martina heck

02.04.2014

Vollstreckungsaufschub bei Steuerschulden

Das Finanzgericht Köln hat im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes die Voraussetzungen für einen Vollstreckungsaufschub ausführlich erörtert.

In dem entschiedenen Fall wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 03.02.2014 mit der Bitte um gerichtliche Gewährung von Vollstreckungsaufschub an das Finanzgericht Köln und trug dazu folgenden Lebenssachverhalt vor:

Sie sei seit ca. 25 Jahren selbstständig tätig und in der Vergangenheit ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen. Zunächst habe sie eine Werbeagentur betrieben, später ein Personalrekrutierungsunternehmen. Ende des Jahres 2012 sei sie ohne eigenes Verschulden in eine finanzielle Schieflage geraten, weil ein Auftraggeber ihr sieben Aufträge erteilt habe, für die das Honorar erst bei Einstellung der Kandidaten gezahlt werden sollte. Der Auftrag sei später – nach Erbringung erheblicher Vorleistungen durch sie – storniert worden. Ein weiterer Auftraggeber sei weggefallen, da dieser sich entschieden habe, in Zukunft nur noch mit angestellten Mitarbeitern zu arbeiten. Ende des Jahres 2012 seien dann Steuern fällig geworden, die sie aufgrund der geschilderten Situation nicht habe aufbringen können.

Die Marktentwicklung habe dazu geführt, dass sie in 2013 entschieden habe, eigenständig eine Personal- und Unternehmensberatung aufzubauen. Parallel dazu sollte das bisher betriebene Geschäft fortgeführt werden. Dies sei daran gescheitert, dass der Antragsgegner die Geschäftsbeziehungen durch Ausbringung von Pfändungen bei ihren Auftraggebern zerstört habe.

Die Antragstellerin ist sich sicher, innerhalb der nahen Zukunft (halbes Jahr) Aufträge generieren zu können, die sie in die Lage versetzen, ihren steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift Bezug genommen.

Aus der der Antragsschrift beigefügten Vollstreckungsankündigung kann ersehen werden, dass der Antragsgegner die Vollstreckung wegen Forderungen in Höhe von insgesamt ca. 41.000 € betreibt. Darin enthalten sind unter anderem 7.330 € Umsatzsteuer 2012 und 5.063 € Umsatzsteuer 2013.

Ein konkreter, schriftlich gestellter Antrag auf Vollstreckungsaufschub beim Antragsgegner ist weder von der Antragstellerin vorgetragen noch aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich.

Aus der vorgelegten Vollstreckungsakte sowie den Unterlagen über eine bei der Antragstellerin durchgeführte Liquiditätsprüfung ergibt sich, dass die Antragstellerin seit dem Jahr 2008 mit Unterbrechungen immer wieder mit ihren Steuerzahlungen im Rückstand war, wobei allerdings wesentlich geringere Beträge als im gegenwärtigen Stand des Verfahrens zur Vollstreckung anstanden, die jeweils im Rahmen von Bankkontenpfändungen beigetrieben werden konnten. Zumindest seit Anfang 2013 vollstreckt der Antragsgegner durchgängig gegen die Antragstellerin. Es wurden Forderungspfändungen bei ihren Auftraggebern und diversen Banken ausgebracht.

Der Bericht über die Liquiditätsprüfung weist aus, dass die Antragstellerin im Jahr 2010 Umsätze von ca. 65.000 €, im Jahr 2011 Umsätze von ca. 112.000 € und im Jahr 2012 in Höhe von ca. 60.000 € erzielt hat. Die Gewinne werden mit knapp 40.000 € (2010), knapp 57.000 € (2011) und knapp 20.000 € (2012) ausgewiesen.

Weiterhin enthält der Bericht den Hinweis, die Antragstellerin gehe davon aus, mit dem nächsten großen Auftrag alle Rückstände tilgen zu können. Die Antragstellerin wolle noch im April 2013 einen Businessplan zur Aufnahme eines Kredits für die Gewerbeumschichtung erstellen. Ein darauf basierende Antrag auf Vollstreckungsaufschub sollte eingereicht werden.

Der Antrag wurde seitens des Finanzgerichts Köln abschlägig beschieden.

1. Nach § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird (so genannte Sicherungsanordnung). Nach § 114 Abs. 1 S. 2 FGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Um eine derartige Regelungsanordnung handelt es sich bei dem Begehren auf Gewährung von Vollstreckungsaufschub im Sinne des § 258 AO.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nur zulässig, soweit vorläufiger Rechtsschutz überhaupt auf diesem Wege erreicht werden kann, also insbesondere die Aussetzung der Vollziehung nicht eröffnet ist (§ 114 Abs. 5 FGO). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, da die Antragstellerin den Erlass eines Verwaltungsaktes anstrebt, also ein der Aussetzung der Vollziehung zugänglicher Verwaltungsakt bisher nicht vorliegt.

