Dieser Auffassung einer Klägerin erteilte das Finanzgericht Münster nun eine Absage. Die Klägerin hatte sich dagegen gewandt, dass ihr Hummer HMC 4 (dieser Fahrzeugtyp basiert auf dem Hummer M998) kraftfahrzeugsteuerrechtlich als PKW behandelt wurde.
Das Finanzgericht Münster hat die Klage abgewiesen, da diese Einstufung als PKW zutreffend ist.
Das KraftStG enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs „PKW“. § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG verweist lediglich auf die “jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften”, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die verkehrsrechtlichen Vorschriften enthalten ebenfalls keine ausdrücklichen Bestimmungen des Begriffs des PKW. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt ein eigenständiger kraftfahrzeugsteuerrechtlicher PKW-Begriff zugrunde. Danach ist ein PKW ein Fahrzeug mit vier oder mehr Rädern, das nach seiner Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt ist.
Die Abgrenzung zwischen LKW und PKW ist nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind von der Rechtsprechung z.B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers anerkannt worden.
Der Eignung und Bestimmung zur Personenbeförderung steht es grundsätzlich nicht entgegen, dass Fahrzeuge neben der Beförderung von Personen auch dem Transport von Gepäck oder anderer Güter im privaten oder gewerblichen Bereich dienen oder zu dienen bestimmt sind, wie dies z.B. bei Kombinationskraftwagen der Fall ist. Bestandteil des Regelungsplans des historischen Gesetzgebers war es nämlich, unter bestimmten Voraussetzungen auch solche Kraftfahrzeuge als PKW zu bezeichnen, die nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, nicht nur Personen (einschließlich ihres üblichen Gepäcks) zu befördern, sondern einem weiteren Hauptzweck zu dienen.
Es ist daher anhand von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs zu beurteilen, ob ein LKW oder ein PKW vorliegt. Hierzu ist unter Berücksichtigung aller Merkmale die objektive Beschaffenheit des jeweiligen Fahrzeugs zu bewerten. Kein Merkmal kann dabei als alleinentscheidend angesehen werden; dies schließt nicht aus, dass einzelne Merkmale ein besonderes Gewicht haben und eine Zuordnung als PKW oder LKW nahelegen können.
Bei Fahrzeugen mit geschlossener Fahrgastkabine und offener Ladefläche, sogenannten Pickup-Fahrzeugen, kommt nach ständiger Rechtsprechung neben den anderen technischen Merkmalen der Größe der Ladefläche eine besondere, wenn auch nicht allein ausschlaggebende Bedeutung zu. Nach der Größe der Ladefläche lässt sich nämlich beurteilen, ob die Möglichkeit einer Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Im Interesse praktikabler Zuordnungsmaßstäbe und der um der Rechtssicherheit willen geforderten Vorhersehbarkeit kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Zuordnungen hat die Rechtsprechung es für gerechtfertigt erachtet, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht.
Diese Rechtsprechung führt jedoch nicht dazu, dass in den Fällen, in denen die Ladefläche größer als die für die Personenbeförderung vorgesehene Fläche ist, umgekehrt typisierend von der Eigenschaft des Fahrzeugs als LKW auszugehen ist. In diesen Fällen erfolgt die Abgrenzung vielmehr nach den allgemeinen Kriterien. Dabei ist die Größe der Ladefläche und ihr Verhältnis zur Fläche für die Personenbeförderung nur ein Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtabwägung, dem allerdings umso größere Bedeutung zukommt, je deutlicher die Ladefläche die Fläche für die Personenbeförderung überwiegt. Überwiegt die Ladefläche die zur Personenbeförderung indes nur unwesentlich, spricht dies eher dafür, dass das Fahrzeug nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist. In die Berechnung der Ladefläche sind alle Flächen einzubeziehen, die geeignet sind, eine Ladung zu transportieren. Dazu gehören regelmäßig auch Ausbeulungen in den Laderaum, z.B. für Radkästen, die aufgrund ihres Abstandes zum oberen Rand der Ladekante und bei gegebener Belastbarkeit noch als Ladefläche (z.B. für Schüttgut oder für flache Gegenstände) genutzt werden können.
