… wohl kaum!
Wieder einmal eine finanzgerichtliche Entscheidung, die veranschaulicht, warum man einen im Zollrecht versierten Rechtsanwalt beauftragen sollte.
Das Finanzgericht Hamburg hat in einer Entscheidung darauf hingewiesen, dass ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung einer verbindlichen Zolltarifauskunft unzulässig ist, weil es sich bei einer verbindlichen Zolltarifauskunft um einen feststellenden, begünstigenden und nicht um einen vollstreckbaren Verwaltungsakt handelt.
In dem entschiedenen Fall begehrte die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung zweier verbindlicher Zolltarifauskünfte.
Vorausgegangen war ein Antrag der Antragstellerin auf Erteilung verbindlicher Zolltarifauskünfte für digitale Kameras mit den Bezeichnungen X und Y mit Ursprung in China. Sie schlug eine Einreihung in die Warennummer 8525 8091 vor. Der Antragsgegner erteilte am 15.05.2012 verbindliche Zolltarifauskünfte, mit der die Waren als Videokameraaufnahmegeräte in die Unterposition 8525 8099 eingereiht wurden.
Gegen die verbindlichen Zolltarifauskünfte legte die Antragstellerin am 15.06.2012 Einspruch ein, die der Antragsgegner mit Einspruchsentscheidung vom 23.09.2013 zurückwies.
Am 28.10.2013 erhob die Antragstellerin Klage und beantragte zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Die Rechtmäßigkeit der verbindlichen Zolltarifauskünfte sei ernsthaft zweifelhaft. Der Antragsgegner habe in Verkennung der Bedeutung des Begriffs “Aufzeichnung” zu Unrecht unterstellt, dass die Kameras die Fähigkeit zur Aufzeichnung besäßen. Die Kameras seien auch nicht geeignet, übertragene Daten zu verarbeiten. Verbindliche Zolltarifauskünfte seien vollstreckungsfähig, weil sie nach der neueren Gesetzgebung mit einer Hinweispflicht für den Antragsteller versehen seien. Daher seien sie nicht als einseitig begünstigender, sondern als den Antragsteller verpflichtender Verwaltungsakt zu verstehen.
Das Finanzgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen.
Die von der Antragstellerin beantragte Aussetzung der Vollziehung setzt einen vollziehbaren Verwaltungsakt voraus. Eine verbindliche Zolltarifauskunft gem. Art. 12 ZK stellt indes keinen vollziehbaren Verwaltungsakt dar. Es handelt sich bei einer verbindlichen Zolltarifauskunft um einen begünstigenden, feststellenden Verwaltungsakt. Die begünstigende Wirkung ergibt sich daraus, dass sie die Zollbehörden aller Mitgliedstaaten der Union, nicht jedoch den Berechtigten selbst, hinsichtlich der zolltariflichen Einreihung einer Ware bindet. Vom begünstigenden Charakter einer verbindlichen Zolltarifauskunft ist auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der das Finanzgericht Hamburg folgt, auszugehen. Eine verbindliche Zolltarifauskunft setzt auch nicht etwa Abgaben fest. Ihr Regelungsgehalt geht über die Festlegung einer bestimmten Warenummer nicht hinaus. Insbesondere wird mit einer verbindlichen Zolltarifauskunft kein bestimmter Zollsatz als Voraussetzung für die Abgabenberechnung festgeschrieben, vielmehr richtet sich die Höhe des Zolls nach dem zum jeweiligen Einfuhrzeitpunkt gültigen Zollsatz, der während der Gültigkeitsdauer der verbindlichen Zolltarifauskunft (Art. 12 Abs. 4 S. 1 ZK) erheblich variieren kann. Im Übrigen kann der Berechtigte der Wirkung der verbindlichen Zolltarifauskunft jedenfalls nach heutiger Rechtslage unproblematisch entgehen, indem er von ihr schlicht keinen Gebrauch macht. Insofern entfaltet sie keine Rechtsfolgen, die vollzogen werden könnten.
Und dann kommt der zweite Fehler der Antragstellerin:
Zudem fehlt es an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 69 Abs. 4 FGO, wonach der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzgericht nur zulässig ist, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Ohne vorangegangenes Verwaltungsverfahren ist der Antrag nur zulässig, wenn die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder eine Vollstreckung droht. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.
Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 20.02.2014 – 4 V 140/13