Rechnet der WEG-Verwalter Kosten des Sondereigentums über das Instandhaltungsrücklage-Konto ab und führt dieses Verhalten zu einer erheblichen Verringerung der Instandhaltungsrücklage, so widerspricht die erneute Bestellung des Verwalters ordnungsmäßiger Verwaltung. Sie kann gerichtlich angefochten werden.
LG Frankfurt/Main, Urteil vom 20.3.2014 – 2-13 S 165/13
Das Landgericht Frankfurt/Main hat der Berufung einer Wohnungseigentümerin stattgegeben und die Wiederbestellung eines Verwalters per einstweiliger Verfügung ausgesetzt. Was war geschehen?
Nicht selten kommt es vor, dass Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft laufende Kosten des Gemeinschaftseigentums von dem Konto bestreiten, auf dem die Instandhaltungsrücklage angelegt ist, weil das Gemeinschaftskonto keine ausreichende Deckung aufweist. Das ist problematisch, denn die Rücklage ist – nach Beschluss der Eigentümer – für die Instandhaltung und Instandsetzung, also für Reparaturen am Gemeinschaftseigentum zu verwenden. In dem vom AG Büdingen und in zweiter Instanz vom LG Frankfurt/Main entschiedenen Fall rechnete der Verwalter über das Instandhaltungsrücklagenkonto Kosten ab, die einzelnen Sondereigentümern zuzurechnen waren. Zwar erwarb die Gemeinschaft entsprechende Forderungen gegen diese Sondereigentümer, die Instandhaltungsrücklage war aber durch das Fehlverhalten des Verwalters faktisch von rund 135.000 € auf 61.000 €, also um mehr als die Hälfte verringert worden.
Instandhaltungsrücklage um 74.000 € verringert – massive Pflichtverletzung!
Ungeachtet eines etwaigen strafbaren Verhaltens – das Gericht deutete hier eine strafbare Untreue an – liege jedenfalls eine Pflichtverletzung vor, urteilte das Landgericht. Zwar hätten die Eigentümer bei der Bestellung des Verwalters einen gewissen Entscheidungsspielraum. Selbst wenn gewichtige Gründe gegen die Bestellung eines bestimmten Verwalters sprechen, dürften die Eigentümer sich anders entscheiden. In dem vorliegenden Fall erscheine es jedoch aus der Sicht eines vernünftigen Dritten als nicht mehr vertretbar, den Verwalter ungeachtet seiner massiven Pflichtverletzung erneut zu bestellen. Die Pflichtverletzung sei massiv, wenn der Gemeinschaft Gelder in Höhe von ca. 74.000 € entzogen würden. Das sah das Amtsgericht erstaunlicherweise jedoch anders!
Gerichtliches Vorgehen durch Anfechtung und einstweilige Verfügung möglich
Generell sind die in der Eigentümerversammlung getroffenen Beschlüsse, wenn sie nicht sogar nichtig sind, gerichtlich anfechtbar. Beachtet werden muss die Anfechtungsfrist von einem Monat. Daneben kann die Bestellung eines Verwalters durch eine einstweilige Verfügung gestoppt werden. Dazu muss der Beschluss der Eigentümer fristgerecht angefochten werden und dem Kläger muss das Abwarten der Entscheidung im Anfechtungsprozess (der sich schlimmstenfalls über Jahre hinziehen kann) unzumutbar sein. Unzumutbar ist das Abwarten, wenn irreparable Schäden drohen oder der Beschluss offensichtlich rechtswidrig ist. Letzteres war vorliegend der Fall: Das Landgericht urteilte, dass der Bestellungsbeschluss sei offensichtlich rechtswidrig sei, und begründete dies mit der Wiederholungsgefahr: Es sei aufgrund der erheblichen Verminderung der Geldmittel der WEG durch das Verhalten des Verwalters nicht ausgeschlossen, dass es auch in Zukunft zu derartigen Handlungen kommt. Die Entscheidung des LG Frankfurt/Main verdient Zustimmung.
Rechtsanwalt Mathias Münch
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
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