Wir hatten hier bereits darüber berichtet, dass das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden hat, dass die Leistungen eines Tantra-Massage-Studios, welches gegen Entgelt Ganzkörpermassagen anbietet, bei denen der Intimbereich einbezogen wird, der Vergnügungssteuer unterliegen.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg als Berufungsinstanz hat diese Entscheidung nun bestätigt.
Insbesondere ist der Verwaltungsgerichtshof zu der Feststellung gelangt, dass eine Satzungsregelung, welche die “gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen” mit einer Vergnügungssteuer belegt, hinreichend bestimmt und ihr Anwendungsbereich nicht auf Einrichtungen mit Bezug zum Rotlichtmilieu beschränkt ist.
Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 4 KAG in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer der Beklagten (im Folgenden: VStS) vom 16.12.2011.
Den Gemeinden steht nach § 9 Abs. 4 KAG grundsätzlich das Recht zu, örtliche Verbrauchs- und Aufwandsteuern zu erheben, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind. Die Vergnügungssteuersatzung der Beklagten hält sich im Rahmen dieser Ermächtigung. Die von der Beklagten erhobene Vergnügungssteuer ist nach ihrer normativen Ausgestaltung eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis, die nicht einer bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig ist und daher nicht dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG widerspricht.
Die Vergnügungssteuer ist eine typische örtliche Aufwandsteuer, welche die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich des Steuergläubigers zum Ausdruck kommende erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des sich Vergnügenden besteuert und auch besteuern will. Die Vergnügungssteuer soll regelmäßig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfassen, die sich in der Teilnahme an entgeltlichen Vergnügungsveranstaltungen äußert. Die Vergnügungssteuer beruht damit auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein Vergnügen leistet, auch eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zugemutet werden kann. Damit scheiden solche Veranstaltungen als vergnügungssteuerpflichtig aus, die für den Teilnehmer insgesamt unentgeltlich sind. Gegenstand der Vergnügungssteuer können dementsprechend Vergnügungen jeglicher Art sein, die geeignet sind, das Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung zu befriedigen. Sexuelle Vergnügungen wie etwa der Besuch von Stripteaseveranstaltungen oder Peepshows bzw. die Wahrnehmung sexueller Dienstleistungen sind davon nicht ausgenommen.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Satzung unterliegt der Vergnügungssteuer u.a. die „gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs, Bordellen sowie ähnlichen Einrichtungen“. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die von der Vorschrift erfassten sexuellen Vergnügungen Gegenstand einer Aufwandsteuer in Form der Vergnügungssteuer sein können. Gewerbliche Angebote, die die hier vom Satzungsgeber tatbestandlich erfassten sexuellen Handlungen zum Gegenstand haben, sind ohne Frage als Vergnügungen im oben dargestellten Sinne anzusehen.
Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Steuer nicht (unmittelbar) von den sich vergnügenden Besuchern der in der Satzung der Beklagten aufgeführten Einrichtungen, sondern von dem Unternehmer der Veranstaltung erhoben wird. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehört, dass sie nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen soll, sondern zur Vereinfachung der Abwicklung bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird.
Die Satzungsbestimmung verstößt auch trotz Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs „ähnliche Einrichtungen“ nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwehren rechtsstaatliche Grundsätze dem Gesetzgeber – hier Satzungsgeber – auch im Abgabenrecht nicht, unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Die Ausfüllung unbestimmter Gesetzesbegriffe auf Grund richtungweisender – aus dem Gesetz sich ergebender – Gesichtspunkte ist eine herkömmliche und anerkannte Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kann der rechtsstaatliche Grundsatz der gleichen steuerlichen Belastung und damit der Steuergerechtigkeit sogar eher verwirklicht werden, wenn Steuerverwaltung und Finanzgerichte den Besonderheiten des Einzelfalles durch Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs gerecht werden können, als wenn sie gezwungen werden, jeden Fall in eine starre, enumerativ-kasuistisch gestaltete Norm zu pressen. Bei dem Tatbestand des § 1 Abs. 2 Nr. 10 VStS, in dem der unbestimmte Rechtsbegriff verwendet wird, handelt es sich um eine typisierende Gruppenbildung. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Abgabenrecht dann zulässig, wenn die tatsächlichen Anknüpfungspunkte im Normzweck angelegt sind.