Gemessen an dieser Maßstäben, kann der Hummer nicht als LKW eingeordnet werden:
Das vorliegende Fahrzeug ist nach seiner Konzeption als ein taktisches Militärfahrzeug anzusehen. Mit ihm können Lasten und/oder Personen in und zu Einsatzgebieten transportiert werden. Das Fahrzeug lässt in seiner Grundkonstruktion eine Verwendung als reines Lastfahrzeug ebenso zu, wie als Mannschaftswagen für acht Personen. Mit Sonderaufbauten ist auch eine Verwendung als Waffenträger oder als Panzerfahrzeug möglich. Es ist, wie die Grundbezeichnung der militärischen Version schon besagt, als High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle, also universell verwendbares Radfahrzeug, konstruiert worden.
Bei der von der Klägerin verwendeten Version handelt es sich um eine Version mit 4 Sitzen, Ladefläche und einem fest eingefügten, geschlossenen Aufbau. Das Fahrzeug entspricht somit im Grundsatz der Karosserieform eines Pickup-Fahrzeuges. Daher sind für die von der Klägerin verwendete Variante des Hummer die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Abgrenzung von Lkw und Pkw anwendbar.
Nach diesen handelt es sich bei dem Fahrzeug der Klägerin um einen PKW. Dafür spricht zunächst maßgeblich, dass die Ladefläche kleiner ist als die der Personenbeförderung zuzurechnende Ladefläche. Nach den vom Gericht festgestellten Maßen weist die Ladefläche inklusive der Radkästen eine Grundfläche von 2,14 m x 1,11 m, also 2,38 m2 auf. Die Fläche der Personenkabine beträgt 1,94 m x 1,95 m, also 3,78 m2.
Diese Werte sind auch ohne weitere Korrektur gegenüberzustellen. Dabei lässt das Gericht zu Gunsten der Klägerin offen, ob im vorliegenden Einzelfall die Radkästen mit zur Ladefläche gezählt werden können. Dagegen spricht, dass sie selbst nicht mehr von einem Rand umgeben sind, also selber die Begrenzung der Ladefläche bilden. Sie können also nur mit zusätzlichen Sicherungsmaßnahme beladen werden, eine Beladung mit Schüttgütern dürfte nur mit zusätzlichen Anbauten möglich sein.
Dies konnte jedoch dahinstehen. Denn selbst der damit maximal anzunehmenden Ladefläche von 2,38 m2 steht eine um 1,4 m2 größere, der Personenbeförderung dienende Fläche von 3,78 m2 gegenüber. Diese ist nicht um die Fläche des sogen. Mitteltunnels zu korrigieren. Dieser nimmt mit einer Breite von 0,81 m und einer Länge von 1,81 m (wenn man nur die Länge bis zum Beginn der sich am Ende des Mitteltunnels befindenden Abdeckplatte rechnet: 1,61 m) eine Fläche von 1,466 m² (bzw. 1,30 m²) ein. Dieser Mitteltunnel ist Bestandteil des Innenraums. Die Oberfläche des Mitteltunnels stellt sich im klägerischen Fahrzeug als eine ebene, glatte Fläche dar. Im militärischen Bereich kann sie zum Aufbau militärischer Ausrüstung wie z. B. einer Funkanlage, als Standplatz eines Schützen für ein eventuelles Bordgeschütz oder zur Ablage von Ausrüstungsgegenständen der Mitfahrer verwendet werden. Beides setzt aber dauerhafte Ein- oder Umbauten voraus. Solche sind im Fahrzeug der Klägerin nicht installiert; Vorrichtungen zum Lastentransport sind nicht vorhanden. Schwere Güter können darauf nicht abgelegt werden, ohne dass sie während der Fahrt Passagiere oder Fahrer gefährden würden. Mit ihrer Höhe von 42 cm über dem Bodenblech bietet sich der Mitteltunnel den Mitreisenden – in dem ansonsten unkomfortabel gestalteten Innenraum – auch als Armablage an und schafft seitliche Bewegungsfreiheit für Fahrer- und Beifahrer. In der von der Klägerin verwendeten Version des Fahrzeuges erweist sich der Mitteltunnel daher als funktionaler Bestandteil des Passagierraums, der auch nicht quotal als Ladefläche zu berücksichtigen ist.
