Der Empfang von Trinkgeldern führt immer wieder zu steuerrechtlichen Fragen.
Der Bundesfinanzhof hat nun entschisden, dass freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an die Saalassistenten einer Spielbank für das Servieren von Speisen und Getränken steuerfreie Trinkgelder i.S. des § 3 Nr. 51 EStG sein können, wobei die Steuerfreiheit nicht dadurch entfällt, dass der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist. Mit der Entscheidung knüpft der Bundesfinanzhof an seine bisherige Rechtsprechung zum Trinkgeldbegriff an. So stellt er darauf ab, dass es sich bei den von den Spielbankkunden neben dem Rechnungsbetrag gegebenen Geldern um freiwillige Zahlungen handelt, auf die kein Rechtsanspruch bestand.
In dem entschiedenen Fall war der Kläger als Saalassistent mit dem Bedienen der Gäste im Spielsaal und im gesonderten Raucherraum betraut. Er übt eine Art Kellnertätigkeit aus. Er ist damit insbesondere nicht Teil des spieltechnischen Personals, wie etwa die Croupiers (Kassierer) gemäß §§ 3, 4 Abs. 1 Buchst. A RTV. Die Vergütung seiner Tätigkeit ist im RTV und im Tronc- und Gehaltstarifvertrag geregelt.
Freiwillige Zuwendungen von Besuchern der Spielbank A an die Saalassistenten, die diese im Rahmen ihrer Kellnertätigkeit erhalten, bezeichnet § 3 Abs. 2 TGTV als Trinkgelder, die durch eine besondere Serviceleistung entstehen und nicht zum Troncaufkommen i.S. von § 3 Abs. 1 TGTV gehören. Nach § 3 Abs. 2 TGTV werden diese Trinkgelder arbeitstäglich erfasst. Sie sind nach § 4 Abs. 2 TGTV ausschließlich zugunsten der Saalassistenten zu verwenden. Aus dem Aufkommen erhalten diese monatlich vorab einen pauschalen Anteil in Höhe von 102,26 EUR. Der Restbetrag wird nach dem in der Anlage zum TGTV geregelten Punktesystem, das sich nach der Länge der Betriebszugehörigkeit richtet, auf die Saalassistenten verteilt (§ 7 Abs. 4 TGTV) und mit der monatlichen Lohnabrechnung ausgezahlt. Eine Verteilung nach geleisteten Arbeitstagen/-stunden oder nach erwirtschaftetem Trinkgeldanteil ist nicht vorgesehen. Auch erfolgen keine Kürzungen für Abwesenheit wegen Urlaubs oder Krankheit. Im Streitjahr erhielt der Kläger auf diese Weise Zahlungen in Höhe von 2.906,49 EUR, die die Spielbank als steuerfreies Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG behandelte.
Das beklagte Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass dem Kläger die genannten Beträge für Trinkgeld zu Unrecht steuerfrei ausbezahlt worden seien.
Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Auffassung des Finanzamtes. Die Revision des Klägers hatte Erfolg.
Die von den Spielbankbesuchern an die Saalassistenten für deren Serviceleistungen (Servieren von Getränken und Speisen) gegebenen Gelder, die von der Spielbank verwahrt und anschließend an die Saalassistenten wieder ausgezahlt werden, sind nämlich nach Auffassung des Bundesfinanzhofs steuerfreie Trinkgelder im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG.
Zum Arbeitslohn gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG gehören nach ständiger Rechtsprechung alle Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten, wenn diese ein Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht.
Danach waren die streitigen Zahlungen der Spielbankbesucher an die Saalassistenten Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG.
Dieser Arbeitslohn ist gemäß § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei.
Nach § 3 Nr. 51 EStG sind ohne betragsmäßige Begrenzung Trinkgelder steuerfrei, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist Trinkgeld i.S. des § 3 Nr. 51 EStG eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung, die eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraussetzt. Trinkgeld ist eine freiwillige und typischerweise persönliche Zuwendung an den Bedachten als eine Art honorierende Anerkennung seiner dem Leistenden gegenüber erwiesenen Mühewaltung in Form eines kleineren Geldgeschenkes. Zum Begriff des Trinkgelds gehört es demnach, dass in einem nicht unbedingt rechtlichen, jedenfalls aber tatsächlichen Sinne Geldfluss und honorierte Leistung korrespondierend einander gegenüberstehen, weil die durch die Zuwendung „belohnte“ Dienstleistung dem Leistenden unmittelbar zugutekommt. Faktisch steht der Trinkgeldempfänger damit in einer doppelten Leistungsbeziehung und erhält korrespondierend dazu auch doppeltes Entgelt, nämlich das Arbeitsentgelt seitens seines Arbeitgebers und das Trinkgeld seitens des Kunden. Der Trinkgeldbegriff ist durch den allgemeinen Sprachgebrauch geprägt und erfasst insbesondere die Zuwendungen an Arbeitnehmer, bei denen Trinkgelder traditionell einen flankierenden Bestandteil der Entlohnung darstellen.
