Gemeinsame Vorträge und Veröffentlichungen mit Gegenanwalt – Richter befangen?
Kurzmeldung
LG Hannover, Beschluss v. 25.2.2014 – 14 O 105/13
Ein Architekt machte in einem Honorarprozess geltend, der anwaltliche Vertreter der Gegenseite sei mit dem Richter durch eine jahrelange wissenschaftliche Zusammenarbeit persönlich verbunden, und lehnte den Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Hintergrund war, dass der Richter eine für den klagenden Architekten ungünstige Rechtsansicht geäußert hatte.
Das Ablehnungsgesuch war erfolglos: Für den Richter stellten die Seminare und Veröffentlichungen nur einen kleinen Teil seine beruflichen Tätigkeit dar und die gemeinsamen Aktivitäten mit dem Beklagtenanwalt wiederum nur einen Teil seiner gesamte wissenschaftlichen Tätigkeit. Zudem sei die wissenschaftliche Tätigkeit des Richters Ausdruck der Spezialisierung seiner Kammer und komme allen Prozessbevollmächtigten zu Gute. Entscheidend war wohl der Umstand, dass der Richter in der mündlichen Verhandlung seine Rechtsansichten so rechtzeitig mitgeteilt hatte, dass sich die Klägerseite darauf einstellen konnte. Der Richter hatte nämlich aus seiner Sicht erklärt, wie das Architektenhonorar richtig abzurechnen ist. Ein solches Verhalten zeigt eher, dass der Richter unparteiisch ist und beiden Seiten, indem er sie gleichsam frühzeitig über seine Überzeugungen aufklärt, dieselbe Möglichkeit zur Reaktion gibt.
Es kommt häufig vor, dass Richter als befangen abgelehnt werden, weil sie bei Vermieterverbänden, Architektenkammern usw. Vorträge halten oder mit Anwälten gemeinsam publizieren. Die wissenschaftliche oder publizistische Arbeit allein sollte allerdings keinem Richter zum Nachteil gereichen. Denn das ist – und so sah es auch das LG Hannover – Ausdruck der zunehmenden Spezialisierung von Juristen.
Rechtsanwalt Mathias Münch
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin 0
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