Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Wohnungseigentümer ist auch durch schlüssiges Verhalten – hier: Benutzung der Wohnungen und Schlusszahlung – möglich, auch wenn eine förmliche Abnahme vereinbart ist. Auf die Wirksamkeit der Abnahmeklausel kommt es nicht an.
LG Schweinfurt, Urt. v. 23.1.2015 – 22 O 135/13
In einer Eigentümergemeinschaft kam es – wie so oft – zu Feuchtigkeitsschäden und anderen Mängeln in der Tiefgarage. Das LG Schweinfurt wies jedoch die Klage der Eigentümer auf Gewährleistung mit der Begründung ab, die Ansprüche seien verjährt. Eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums, zu dem auch die Tiefgarage gehört, hatte jedoch nicht stattgefunden.
Beginn der Verjährung mit Abnahme des Gemeinschaftseigentums
Grundsätzlich beginnt die Verjährung von Gewährleistungsrechten im Baurecht nicht vor der Abnahme der Bauleistung. Auch wenn eine neu errichtete oder umgebaute Eigentumswohnung vom Bauträger gekauft wird, muss die Bauleistung abgenommen werden. Für die Abnahme des Sondereigentums, also der Wohnung, ist jeder Erwerber selbst verantwortlich. Das Gemeinschaftseigentum müssen jedoch alle Eigentümer gemeinsam abnehmen. Werden einzelne Wohnungen erst Jahre nach der Fertigstellung der Wohnanlage verkauft, so müssen auch die später hinzukommenden Erwerber noch an der Abnahme der Gemeinschaftsflächen beteiligt werden. Das führt dazu, dass die Verjährung von Mängelrechten über Jahre aufgeschoben sein kann und erst dann beginnt, wenn der letzte Erwerber (auch: „Letzterwerber“) das Gemeinschaftseigentum abgenommen hat.
Abnahme durch ersten Verwalter oder vom Bauträger bestimmten Sachverständigen
Die Besonderheit des dem LG Schweinfurt vorliegenden Falles war, dass in den Wohnungskaufverträgen eine Klausel enthalten war, nach der anstelle der Erwerbe der WEG-Verwalter die Wohnungen abnehmen sollte. Mit solchen Klauseln wird versucht, die Abnahme in eine Hand zu legen (noch dazu in die Hand des vom Bauträger zumeist selbst bestimmten, ersten Verwalters) und die Verjährungszeit früher beginnen zu lassen. Mit Recht wird die Wirksamkeit solcher Klauseln bezweifelt (vgl. Münch MietRB 2014, 81). Der BGH hält AGB-Klauseln, durch die die Abnahme des Gemeinschaftseigentums dem vom Bauträger bestimmten ersten Verwalter zustehen soll, für unwirksam (BGH v. 12.9.2013 – VII ZR 308/12). Das OLG Frankfurt hält Klauseln für unwirksam, durch die die Abnahme einem vom Bauträger benannten Sachverständigen übertragen wird (OLG Frankfurt v. 30.9.2013 – 1 U 18/12); das OLG Koblenz hingegen sieht solche Klauseln für wirksam (OLG Koblenz v. 16.5.2013 – 2 U 1123/12).
Konkludente Abnahme durch Ingebrauchnahme und Zahlung der letzten Rate
Das LG Schweinfurt musste den Streit um die Wirksamkeit der Abnahmeklausel nicht entscheiden, da eine Abnahme unstreitig nicht stattgefunden hatte. Dennoch meint das Gericht, seien Gewährleistungsansprüche verjährt, da die Abnahme durch schlüssiges Verhalten („konkludent“) stattgefunden habe. Die letzte Rate sei nämlich nach der vollständigen Fertigstellung zu erbringen gewesen. Sämtliche neuen Eigentümer hätten die Wohnungen bezogen und im Jahr 1994 sei von allen die letzte Rate erbracht gewesen. Damit hätten die Eigentümer schlüssig zum Ausdruck gebracht, mit der Bauleistung zufrieden zu sein, also konkludent die Abnahme erklärt. Die 5-jährige Verjährungsfrist sei deshalb 1999 abgelaufen und die Wohnungseigentümer könnten nun keine Mängelrechte mehr gegen den Bauträger geltend machen.
Wohnungseigentümer hätten Erklärungsbewusstsein gehabt
Die Eigentümer argumentierten, sie hätten wegen der Abnahmeklausel in den Erwerberverträgen kein „Erklärungsbewusstsein“ für eine konkludente Abnahme gehabt. Das LG Schweinfurt meint hingegen, die Eigentümer hätten auf die Abnahme verzichtet, nachdem sie die vertraglich vorgesehene Abnahme nicht verlangt hätten. Sie hätten erkennen können, dass ihr Verhalten – Ingebrauchnahme und Zahlung der letzten Rate – als schlüssige Abnahme verstanden werden muss.
Im Ergebnis hat also der Bauträger eine wahrscheinlich unwirksame Abnahmeklausel benutzt und kommt, da er keine Abnahme durchgeführt hat, trotzdem in den Genuss des früheren Verjährungsbeginns. Ob das richtig sein kann, wird nun die zweite Instanz entscheiden müssen.
Rechtsanwalt Mathias Münch
BRL BOEGE ROHDE LUEBBEHUESEN, Berlin
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Quelle des Artikelbildes: © Bernd Sterzl / pixelio.de
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