Diesen Grundsätzen entsprechend sind die von den Spielbankkunden an die Saalassistenten für das Servieren von Getränken und Speisen erbrachten Zahlungen steuerfreie Trinkgelder im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG.
Bei den von den Spielbankkunden neben dem Rechnungsbetrag gegebenen Geldern handelt es sich um freiwillige Zahlungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Denn ob die Spielbankkunden Trinkgeld geben, liegt in ihrem Ermessen. Einen Rechtsanspruch darauf, neben dem eigentlichen Arbeitslohn anknüpfend an die eigene Arbeitsleistung Trinkgelder in bestimmter Höhe zu erhalten, haben die Saalassistenten nicht. Der tarifvertragliche Zahlungsanspruch gegen die Spielbank A aus § 7 Abs. 4 TGTV regelt lediglich die Verteilung und Auskehrung der bereits von den Spielbankkunden geleisteten Trinkgelder.
Anders als in den vom Bundesfinanzhof bereits entschiedenen Tronc-Fällen ist im Streitfall eine für ein steuerfreies Trinkgeld im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG typische persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung zwischen den Saalassistenten und den Spielbankkunden zu bejahen und es besteht auch kein gesetzliches Trinkgeldannahmeverbot. Denn als Saalassistent gehört der Kläger zu einer eigenen Arbeitnehmergruppe (§ 3 Abs. 1 Buchst. E RTV) und unterliegt als solcher nach § 11 Abs. 3 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken in Berlin (SpBG) nicht dem in § 11 Abs. 1 SpBG geregelten Verbot der Annahme von Trinkgeldern, das etwa für Croupiers (Kassierer) gilt und insbesondere die Ordnungsmäßigkeit des staatlich geregelten Spielbankbetriebs gewährleisten soll. Bei der von den Saalassistenten ausgeübten Kellnertätigkeit ist die Annahme von Trinkgeldern hingegen weder gesetzlich noch (tarif-)vertraglich untersagt. Der Tarifvertrag geht in den §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 2 TGTV vielmehr ausdrücklich davon aus, dass den Saalassistenten von den Spielbankkunden Trinkgeld gegeben werden darf und dieses Trinkgeld den Saalassistenten nach Maßgabe des tarifvertraglichen Verteilungsschlüssels auch zu Gute kommen soll.
Die Steuerbefreiung für diese Art der Tätigkeit entspricht auch dem Regelungszweck des § 3 Nr. 51 EStG, den Niedriglohnsektor zu entlasten und die Besteuerung zu vereinfachen. Der Umstand, dass diese Tätigkeit im Rahmen eines Spielbankbetriebs ausgeübt wird, ist insoweit unerheblich.
Die Zuwendungen der Spielbankkunden an die Saalassistenten für deren Serviceleistungen unterliegen auch dann nicht der Lohnsteuer, wenn der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Gelder eingeschaltet ist. Auch in dieser Konstellation liegt die Zuwendung eines Dritten und nicht die des Arbeitgebers vor.
§ 3 Nr. 51 EStG setzt voraus, dass die Trinkgelder „dem Arbeitnehmer von Dritten“ gegeben werden. Allerdings muss der Dritte nicht unmittelbar an den Arbeitnehmer leisten. Entscheidend ist vielmehr, dass die Leistung nicht vom Arbeitgeber, sondern von einem Dritten stammt. So verhält es sich im Streitfall. Denn die Spielbank A erfasst nach § 3 Abs. 2 TGTV lediglich die von den Spielbankkunden an die Saalassistenten für deren Serviceleistungen gegebenen Gelder, die nach § 4 Abs. 2 TGTV ausschließlich zugunsten der Saalassistenten verwendet werden dürfen. Die Saalassistenten haben gegen die Spielbank A aus § 7 Abs. 4 TGTV einen Anspruch auf Überlassung der Gelder nach Maßgabe des tarifvertraglich geregelten Verteilungsschlüssels. Die Spielbank A verteilt und zahlt nach Maßgabe dieses Schlüssels daher kein eigenes Geld, sondern das der Spielbankbesucher.
Dieses Verteilungssystem ist vergleichbar mit einer „Poolung von Einnahmen“, wie sie beispielsweise bei Richtfestgeldern vorliegt oder in anderen Fällen, in denen Trinkgelder in eine gemeinsame Kasse eingezahlt und anschließend aufgeteilt werden, z.B. beim Friseurgewerbe oder Gaststättenbereich bei zentraler Kasse. Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass das Trinkgeld den Arbeitnehmern in ihrer Gesamtheit gegeben wird, so dass sie entweder originär Miteigentum am Inhalt der Trinkgeldkasse erwerben, jedenfalls aber gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Überlassung des Inhalts der Trinkgeldkasse haben.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.06.2015 – VI R 37/14