martina heck

16.10.2013

Zur Absetzbarkeit behinderungsbedingter Kosten eines Fahrzeugumbaus

Ob und unter welchen Voraussetzungen Mehrkosten im Zusammenhang mit dem Führerscheinerwerb und einem Fahrzeugumbau als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu berücksichtigen sind, hatte das Finanzgericht Köln zu entscheiden.

Der 1991 geborene Sohn der Kläger erlitt 13 Monate nach der Geburt einen Schlaganfall und ist seitdem motorisch halbseitig rechts gelähmt. Anerkannt ist ein Grad der Behinderung von 60 % ohne besondere Merkmale. Zum Führen eines Fahrzeuges wurden laut ärztlichem Gutachten sowie TÜV – Gutachten diverse Umbaumaßnahmen für notwendig erklärt (Automatikgetriebe, Umbau Pedalsatz etc.). Nach den Ausführungen des Klägers musste der Sohn eine behindertengerechte Fahrschule besuchen. Eine reguläre Fahrschule hätte sich am Wohnort befunden und wäre zu Fuß zu erreichen gewesen.

Im Zusammenhang mit dem Umbau eines Fahrzeugs sowie dem zusätzlichen Aufwand für eine spezielle Fahrschule seien insgesamt Kosten i.H.v. 5.401,12 € entstanden.

Entsprechende Kosten berücksichtigte der Beklagte in der Einkommensteuerveranlagung nicht.

Die Kläger vertraten anschließend im Einspruchsverfahren die Auffassung, diese Kosten seien „steuerlich absetzbar“, da sie „relativ ländlich“ wohnten. Zudem wollten die Kläger nicht die gesamten Fahrausbildungskosten steuerlich berücksichtigt wissen, sondern nur die Mehraufwendungen im Vergleich zu einer regulären Fahrschule. Sowohl die Aufwendungen für die Fahrschule als auch der Umbau des Fahrzeuges seien außergewöhnliche Mehrkosten, die anderen Personen desselben Alters üblicherweise nicht entstehen. Die Aufwendungen seien notwendig gewesen, um dem Sohn die gleiche Mobilität wie seinen Altersgenossen zu verschaffen. Ein Verweis auf die Nutzung auf Ihr Verkehrsmittel sei nicht zielführend, zumal im ländlichen Bereich von W ein Pkw nicht ersetzbar sei.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben; das Finanzgericht Köln hat entschieden, daß die geltend gemachten Kosten für die Fahrausbildung sowie den Umbau des Fahrzeuges nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer eines Steuerpflichtigen ermäßigt, wenn ihm zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes entstehen. Nach Abs. 2 entstehen Aufwendungen dann zwangsläufig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Die Aufwendungen müssen dem Grunde nach zwangsläufig sein.

Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 26.03.1993 sind die Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis bei einer auf Behindertenausbildung spezialisierten Fahrschule dann als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd abzugsfähig, wenn eine Person so geh- und stehbehindert ist, dass sie sich außerhalb des Hauses nur mithilfe eines Fahrzeugs fortbewegen kann. Auslösendes Moment für die Entstehung dieser Kosten sei die Gehbehinderung. Stark gehbehinderte Personen gehörten zu einer kleinen Gruppe von Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht frei über die Benutzung eines Kfz entscheiden deshalb nicht auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen könnten. Aus diesem Grund seien diese Personen auf eine Fahrerlaubnis zum Führen eines Fahrzeugs dringend angewiesen und anders als der überwiegende Teil der Führerscheinerwerber gerade nicht frei in ihren Entschluss, die entsprechende Fahrprüfung abzulegen.

In Anwendung dieser Grundsätze hatte die Klage keinen Erfolg.

Die Kläger haben nicht dargetan, dass ihr Sohn aufgrund seiner Körperbehinderung zwangsläufig auf ein Fahrzeug zur Fortbewegung angewiesen sei. Zwar hat der Sohn unzweifelhaft mit körperlichen Einschränkungen zu leben. Sowohl der festgestellte Grad der Behinderung als auch der Sachvortrag der Kläger belegen allerdings nicht, dass sich der Sohn nicht auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen könnte. Dabei ist nicht erheblich, ob am Wohnort der Kläger ein solcher öffentlicher Nahverkehr in nennenswertem Umfang angeboten wird. Für die Beurteilung kommt es vielmehr auf die Fähigkeit der Nutzung an. Daran gemessen, unterscheidet sich die Situation des Sohnes des Klägers nicht wesentlich von der anderer Personen in seinem Alter, welche aus nachvollziehbaren Gründen einer Fahrerlaubnis erwerben wollen. Der Entschluss, eine Fahrerlaubnis erwerben zu wollen ist in Anwendung der Grundsätze des Bundesfinanzhofs daher als ein freiwilliger Entschluss zu bewerten. Mithin sind die Kosten, die infolge des Erwerbes der Fahrerlaubnis sowie damit einhergehend auch die Kosten für den Umbau des Fahrzeuges Aufwendungen, die auf einem freiwilligen Entschluss beruhen und damit nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG sind.

Eine Berücksichtigung der Kosten als außergewöhnliche Belastung scheidet damit nach Auffassung des Finanzgerichts Köln aus.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 12.09.2013 – 10 K 3945/12