Unter Berücksichtigung des oben (unter 1.a) dargestellten Normzwecks ist die Auslegungsfähigkeit des Begriffs „ähnliche Einrichtungen“ nach Überzeugung des Senats durch die Voranstellung von immerhin sechs benannten zu der Gruppe gehörenden Einrichtungen hinreichend bestimmt. Auch soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ergänzend dargelegt hat, dass man bei Bildung der Veranlagungsgruppe alle einrichtungsgebundenen Gelegenheiten zu sexuellen Vergnügungen erfassen und lediglich die „einrichtungsgelösten“ Veranstaltungen (z.B. Straßenprostitution) ausnehmen wollte, ist dies nicht zu beanstanden. Der Klägerin kann insbesondere nicht darin gefolgt werden, dass der unbestimmte Rechtsbegriff nicht allein unter Heranziehung des weiteren Tatbestandsmerkmals der „gezielten Einräumung“ eingrenzbar sein dürfe. Vielmehr steht bei der Auslegung des Tatbestands unter Berücksichtigung des Normzwecks einer Vergnügungssteuersatzung die „erste“ Voraussetzung „einer gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ im Vordergrund, während das weitere Tatbestandsmerkmal lediglich einer Begrenzung des Anwendungsbereich der Satzungsvorschrift auf einrichtungsbezogene Vergnügungen dienen soll. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es daher nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „ähnlichen Einrichtungen“ unter der beschränkenden Voraussetzung der gezielten Gelegenheit zu sexuellem Vergnügen vorzunehmen. Im übrigen sind typisierende Gruppenbildungen mit dem Auffangbegriff der „ähnlichen Einrichtungen“ in Vergnügungssteuersatzungen ein zulässiges Mittel, um neu auftretende Veranstaltungsformen – wie sie auch im vorliegenden Fall von der Klägerin vorgetragen werden – erfassen zu können, deren Besteuerung unter dem Gebot des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG geboten ist. Sie werden deshalb von der Rechtsprechung regelmäßig nicht beanstandet. So war auch eine fast wortgleich formulierte Satzungsbestimmung bereits Gegenstand einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, ohne dass sich Bedenken gegen die Auslegungsfähigkeit im Hinblick auf eine ebenfalls nicht ausdrücklich genannte neue Einrichtungsform ergeben hätten.
Auf der Grundlage der – wie dargelegt – wirksamen Satzung der Beklagten begegnet die Heranziehung der Klägerin zur Vergnügungssteuer für die Monate Januar und Februar 2012 keinen rechtlichen Bedenken; dies gilt sowohl für die Festsetzung der Steuer dem Grunde nach als auch hinsichtlich der Höhe der Steuer.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zunächst darauf, der Bescheid sei schon deshalb rechtswidrig, weil er ihren Betrieb zu Unrecht als Bordell bezeichne. Zwar mag die Bezeichnung „Bordell/Club“, die allein bei der Angabe des heranzuziehenden Flächenmaßstabs verwendet wird, auch in einem formularmäßig vorgegebenen, nur mit Stichworten ausgefüllten Festsetzungsbescheid im Hinblick auf die Besonderheiten des Betriebs der Klägerin ungeschickt gewählt sein. Ihr kommt jedoch erkennbar keine Regelungswirkung dahingehend zu, dass es sich bei dem im Bescheid mit „Dakini Massagen Seminare“ bezeichneten Betrieb der Klägerin nach Auffassung der Beklagten um ein Bordell handle. Dementsprechend hat die Beklagte auch im Widerspruchsbescheid die Bezeichnung „Bordell“ nicht verwendet, sondern den Betrieb ausdrücklich als „ähnliche Einrichtung“ im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 10 VStS bezeichnet. Hinzu kommt, dass es sich bei der Veranlagung zur Vergnügungssteuer um eine gebundene Entscheidung handelt, bei der allein ein Begründungsfehler nicht zur Rechtswidrigkeit führen würde.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Baden-Württemberg auch davon ausgegangen, dass der Betrieb der Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 10 VStS erfüllt. Dies gilt sowohl für die Annahme der „gezielten Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ als auch hinsichtlich der Einstufung als „ähnliche Einrichtung“ im Sinne der Satzungsregelung.
