martina heck

05.02.2015

Listenhund qua kommunaler Satzung

Darf eine Gemeinde über die Rasselisten des Landesgesetzgebers hinaus Hunde bestimmter Rassen als gefährlich definieren (und eine entsprechend höhere Hundesteuer erheben)?

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein hat dies bejaht.

In dem entschiedenen Fall wandte sich der Kläger gegen seine Heranziehung zu einer erhöhten Hundesteuer für gefährliche Hunde.

Der Kläger wohnt in der amtsangehörigen Gemeinde A-Stadt. Er meldete beim Beklagten zwei Hunde an, nämlich am 19.01.2007 einen Hund der Rasse „Dogo Argentino“ und am 14.12.2007 einen Mischling der Rassen „Cane Corso“ und „Mastiff““. Für beide Hunde wurde er zur Hundesteuer herangezogen.

Die Gemeinde A-Stadt erließ am 16.12.2010 eine neue Hundesteuersatzung. Gem. § 4 Abs. 1 beträgt die Jahressteuer für den ersten Hund 80,00 €, für den zweiten Hund 100,00 €, ab dem dritten Hund 120,00 €, für jeden gefährlichen Hund 400,00 €.

§ 4 Abs. 2 der Satzung lautet:

„Gefährliche Hunde im Sinne dieser Satzung sind Hunde, bei denen nach ihrer besonderen Veranlagung, Erziehung und/oder Charaktereigenschaft die erhöhte Gefahr einer Verletzung von Personen besteht oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehen kann. Gefährliche Hunde im Sinne dieser Satzung sind jedenfalls:

Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullmastif, Bullterrier, Dogo Argentino, Fila Brasileiro, Kaukasischer Ovtscharka, Mastiff, Mastino Espanol, Mastino Napoletano sowie Hunde aus Kreuzungen mit den genannten Hunden.“

Mit Bescheid vom 24.01.2011 zog der Beklagte den Kläger für das Jahr 2011 für zwei gefährliche Hunde zu der erhöhten Hundesteuer von jeweils 400,00 € heran. Hiergegen legte der Kläger am 01.02.2011 Widerspruch ein, soweit er zu mehr als 180,00 € Steuer herangezogen war.Entsprechendes folgte für 2012.

Widerspruch und Klage blieben erfolglos.

Der Kläger argumentierte wie folgt:

Die Gemeinden seien nicht dazu befugt, für Hunde der Rasse Dogo Argentino und einen Mischling der Rassen Cane Corso und Mastiff eine erhöhte Steuer zu erheben. Die Hundesteuersatzung der Gemeinde A-Stadt sei formell rechtswidrig und auch materiell rechtswidrig, weil sie bestimmte Hunderassen mit einer erhöhten Steuer belege, obwohl diese nach dem Landesordnungsrecht nicht als gefährlich gälten. § 3 Abs. 2 GefHG verweise nämlich auf § 2 Abs. 1 S. 1 des Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12.04.2001. Die Liste der durch die Hundesteuersatzung der Gemeinde A-Stadt als gefährlich eingestuften Hunderassen gehe darüber weit hinaus. Es sei nicht erkennbar, woher die Gemeinde bessere Erkenntnisse über die Gefährlichkeit von Hunderassen als der Gesetzgeber habe.

Es gebe auch keinen sachlichen Grund, einen Mastiff oder einen Dogo Argentino mit einem Kampfhund gleichzustellen. Der Beklagte habe auch keine objektiv nachvollziehbaren Umstände für die entsprechende Gleichsetzung vorgebracht. Ein Dogo Argentino und ein Mastiff seien nicht gefährlich.

Diese Rassen hätten mit gefährlichen Hunden wenig gemeinsam. Der Mastiff sei eine der ältesten Hunderassen und sei über Jahrhunderte vom englischen Adel gezüchtet worden. Der Dogo Argentino werde in Argentinien zum Schutz von Herden sowie zur Jagd auf Schwarzwild gezüchtet. Es gebe von diesen Hunden nur geringe Bestände. Selbst wenn ein Hund dieser Rassen einmal beißen sollte, ließen sich daraus keine statistischen Schlüsse ziehen. Es gebe keinerlei objektivierbare Umstände, die es sachlich rechtfertigen könnten, die beiden Rassen als gefährlich einzustufen. Andere Hunde seien in der Größe vergleichbar und trotzdem in der Rasseliste nicht aufgeführt, wie z.B. die Bordeauxdogge oder der American Bulldog.