2. Außerdem muss die Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis vortragen. Dieses ist zu bejahen, wenn der Antrag zweckmäßig, nicht mutwillig oder rechtsmissbräuchlich ist. Ein vorheriger Antrag bei der Finanzbehörde ist nicht zwingend erforderlich.

Auch diese Zulässigkeitsvoraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die Antragstellerin hat zwar nicht nachvollziehbar einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub beim Antragsgegner gestellt. Dies ist aber auch nicht zwingend erforderlich. Das generelle Begehren der nicht vertretenen Antragstellerin war aus dem Bericht über die Liquiditätsprüfung ersichtlich. Unter Berücksichtigung der andauernden Zwangsvollstreckung des Antragsgegners und der am Tag der Antragstellung unmittelbar bevorstehenden, zumindest angedrohten Mobiliarzwangsvollstreckung ist der unmittelbare Antrag an das Finanzgericht Köln  auch nicht als rechtsmissbräuchlich oder mutwillig zu qualifizieren. Unter Berücksichtigung der drohenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, also dem unmittelbar bevorstehenden Eindringen in die grundrechtlich geschützte Sphäre der Wohnung und den ggf. nachfolgenden Schritten der Beitreibung (Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder Antrag auf Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der Antragstellerin) bei erfolgloser Mobiliarzwangsvollstreckung erscheint der unmittelbare Antrag an das Finanzgericht durch die Antragstellerin, die nach eigenem Vortrag unmittelbar zuvor erst von der Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes erfahren hatte, nicht rechtsmissbräuchlich.

3. Da eine einstweilige Anordnung nur dem vorläufigen Rechtsschutz dient, muss sich die Anordnung außerdem auf eine vorläufige Regelung beschränken. Sie ist grundsätzlich unzulässig, soweit sie das Ergebnis der Entscheidung in der Hauptsache praktisch vorwegnehmen und damit dieser endgültig vorgreifen würde.

Da die Antragstellerin im Streitfall nur eine vorübergehende Einstellung der Zwangsvollstreckung begehrt, steht auch diese Voraussetzung der Zulässigkeit des Antrages nicht entgegen.

4. Letztlich stehen der Zulässigkeit des unmittelbaren Antrages auf einstweilige Gewährung von Vollstreckungsaufschub auch nicht die Begrenzungen gerichtlicher Entscheidungsbefugnisse durch § 102 FGO entgegen.

Es ist umstritten, wie in Fällen, in denen – wie im Streitfall – eine im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung begehrt wird, vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren ist. Da es dem Gericht nach § 102 FGO grundsätzlich verwehrt ist, anstelle der Verwaltung eine Ermessensentscheidung zu treffen, bestehen lediglich in den Fällen der Ermessensreduzierung auf null keine Bedenken gegen eine einstweilige Anordnung im Sinne einer vorläufigen Regelung.

In Fällen ohne eine derartige Ermessensreduzierung auf null, in denen also in der Hauptsache ein Bescheidungsurteil nach § 101 S. 2 i. V. m. § 102 FGO ergehen müsste, würde das Finanzgericht bei Erlass einer einstweiligen Anordnung in den eigentlich der Verwaltung vorbehaltenen Bereich der Ermessensausübung (vorläufig) eingreifen.

Der Bundesfinanzhof hat in verschiedenen Entscheidungen ausdrücklich offen gelassen, ob ein derartiges so genanntes Interimsermessen der Gerichte besteht. Andererseits hat er in anderen Entscheidungen ausgeführt, dass ein Anordnungsanspruch bereits dann bestehe, wenn für eine günstige Ermessensentscheidung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe.

Damit geht aber auch der Bundesfinanzhof entweder von der Möglichkeit der Ausübung eines Interimsermessens aus oder er bejaht bei den so genannten Koppelungsvorschriften, zu denen auch § 258 AO gehört, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung „Unbilligkeit“ mit der Folge einer Ermessensreduzierung auf null. Beide Argumentationswege bewegen sich im Rahmen der hochgradig umstrittenen Grundsatzentscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Qualifikation der Vorgängervorschrift des § 227 AO als Ermessensvorschrift, bei der der Maßstab der Billigkeit den Inhalt und die Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens bestimme.