Wie bereits dargelegt, wird mit der Vergnügungssteuer der Aufwand des Kunden dafür besteuert, dass er entgeltlich sein Bedürfnis nach Zerstreuung und Entspannung befriedigt. Bei der Besteuerung sexuellen Vergnügens müssen Zerstreuung und Entspannung einen erotischen Bezug haben. Dabei kann der erotische Bezug auch allein im Vorführen von Filmen mit entsprechendem Inhalt liegen, wie die schon vor der Satzungsänderung vom 16.12.2011 geltenden Steuertatbestände in den Nrn. 5 – 7 des § 1 Abs. 2 VStS zeigen. Ausgehend davon steht für den Senat außer Frage, dass die Klägerin ihren Kunden die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen einräumt, wenn sie gegen Entgelt Ganzkörpermassagen anbietet, bei denen – in der Regel, jedenfalls aber auf Wunsch des Kunden – der Intimbereich einbezogen wird. Die dabei gebotene Zerstreuung und Entspannung mit erotischem Bezug besteht auch nicht etwa – wie von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemacht – nur in der Vorstellung und Erwartung des Kunden, sondern sie liegt bei einer Massage des Intimbereichs bereits bei objektiver Betrachtungsweise vor. Das wird im übrigen von der Klägerin selbst auch offen so dargestellt, wenn sie zur Tantramassage auf ihrer Internet-Homepage schreibt:
„Zum Menschsein gehört auch unsere erotische Lebensqualität….Wir glauben, dass die liebevolle und achtsame Massage des Intimbereichs im Zusammenhang mit einer ausgiebigen Körper-Massage ein tiefes Gefühl von Angenommen-Sein bewirken kann – angenommen mit dem Bedürfnis nach Berührung, nach Entspannung mit Ruhe sowie mit dem Wunsch, das eigene sexuelle Empfinden in Würde zu genießen.“
Die Klägerin räumt diese Gelegenheit auch im Sinne des Steuertatbestands „gezielt“ ein. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin – wie sie geltend macht – in dem erotischen Bezug lediglich einen Teilaspekt im Rahmen des von ihr verfolgten Hauptzwecks der Ganzheitlichkeit sieht. Insbesondere wird dadurch nicht in Frage gestellt, dass im Betrieb der Klägerin gezielt die Gelegenheit zu sexuellem Vergnügen eingeräumt wird, denn die Klägerin nimmt den erotischen Bezug ihrer Massagen nicht lediglich billigend in Kauf. Dies ergibt sich bereits daraus, dass Sexualität nach ihrem Programm zur Erfahrung der Ganzheitlichkeit unbedingt dazugehört. So findet sich im Leitbild des Betriebs unter Zweck des Unternehmens der abschließende Satz:
„Auf dem Gebiet der ganzheitlichen Massagen und des Wissens um Sinnlichkeit und Sexualität leisten wir als Unternehmen Pionierarbeit.“
Noch deutlicher tritt das in dem Kriterienkatalog des Tantramassage Verband e.V., zu dem sich die Klägerin ausdrücklich bekennt, zu Tage. Dort heißt es unter der Überschrift „Ethische Richtlinien“ u.a.:
„Die Masseurin öffnet den Raum, der es dem Gast ermöglicht, seine eigene Sinnlichkeit und sein eigenes sexuelles Empfinden zu erfahren.“
Schließlich bewirbt die Klägerin gerade den erotischen Bezug des Vergnügens gezielt, indem sie auf der Startseite ihrer Homepage unter der Rubrik „massagen & preise“ schreibt:
„Tantra und Tantramassage öffnet einen Erfahrungsraum, in dem Sie ganz da sein dürfen – mit Ihrer Genüsslichkeit, mit Ihrer Sinnlichkeit, vielleicht auch mit Ihrer Erregung, Ihrer Lust, Ihrer Ekstase oder eben auch mit Ihrem Bedürfnis nach Ruhe und Stille.“
Auch der von der Klägerin betonte Umstand, dass der Ablauf der Massagen einem strengen Ritual folge, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.
