Das Finanzgericht München hatte in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren darüber zu entscheiden, ob Saunaleistungen eines Fitnessstudios dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.
Im Rahmen einer bei der Antragstellerin (Fitnessstudio) durchgeführten Außenprüfung wurde festgestellt, dass sie ihre Umsätze aus der Saunabenutzung der Kunden dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterworfen hatte. Da die Leistungen der Antragstellerin im Bereich Fitness und Sauna nach dem Ergebnis der Außenprüfung aber als einheitliche Leistung zu qualifizieren und daher insgesamt dem Regelsteuersatz zu unterwerfen waren, setzte der Antragsgegner (das Finanzamt) die Umsatzsteuer für die betreffenden Jahre herauf.
Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das Finanzamt als unbegründet zurück. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ab.
Mit dem bei Gericht gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat die Antragstellerin im Wesentlichen Folgendes vorgebracht: Die Antragstellerin biete in ihrem Fitnessstudio den Kunden neben einem Gesamtabonnement für das gesamte Fitnessstudio Eintrittskarten auch nur für den Fitnessbereich oder für den Saunabereich an. Insoweit würden voneinander unabhängige und abgrenzbare Leistungen angeboten. Es sei unerheblich, dass die einzelnen Leistungen auf einem einheitlichen Vertrag beruhten und für sie ein Gesamtentgelt entrichtet werde. Im Übrigen lägen keine einheitlichen Verträge vor, sondern innerhalb der Verträge würden einzelne Leistungskomponenten angeboten. Da der Kunde beim Empfang gefragt werde, welche Leistung er haben wolle, läge auch aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers keine einheitliche Leistung vor. Der von der Antragstellerin angebotene Saunabereich sei ein eigenständiger besonderer Bestandteil, der sich von den klassischen Saunabereichen in Fitnessstudios maßgeblich unterscheide.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen nach Auffassung des Finanzgerichts München keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 FGO an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide, und zwar aus folgenden Erwägungen:
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie die Verabreichung der Heilbäder. Diese Voraussetzungen sind bei einer bloßen Saunanutzung nicht erfüllt, denn die Verabreichung eines Heilbads muss der Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen. Hiervon kann bei einer Sauna in einem Fitnessstudio regelmäßig aber keine Rede sein, da sie lediglich dem allgemeinen Wohlbefinden dient. Der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG für die Nutzung einer Sauna gilt nur dann, wenn der Saunabesuch ärztlich verordnet worden ist. Dies ist vorliegend aber weder ersichtlich noch vorgetragen.
Es kann deshalb dahinstehen, ob die streitgegenständlichen Saunaleistungen Teil einer einheitlichen Leistung der Antragstellerin oder als selbstständige Leistungen zu bewerten sind. Denn auch wenn sie als selbständige Leistungen anzusehen sind, unterliegen sie nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG. Die Antragstellerin kann sich nicht auf den Nichtanwendungserlass der Finanzverwaltung vom 20.03.2007 und Abschn. 171 Abs. 3 UStR 2005 bzw. Abschn. 12.11. Abs. 4 UStAE berufen, denn eine von der Rechtsprechung abweichende Verwaltungsanweisung ist bei der Entscheidung durch das Gericht grundsätzlich unbeachtlich. Norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, die – wie vorliegend Abschn. 171 Abs. 3 UStR 2005 bzw. Abschn. 12.11. Abs. 4 UStAE – die gleichmäßige Auslegung und Anwendung des Rechts sichern sollen, können im Allgemeinen weder eine einer Rechtsnorm vergleichbare Bindung aller Rechtsanwender noch eine Bindung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben herbeiführen. Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht nur als Ausfluss von Art. 3 Abs. 1 GG ausnahmsweise in dem Bereich der der Verwaltung vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit und der Typisierung oder Pauschalierung. Ein derartiger Spielraum steht der Finanzverwaltung bei Anwendung von § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG aber nicht zu.
Im Übrigen käme selbst unter Zugrundelegung der Verwaltungsauffassung die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nur insoweit in Betracht als die Saunaleistungen nicht im Rahmen eines Gesamtabonnements für das gesamte Fitnessstudio erbracht worden sind, sondern Eintrittskarten nur für die Sauna gekauft worden sind. Dies ist nach den Feststellungen im Prüfungsbericht aber nicht bzw. nur in sehr geringem Umfang der Fall gewesen. Soweit die Saunaleistungen im Rahmen eines gebuchten Gesamtpakets Fitness und Wellness erbracht worden sind, bestehen bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel daran, dass insoweit eine einheitliche sonstige Leistung vorliegt, die dem Regelsteuersatz unterliegt.
Finanzgericht München, Beschluss vom 21.01.2014 – 2 V 3410/13