Der Kläger vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Aufnahme einer bestimmten Hunderasse in die Liste der gefährlichen Hunde jedenfalls dann, wenn sie über die Rasseliste des Landes oder des Bundes hinausgehe, objektivierbarer Umstände bedürfe. Solche Umstände lägen bei den Rassen Dogo Argentino und Mastiff jedoch nicht vor. Das Verwaltungsgericht lasse es insofern ausreichen, dass beide Hunderassen groß und kräftig und zur Jagd gezüchtet worden seien und ihnen daher ein genetisches Potential innewohne, gefährlich zu werden. Dies sei indes weder eine besondere Rechtfertigung noch ein Kriterium für besondere Gefährlichkeit sondern allenfalls irgendeine Rechtfertigung für eine allgemeine Gefährlichkeit, die von jedem großen und starken Wach-, Schutz- oder Jagdhund ausgehe, wie beispielsweise von Rassen wie der Bordeaudogge, der American Bulldog, dem Tosa Inu oder dem Rhodesian Ridgeback. Denn das Verwaltungsgericht habe gerade keine Erkenntnisse dahingehend, dass die hier in Rede stehenden Rassen besonders (beiß-)auffällig, schmerzunempfindlich, kampftriebig wären, was diese Rassen auch nicht seien. Das Verwaltungsgericht stelle auch lediglich auf eine „allgemeine Gefährlichkeit (ab), die dem Gegenbeweis nicht zugänglich sei“. Die Rassen Dogo Argentino und Mastiff würden in Deutschland überhaupt nicht zur Jagd oder Bewachung gehalten, sondern als normale Familien- und Ausstellungshunde. Die Voraussetzungen, um über die Rasseliste des Landesordnungsrechts hinauszugehen, lägen daher nicht vor.

Der Beklagte meinte hingegen,

die Entscheidung, bestimmte Hunderassen einer erhöhten Steuer zu unterwerfen, sei rechtmäßig und verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Bereich des Steuerrechts und bei der Festlegung des Steuersatzes habe der Gesetzgeber einen weitgehenden Entscheidungsspielraum, der erst dann verletzt werde, wenn kein sachlicher Grund für die Differenzierung bestehe. Der Steuernormgeber dürfe auch außerfiskalische Lenkungsziele verfolgen, wenn diese gerecht ausgestaltet seien. Bei der Beißstatistik habe man sich an der Beißstatistik der in den Jahren 2008 bis 2009 behördlich erfassten Hunde in Nordrhein-Westfalen orientiert. Diese biete Erkenntnisse hinsichtlich der abstrakten Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen. Man habe sich an den entsprechenden Satzungen der Stadt Kiel und der Gemeinde Breitenburg orientiert. Die Hunderassen Dogo Argentino und Mastiff seien nach der Beißstatistik auffällig. Der Beklagte sei auch berechtigt, sich an Regelungen anderer Bundesländer zu orientieren. In Nordrhein-Westfalen würden die Hunderassen Dogo Argentino und Mastiff sowie deren Kreuzungen der Haltungserlaubnis unterworfen.

Das Oberverwaltungsgericht hat die von ihm zugelassene Berufung zurückgewiesen.

Die Regelungen der Satzung seien wirksam. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht, so das Oberverwaltungsgericht.

Nach einhelliger Rechtsprechung ist es zulässig, dass mit der Regelung, für das Halten bestimmter Hunderassen einen höheren Steuersatz vorzuhalten, ein Lenkungszweck verfolgt wird. Die Erhebung einer Steuer darf neben dem Finanzierungszweck selbst auch einem Lenkungszweck dienen, solange sie nicht in ein sachregelndes Verbot umschlägt oder einem solchen gleichkommt. Die steuerrechtliche Normsetzungskompetenz genügte für einen solchen Zweck nicht, weil die Steuernorm dann nicht dem ihr begrifflich zukommenden Zweck diente, Steuereinnahmen zu dienen, sondern im Gegenteil darauf gerichtet wäre, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen. Eine solche reine Lenkungsabgabe liegt hier jedoch objektiv-rechtlich nicht vor, weil bei einem Jahressteuerbetrag von 400 € die monatliche Belastung so gering ist, dass ein Umschlagen der Kampfhundesteuer in ein Verbot der Kampfhundehaltung ausgeschlossen erscheint. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Gemeindevertretung der Gemeinde A-Stadt der subjektive Wille fehlte, mit der Erhebung einer angehobenen Hundesteuer für gefährliche Hunde nicht jedenfalls auch Steuereinnahmen zu erzielen.

