martina heck

01.08.2013

Wirtschaftsplan der WEG: Hausgeldvorschüsse als Einnahmen?

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß die (künftigen) Hausgeldvorschüsse der Wohnungseigentümer in dem Gesamtwirtschaftsplan nicht ausdrücklich als Einnahmen aufgeführt werden müssen.

In dem entschiedenen Fall bilden die streitenden Parteien eine Wohnungseigentümergemeinschaft. In der Eigentümerversammlung vom 07.12.2010 stand als TOP 5 Folgendes zur Abstimmung:

Beschlussfassung über den Gesamtwirtschaftsplan 2011 mit einem Gesamtaufwand von 32.970,00 EURO und den dazugehörigen Einzelwirtschaftsplänen. Die hier genannte Summe ist ein Vorschlag durch die Verwaltung.“

Das den Klägern übermittelte Exemplar des Wirtschaftsplans enthält eine Erläuterung der Verteilungsschlüssel. Es folgt eine Rubrik, in der die „umlagefähigen Nebenkosten“ im Einzelnen aufgeführt werden. Ausgewiesen sind jeweils die Gesamtbeträge und die auf die Kläger entfallenden Anteile. Ferner finden sich dort die gesamten und anteilig auf die Kläger entfallenden Zinserträge der Gemeinschaft. In einer weiteren Rubrik wird die Rücklagenzuführung behandelt, wobei ebenfalls der Gesamtbetrag wie auch der von den Klägern zu tragende Anteil aufgeführt sind. Es folgt eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Als Summe wird ein Gesamtbetrag von 32.970 € und der auf die Kläger entfallende Anteil mit 1.583,48 € ausgewiesen. Im anschließenden Fließtext heißt es:

Ihr Anteil an dem neuen Wirtschaftsplan beträgt: 1.583,48 €. Somit beträgt Ihr Hausgeld ab dem 01.01.2011 € 131,96 …

Die auf die anderen Wohnungseigentümer entfallenden Hausgeldvorschüsse sind nicht aufgeführt.

Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2011 wurde gegen die Stimmen der Kläger mehrheitlich beschlossen.

Die Kläger haben u.a. den Beschluss zu TOP 5 angefochten. Das Amtsgericht Schöneberg hat diesen Beschluss für ungültig erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Berlin die Klage insoweit abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Gegenseite beantragt, möchten die Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

Das Berufungsgericht meint, der Beschluss über die Genehmigung des Wirtschaftsplans für das Jahr 2011 entspreche in formeller und materieller Hinsicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Er verstoße insbesondere nicht gegen die in § 28 Abs. 1 WEG enthaltenen Anforderungen an den In-halt eines Wirtschaftsplans. In ihm seien die im Jahr 2011 geplanten Ausgaben ebenso wie die Zinserträge aufgeführt. Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass zur Deckung des Differenzbetrages Einnahmen erforderlich seien, die im Wege der Erhebung von Hausgeldvorschüssen erwirtschaftet würden. Die Höhe der erforderlichen Einnahmen entspreche zwangsläufig den geplanten Ausgaben. Es sei nicht geboten, dass jedem Eigentümer alle Einzelwirtschaftspläne vorlägen. Die auf die jeweiligen Einheiten entfallenden Hausgeldvorschüsse ließen sich unter Zuhilfenahme der geltenden Kostenverteilungsschlüssel berechnen.

Dem hat der Bundesgerichtshof zugestimmt.

Der notwendige Inhalt eines Wirtschaftsplans wird in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 WEG festgelegt. Der Plan hat zunächst die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu enthalten (Nr. 1). Sie müssen in übersichtlicher und nachprüfbarer Weise nach Grund und Höhe aufgeführt sein. Diese Einnahmen-Ausgaben-Kalkulation bildet den Gesamtwirtschaftsplan, während die erforderliche Darstellung der anteilsmäßigen Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung (Nr. 2) die Pflicht zur Erstellung von Einzelwirtschaftsplänen betrifft. Die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung (Nr. 3) sind sowohl im Gesamt- als auch in den Einzelwirtschaftsplänen gesondert aufzuführen. Der Gesamt- und der Einzelwirtschaftsplan können zusammengefasst werden.