Die Ladefläche ist auch nicht, so das Finanzgericht Münster weiter, um die Dachfläche der Personenkabine zu vergrößern. Zwar kann diese faktisch durchaus beladen werden. Dauerhafte Umbauten hierzu sind jedoch nicht erfolgt. Sie dient vorzugsweise der Abdeckung des Fahrgastraums.
Mit der Konstruktion der Vorderachse, der Geländegängigkeit und der Wattfähigkeit spricht die Klägerin konstruktive Merkmale an, die das Fahrzeug für Einsätze in unwegsamem Gelände qualifizieren. Dies sagt jedoch nichts über die Abgrenzung von PKW und LKW aus.
Für die Auslegung des Fahrzeuges zum Lastentransport spricht – neben dem Vorhandensein einer Ladefläche – zwar die spartanische Innenausstattung des Fahrzeuges i.V.m. dem außerordentlich geringen Fahrkomfort im Hinblick auf Sitzposition und Geräuschentwicklung. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein im Auftrag der Streitkräfte entwickeltes Militärfahrzeug handelt, welches letztlich dazu dient, seine Funktion insbesondere auch im Falle eines Kampfeinsatzes zu erfüllen. Solches Kriegsgerät ist bereits seiner Natur nach regelmäßig wenig komfortabel ausgestattet. Vielmehr stehen hier Zweckmäßigkeit und Effizienz im Vordergrund. Bei von vornherein zu militärischen Zwecken konstruierten Fahrzeugen sagt geringer Komfort im Innenraum daher wenig über die Fahrzeugart aus. Vielmehr sind auch Militärfahrzeuge, die zur Personenbeförderung verwendet werden, in der Regel wenig komfortabel. Der geringe Komfort des klägerischen Fahrzeugs vermag daher nicht zu einer Bewertung als Lkw zu führen.
Letztlich spricht auch nicht die behauptete Zuladungskapazität für dessen Eigenschaft als Lkw. Das Fahrzeug weist nach Angaben der Klägerin ein Leergewicht von 2364 kg auf. Nach Angaben der Klägerin ist es mit weiteren 2318 kg zu beladen. Dies würde zu einer Zulassungskapazität von 49,5 % des Gesamtgewichts führen und damit für eine Klassifizierung als Lkw sprechen. Allerdings ist sowohl im Fahrzeugbrief als auch in der Zulassungsbescheinigung Teil I das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs mit 3.500 kg bei einem Leergewicht von 2.590 kg angegeben. Diese Angaben sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG für steuerliche Zwecke verbindlich. Damit ist bis zu einer Veränderung dieser Eintragung durch Auf-oder Ablastung von einer Zulassungskapazität des Fahrzeugs von 910 kg, also 26 % des zulässigen Gesamtgewichts auszugehen. Dieser Wert kann nur als gering angesehen werden.
Eine andere steuerliche Behandlung des Fahrzeuges ergibt sich auch nicht aus der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Novellierung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes, nachfolgend KraftStG n. F.. Zwar sind danach für die Einordnung eines Fahrzeugs als PKW oder LKW gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 „KraftStG n. F“. die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich. Führen die Feststellungen der Zulassungsbehörden hinsichtlich der Fahrzeugklassen und Aufbauarten jedoch zu einer niedrigeren Steuer als unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2a in der am 01.07 2010 geltenden Fassung, ist nach § 18 Abs. 12 KraftStG n. F. aber weiterhin der Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anzuwenden. Dies ist hier der Fall: Bei Anwendung neuen Rechts ergäbe sich für das klägerische Fahrzeug ein Steuersatz nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG n. F. von 12,78 je 200 Kilogramm Gesamtgewicht oder einen Teil davon von dem Gesamtgewicht. Dies führte zu einer niedrigeren Steuer als der nach § 2 Abs. 2a KraftStG vom Beklagten für das Fahrzeug des Klägers rechnerisch zutreffend festgesetzten. Daher wäre nach 18 Abs. 12 KraftStG n. F. die Besteuerung mit dem Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG vorzunehmen.
Da sich bei Anwendung der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Neuregelung im Streitfall keine Änderung ergeben würde, kann offen bleiben, ob diese überhaupt auf zurückliegende Besteuerungszeiträume anwendbar ist.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 13.06.2013 – 13 K 3612/09