Es begegnet nach Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken, in eine Hundesteuersatzung eine sog. Rasseliste aufzunehmen. Es ist in der Verwaltungsrechtsprechung geklärt, dass der kommunale Satzungsgeber Hunde bestimmter Rassen als gefährliche Hunde einer erhöhten Besteuerung unterworfen könne. Ebenso verstößt es nicht gegen höherrangiges Recht, für Hunde der Rasse Dogo Argentino und eines Mischlings aus den Rassen Cane Corso und Mastiff eine höhere Besteuerung vorzusehen. Dies verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist auch geklärt, dass für die Bestimmung der Gefährlichkeit eines Hundes grundsätzlich an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse angeknüpft werden darf. Anknüpfungspunkt für die erhöhte Steuer ist nicht eine festgestellte oder vermutete individuelle Gefährlichkeit des einzelnen Hundes, sondern ein genetisches Potential, das bei dem Hinzutreten weiterer Umstände die aufgelisteten Hunde zu einer Gefahr werden lassen kann. Insoweit ist es vom Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt, das Halten mancher Hunde zwingend und unwiderleglich höher zu besteuern.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 16.03.2004 zum Gesetz zur Bekämpfung gefährlicher Hunde ausgeführt:

„Die der angegriffenen Regelung in abstrakter Betrachtung zugrunde gelegte Annahme, dass Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier für Leib und Leben von Menschen so gefährlich sind, dass ihre Einfuhr und ihr Verbringen in das Inland unterbunden werden müssen, ist vertretbar und nicht offensichtlich unrichtig. Zwar bestand auch in der mündlichen Verhandlung Einigkeit darüber, dass nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand allein aus der Zugehörigkeit eines bestimmten Hundes zu einer bestimmten Rasse nicht auf seine Gefährlichkeit geschlossen werden kann (ebenso schon BVerwGE 116, 347 <354>). Ob und in welchem Maße ein Hund für den Menschen zu einer Gefahr werden kann, hängt vielmehr von einer Vielzahl von Faktoren – neben bestimmten Zuchtmerkmalen eines Hundes etwa von dessen Erziehung, Ausbildung und Haltung, von situativen Einflüssen, vor allem aber von der Zuverlässigkeit und Sachkunde seines Halters – ab. Ein Anlass zum Handeln des Gesetzgebers kann auch dann gegeben sein, wenn das schädigende Ereignis das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren voraussetzt, soweit diese mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zusammentreffen können. Der Gesetzgeber darf deshalb zum Schutz des menschlichen Lebens und der menschlichen Gesundheit gesetzliche Vorkehrungen treffen, wenn genügend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Hunde bestimmter Rassen – und sei es auch erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren der genannten Art – für diese Schutzgüter in besonderer Weise gefährlich werden können. Für Hunde der hier in Rede stehenden Rassen konnte der Gesetzgeber vom Vorhandensein derartiger Anhaltspunkte ausgehen.

Auch wenn die Fachwissenschaft offenbar darin übereinstimmt, dass das aggressive Verhalten eines Hundes und seine darauf beruhende Gefährlichkeit nicht allein genetisch bedingt sind, schließt sie doch auch nicht generell aus, dass die Gefährlichkeit genetische Ursachen haben kann. Nach den Ausführungen von Frau Dr. Eichelberg in der mündlichen Verhandlung handelt es sich bei der Gefährlichkeit eines Hundes zwar nicht um ein Rassemerkmal. Doch ist es andererseits nach der Einschätzung dieser Wissenschaftlerin (in: Verband für das Deutsche Hundewesen, „Kampfhunde?“ Gefährliche Hunde? Neue wissenschaftliche Gutachten, 5. Aufl. 2000, S. 4 <7 f.>) unbestritten, dass Hundegruppen wie Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier und Bullterrier im Hinblick auf angeborene Verhaltensbereitschaften ein Potential zur Erzeugung gefährlicher Hunde darstellen. Nach dem vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Auftrag gegebenen (so genannten Qualzucht-)Gutachten zur Auslegung von § 11 b des Tierschutzgesetzes von 1999 sind Art und Ausmaß aggressiven Verhaltens zu einem erheblichen Teil auch genetisch determiniert (vgl. Gutachten, S. 32). Feddersen-Petersen (in: Verband für das Deutsche Hundewesen, a.a.O., S. 9 <14>) spricht davon, das Verhalten, auch das Aggressionsverhalten, eines Hundes sei stets das Ergebnis einer differenzierten Wechselwirkung zwischen Erbanlagen und Umweltreizen, und rechnet die so genannten Kampfhunderassen – auch vor dem Hintergrund der Geschichte ihrer Zucht – zu den Hunderassen, deren Aggressionsverhalten “nicht ohne Problematik” sei (vgl. Hundepsychologie, 3. Aufl. 2000, S. 78). Schließlich berichtet Unshelm (in: Verband für das Deutsche Hundewesen, a.a.O., S. 19 <20 ff.>) davon, dass insbesondere Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier und Staffordshire-Bullterrier, aber wohl auch der Rasse Bullterrier, sogar unabhängig vom Verhalten und von der Einstellung ihrer Halter relativ häufig wegen ihrer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit für Menschen und Tiere aufgefallen seien.“

