Der Bundesfinanzhof hatte sich im Rahmen eines Antrages auf Aussetzung der Vollziehung von Umsatzsteuerbescheiden mit der Thematik der Umkehrung der Steuerschuldnerschaft (“Reverse charge”) im Baubereich zu entscheiden.
Der in der Schweiz ansässige Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) ist Einzelunternehmer und als Bauträger tätig.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass der Antragsteller im Inland drei Mehrfamilienhäuser mit 30 Wohnungen erstellen ließ, von denen er 28 vor der Fertigstellung veräußert habe. Insoweit lägen Werklieferungen vor, so dass der Antragsteller für die von ihm bezogenen Bauleistungen Steuerschuldner nach § 13b Abs. 5 S. 2 UStG sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Lieferung der Wohnungen nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei gewesen sei. Der Antragsteller sei aus den von ihm bezogenen Leistungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dementsprechend setzte das Finanzamt gemäß § 164 AO Umsatzsteuer in Höhe von 116.782,33 EUR (2009) und 55.483,19 EUR (2010) fest. Die nicht streitige Umsatzsteuer belief sich dabei auf 45.912,33 EUR (2009) und 55.483,19 EUR (2010). Der Antragsteller legte hiergegen Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist.
Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte zunächst das Finanzamt und dann das Finanzgericht als unbegründet ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.
Die gemäß § 128 Abs. 3 FGO zulässige Beschwerde hatte beim Bundesfinanzhof Erfolg.
Nach § 128 Abs. 3 i.V.m. § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 S. 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen.
Entgegen dem Beschluss des Finanzgerichts bestehen ernstliche Zweifel an einer Steuerschuldnerschaft des Antragstellers gemäß § 13b Abs. 5 S. 2 UStG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung.
Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22.08.2013 ist § 13b Abs. 2 S. 2 UStG entgegen Abschn. 182a Abs. 11 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2005 einschränkend dahingehend auszulegen, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen i.S. des § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm erbrachten steuerbaren Umsätzen kommt es entgegen Abschn. 182a Abs. 10 UStR 2005 nicht an. Danach ist ein Bauträger nicht Steuerschuldner gemäß § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG, wenn er eine von ihm bezogene bauwerksbezogene Werklieferung für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen, nicht aber zur Erbringung einer eigenen bauwerksbezogenen Werklieferung verwendet.
Im Streitfall hat der Antragsteller die von ihm bezogenen bauwerksbezogenen Leistungen als Bauträger für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen verwendet. Es ist daher zumindest ernstlich zweifelhaft, ob er gemäß § 13b Abs. 5 S. 2 UStG in seiner in den Streitjahren geltenden Fassung Steuerschuldner für bauwerksbezogene Leistungen ist, die er als Leistungsempfänger bezogen hat.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.02.2014 – V B 2/14