Schließlich hat das Verwaltungsgericht Stuttgart nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auch zu Recht angenommen, dass es sich bei dem Betrieb der Klägerin um eine „ähnliche Einrichtung“ im Sinne der Satzungsvorschrift handelt. Wie bereits dargelegt, ist die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs maßgeblich unter Berücksichtigung des Normzwecks vorzunehmen. Normzweck ist – wie bereits ausgeführt – die Besteuerung des Aufwands eines Kunden für ihm gebotene entgeltliche Entspannung und Zerstreuung mit erotischem Bezug. Ausgehend davon handelt es sich bei dem Tantra-Massage-Studio, wie der Betrieb von der Klägerin selbst bezeichnet wird, um eine Einrichtung, die in der Gesamtschau den ausdrücklich genannten Einrichtungen (Bordelle, Laufhäuser, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs) ähnlich ist. Diese ausdrücklich genannten „Einrichtungen“ sind entgegen der Auffassung der Klägerin keineswegs untereinander so gleichartig, dass sich ein oder zwei in allen Fällen vorkommende Merkmale eindeutig benennen ließen. Insbesondere findet nicht in allen Einrichtungen zwangsläufig Prostitution statt. Hiervon dürfte nur bei den Bordellen, den Laufhäusern und im Regelfall auch bei den Sauna- und FKK-Clubs auszugehen sein. Demgegenüber findet in Swingerclubs typischerweise keine Prostitution statt. Unter einem „Swinger“ versteht man umgangssprachlich jemanden, der ein promiskuitives Sexualleben hat. Daher versteht die Rechtsprechung unter einem Swingerclub eine Einrichtung mit dem Zweck, den Besuchern gegen eine Entgeltpauschale Gelegenheit zu sexuellen Kontakten mit gleich gesinnten Partnern oder Paaren zu bieten bzw. zu solchen Betätigungen anzuregen. Im Vordergrund steht bei einem Swingerclub somit, den Kunden untereinander die Gelegenheit zu bieten, ihre Sexualität mit verschiedenen Partnern auszuleben (so auch die Definition in wikipedia). Auch in einer Bar findet nicht typischerweise Prostitution statt. Der englische Begriff „Bar“ stellt zunächst auf den Schanktisch, meist eine hohe Theke ab, an dem (alkoholische) Getränke im Stehen oder auf hohen Barhockern eingenommen werden. Zudem wird so ein Gastraum (in Hotels oft Cocktaillounge) bezeichnet, der diesem Zweck dient. Somit ist eine Bar nach klassischem Sprachverständnis ein Ort, an dem alkoholische Getränke ausgeschenkt werden und der meist nur abends und nachts geöffnet ist. Wie der häufige Fall von Hotel-Bars zeigt, intendiert der Begriff auch keinen Rotlichtmilieu-Bezug. Gerade die Einrichtung „Bar“ ist zudem dem „Massagestudio“ der Klägerin vom Normzweck her gesehen ähnlich, weil auch hier eine Besteuerung nur dann stattfindet, wenn in ihr gezielt die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen geboten wird. Das einzige verbindende Element der in § 1 Abs. 2 Nr. 10 VStS genannten Einrichtungen ist somit, dass in ihnen einrichtungsbezogen die Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen geboten werden kann, was aber zumindest bei der Bar noch gesondert geprüft werden muss. Vergleichbares gilt für das Massagestudio der Klägerin, weshalb keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, dass es sich um eine „ähnliche Einrichtung“ im Sinne der Satzungsvorschrift handelt. Eines spezifischen „Rotlichtmilieu“-Bezugs bedarf es nach dem Ausgeführten nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „ähnlichen Einrichtungen“ auf bordellähnliche Einrichtungen mit Bezug zum Rotlichtmilieu auch