Schon in der Grundsatzentscheidung ist allerdings ausgeführt, dass es vom Ergebnis her keinen bedeutsamen Unterschied mache, ob der Bürger Rechtsschutz dadurch erlange, dass von einer Ermessensentscheidung ausgegangen werde, diese aber auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit überprüft werde, oder dadurch, dass man von einer Rechtsentscheidung ausgehe, zur Vermeidung einer uferlosen Kontrolle der Verwaltung sich aber auf eine taktvolle und behutsame Rechtskontrolle beschränke.

Auch in der Literatur und Rechtsprechung der Finanzgerichte ist die Frage der Ausübung von Interimsermessen in Fällen ohne Ermessensreduzierung auf null umstritten. Während einerseits darauf hingewiesen wird, die Annahme eines Interimsermessens verstoße gegen § 102 FGO, vertreten andererseits verschiedene Autoren die Auffassung, der verfassungsrechtlich geschützte effektive Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) eröffne und gebiete die Ausübung des Interimsermessens. Auch das Finanzgericht des Saarlandes hat die Befugnis zur Ausübung von Interimsermessen durch Finanzgerichte ausdrücklich bejaht.

Das Finanzgericht Köln geht ebenfalls von der gerichtlichen Befugnis aus, im Rahmen der einstweiligen Anordnung im Hinblick auf Billigkeitsentscheidungen wie Stundung (§ 222 AO), Erlass (§ 227 AO) oder Vollstreckungsaufschub (§ 258 oder § 297 AO) Interimsermessen auszuüben. Dies eröffnet die Möglichkeit innerhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes eine vorübergehende, behutsame Rechtskontrolle auszuüben ohne über die Annahme einer Unbilligkeit und die darauf basierende Annahme einer Ermessensreduzierung auf null den Entscheidungsspielraum der Verwaltung unangemessen einzuschränken.

5. Der danach ungeachtet der Frage einer eventuellen Ermessensreduzierung auf null zulässige Antrag der Antragstellerin auf vorläufige Gewährung von Vollstreckungsaufschub ist aber im Ergebnis unbegründet, da die weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vorliegen.

Die weiteren Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind in der FGO durch Bezugnahme auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Arrestverfahren umschrieben (§ 114 Abs. 3 FGO). Nach § 114 Abs. 3 FGO i.V.m. § 920 ZPO obliegt es danach der Antragstellerin, den Anspruch und den Grund für den Erlass der einstweiligen Anordnung zu bezeichnen und glaubhaft zu machen. Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag ist also, dass die Antragstellerin den Anspruch, aus dem sie ihr Begehren herleitet (sog. Anordnungsanspruch) und einen Grund für die zu treffende Regelung (sog. Anordnungsgrund) schlüssig darlegt und deren tatsächliche Voraussetzungen im Sinne der Vermittlung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit glaubhaft macht (vgl. § 294 ZPO).

Anordnungsanspruch ist in Fällen des § 114 Abs. 1 S. 2 FGO der Anspruch auf Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis, der sich aus dem künftigen Hauptsachebegehren ableiten lässt.

Ein Anordnungsgrund besteht, wenn eine einstweilige Regelung in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Das ist der Fall, wenn ohne eine vorläufige Regelung die wirtschaftliche oder persönliche Existenz der Antragstellerin bedroht wäre. Geringere Beeinträchtigungen der Antragstellerin bei Fortbestehen des bisherigen Zustandes reichen grundsätzlich nicht aus, um eine einstweilige Anordnung zu begründen.

Bei Zugrundelegung dieser – vom Finanzgericht Köln in ständiger Rechtsprechung zur Anwendung gebrachten – Grundsätze ist der vorliegende Antrag unbegründet. Die Antragstellerin hat bereits die Voraussetzungen für die Gewährung eines Vollstreckungsaufschubs im Sinne des § 258 AO nicht schlüssig dargelegt.

Soweit die Vollstreckung im Einzelfall unbillig ist, kann die Vollstreckungsbehörde sie einstweilen nach § 258 AO einstellen oder beschränken oder eine Vollstreckungsmaßnahme aufheben.

Dabei kommen derartige einstweilige Maßnahmen nur in Betracht, wenn vorübergehende Umstände vorliegen, die eine Vollstreckung unbillig erscheinen lassen. Umstände, die zu einer dauerhaften Einstellung der Vollstreckung Anlass geben, können dagegen nicht berücksichtigt werden, denn eine dauerhafte Unterbindung der Vollstreckung ist in § 258 AO nicht vorgesehen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine Unbilligkeit im Sinne von § 258 AO dann anzunehmen, wenn die Vollstreckung oder eine einzelne Vollstreckungsmaßnahme dem Vollstreckungsschuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde, der durch kurzfristiges Zuwarten oder durch eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermieden werden könnte.

