Das Finanzgericht Nürnberg hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Unternehmer erstmalig Umsätze aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage und aus Provisionsgeschäften erklärte, das beklagte Finanzamt jedoch den Vorsteuerabzug aus einer Reihe von Rechnungen nicht anerkennen wollte, insbesondere, weil diese Rechnungen keine Angabe des Leistungszeitraums enthielten.
Hiergegen wurde Klage zum Finanzgericht Nürnberg erhoben, die aber nicht erfolgreich war.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer als Vorsteuer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt.
Eine nach § 14 UStG ausgestellte Rechnung liegt vor, wenn diese die nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Pflichtangaben enthält. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG muss eine Rechnung u.a. folgende Angabe enthalten:
“… den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung oder der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1, sofern dieser Zeitpunkt feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist“.
Ein Vorsteuerabzug ist nur zu gewähren, soweit die bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen für das Unternehmen des Steuerpflichtigen, also für dessen besteuerte Umsätze verwendet werden. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist es geklärt, dass ein Unternehmer einen Gegenstand oder eine Leistung seinem Unternehmen nur zuordnen darf, wenn der Gegenstand bzw. die Leistung im Umfang des vorgesehenen Einsatzes für unternehmerische Zwecke in einem objektiven und erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der gewerblichen und beruflichen Tätigkeit steht und diese fördern soll. Maßgebend sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmers im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Er muss in Zweifelsfällen darlegen, dass die bezogene Leistung seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit hat fördern sollen.
Der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen will, trägt die Feststellungslast für die Tatsachen, die den Vorsteuerabzugsanspruch begründen.
Das Finanzgericht hat aufgrund eigener Ermittlungskompetenz (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) die ihm vom Kläger vorgelegten Unterlagen überprüft und die Ermittlungen des Finanzamts gewürdigt. U.a. erfüllen eine ganze Reihe von Rechnungen nicht die formellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug, so das Finanzgericht Nürnberg.
Die Rechnungen vom 09.11.2004 und 07.12.2004 enthalten keine Angabe des Leistungszeitpunkts.
Fraglich könnte allerdings sein, ob der Leistungszeitpunkt auch anzugeben ist, wenn er mit dem Rechnungsdatum identisch ist. Der Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG lässt insoweit einen Auslegungsspielraum. Dem Bundesfinanzhof ist zwar zuzugestehen, dass sich aus dem Zweck der Vorschrift ergeben könnte, dass das Leistungsdatum auch anzugeben ist, wenn dieses mit dem Rechnungsdatum übereinstimmt. Sonst könnte nämlich die Finanzverwaltung nicht eindeutig und leicht erkennen, aus welchem Grund die Angabe des Leistungszeitpunktes unterblieben ist. Neben der dem Rechnungsdokument grundsätzlich selbst nicht entnehmbaren Möglichkeit, dass Leistungs- und Rechnungsdatum zusammenfallen, kann die Angabe auch aus anderen Gründen unterblieben sein (z.B. Verschleierung eines wesentlich früheren Leistungszeitpunkts). Eine derartige Lesart der Vorschrift könnte den Erfordernissen des sofortigen Vorsteuerabzuges gemäß § 15 Abs. 1 Nr.1 UStG widersprechen.
Allerdings ist dem Bundesfinanzhof entgegenzuhalten, dass eine solche Lesart der Vorschrift vermutlich nicht mit der gemeinschaftsrechtlichen Grundlage in Art. 22 Abs. 3 Buchst. b Unterabs. 1 7. Gedankenstrich der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern in der Fassung der Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20. Dezember 2001 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG zu vereinbaren ist. Zwar muss nach der deutschen Fassung eine Rechnung für Mehrwertsteuerzwecke u.a. folgende Angabe enthalten:
“… das Datum, an dem die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt bzw. abgeschlossen wird, oder das Datum, an dem die Vorauszahlung nach Buchstabe a) Unterabsatz 2 geleistet wird, sofern dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist“.
Soweit der Bundesfinanzhof argumentiert, der letzte Halbsatz dieser Norm (“sofern dieses Datum feststeht …”) könne sich dabei nur auf die zweite Alternative, also auf das Datum einer An- bzw. Vorauszahlung beziehen, da andernfalls der Richtliniengeber „sofern diese Daten feststehen …” hätte formulieren müssen, so überzeugt dies nicht, so das Finanzgericht Nürnberg. Der Bundesfinanzhof denkt hier augenscheinlich an das sprachlich wesentlich üblichere sogenannte „einschließende Oder“, welches die Möglichkeit offenhält, das beide Alternativen zugleich zutreffen können. Dies ist aber weder zwingend noch naheliegend, da sich die beide Alternativen in der Richtlinie offensichtlich ausschließen. Zudem zeigt ein Vergleich mit der englischen („insofar as that a date can be determined and differs“) und der französischen Sprachfassung („dans la mesure où une telle date est déterminée et différente“), dass die Annahme angebrachter erscheint, dass sich der letzte Halbsatz auf beide Alternativen bezieht.
Allerdings kann dies hier letztlich offen bleiben, da nach Auffassung des Gerichts nach den vorliegenden Unterlagen kein Hinweis darauf vorliegt, dass bei den in diesen Rechnungen abgerechneten Gewerken (Lieferung und Montage einer Photovoltaikanlage und Montage einer Blitzschutzanlage) das Rechnungsdatum mit dem Lieferdatum übereinstimmen könnte. Dies ist nahezu undenkbar bei größeren Gewerken wie den hier streitigen, da dies voraussetzte, dass der Rechnungsaussteller noch am selben Tag, nach Abschluss der Arbeiten, die notwendigen Informationen an die Mitarbeiter der Rechnungsstellung weitergeben müsste und diese noch rechtzeitig eine Rechnung fertig stellen müssten. Das widerspricht zudem den üblichen Geschäftsabläufen. Relevant ist hierbei auch, dass die betreffenden Rechnungen augenscheinlich mit der Post versendet wurden (Falzung auf Format DIN lang), so dass eine persönliche Übergabe der Rechnungen nach Abschluss der Arbeiten unplausibel ist. Ein gewichtiges Indiz ist auch, dass der Kläger bereits am 18.10.2004 eine Erklärung nach § 6 Steuerdaten-Übermittlungsverordnung abgegeben hat, also noch vor dem Rechnungsdatum der Montagerechnung.
Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 02.07.2013 – 2 K 360/11