nicht aus dem Normzweck. Schon nach dem Vortrag der Klägerin fehlt es an substantiierten Anhaltspunkten dafür, dass die Beklagte mit der Einführung des neuen Steuertatbestands neben fiskalischen Interessen auch einen ordnungspolitischen Lenkungszweck verfolgt hätte. Der Hinweis in den Beschlussvorlagen auf entsprechende Satzungsbestimmungen anderer Kommunen und deren „Bewertung“ durch die Rechtsprechung ist nicht geeignet, einen Lenkungszweck zu begründen. Denn er erfolgte ersichtlich im Hinblick auf den Flächenmaßstab und die nahezu wortgleiche Formulierung. Es ist darüber hinaus auch fernliegend, dass die Landeshauptstadt Stuttgart – anders als die zum Vergleich genannten kleineren Kommunen Leinfelden-Echterdingen oder Backnang – mit einer Vergnügungssteuer beabsichtigen könnte, prostituionsähnliche Betriebe aus dem Stadtgebiet komplett fernzuhalten. Ein Lenkungszweck in Bezug auf bestimmte Stadtbezirke kann durch eine für das gesamte Stadtgebiet gleichermaßen geltende Vergnügungsteuererhebung ersichtlich nicht erreicht werden. Soweit trotz fehlender Anhaltspunkte in den Sitzungsunterlagen von Seiten einzelner Gemeinderäte auch eine beschränkende Wirkung von sexbezogenen Einrichtungen beabsichtigt worden sein sollte, wäre eine entsprechende Motivationslage unerheblich. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Senats kommt es auf die Erwägungen und Beweggründe des Satzungsgebers bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Satzung nicht an. Soweit von einem „Besteuerungsermessen“ gesprochen wird, ist damit lediglich gemeint, dass die Gemeinden hinsichtlich der Erhebung einer Steuer sowie der Höhe des Steuersatzes eine weitreichende Gestaltungsfreiheit haben, bei deren Ausübung vor allem kommunal- und finanzpolitische Überlegungen eine Rolle spielen. Eine einfachgesetzliche oder verfassungsrechtliche Bestimmung, die die Gemeinde dazu verpflichtete, vor dem Erlass einer Steuersatzung die davon berührten Interessen der Steuerpflichtigen zu berücksichtigen und sie mit ihren eigenen gemeindlichen Interessen abzuwägen, besteht nicht.
Schließlich vermag der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg auch nicht zu erkennen, dass aus der Normsystematik des § 1 Abs. 2 VStS hervorgehe, dass vom Satzungsgeber mit dem Begriff „ähnlich“ stets ein Bezug zum Rotlichtmilieu gemeint sei. Aus Sicht des Verwaltungsgerichts Baden-Württemberg erscheint es von vornherein verfehlt, im Hinblick auf die Vielzahl heterogener spezifischer Steuertatbestände in § 1 Abs. 2 VStS eine übergreifende Systematik zur Auslegung dort verwendeter unbestimmter Rechtsbegriffe postulieren zu wollen. Vielmehr müssen die in den unterschiedlichen Steuertatbeständen enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe jeweils in enger Rückbindung zu den einzelnen Normzwecken ausgelegt werden, so dass – selbst wenn in einzelnen anderen Normtatbeständen ein „Rotlichtbezug“ vorhanden sein sollte – dies nicht auf die Auslegung der Nr. 10 übertragbar wäre. Im übrigen wird in der von der Klägerin maßgeblich geltend gemachten Nr. 8, mit der das Veranstalten von Sexdarbietungen (Live-Auftritte) in Nachtlokalen, Bars und ähnlichen Betrieben besteuert wird, der Begriff „ähnlich“ nicht mit einer „Einrichtung“, sondern einem „Betrieb“ verknüpft. Es handelt sich somit noch nicht einmal terminologisch um eine Verwendung desselben unbestimmten Rechtsbegriffs wie in Nr. 10.
VGH Baden-Württemberg Urteil vom 03.07.2014, 2 S 3/14