Zu den voraussichtlichen Einnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG gehören zunächst alle Zuflüsse zu dem Vermögen der Gemeinschaft, die die Vorschussverpflichtung der Wohnungseigentümer mindern. Soweit daraus der Schluss gezogen wird, dass die Summe der im kommenden Wirtschaftsjahr zu leistenden Hausgeldvorschüsse nicht zu den Einnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG gehört, kann dem nicht gefolgt werden. Zutreffend ist allerdings, dass der Finanzierungsbedarf der Gemeinschaft nur durch Schätzung der voraussichtlichen Ausgaben und der voraussichtlichen Erträge, die nicht aus laufenden Hausgeldzahlungen bestehen, ermittelt werden kann. Indessen kann aus der vorzunehmenden Berechnungsmethode noch nicht auf eine teleologische Einschränkung des weiten Begriffs der Einnahmen in § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 WEG geschlossen werden. Der Wirtschaftsplan zielt nicht allein auf den Ausweis der anteiligen Vorschussverbindlichkeit des einzelnen Wohnungseigentümers. Vielmehr muss er auch erkennen lassen, ob die Liquidität der Gemeinschaft gewährleistet ist. Daher müssen auch die voraussichtlichen Hausgeldeinnahmen der Gemeinschaft aus dem Wirtschaftsplan hervorgehen. Sie sind das Gegenfinanzierungsmittel für die gemeinschaftlichen Lasten und Kosten und unter diesem Aspekt Einnahmen der Gemeinschaft. Damit ist jedoch noch keine Aussage über die Art der Ausweisung der Hausgeldvorschüsse im Wirtschaftsplan getroffen.

Hinsichtlich der Gestaltung des Wirtschaftsplans ist es nicht zu beanstanden, wenn die Hausgeldvorschüsse nicht ausdrücklich als erwartete Einnahmen bezeichnet werden. Vielmehr ist es ausreichend, wenn sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt, dass die durch die sonstigen Vermögenszuflüsse nicht gedeckten voraussichtlichen Ausgaben durch Hausgeldvorschüsse aufgebracht werden sollen. Letzteres versteht sich in aller Regel von selbst, da der Wirtschaftsplan gerade das Ziel hat, die erforderlichen finanziellen Mittel durch die Belastung der Wohnungseigentümer entsprechend den geltenden Verteilungsschlüsseln aufzubringen.

Allerdings wird vereinzelt die Ansicht vertreten, dass im Wirtschaftsplan weitergehende Angaben erforderlich seien. So wird gefordert, dass alle Einzelwirtschaftspläne an sämtliche Wohnungseigentümer zu versenden seien oder eine Vorschussliste zu erstellen sei, aus der sich ergeben müsse, welche Hausgeldvorschüsse jeder einzelne Wohnungseigentümer jährlich und monatlich zu zahlen habe. Ohne Angabe zu den nach Maßgabe der Einzelwirtschaftspläne zu leistenden Hausgeldvorauszahlungen lasse der Gesamtwirtschaftsplan aus sich heraus keine Überprüfung zu, ob er ordnungsgemäß nach dem Kostendeckungsprinzip aufgestellt worden sei. Erst aufgrund solcher aus dem Wirtschaftsplan herzuleitender Informationen könnten sich weitere Erkenntnisse darüber ergeben, ob andere Fehler vorhanden seien. Ein Wirtschaftsplan, der dies nicht beachte, sei für ungültig zu erklären.

Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. § 28 Abs. 1 WEG gibt keine konkrete Form der Gestaltung des Wirtschaftsplans vor. Die in den §§ 238 ff. HGB normierten Vorschriften über die Handelsbücher, insbesondere die über die Aufstellung einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung sind nicht anwendbar, da die Gemeinschaft kein Kaufmann im Sinne der §§ 1 ff. HGB ist. Auch lassen sich § 28 Abs. 1 WEG solche Vorgaben nicht entnehmen. Geboten ist lediglich eine für den Wohnungseigentümer nachvollziehbare Darstellung, die sich an der Funktion des Wirtschaftsplans ausrichtet.

