Eine ganz unerwartete Entscheidung hat das OLG Schleswig vorgelegt: Das Fernabsatzrecht passe nicht zum Geschäft eines Immobilienmaklers, da dieses typischerweise kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem umfasse. Also doch kein Widerrufsrecht für Verbraucher?
OLG Schleswig, Urteil vom 22.01.2015 – 16 U 89/14
Die Ausgangslage: Auf ein Immobilieninserat im Internet (Immobilienscout24) meldet ein Verbraucher Interesse an und erhält das Exposé zugeschickt. Während die Internetanzeige widersprüchlich ist – so soll „keine Käufer-Maklerprovision“ anfallen, später heißt es aber: „Unsere Courtage beträgt 6,25 % des Kaufpreises inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer. Die Courtage ist vom Käufer zu zahlen“ – ist das Exposé eindeutig: Die Courtage in Höhe von 6,25% ist im Exposé nochmals genannt. Telefonisch erbittet der Kunde einen Besichtigungstermin, die Parteien besichtigen gemeinsam, sprechen über die Provision und schließlich erwirbt der Kunde die Immobilie, möchte aber keine Provision bezahlen.
Kein Widerruf des Maklervertrags nach altem Recht!
Die Entscheidung: Das Gericht meint, das Exposé stelle ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrages dar, das der Kunde durch den Besichtigungstermin konkludent angenommen habe. Meine Meinung: Das ist in diesem Einzelfall richtig. Doch üblicherweise ist die Internetanzeige eines Immobilienmaklers nicht widersprüchlich, so dass schon das Abrufen des Exposés ein Angebot des Kunden und die Übersendung des Exposés die Annahme durch den Makler darstellt. Weiter meint das Gericht: Ein Widerrufsrecht bestehe nicht, weil Immobilienmaklerverträge keine Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen seien, sie unterscheiden sich von Absatzverträgen über Dienstleistungen. Meine Meinung: Das betrifft natürlich das alte, vor dem 13.6.2014 geltende Recht; inzwischen sind auch Maklerverträge durch die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in das Widerrufsrecht einbezogen.
Immobilienmaklergeschäfte sind keine Fernabsatzverträge?
Die Überraschung: Das Gericht meint, das vorliegende Maklergeschäft sei kein Fernabsatzvertrag. Mit der Idee des Fernabsatzes lasse es sich nicht vereinbaren, dass die Parteien von Anfang an planen, nach der Kontaktaufnahme zur Vertragsausführung mehrfach persönlich zusammenzutreffen und über Vertragsbedingungen sprechen. „Darin unterscheidet sich das vorliegende Geschäft ganz wesentlich von Fernabsatzverträgen, die gerade darauf ausgelegt sind, dass die Vertragsparteien sich persönlich nicht zu sehen und zu sprechen bekommen.“ Meine Meinung: Praktisch jeder Immobilienmaklervertrag zielt darauf ab, dass der Makler nicht nur einmal ein Exposé übersendet, sondern dass die Parteien sich treffen, das Objekt besichtigen, über den Vertrag verhandeln, Nebenumstände klären, die Beurkundung vorbereiten und gemeinsam durchführen. Mit dem OLG Schleswig fielen alle Käufer-Maklerverträge aus dem Fernabsatzrecht heraus. Ob diese Sicht angesichts der Verbraucherrechterichtlinie von anderen Gerichten geteilt wird, ist zweifelhaft.
“Makler arbeiten ja kaum für ihr Geld”
Das Gericht verurteilte den Kunden zur Zahlung von 15.000 € Provision – und traf damit den Richtigen: Er meinte nämlich, 6,25% vom Kaufpreis brutto sei eine sittenwidrig überhöhte Provision. Makler arbeiteten für ihr Geld nur ein paar Stunden, da seien 1.000 € schon eine fürstliche Entlohnung. Das OLG Schleswig antwortete lesenswert: „Es ist ja nicht so, dass alle Nachweis- und Vermittlungsbemühen auch schon zum Erfolg führen. Tatsächlich muss der Makler nicht selten eine ganze Reihe von verschiedenen Kunden “bedienen”, bis es zu einem Vertragsschluss kommt. Entsprechend bildet die Provision eine Mischkalkulation ab, in die auch derjenige Aufwand mit einzurechnen ist, aufgrund dessen am Ende kein Erlös erzielt worden ist. Was den wirtschaftlichen Nutzen für den Kunden angeht, so ist beachtlich, dass der Käufer einer Immobilie ein Objekt erwirbt, bei dem er eine permanente Wertsteigerung im Zeitablauf erwarten kann. Daneben ist für jeden Kaufinteressenten eine passende Immobilie ein knappes Gut; ohne die Werbeleistungen der Makler wäre er kaum in der Lage, ein geeignetes Objekt aufzutun. Dann ist es auch selbstverständlich, dass dieser Erfolg marktangemessen prämiert wird.“
Rechtsanwalt Mathias Münch
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
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