Rechtsanwalt Mathias Münch

BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN
10117, Berlin
Rechtsgebiete
Immobilien, Baurecht, Architektenrecht Wohnungseigentumsrecht Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht
29.09.2015

Mietnomaden – so können Sie sich schützen

Mietnomaden - so können Sie sich schützenTrotz der Mietrechtreform von 2013 besteht das Problem des Mietnomadentums weiterhin. Mietnomaden sind Personen, die eine Mietwohnung beziehen, ohne die entsprechende Miete zu entrichten und nach Aufdeckung in die nächste Mietwohnung ziehen, ohne die aufgelaufenen Mietschulden zu begleichen. Diese Praktiken schaden den Vermietern nicht nur durch ausfallende Einnahmen. Die Wohnungen werden oft in einem verdreckten und renovierungsbedürftigen Zustand zurückgelassen. Durchschnittlich sind 6 Monate Mietausfall und die Kosten für das Gericht der anfallende Schaden. Da nicht nur sozial schwache Personen, sondern auch professionelle, unscheinbare Betrüger zum Täterkreis zählen, kann dieser Schadensfall bei nahezu jedem Vermieter eintreten.

Grundlegend: Der Prozess der Zwangsräumung

Wenn einmal ein Mietzahlungsverzug von mindestens zwei Monaten festgestellt wurde, ist der Mieter zunächst derart geschützt, dass ein Vermieter nur mit hohen Hürden eine Zwangsräumung veranlassen kann. Hierzu ist zunächst ein Vollstreckungstitel bzw. Räumungstitel notwendig, meist in Form einer klaren Formulierung, die den Bewohner auffordert die Wohnung herauszugeben, geprüft und bestätigt vom örtlichen Amtsgericht.  Diese wird bei dem zuständigen Gerichtsvollzieher eingereicht, der erneut prüft, ob die Voraussetzungen für eine Zwangsräumung gegeben sind. Weiterhin muss der Vermieter für die entstehenden Kosten der Räumung, oft im vierstelligen Bereich, in Vorkasse gehen. Gleichzeitig hat der Mieter die Möglichkeit, Vollstreckungsschutz zu beantragen.  Kommt es zur Räumung, mussten bisher alle Gegenstände aus der Wohnung geschafft werden, wobei Speditions- und Lagerkosten entstanden. Das Gesetz von 2013 versuchte nun einige Lücken zu beseitigen, die Mietnomaden bisher nutzten:

Dritte im Haushalt

Der beschriebene  oft langwierige Prozess musste, vor der Reform, gegen jede in der Wohnung lebende Person erlassen werden, auch wenn diese nicht im Mietvertrag aufgeführt war. Stellte sich also heraus, dass mehr Personen als der eingetragene Mieter in der Wohnung wohnen, konnte dies zu einer erheblichen Verschleppung des Prozesses führen. Seit 2013 kann der Vermieter auch eine Räumungsanordnung gegen Dritte im Wege der einstweiligen Verfügung erwirken, wenn ein vollstreckbarer Räumungstitel bereits gegen den Mieter rechtskräftig ist.

Beschleunigung von Zwangsvollstreckungen

Die Hoffnung auf Scheu vor langen Gerichtsprozessen ist oft Motivation und Triebfeder von Mietnomaden. Auch hier wurden die Vermieter gestärkt: Bei hoher Erfolgsaussicht der Räumungsklage und Glaubhaftmachung der Gefährdung der Vermieterinteressen müssen seit 2013 Mieter eine bestimmte Geldsumme als Pfand hinterlegen. Wird dem nicht Folge geleistet, kann die Räumung vor Prozessende, je nach Sachlage mit sofortiger Wirkung, durch einstweilige Verfügung erzwungen werden.

Kautionsstreitigkeiten

Oft geht Mietnomadentum mit dem Verweigern der Kautionszahlung einher. War das Ausbleiben oder eine Verzögerung der Kautionszahlung vor 2013 kein Grund zur vorzeitigen Aufhebung des Mietvertrags, kann nun der Vermieter auch fristlos kündigen, wenn der Mieter die Kaution bei Fälligkeit nicht zahlt oder bei gestaffelten Kautionszahlungen in einen Verzug kommt, der zwei Monatsmieten entspricht.

Berliner Räumung

Die Berliner Räumung bezieht sich auf eine Praxis, die von Gerichten zunächst aus dem Raum Berlin gebilligt wurde und mit der Reform von 2013 gesetzlich in ganz Deutschland verankert wurde. Kommt es zu einer Zwangsräumung, können die Gegenstände des Mieters in der Wohnung verbleiben. Das Austauschen der Türschlösser genügt hierbei. Dadurch entstehen weniger oder keine Transport- und Lagerkosten, wodurch der Vorschuss, den der Vermieter bei dem Gerichtsvollzieher hinterlegen muss geringer wird.

