Grundsätzlich muss der Immobilienmakler im Provisionsprozess beweisen, dass seine Maklerleistung für den späteren Kaufvertragsabschluss kausal war. Wenn zwischen Maklerleistung und Vertragsschluss nicht allzu viel Zeit vergangen ist, kann dem Makler hier der Anscheinsbeweis zu Hilfe kommen.
OLG Zweibrücken v. 1.12.2015 – 8 U 2/14
Dem Berufungsurteil des OLG Zweibrücken lag ein klarer, im Wesentlichen unbestrittener Sachverhalt zugrunde: Der Kunde reagierte auf ein Immobilienangebot im Internet, das ein eindeutiges Provisionsverlangen enthielt, und verlangte telefonisch die Besichtigung einer zum Verkauf stehenden Eigentumswohnung. Nachdem am nächsten Tag die Objektbesichtigung im Beisein des Eigentümers stattgefunden hatte, erwarb der Kunde die Immobilie. Die Provisionszahlung verweigerte der Kunde mit Verweis auf die fehlende Ursächlichkeit der Maklertätigkeit für den Hauptvertragsschluss. Denn er habe am selben Tag, an dem er den Makler angerufen habe, von einem Dritten per E-Mail ein Exposé derselben Wohnung sowie Name und Anschrift des Verkäufers erhalten. Die Beweislast für die Kausalität liege beim Makler. Allerdings konnte der beklagte Maklerkunde sich nicht mehr erinnern, ob er besagte E-Mail noch vor dem Besichtigungstermin geöffnet und gelesen hatte. Wer der Verkäufer sei, habe er während des Besichtigungstermins erfahren.
Maklervertrag per Internet – „ausdrückliches und unmissverständliches Provisionsverlangen“ erforderlich
Richtigerweise haben das Landgericht Frankenthal und das OLG Zweibrücken den Beklagten zur Zahlung einer Maklerprovision verurteilt. Der andere Makler, der dem Beklagten ebenfalls ein Exposé übersandt und dann dem Prozess auf Seiten des Maklerkunden beigetreten war (Streitverkündung), muss die Kosten der Streithilfe tragen. Das Berufungsgericht urteilte: Der Maklervertrag sei dadurch zustande gekommen, dass in der Internetanzeige ein ausdrückliches und unmissverständliches Provisionsverlangen, und zwar als Käuferprovision, enthalten gewesen sei und dass der Makler dem Kunden auf dessen Anruf hin den Verkäufer namhaft gemacht habe. Der Kunde sei durch den Nachweis in die Lage versetzt worden, in konkrete Verhandlungen über den von ihm angestrebten Hauptvertrag einzutreten. Auch sei die Nachweistätigkeit des Maklers für den Abschluss des Kaufvertrages kausal gewesen. Grundsätzlich trage zwar der Makler die Beweislast für die Kausalität seiner Leistung. Allerdings ergebe sich der Rückschluss auf die Kausalität von selbst, wenn der Hauptvertragsschluss dem Nachweis in nicht allzu langem zeitlichem Abstand nachfolgt. Diesen Anscheinsbeweis könne der beklagte Maklerkunde zwar erschüttern, an den Gegenbeweis seien allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Einen abweichenden Kausalverlauf müsse der Beklagte substantiiert darlegen und beweisen. Das sei nicht geschehen. Da sich der Beklagte nicht erinnern könne, wann er die E-Mail des anderen Maklers zur Kenntnis genommen habe, stehe nicht mit Gewissheit fest, dass er bei Erhalt des Nachweises durch den Kläger bereits Vorkenntnis von der Kaufvertragsabschlussgelegenheit durch den Dritten gehabt habe.
Hat der Kunde „Vorkenntnis“, ist der Nachweis nicht ursächlich („kausal“)
Ein Maklervertrag kann im Internet dadurch geschlossen werden kann, dass ein Kaufinteressent sich auf ein Immobilieninserat, das ein eindeutiges Provisionsverlangen enthält, meldet, Maklerleistungen in Anspruch nimmt und der Makler hierauf eingeht, z.B. ein Exposé übersendet oder eine Besichtigung anbietet (Einzelheiten: Münch, Die Maklerprovision bei Vertragsabschluss im Internet, MietRB 2013, 132). Die Nachweisleistung ist erbracht, wenn der Makler den Kunden in die Lage versetzt, unmittelbar in Verhandlungen über den angestrebten Hauptvertrag einzutreten (BGH v. 3.6.2009 – III ZR 82/08). Die Provision ist verdient, wenn der Hauptvertrag – in der Regel Kauf- oder Mietvertrag – rechtswirksam abgeschlossen ist, vorausgesetzt, der Hauptvertrag ist „infolge des Nachweises“ (§ 652 Abs. 1 BGB) zustande gekommen. Es genügt, dass der Nachweis durch den Makler eine von mehreren Ursachen für den Vertragsschluss war („Mitursächlichkeit“). Die Rechtsprechung verneint die Ursächlichkeit (Kausalität) aber dann, wenn der Maklerkunde bereits aus anderer Quelle Kenntnis von der Vertragsabschlussgelegenheit hatte („Vorkenntnis“). Dem Makler kann hier aber der Anscheinsbeweis zu Hilfe kommen: Die Ursächlichkeit liegt auf der Hand, wenn zwischen Maklerleistung und Beurkundung des Kaufvertrages bzw. Abschluss des angestrebten Vertrages ein angemessener Zeitabstand liegt. Das können drei (BGH v. 26.9.1979 – IV ZR 92/78) bis sechs (BGH v. 22.9.2005 – III ZR 393/04) Monate oder mehr sein, in der Regel aber nicht mehr als ein Jahr (BGH v. 6.7.2006 – III ZR 379/04). Ansonsten hat der Makler vollen Beweis für die Ursächlichkeit einer Leistung zu erbringen. In dem hier entschiedenen Fall waren weniger als drei Monate verstrichen, so dass, da der Maklerkunde seine Vorkenntnis nicht darlegen und beweisen konnte, die Kausalität und damit der Provisionsanspruch zu bejahen waren.
Immer am Ball bleiben! Auch nach erbrachtem Nachweis.
Maklern ist zu raten, nach erbrachtem Nachweis den Ball nicht aus der Hand zu geben, sondern auch bei der Verhandlung und Beurkundung des Kaufvertrages weiter präsent zu sein und ihre Dienste anzubieten. Hierdurch können sie möglicherweise positiven Einfluss auf den Vertragsabschluss nehmen, die Sache beschleunigen und, wenn der Vertragsschluss doch länger dauert, dem Einwand fehlender Kausalität vorbeugen. Denn der Makler kann durch seine weitere Tätigkeit neue Ursachen setzen und ggf. über den reinen Nachweis hinaus Vermittlungstätigkeiten erbringen; der Einwand der Vorkenntnis kann bei Vermittlung nicht erhoben werden.
Rechtsanwalt Mathias Münch
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
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Quelle des Artikelbildes: © Lupo / pixelio.de
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