Beim Angebotspreis verschrieben – welcher Preis gilt?
Kurzmeldung
OLG Hamm, Urteil vom 19.6.2012 – 21 U 85/11 (BGH Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen am 26.6.2014 – VII ZR 232/12)
Haben sich die Parteien in einer mündlichen Preisverhandlung über einen Preis – hier Nachtrag zu einem Bauvertrag – geeinigt und wird der Preis später fehlerhaft schriftlich festgehalten, so gilt der von beiden Parteien gewollte, mündlich vereinbarte Preis.
Die Parteien hatten zu einem größeren Bauvorhaben Nachträge vorgenommen und mündlich zwei zusätzliche Positionen vereinbart. Der Einheitspreis der Hauptleistung sollte 72,80 Euro/m² betragen und der Einheitspreis der Zulageposition 64,83 Euro/m². Interessanterweise war der Inhalt der mündlichen Auftragsvereinigung unstreitig geblieben. Aufgrund eines Übertragungsfehlers wurde dann der Gesamtpreis beider Positionen, 137,63 €, bei der Zulage eingetragen, so dass der Bauunternehmer schließlich höher abrechnete als ursprünglich mündlich vereinbart.
“Falsa demonstratio non nocet”, sagen die Juristen: Die unabsichtliche Falschbezeichnung schadet nicht! Meinen beide Parteien dasselbe (hier denselben Zulagepreis), so gilt dieser, auch wenn er versehentlich falsch schriftlich festgehalten wird. Dieser althergebrachte Rechtssatz ist auch Gesetz geworden, denn § 133 BGB bestimmt: “Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.” Im Ergebnis konnte der Bauunternehmer nur den mündlich vereinbarten, nicht den fehlerhaft schriftlich fixierten abrechnen.
Zwischen Kaufleuten gilt dieser Grundsatz zwar auch, hier hätte dieser Fall aber auch anders entschieden werden können. Haben die Parteien mündliche Vereinbarungen getroffen und bestätigt die eine Seite der anderen Seite das, was sie verstanden hat, schriftlich, so müssen Abweichungen unverzüglich gerügt werden. Dies entspricht dem Handelsbrauch “kaufmännisches Bestätigungsschreiben”. Ohne die unverzügliche Rüge kommt das Geschäft zu den Bedingungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens zustande. So ist jeder Bauunternehmer gehalten, Baubesprechungsprotokolle unverzüglich zu prüfen und erforderlichenfalls zu rügen, wenn er meint, in der Baubesprechung sei etwas anderes vereinbart worden (BGH, Urteil vom 27.01.2011 – VII ZR 186/09).
Rechtsanwalt Mathias Münch
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin 0
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