Der Bundesfinanzhof hatte über die Frage zu entscheiden, wann bei der Veräußerung einer zur Vermietung an Feriengäste genutzten Immobilie eine Geschäftsveräußerung vorliegt.
In dem konkreten Fall erwarb die Klägerin 2003 steuerpflichtig eine Wohnung, die sie in der Folgezeit über einen Vermittler steuerpflichtig an ständig wechselnde Feriengäste vermietete. Im Streitjahr (2007) veräußerte die Klägerin die Wohnung an einen Erwerber. Regelungen zur Umsatzsteuer enthielt der Kaufvertrag nicht. Im Zeitpunkt der Lieferung war die Ferienwohnung nicht vermietet. Die Wohnung war ohne Möbel, aber mit Einbauküche zu übergeben. Der Erwerber beauftragte mit der Suche nach Mietern denselben Vermittler, der bereits zuvor für die Klägerin tätig gewesen war.
Das beklagte Finanzamt ging von einer steuerfreien Grundstückslieferung aus, die gemäß § 15a UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung zu einer Berichtigung des beim Erwerb in 2003 in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs geführt habe.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage statt. Eine Vorsteuerberichtigung sei nicht vorzunehmen, da es sich um eine Geschäftsveräußerung gehandelt habe. Es sei nicht erforderlich gewesen, dass der Erwerber den Vermittlungsvertrag unmittelbar übernommen habe. Es sei auch nicht notwendig, die Geschäftsveräußerung im Kaufvertrag zu erwähnen. Es reiche aus, dass die Absicht des Erwerbers der Wohnung zur Fortführung eines Vermietungsunternehmens durch sein tatsächliches Verhalten zum Ausdruck gekommen sei.
Die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamtes hat der Budnesfinanzhof nun zurückgewiesen.
Wie das Finanzgericht zutreffend entschieden hat, liegt nämlich eine Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Abs. 1a UStG vor, so dass eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG nicht vorzunehmen ist.
Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Umsatzsteuer.
§ 1 Abs. 1a UStG setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. § 1 Abs. 1a UStG dient der Umsetzung von Art. 19 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in nationales Recht und ist entsprechend dieser Bestimmung richtlinienkonform auszulegen. Danach können die Mitgliedstaaten “die Übertragung des Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen”.
Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG entsprechend dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 27.11.2003 die Übertragung eines Geschäftsbetriebs oder eines selbständigen Unternehmensteils voraus, der als Zusammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bildet, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann. Der Erwerber muss die Unternehmensfortführung beabsichtigen, so dass das übertragene Vermögen die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglicht. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist zu entscheiden, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln.
Bei Grundstücksgeschäften führt die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks zu einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG, da durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Miet- oder Pachtvertrag ein Vermietungs- oder Verpachtungsunternehmen übernommen wird. Dementsprechend ist nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 11.10.2007 die Veräußerung eines Gebäudes ohne Übergang eines Mietvertrags im Regelfall keine Geschäftsveräußerung. Denn die Übertragung eines unvermieteten Grundstücks führt nicht zur Übertragung eines Unternehmensteils, mit dem eine selbständige Tätigkeit fortgeführt werden kann, sondern zur Übertragung eines einzelnen Vermögensgegenstandes. Fehlt es an weiteren Faktoren wie z.B. einer bestehenden Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks, liegt daher keine Geschäftsveräußerung vor.
In Übereinstimmung hiermit hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Streitfall erfüllt sind. Ohne Rechtsverstoß konnte das Finanzgericht hierfür insbesondere auf die Übereinstimmung der vor und nach der Lieferung ausgeübten Vermietungstätigkeit abstellen. Zwar hat die Lieferung des Grundstücks nicht zu einem unmittelbaren Übergang eines Mietverhältnisses geführt. Dem kommt indes bei der Frage, ob die Lieferung einer zur Vermietung bestimmten Ferienwohnung zu einer Geschäftsveräußerung führt, eine geringere Bedeutung als in anderen Fällen zu. Insoweit ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass Ferienwohnungen nicht zur langfristigen, sondern zur wiederholten kurzfristigen Vermietung bestimmt sind, so dass aus vorübergehenden Leerständen nicht auf eine Unterbrechung oder Beendigung der Vermietungstätigkeit zu schließen ist. Das Abstellen auf eine Vermietung im Zeitpunkt der Lieferung würde mithin zu Zufallsergebnissen führen. Zudem konnte für die Annahme einer Geschäftsveräußerung auch berücksichtigt werden, dass der Erwerber der Wohnung denselben Feriengastvermittler für den Abschluss von Mietverträgen beauftragte wie die Klägerin.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.06.2014 – V R 10/13