll?
Wird die Thematik bereits bei Gründung bedacht, wird regelmäßig ein sogenanntes Reverse-Vesting vereinbart. Auf gut deutsch ist damit gemeint, dass Gründer Anteile nicht monatlich erhalten, sondern alle auf einmal. Allerdings sind diese erst mit Ablauf der Vesting-Period unverfallbar und gesichert. Dabei ist es auch möglich durch Anpassung der Vesting-Period, eine anteilige Anpassung des Vestings im Verhältnis zur Arbeitsleistung zu vereinbaren.
Scheidet ein Gründer während der laufenden Vesting-Period verfrüht aus dem Unternehmen aus, verliert er den nicht "gesicherten" Teil seiner Anteile (ggf. gegen Abfindung, ggf. mit Abschlag).
Streitvermeidung durch rechtssichere Gesellschaftervereinbarung
Um eine Verzögerung des Prozesses vorzubeugen, wird regelmäßig eine aufschiebend bedingte Übertragung der Geschäftsanteile vereinbart. Kommt es zum Ausstieg aus dem Unternehmen, muss das Vorliegen des Leaver-Events lediglich festgestellt werden, und die nicht gevesteten Anteile des ausscheidenden Gesellschafters fallen ganz automatisch zurück. In einem nächsten Schritt wird dann zunächst der Kaufpreis betrachtet. So bleibt die Gesellschaft weiterhin handlungsfähig und kann schnell agieren.
Um außerdem Streit vorzubeugen, empfehlen wir, schon in der Gesellschaftervereinbarung einen aufschiebend bedingt gefassten, unwiderruflichen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung zur Übertragung der Vesting-Geschäftsanteile einzufügen. Darin stimmen alle Gesellschafter bereits der Übertragung der Anteile für den Fall des Eintritts eines Leaver-Events zu und verzichten vorsorglich auf alle sonstigen Rechte aus dem Gesellschaftsvertrag, wie z.B. Vorerwerbsrechte und Tag-Along-Rechte.
Kommt es später doch zum Streit unter den Gründern, legt dieser zumindest nicht das gesamte Unternehmen lahm – etwa weil zeitweise unklar ist, wem die Gesellschaft eigentlich gehört und wer berechtigt ist, entsprechende Entscheidungen zu treffen. Erst wenn ein Gerichtsurteil ergeht, müssen ggf. nachträglich Änderungen gemacht werden.
Benötigen Sie rechtliche Beratung im Zusammenhang mit Vesting, stehen Ihnen die Anwälte von ROSE & PARTNER, insbesondere unsere Anwälte für Gesellschaftsrecht, grundsätzlich gerne zur Verfügung. Weitere Informationen dazu finden Sie auf unserer Webseite: https://www.rosepartner.de/vesting-startup-kanzlei-rechtsanwalt.html