Schlupflöcher bleiben

Die Maßnahmen der Mietrechtsreform zeigen, obwohl die Prozesse beschleunigen und Kosten für den geschädigten Vermieter senken, kaum abschreckende Wirkung: De facto sind die gemeldeten Fälle von Mietnomaden 2015 weiter gestiegen.

Das Liegt unter anderem an der Vorgehensweise der Mieter: So werden beispielsweise durch fingierte Mängel an der Immobilie eine Mietminderung oder eine komplette Einstellung der Mietzahlungen begründet. In vielen Fällen achten Mietnomaden auch darauf, dass die an den Vermieter zu zahlenden Rückstände nicht mehr als zwei Monatsmieten betragen.

Wenn das Einkommen von Mietnomaden weiterhin nicht oder nur geringfügig oberhalb der Pfändungsfreigrenze liegt, dann hat der Vermieter zwar einen Rechtsanspruch mit gerichtlichem Titel; er kann ihn jedoch nicht realisieren, weil kein pfändbares Einkommen vorhanden ist. Beim Bezug von Transferleistungen wie ALG II oder wie Sozialgeld ist das immer der Fall. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass Mietnomaden ausschließlich diesem Personenkreis zuzurechnen sind.

Tipps sich gegen Mietnomaden zu schützen

Versicherungsschutz

Zunächst gibt es tatsächlich eine ‚Nomadenversicherung‘ einiger Versicherungsgesellschaften mit oder ohne diese direkte Bezeichnung. Mit deren Abschluss lassen sich die folgenden Risiken versichern:

  • Nicht gezahlte Kalt-/Warmmiete für einen vertraglich festgelegten Zeitraum
  • Kostenersatz für die Ermittlung von hinterlassenen Wohnungsschäden
  • Kostenersatz für die Schadensbeseitigung
  • Ersatz für entgangene Miete während der Zeit von Renovierung und/oder Schadensbeseitigung
  • Kostenersatz für Entrümplungs-/Entsorgungsaufwendungen
  • Kostenübernahme für Reinigung, Desinfektion, Ungezieferbeseitigung
  • Übernahme von Dekontaminationskosten bei behördlicher Anordnung

Die Versicherung kostet, je nach Anbieter und Tarif, einen unteren bis niedrigen dreistelligen Eurobetrag je Vertrags-/Kalenderjahr. Nicht versicherbar sind hier die Kosten im Zusammenhang mit einer Räumungsklage. Die lassen sich über eine Rechtsschutzversicherung, kurz RSV mit dem eigenen Baustein für Vermieter abdecken. Der Vermieter ist ohnehin gut beraten, für diesen Teilbereich eine eigene Rechtsschutzversicherung abzuschließen, oder ihn in die bestehende RSV einzubeziehen. Er muss über kurz über lang damit rechnen, sich rechtlich beraten und die eine oder andere Mietsituation auch rechtlich klären zu lassen. Das muss nicht immer ein Streitfall sein.

Datenbanken und Kontakte nutzen

Für Bonitätsanfragen kann die Schufa kontaktiert werden. Hier werden das Zahlungsverhalten und die Bonität des potentiellen Mieters angegeben. Ebenfalls einsehbar ist, wie oft und von wem eine Schufa-Anfrage gestellt wurde. Ist eine solche von bereits mehreren Immobilienfirmen oder Hauseigentümern eingegangen, ist Vorsicht geboten. Zusätzlich gibt es eine Vermieterschutzkartei, bei der sich informiert werden kann, ob der Mieter bereits auffällig geworden ist. Grundsätzlich kann ein Anruf beim Arbeitgeber auch nicht schaden, um die Existenz der Person zu prüfen.

Wasserdichte Verträge abschließen

Über den Vertrag kann mittlerweile wenig geregelt werden, da in den letzten Jahren die Rechte der Mieter kontinuierlich gestärkt wurden. Einige Dinge können jedoch beachtet werden: Schönheitsreparaturen an der Immobilie sollten grundsätzlich als Pflicht des Vermieters im Vertrag geregelt sein. Immobilienmakler helfen hier, unwirksame Klauseln im Vertrag zu verhindern und den Vermieter zu schützen.

Die Mietrechtsreform von 2013 hat zwar politischen Willen gezeigt, konnte das Problem aber nicht lösen. Der Kollateralschaden bei schärferen Sanktionen für unschuldige Mieter ist hierbei ein begründetes Hindernis. Der Vermieter muss also nach wie vor selbst die Augen offen halten.

Thomas Jakob
Immovista GmbH
Tel.: 0351/65312021
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Quelle des Artikelbildes: © Nitram242 / Flickr.com (CC BY 2.0)

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