Der Wirtschaftsplan dient der Ermittlung und Festsetzung der Beitragsverpflichtung der Wohnungseigentümer und damit der Aufbringung der für eine ordnungsgemäße Verwaltung der Wohnungseigentümer erforderlichen finanziellen Mittel. Seine eigentliche Bedeutung liegt darin, dass er die Belastung der Wohnungseigentümer mit Vorschüssen nach § 28 Abs. 2 WEG verbindlich regelt und deren Zahlungsverpflichtung erst entstehen lässt.

Daher kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass die aus dem Wirtschaftsplan ersichtliche Deckungslücke zwischen den voraussichtlichen Ausgaben und den sonstigen Vermögenszuflüssen der Gemeinschaft, die entweder ausdrücklich als Summe genannt wird oder sich durch Addition der einzelnen Posten ermitteln lässt, durch die Belastung der Wohnungseigentümer mit Hausgeldvorschüssen ausgeglichen werden soll. Für den einzelnen Wohnungseigentümer können – auch wenn dieser nur die Höhe des auf ihn entfallenden Hausgeldes erfährt – keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass nicht nur er, sondern auch die anderen Wohnungseigentümer nach den im Wirtschaftsplan erläuterten Verteilungsschlüsseln belastet werden und das Kostendeckungsprinzip gewahrt ist.

Die Mitteilung der auf die anderen Wohnungseigentümer konkret entfallenden Hausgeldvorschüsse ist auch nicht deshalb erforderlich, weil Hausgeldansprüche bei einzelnen Wohnungseigentümern auf Dauer uneinbringlich oder im betreffenden Wirtschaftsjahr mutmaßlich nicht einbringbar sein können. Die Einnahmenseite darf in diesem Fall nicht gekürzt werden, da dies nicht zu einer ausgeglichenen Liquiditätsplanung führen würde. Vielmehr muss auch ein insolventer Wohnungseigentümer in den Wirtschaftsplan einbezogen werden, da er andernfalls nicht zur Zahlung des Hausgeldes verpflichtet würde. Die Uneinbringlichkeit von Hausgeldern ist vor diesem Hintergrund ausgabenerhöhend zu berücksichtigen und muss sich aus dem Gesamtwirtschaftsplan ergeben.

Der im Streitfall zu beurteilende Wirtschaftsplan genügt den genannten Maßstäben.

Die Wohngeldvorschüsse sind zwar nicht ausdrücklich als erwartete Ein-nahmen ausgewiesen. Vielmehr sind den Ausgaben nur die sonstigen Einnahmen in Gestalt der Zinserträge gegenüber gestellt. Bei der vorzunehmenden Gesamtschau ergeben sich aber keine vernünftigen Zweifel, dass der ausgewiesene Differenzbetrag insgesamt von allen Eigentümern über Wohngeldvorschüsse zu finanzieren ist. Zur Beschlussfassung standen ausdrücklich neben den Gesamtwirtschaftsplan auch die Einzelwirtschaftspläne. In dem den Klägern vorliegenden Einzelwirtschaftsplan wird ihr Anteil an den Gesamtausgaben in nachvollziehbarer Weise ermittelt. Unter Berücksichtigung der angegeben Verteilungsschlüssel – Umlage der Verwaltungskosten nach der Zahl der Einheiten, ansonsten nach den Miteigentumsanteilen – lassen sich bei dem vorliegenden Wirtschaftsplan anhand der Miteigentumsanteile der anderen Wohnungseigentümer unschwer deren Vorschüsse errechnen. Dafür, dass die anderen Einzelwirtschaftspläne dem im Wege der elektronischen Datenverarbeitung erstellten Muster nicht folgen, besteht kein Anhaltspunkt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.06.2013 – V ZR 211/12