Insbesondere für den Fall des Anerbietens von Ratenzahlungen durch den Vollstreckungsschuldner kann sich danach die Vollstreckung als unbillig erweisen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass der Vollstreckungsschuldner seine Zusage einhalten wird und wenn nach der Höhe der angebotenen Raten mit einer zügigen und kurzfristigen Tilgung der Steuerschulden gerechnet werden kann. Dabei muss ein Tilgungszeitraum von mehreren Jahren von der Finanzverwaltung nicht hingenommen werden.

Unter Berücksichtigung der z.B. in § 802b ZPO erkennbaren Begrenzung für Vollstreckungsaufschübe auf ein Jahr oder der Begrenzung des Aufschubs für eine Zwangsversteigerung in den §§ 30a und 30c des Zwangsversteigerungsgesetzes sowie der in der neueren Gesetzgebung deutlich gewordenen Tendenz einer Verkürzung der Fristen zur Tilgung rückständiger Steuern (vergleiche die Zweiwochenfrist in § 284 Abs. 1 S. 1 AO bei der Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) sieht der Senat – vorbehaltlich besonderer Aspekte des Einzelfalles – keine Veranlassung, eine Frist von mehr als zwölf Monaten als kurzfristig im Sinne des § 258 AO zu qualifizieren.

Grundsätzlich kann in Fällen wie dem vorliegenden, in denen keine Ratenzahlung angeboten wird, keine längere Frist für einen Vollstreckungsaufschub als angemessen angesehen werden, als in den Fällen mit Ratenzahlung. Es kann dahinstehen, ob in Fällen mit erheblichen Problemen bei der sachgerechten Verwertung vorhandenen Vermögens im Einzelfall Besonderheiten Berücksichtigung finden müssen, da die Antragstellerin ausweislich des Liquiditätsprüfungsberichtes über derartiges Vermögen nicht verfügt.

Danach kann im Streitfall auf der Basis des von der Antragstellerin vorgetragenen Lebenssachverhaltes bereits nicht von einer Unbilligkeit im Sinne des § 258 AO ausgegangen werden. Die Antragstellerin hat nichts vorgetragen, was auf eine kurzfristige Tilgung der rückständigen Steuern schließen ließe. Sie hat lediglich eine vage Hoffnung auf die Erteilung lukrativer Aufträge vorgetragen. Dieser Vortrag findet sich sinngemäß bereits in dem Bericht des Liquiditätsprüfers. Eine konkrete Verbesserung der Liquiditätssituation der Antragstellerin ist im vorliegenden Verfahren nicht vorgetragen worden. Es ist daher davon auszugehen, dass zwischen April des Jahres 2013 und Februar des Jahres 2014 die Erwartungen der Antragstellerin nicht realisiert werden konnten. Folgerichtig befinden sich unter den bisher nicht getilgten Steuerverbindlichkeiten auch solche, die bereits im Jahr 2012 fällig geworden sind.

Unabhängig von der fehlenden Darlegung des Anordnungsanspruchs im Hinblick auf die Kurzfristigkeit der begehrten Maßnahme, spricht gegen die Annahme einer Unbilligkeit auch die Tatsache, dass die Antragstellerin in erheblichem Maße und über Jahre gegen ihre steuerlichen Verpflichtungen verstoßen und dadurch vorwerfbar die Ursache für die Kumulierung erheblicher Steuerverbindlichkeiten gesetzt hat. Die Antragstellerin hat über einen längeren Zeitraum die von ihr vereinnahmten Umsatzsteuern nicht nur nicht an den Antragsgegner abgeführt, sondern auch die entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen permanent verspätet abgegeben. Sie hat keinerlei Lebenssachverhalte vorgetragen, die auf eine ggf. irrtümliche Fehldeklarationen bei der Umsatzsteuer schließen ließe. Danach ist davon auszugehen, dass bezogen auf die Umsätze von ca. 112.000 € im Jahr 2011 und ca. 60.000 € im Jahr 2012 fast 45% der Umsätze erst im Rahmen der Jahresveranlagung erfasst worden sind. Ungeachtet aller Fragen zum Steuerstrafrecht liegen jedenfalls keine ordnungsgemäßen Deklarationen der Steuern vor.

Da die Antragstellerin bereits den Anordnungsanspruch nicht schlüssig dargelegt hat, kommt es nicht darauf an, dass auch der Anordnungsgrund nicht mit präsenten Beweismitteln glaubhaft gemacht worden ist.

Finanzgericht Köln, Beschluss vom 19.02.2014 – 13 V 228/14