martina heck

02.01.2013

Steuerliche Geltendmachung eines beruflichen Unfallschadens und telefonische Auskünfte des Finanzamtes

Der Bundesfinanzhof hatte in einer nun veröffentlichten Entscheidung über zwei Dinge zu entscheiden:

Auf der einen Seite ging es um die Frage, welchen Betrag ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger als Werbungskosten abziehen kann, wenn er mit seinem privaten PKW auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall erleidet und das Unfallfahrzeug in nicht repariertem Zustand veräußert.

Auf der anderen Seite hatte der Bundesfinanzhof darüber zu befinden, welche Auswirkungen eine unzutreffende telefonische Auskunft  des Sachbearbeiters des Finanzamtes hat.

1.

Zu der ersten Frage hat der Bundesfinanzhof entschieden, daß sich der als Werbungskosten abziehbare Betrag nach der Differenz zwischen dem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert vor dem Unfall und dem Veräußerungserlös bemisst.

Erleidet nämlich ein nichtselbständig tätiger Steuerpflichtiger mit seinem privaten PKW auf einer Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Unfall, so kann er den dadurch entstandenen Schaden zwar als – durch die Einkünfteerzielung aus nichtselbständiger Arbeit veranlassten – Fahrtaufwand nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abziehen. Dieser Abzug ist aber – wenn das Fahrzeug nach dem Unfall unrepariert veräußert wird – nicht mit der Differenz zwischen den Wiederbeschaffungswerten für den PKW vor und nach dem Unfall zu bemessen, sondern mit der Differenz zwischen dem rechnerischen Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver Absetzung für Abnutzung -AfA-) und dem Veräußerungserlös.

Dies folgt aus der Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG zur Abziehbarkeit von “Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung und erhöhte Absetzungen” als Werbungskosten.

Die Vorschrift nimmt damit zum einen für die AfA auf § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG Bezug; danach ist bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung zur Einkünfteerzielung sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr – wie bei Kraftfahrzeugen – erstreckt, jeweils für ein Jahr (nur) der Teil der Anschaffungs- und Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt.

Zum anderen nimmt sie durch ihren Verweis auf “erhöhte Absetzungen” auf die Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 6 EStG (heute § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG) zur Zulässigkeit einer AfaA Bezug.

Diese AfaA ist aufgrund des systematischen Zusammenhangs mit der AfA-Regelung in Satz 1 der Vorschrift nach dem Wert zu bestimmen, um den der im Jahr des Schadenseintritts vorhandene Restbuchwert des geschädigten Wirtschaftsguts durch das schädigende Ereignis gemindert wird. Für ein bereits nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG abgeschriebenes Kfz – wie das im Streitfall betroffene Fahrzeug – kommt danach eine AfaA nicht mehr in Betracht.

Dementsprechend ist die Höhe des steuerlich absetzbaren Unfallschadens auch im Streitfall, in dem es um ein Kfz des Privatvermögens geht, nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 Satz 6 (heute Satz 7) EStG mit der Differenz zwischen dem rechnerisch ermittelten fiktiven Buchwert vor dem Unfall (Anschaffungskosten abzüglich fiktiver AfA) und dem Wert des Fahrzeugs nach dem Unfall zu bemessen.

Die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach die Differenz zwischen Zeitwert vor und nach dem Unfall als Werbungskosten abgezogen werden konnte ist mithin durch neuere Rechtsprechung auch im Bereich der Überschusseinkünfte überholt.

2.

Zu der zweiten Frage hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass eine telefonische Auskunft einer Sachbearbeiterin des Finanzamtes keine Bindungswirkung gegenüber dem Steuerpflichtigen auslöst.

In dem entschiedenen Fall hatte die Sachbearbeiterin des Finanzamtes telefonisch mitgeteilt, die Kosten nach dem Kfz-Unfall in Höhe von 8.000 DM seien als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar, was die Kläger ihrem Steuerbescheid zugrunde gelegt wissen wollten. Verneine man die Bindung des Finanzamtes an die Auskunft, so die Kläger, müssten die Unfallkosten zumindest aufgrund des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs als Werbungskosten anerkannt werden.

Der Bundesfinanzhof verneinte beide Argumente und stellte fest, dass eine von der oben dargestellten Rechtsprechung abweichende Bemessung des erlittenen Schadens nach Maßgabe der früheren Rechtsprechung könnten die Kläger weder aufgrund einer unzutreffenden telefonischen Auskunft der Sachbearbeiterin des Finanzamtes noch aufgrund eines Folgenbeseitigungsanspruchs geltend machen.

Für eine Bindung des Finanzamtes an die telefonische Auskunft seiner Sachbearbeiterin fehlt es hier schon an der nach ständiger Rechtsprechung erforderlichen Erteilung der Auskunft durch den zuständigen Sachgebietsleiter oder Vorsteher des Finanzamts. Die Zuständigkeit des handelnden Bediensteten oder der handelnden Behörden hat der Bundesfinanzhof als Voraussetzung für die Bindungswirkung von Auskünften oder Zusagen auch in jüngerer Zeit unverändert für notwendig erachtet.

Ein Folgenbeseitigungsanspruch, wie ihn die Kläger hilfsweise geltend gemacht hatten, entsteht, wenn durch hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist; er ist auf die Wiederherstellung des ursprünglichen rechtmäßigen Zustands gerichtet.

Aufgrund dieser Beschränkung auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands kann der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch in Bezug auf eine fehlerhafte Auskunft allenfalls auf die Wiederherstellung des vor der falschen Auskunft bestehenden Zustands gerichtet sein.

Dieser Zustand wäre die Stellung des Klägers als Eigentümer eines nach dem Unfall unreparierten Kfz mit der Gelegenheit zur Durchführung der notwendigen Reparaturen. Dieser Zustand ist indessen nach Weiterveräußerung des Kfz an Dritte nicht mehr wiederherstellbar, so dass der Folgenbeseitigungsanspruch schon aus diesem Grund nicht in Betracht kommt.

Einen darüber hinausgehenden “finanzrechtlichen Herstellungsanspruch” wie im Sozialrecht gibt es im Steuerrecht nicht.

In Betracht käme deshalb allenfalls ein Schadensersatzanspruch wegen einer vermeintlichen Amtspflichtverletzung (Art. 34 des Grundgesetzes i.V.m. § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Ein solcher Anspruch wäre jedoch vor den Zivilgerichten, nicht aber vor den Finanzgerichten geltend zu machen.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.08.2012 – VIII R 33/09