Das OLG Karlsruhe hat in einem Nachbarschaftsstreit die Begriffe Hecke und Drahtzaun im Rechtssinne definiert. Auslöser war ein Nachbarschaftsstreit über das Kürzen einer Bambus-”Hecke” und eines Metallgitterzauns.
OLG Karlsruhe v. 25.7.2014 – 12 U 162/13
Zwei Nachbarn streiten sich – wie so oft – über Zaun und Hecke an der gemeinsamen Grundstücksgrenze. Dort hatte der Beklagte vor Jahren Bambus im Abstand von 2 bis 3 Meter gepflanzt, der im Laufe der Zeit eine Höhe von 1,80 m überschritten hat. Der Kläger verlangt die Entfernung der Hecke.
Die Nachbarrechtsgesetze der einzelnen Bundesländer sind unterschiedlich, verhalten sich jedoch alle zu Fragen der Einfriedung an Grundstücksgrenzen und zu Abstand und Höhe von Gehölzen an Grundstücksgrenzen. Nach dem Nachbarrechtsgesetz (NRG) Baden-Württembergs sind Hecken bis 1,80 m Höhe und einem Grenzabstand von 50 cm zulässig. Bei Grundstücken “innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile” (Innerortslage) kommt es beim Zurückschneiden nicht auf den Grenzabstand, sondern nur auf die Höhe von 1,80 m an.
Ist Bambus eine Hecke?
Die Frage war nur, ist Bambus überhaupt eine Hecke? Die Regelung in § 16 NRG (“Sonstige Gehölze”) legt nahe, dass eine Hecke zwingend ein Gehölz sein muss. Botanisch betrachtet gehört Bambus zu den Süßgräsern. Das veranlasste das Oberlandesgericht zu einer Definition des Begriffs Hecke:
“Unter einer Hecke versteht man eine Gruppe gleichartig wachsender Gehölze, die in langer und schmaler Erstreckung in einer Linie aneinander gereiht sind. Wesentlich ist dabei die Geschlossenheit der Pflanzenkörper unter sich, der Verbund zu einer wandartigen Formation. Dabei genügt es, wenn der Dichtschluss erst im Laufe der Zeit aufgrund der artgemäßen Ausdehnung der Pflanzen erreicht wird.”
Das Gericht holte sogar Sachverständigengutachten ein und stellte fest, dass auch Bambus-Pflanzen eine gewisse “Neigung zum Verholzen” hätten, auch wenn “die für Gräser typische Biegsamkeit erhalten bleibt.” Alles klar? Im Ergebnis kann also eine Reihe von Bambuspflanzen an einer Grundstücksgrenze eine Hecke sein. Das Gericht verurteilte den Beklagten deshalb dazu, den Bambus auf eine Höhe von 1,80 m zurückzuschneiden.
Verschattung durch Hecke ist unerheblich
Dabei stellte das Gericht ausdrücklich klar, dass es auf die Frage der Verschattung durch die Heckenpflanzen nicht ankommt. Der Anspruch auf Einkürzen und Zurückschneiden von Heckenpflanzen ist nicht abhängig davon, dass die Hecke zu einer Verschattung des betroffenen Grundstücks führt.
Der Anspruch auf Zurückschneiden der Hecke und auf das Einkürzen von Gehölzen verjährt nach § 26 NRG Baden-Württemberg nicht. Das ist in anderen Bundesländern anders: Ähnliche Ansprüche können z.B. in Brandenburg nur innerhalb von zwei Jahren, nachdem die Anpflanzung die zulässige Höhe überschritten hat, geltend gemacht werden.
Metallgitterzaun oder Maschendrahtzaun?
Auch bei so genannten Einfriedungen, also Zäunen, Mauern o.ä. sind Höhe und Abstand gesetzlich geregelt. Ein Metallgitterzaun darf in Baden-Württemberg nach § 11 NRG bis zu einer Höhe von 1,50 m an die Grundstücksgrenze gesetzt werden, höhere Zäune müssen einen Abstand entsprechend der über 1,50 m hinaus gehenden Mehrhöhe einhalten. Ausgenommen sind “Drahtzäune”, womit nach der Entscheidung des OLG Karlsruhe ein Maschendrahtzaun gemeint ist, da dieser kaum Schatten wirft. Zwar werfen auch Metallgittermatten kaum Schatten. Aber auch bei Zäunen kommt es nach der nicht näher erläuterten Rechtsauffassung des OLG Karlsruhe nicht auf die Verschattung an. Im Ergebnis musste der Beklagte den Metallgitterzaun auf 1,50 m kürzen.
Auch diese Regeln sind in anderen Bundesländern anders geregelt. In Brandenburg kommt es darauf an, welche Einfriedungsart als ortsüblich angesehen wird. Wenn keine Ortsüblichkeit feststellbar ist, kann nur ein Maschendrahtzaun von 1,25 m Höhe verlangt werden. Ausnahmen bestehen beispielsweise, wenn Bebauungspläne, Gestaltungssatzungen o.ä. etwas anderes vorschreiben oder wenn ein Zaun zum Schutz vor unzumutbaren Beeinträchtigungen, die vom Nachbargrundstück ausgehen, errichtet wird.
Rechtsanwalt Mathias Münch
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
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