Auch bei einem so genannten Vollarchitekturvertrag beginnt die Gewährleistungsfrist in der Regel mit Fertigstellung der Architektenleistung und der Abnahme. Das OLG Brandenburg hat entschieden, wann die Leistung fertiggestellt ist und ob die Gewährleistungsfrist auch ohne Abnahme beginnen kann.
OLG Brandenburg, Urt. v. 3.12.2014 – 4 U 40/14
Die Gewährleistung des Architekten verjährt, wie bei jedem anderen Werkvertrag auch, bei Bauwerken 5 Jahre nach der Abnahme der Leistung, soweit vertraglich nichts anderes vereinbart ist, so § 634a Abs. 1 BGB. Die Abnahme ist zu erklären, wenn die Leistung des Architekten beendet und im Wesentlichen mangelfrei ist. Wann die Abnahme zu erklären ist, hängt davon ab, welche Leistungen der Architekt übernommen hat. „Vollarchitekturvertrag“ bedeutet, dass sämtliche Leistungsphasen übernommen werden, bei Gebäuden also auch die „Objektbetreuung“ (Leistungsphase 9). In Leistungsphase 9 hat der Architekt für die Dauer von bis zu 5 Jahren seit der Abnahme der Bauleistungen Gewährleistungsmängel festzustellen und zu bewerten.
Generell 10 Jahre Gewährleistung gegenüber Architekten?
Wegen der Dauer der Leistungsphase 9 (bis zu fünf Jahren) und der Gewährleistungsfrist nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB wird oft von einer 10-jährigen Haftung des Architekten ausgegangen. Mit dieser Vorstellung räumt das OLG Brandenburg auf: Die Verjährungsfrist beginnt für den Architekten mit der Abnahme seiner Leistung, und dass kann im Einzelfall auch früher als 5 Jahre nach der Abnahme der Bauleistung sein; so kann die Gewährleistungsfrist für die eingesetzten Bauunternehmer z.B. nach VOB/B nur 4 Jahre betragen. In dem entschiedenen Fall konnte die Verjährung der Gewährleistung des Architekten auch 16 Jahre nach Fertigstellung des Gebäudes nicht festgestellt werden, so dass der Architekt zum Schadensersatz verurteilt wurde.
Verjährungsbeginn ohne Abnahme möglich
Die Abnahme einer Werkleistung ist zwar grundsätzlich erforderlich, um die Vergütung fällig werden und die Verjährungsfrist hinsichtlich der Gewährleistungsrechte in Gang zu setzen. Für das Architektenhonorar hat aber dasselbe Gericht gerade entschieden, dass die Abnahme entfallen kann, wenn es nicht mehr um die Erfüllung des Vertrages, sondern nur noch um seine Abrechnung und die Gegenansprüche des Auftraggebers (Minderung, Schadensersatz) geht (OLG Brandenburg, Urt. v. 14.1.2015 – 4 U 27/13). Auch die Verjährungsfrist kann, so das OLG Brandenburg in seinem Urteil vom 3.12.2014, ohne vorherige Abnahme zu laufen beginnen, wenn feststeht, dass der Architekt keine Leistungen mehr zu erbringen hat. Wenn nämlich die Gewährleistungsfrist sämtlicher an den Bau beteiligter Bauunternehmen abgelaufen ist, ist auch von dem Architekten keine Leistung mehr zu erwarten. Allerdings muss der Architekt darlegen und beweisen, wann die Gewährleistung sämtlicher Baubeteiligter verjährt ist.
Was Architekten hinsichtlich der Leistungsphase 9 zu raten ist
In dem vom OLG Brandenburg entschiedenen Fall hatte der Architekt bzw. sein Vertreter nicht genügend vorgetragen, wann die Gewährleistungsfristen der Bauunternehmer abgelaufen war, sondern sich nur darauf berufen, dass seit der Fertigstellung des Gebäudes 16 Jahre vergangen waren. Das geht freilich nicht: Maßgeblich ist, wann die Bauleistungen abgenommen wurden und welche Gewährleistungsfristen mit den Bauunternehmern vereinbart waren (siehe oben). Generell muss Architekten geraten werden, die Leistungen bis zur Leistungsphase 8 und die Leistungsphase 9 zu trennen: Entweder wird für Leistungsphase 9 ein gesonderter Architektenvertrag abgeschlossen, dann verjähren zumindest die Gewährleistungsrechte hinsichtlich der Leistungsphasen 1 bis 8. Oder der Architekt wirkt auf eine Teilabnahme am Ende der Leistungsphase 8 hin, damit beginnt die Verjährung für die bis dahin erbrachten Teilleistungen sofort.
Rechtsanwalt Mathias Münch
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
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