Sachlicher Grund für diese Unterscheidung ist demnach die abstrakte Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen. Zwar ist die Zugehörigkeit eines Hundes zu einer bestimmten Rasse nicht die einzige Ursache für ein aggressives Verhalten. Gleichwohl handelt es sich grundsätzlich um einen sachlichen und damit nicht willkürlichen Anknüpfungspunkt für eine differenzierende steuerrechtliche Regelung.

Die von der Gemeinde A-Stadt in ihre Satzung aufgenommene Regelung ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die Gemeinde keine eigenen Erhebungen angestellt hat, sondern sich nach eigener Äußerung an den Satzungen einer Nachbargemeinde und der Landeshauptstadt Kiel orientiert hat, die sich ihrerseits an vergleichbare, im Einzelnen durchaus unterschiedliche Regelungen mehrerer Bundesländer anlehnen (vgl. z. B. Bayern: Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10.07.1992, GVBl. S. 268; Berlin: Gesetz über das Halten und Führen von Hunden in Berlin vom 29.09.2004, GVBl. S. 424; Brandenburg: Ordnungsbehördliche Verordnung über das Halten und Führen von Hunden [Hundehalterverordnung – HundehV] vom 16.06.2004, GVBl. II, S. 458; Hamburg: Hamburgisches Gesetz über das Halten und Führen von Hunden [Hundegesetz – HundeG] vom 26.01.2006, HmbGVBl. S. 37). Ein Satzungsgeber kann Regelungen eines anderen Normgebers in seinen Normtext aufnehmen und übernehmen, wenn er dieselben oder vergleichbare Regelungen erlassen und sich dabei den Wertungen der übernommenen Normierungen anschließen will. Dabei braucht er die der übernommenen Regelung zugrunde liegenden Erkenntnisse und Tatsachen nicht notwendig selbst zu erheben und auf ihre sachliche Richtigkeit zu überprüfen, sofern es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie offensichtlich falsch sind. Selbst wenn die andere Norm etwa aus kompetenzrechtlichen Gründen nichtig sein sollte, wäre davon nicht die sachliche Richtigkeit der von diesem Normgeber getroffenen Auswahl der Hunderassen mit besonderem Gefährdungspotential und damit deren Verwertbarkeit für den kommunalen Satzungsgeber infrage gestellt. Eine solche in eine Hundesteuersatzung übernommene Regelung gilt kraft der Rechtsetzungsmacht des Satzungsgebers, so dass er für ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht von Anfang an die volle Verantwortung trägt.

Daher begegnet es keinen Bedenken, dass die Gemeinde A-Stadt sich an Satzungen anderer Gemeinden angelehnt hat. Hierdurch hat sie nicht dem Normbefehl eines fremden Normgebers Geltung verschafft, sondern ihrem eigenen Rechtssetzungswillen. Für die Rechtmäßigkeit der Satzungsregelung kommt es deshalb auch nicht darauf an, wie viele andere Satzungsgeber den „Dogo Argentino“ und den „Cane Corso Mastiff“ sowie Mixformen davon als gefährliche Hunderasse qualifizieren.

Die Aufnahme der Hunderassen „Dogo Argentino“ und „Cane Corso Mastiff“ sowie der Mixformen dieser mit anderen Hunderassen in den Katalog höher zu besteuernder Hunde verstößt nicht gegen den Grundsatz der steuerlichen Belastungsgleichheit. Mit der Aufnahme solcher Hunderassen sollen die Hunde erfasst werden, die rassespezifische Merkmale aufweisen, die ein besonderes Gefährdungspotenzial begründen und unter präventiven Gesichtspunkten besondere Anforderungen an den Umgang mit ihnen erfordern. Gefährdungsrelevante Merkmale bei den in dieser Weise bestimmten Rassen sind beispielsweise niedrige Beißhemmung, herabgesetzte Empfindlichkeit gegen Angriff, Kampfinstinkt oder ein genetisch bedingter Schutztrieb. Mit der Aufnahme der der Hunderassen „Dogo Argentino“ und „Cane Corso Mastiff“ sowie der Mixformen dieser mit anderen Hunderassen hat der Satzungsgeber erkennbar den gleichen Lenkungszweck verfolgt.

