Erneut hat der Bundesfinanzhof bekräftigt, dass über die Frage, ob und welches betriebliche Fahrzeug dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassen ist, das Finanzgericht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet.
Kommt es nach einer Würdigung des klägerischen Sachvortrags und der Einvernahme von Zeugen zu der Überzeugung, dass der Arbeitnehmer zur privaten Nutzung des PKW befugt sei, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich das Vorbringen des Klägers im Ergebnis darin erschöpft, die Richtigkeit der verstandesmäßig einsichtigen Schlussfolgerungen des Finanzgerichts zu bestreiten, so der Bundesfinanzhof.
In dem entschiedenen Fall war der Ansatz eines geldwerten Vorteils wegen der privaten Nutzung eines Firmenwagens streitig.
Der Kläger ist Gesellschafter einer GmbH, an deren Stammkapital er zu 50 % beteiligt ist. Weiterer Gesellschafter ist N. Beide Gesellschafter sind zudem einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der X-GmbH. Die Ehefrau des Klägers ist für die X-GmbH als Angestellte tätig.
Im Jahr 1996 schloss der Kläger mit der X-GmbH einen Geschäftsführervertrag. In § 2 des Vertrags war ein monatliches Gehalt vereinbart, mit dem auch eine eventuell anfallende Vergütung von Mehrarbeit und Überstunden abgegolten sein sollte. Zu einer Überlassung eines betrieblichen Kfz enthielt der Geschäftsführervertrag keine Regelungen.
Die X-GmbH überließ dem Kläger im Streitzeitraum für betriebliche Zwecke jeweils ein Fahrzeug.
Im Jahr 2009 führte das beklagte Finanzamt bei der X-GmbH eine Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 durch. Dabei gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, den verschiedenen Arbeitnehmern der X-GmbH hätten im Prüfungszeitraum firmeneigene Kfz für die Privatnutzung uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung gestanden. Der monatliche Sachbezug sei bisher nicht in zutreffender Höhe der Lohnversteuerung unterworfen worden. Da ein Fahrtenbuch nicht bzw. nicht ordnungsgemäß geführt worden sei, sei der geldwerte Vorteil mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises anzunehmen. Zusätzlich sei der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer zu erfassen, so dass sich auch für den Kläger ein zusätzlich zu versteuernder Arbeitslohn ergab.
Auf dieser Grundlage erließ das Finanzamt (geänderte) Steuerbescheide. Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies das Finanzamt im Wesentlichen zurück, so dass der Kläger Klage erhob.
Das Finanzgericht Münster hat die Klage abgewiesen.
Nach dem Vortrag des Klägers und der Sachverhaltsermittlung des Finanzgerichts Münster, insbesondere der Einvernahme der Zeugen N (Mitgeschäftsführer) und W (Lohnsteuer-Außenprüfer), stehe fest, dass die X-GmbH dem Kläger im Streitzeitraum ein betriebliches Kfz auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt habe.
Die Revision zum Bundesfinanzhof hatte auch keinen Erfolg.
Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt das nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu einem als Lohnzufluss nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers, und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen PKW privat nutzt. Der Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 S. 2 bis 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG entweder mit der Fahrtenbuchmethode oder, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird, mit der 1 %-Regelung zu bewerten.
Über die Frage, ob und welches betriebliche Fahrzeug dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassen ist, entscheidet das Finanzgericht unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
Nach diesen Grundsätzen hat das Finanzgericht Münster, so der Bundesfinanzhof, eine Gesamtwürdigung vorgenommen. Es gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass die X-GmbH dem Kläger in den Streitjahren ein betriebliches Kfz auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt hat.
Es hat sich dabei zunächst auf den Umstand gestützt, dass während der Lohnsteuer-Außenprüfung ausweislich der Aussage des Zeugen W in der mündlichen Verhandlung nicht die Zurechnung eines geldwerten Vorteils dem Grunde nach, sondern nur dessen Bewertung nach der Fahrtenbuchmethode streitig gewesen sei. Es hat weiter bei seiner Überzeugungsbildung berücksichtigt, dass auch noch im Einspruchsverfahren von einer privaten Nutzung eines betrieblichen PKW durch den Kläger – er hat zeitweise ein mittlerweile unstreitig nicht ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt und dies im Klageverfahren vorgelegt – ausgegangen worden sei. Darüber hinaus hat das Finanzgericht auch aus dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe mit seinem Mitgeschäftsführer, dem Zeugen N, vereinbart, dass eine Eintragung in das Fahrtenbuch erfolgen solle, wenn das von der X-GmbH überlassene Fahrzeug privat genutzt werde, sich aber entschieden, keine Privatfahrten zu machen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erschienen sei, auf dessen Befugnis, einen Firmenwagen auch privat zu nutzen, geschlossen. Wenn der Kläger ausführe, er habe sich “entschieden”, keine Privatfahrten mit den Fahrzeugen zu machen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erscheine, werde hierdurch kein Verbot der X-GmbH zur Privatnutzung zum Ausdruck gebracht, sondern vielmehr die freiwillige Entscheidung des Klägers, von der eingeräumten Möglichkeit der Privatnutzung keinen Gebrauch zu machen. Wenn sich das Finanzgericht bei seiner Gesamtwürdigung schließlich durch die Aussage des Zeugen N, wonach es eine mündliche Absprache des Inhalts gegeben haben soll, dass mit den Firmenfahrzeugen “in der Regel” keine Privatfahrten gemacht werden sollten, bestätigt sieht, ist dies nachvollziehbar. Die Folgerung des Finanzgerichts, diese Absprache stelle kein generelles privates Nutzungsverbot dar, sondern – im Gegenteil – die Erlaubnis für eine zumindest gelegentliche Privatnutzung, verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze. Diese Gesamtwürdigung ist nicht nur möglich, sondern naheliegend und revisionsrechtlich jedenfalls nicht zu beanstanden.
Die von dem Kläger dagegen vorgebrachten Einwände greifen nicht. Sein Vorbringen erschöpft sich im Ergebnis darin, die Richtigkeit der verstandesmäßig einsichtigen Schlussfolgerungen der Vorinstanz zu bestreiten. Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze, etwa das Fehlen einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder die nicht nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, vermag das nicht zu begründen. So verhält sich die Revisionsbegründung beispielsweise nicht zu dem im Protokoll über die mündliche Verhandlung aufgenommenen Vorbringen des Klägers, er habe sich entschieden, keine Privatfahrten zu machen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erschienen sei, und dem hieraus gezogenen Schluss des FG, der Kläger habe sich freiwillig entschieden, von der eingeräumten Möglichkeit der Privatnutzung keinen Gebrauch zu machen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 06.02.2014 – VI R 39/13