martina heck

31.07.2014

Rentenbesteuerung bei vormals freiwillig Versicherten

Erneut hatte sich der Bundesfinanzhof mit der Thematik Rentenbesteuerung und Nominalwertprinzip zu beschäftigen.

Geklagt hatten ein Rentner (und seine Ehefrau), der im Dezember 2006 sein 65. Lebensjahr vollendet hatte und im Streitjahr 2007 mit der Klägerin zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurde. Ab dem 01.01.2007 erhielt er eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Rente bezog der Kläger, der als Rechtsanwalt selbständig tätig gewesen war, aufgrund seiner freiwillig begründeten Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung. 54 % der im Streitjahr zugeflossenen Jahresrente wurden als steuerpflichtiger Teil im Einkommensteuerbescheid entsprechend § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 3 EStG ausgewiesen.

Die Kläger waren der Auffassung, die Art der Besteuerung dieser Rente sei verfassungswidrig, da der Kläger als freiwillig Pflichtversicherter die gesamten Beiträge nur im Rahmen eines unzureichenden Sonderausgabenabzugs in der Vergangenheit steuerlich habe geltend machen können.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache) gegen diese Entscheidung hat der Bundesfinanzhof nun als unbegründet zurückgewiesen.

Macht ein Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend, so hat er ausführlich darzulegen, aus welchen Gründen eine im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Hierbei ist darauf einzugehen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und strittig ist. Hat der Bundesfinanzhof bereits früher über die Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer begründen, weshalb er gleichwohl eine erneute Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu dieser Frage im Interesse der Allgemeinheit für erforderlich hält. Insbesondere muss er dartun, welche neuen und gewichtigen, vom Bundesfinanzhof noch nicht geprüften Argumente in der Rechtsprechung der Finanzgerichte und/oder der Literatur gegen die Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs vorgebracht worden sind.

Eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kommt danach in der vorliegenden Sache nicht in Betracht.

Bereits im Urteil vom 26.11.2008 hat der Bundesfinanzhof dargestellt, dass aus Gründen der Praktikabilität und Administrierbarkeit in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Alterseinkünfte der vormals selbständig tätigen Rentner und die der vormals nichtselbständig tätigen Rentner in einem zeitlich begrenzten Rahmen trotz der unterschiedlichen steuerlichen Vorbelastung der entsprechenden Altersvorsorgeaufwendungen in einem Übergangszeitraum mit demselben Anteil besteuert werden können. Der Gesetzgeber trägt dadurch dem Gesichtspunkt Rechnung, dass es im Rahmen der Rentenbesteuerung und damit in einem Massenverfahren einer einfachen, praktikablen und gesamtwirtschaftlich tragbaren Lösung bedarf. Die gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 26.11.2008 erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.

An diesen Grundsätzen hält der Bundesfinanzhof nach wie vor fest. Er vermag vorliegend auch keinen Grund erkennen, von dieser Einschätzung deshalb abzurücken, weil der Kläger freiwillig die gesetzliche Rentenversicherung gewählt hat und aufgrund seines Alters keine Möglichkeit hatte, in ein berufsständisches Versorgungswerk zu wechseln. Schließlich wären selbst im Fall eines solchen Beitritts die gleichen Beiträge – Arbeitnehmer- wie Arbeitgeberbeiträge – zu entrichten gewesen. Sowohl die Beitragszahlungen an Versorgungswerke wie auch die Pflichtbeiträge, die an die gesetzliche Rentenversicherung zu leisten sind, sind gesetzlich geschuldet. Lediglich die Höhe der späteren Leibrente hätte variieren können.

Soweit deshalb jenseits der einkommensteuerlichen Belastung Be- und Entlastungswirkungen auftreten, wenn der Steuerpflichtige – anders als der Kläger – die Möglichkeit zum Eintritt in ein berufsständisches Versorgungswerk gehabt hätte, sind diese nach der Rechtsprechung des Bundesverfasungsgerichts selbst bei der verfassungsrechtlichen Würdigung der Normen des Einkommensteuergesetzes am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ohne Belang. Nichts anderes kann sich im vorliegenden Fall ergeben. Die von den Klägern dargelegten Besonderheiten insoweit betreffen diese außersteuerlichen Effekte.

Mit dem Einwand der Kläger, die geänderte Besteuerung der Renteneinkünfte verstoße gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes, hat sich der Bundesfinanzhof bereits ausführlich beschäftigt und in der tatbestandlichen Rückanknüpfung (sog. unechte Rückwirkung) keinen Verfassungsverstoß gesehen. Danach kam die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil vom 06.03.2002 nach den sog. Appellbeschlüssen vom 26.03.1980 und vom 24.06.1992 nicht unerwartet, sondern war nur die folgerichtige Konsequenz seiner bisherigen Rechtsprechung.

Ein wesentlicher Unterschied zu dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.02.2010 zugrundeliegenden Sachverhalt ist nicht erkennbar. Wie im vorliegenden Fall hatte der damalige Kläger (auch) Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung neben Leistungen an eine befreiende Lebensversicherung entrichtet, und zwar seit dem 01.01.1968, also sogar ab Beginn der Beitragszahlungen des Klägers.

Unabhängig von der Frage, ob ein Steuerpflichtiger, der vor dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26.03.1980  freiwillig der gesetzlichen Rentenversicherung beitrat, einen besonderen Vertrauensschutz genießt, hat der Bundesfinanzhof im Urteil vom 04.02.2010 entschieden, die Änderung der Rentenbesteuerung durch das Alterseinkünftegesetz halte auch einer einzelfallbezogenen Abwägung zwischen dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens und der Beeinträchtigung der geschützten Grundrechtspositionen des Einzelnen (insbesondere Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 GG) einerseits und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl andererseits stand. Es kommt deshalb, anders als von den Klägern angenommen, nicht darauf an, dass der Kläger hier bereits 1968 und damit vor Bekanntgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 26.03.1980 freiwillig der gesetzlichen Rentenversicherung beitrat.

Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Verbot der Doppelbesteuerung bei der Berechnung der jeweiligen Steuerbelastung der Rentenversicherungsbeiträge bzw. der Steuerbelastung der Renteneinkünfte ist das Nominalwertprinzip zugrunde zu legen. Zu diesem Ergebnis kam der Bundesfinanzhof vor dem Hintergrund der Inflationsentwicklung der letzten Jahrzehnte bereits in den Urteilen vom 19.01.2010 und vom 04.02.2010. An dieser Einschätzung hält der Bundesfinanzhof fest und sieht – auch angesichts der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage seit 2008 – vorliegend keinen Grund hiervon abzuweichen.

Bundesfinanzhof, Beschluss vom 05.06.2014 – X B 102/13