Unter Berücksichtigung dessen, dass der Satzungsgeber nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Erkenntnisse und Tatsachen, die der übernommenen Regelung zugrundeliegen, nicht notwendig neu erheben muss und auf ihre sachliche Richtigkeit überprüfen muss, sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Gemeindevertretung der Gemeinde A-Stadt rechtsfehlerhaft gehandelt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass die Grundlagen der Entscheidung offensichtlich falsch sind.

Der allgemeine Gleichheitssatz verlangt nicht, dass jede Gemeinde komplexe und oftmals strittige Tatsachenfragen zum Gefährdungspotenzial bestimmter Hunderassen je für sich selbst erheben muss, bevor sie eine hierauf gestützte steuerrechtliche Regelung erlassen darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur erhöhter Besteuerung von sog. Kampfhunden verfolgt der Hundesteuersatzungsgeber nicht in erster Linie oder gar ausschließlich einen im engeren Sinne „polizeilichen“ Zweck der aktuellen konkreten Gefahrenabwehr, sondern den Zweck, ganz generell und langfristig im Gemeindegebiet die Population solcher Hunde zurückzudrängen, die aufgrund bestimmter Züchtungsmerkmale in besonderer Weise eine „potentielle Gefährlichkeit“ aufweisen. Da aus der nur potenziellen Gefährlichkeit bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine akute Gefährlichkeit erwachsen könne, ist es sachgerecht, „bereits an dem abstrakten Gefahrenpotenzial anzuknüpfen“.

Durchgreifende Zweifel daran, dass die Hunderasse „Dogo Argentino“ bzw. ein Mischling der Rassen „Cane Corso“ und „Mastiff“ nicht generell zu den gefährlichen Hunden zu rechnen seien, bestehen nicht. Die Rasse „Dogo Argentino“ („Argentinische Dogge“, Risthöhe 70 cm) ist in der Liste des § 10 LHundG NRW enthalten. Ausweislich des Gesetzentwurfes der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/die Grünen vom 11.03.2002 (LT-Drs. 13/2387) war hierfür maßgeblich, dass die dort genannten Hunderassen rassespezifische Merkmale aufweisen, die ein besonderes Gefährdungspotenzial begründen. Grundlage der gesetzlichen Entscheidung, die Hunderassen einschließlich des Dogo Argentino in § 10 LHundG aufzunehmen, war neben allem anderen aber auch eine – wenn auch nicht lückenlose – landesweite Abfrage für das Jahr 2001 über registrierte Vorkommnisse mit Hunden in Nordrhein-Westfalen (vgl. Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1275 des Abgeordneten Dr. Stefan M. Grühl – LT-Drucks. 13/3891 vom 18.06.2003). Dort wird unter anderem die Rasse „Dogo Argentino“ mit 7 Vorfällen genannt, davon 2, bei denen ein Mensch durch einen Hund dieser Rasse verletzt wurde.

Beleg für die Einbindung besonderen Sachverstandes und die Einbeziehung (weiterer) tatsächlicher Grundlagen in das Gesetzgebungsverfahren ist vornehmlich jedoch die umfangreiche Behandlung der Frage der Aufnahme von Rasselisten in das Landeshundegesetz überhaupt und der Einfügung bestimmter Rassen in diese Listen in den die gesetzgeberische Entscheidung vorbereitenden Sitzungen der Ausschüsse, in die der Gesetzentwurf nach der 1. Lesung am 22.03.2002 im Landtag verwiesen worden war. In der maßgeblichen öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz am 19. April 2002 (Ausschussprotokoll 13/562) wurden unter Beteiligung geladener Sachverständiger und Vertreter einschlägiger Spitzenverbände, die sich bereits zuvor schriftlich geäußert hatten, diese Fragen kontrovers diskutiert (vgl. Ausschussprotokoll 13/562, Seite 30 ff.) und die zahlreichen Zuschriften verwertet. Dabei wurde allerdings unter Verwendung weiteren Materials auch hervorgehoben, dass es aufgrund Jahrtausende langer Domestikation und gezielter Zucht disponierte Hunderassen gibt, die eher als andere Rassen zur Aggressivität neigen und/oder aufgrund ihrer Größe, ihres Gewichts und ihrer Beißkraft für den Menschen oder ein Tier besonders gefährlich werden können (S. 38 des Ausschussprotokolls). Im weiteren Zusammenhang (S. 45 des Ausschussprotokolls) verweist der Sachverständige auf Beißstatistiken, u. a. aus den USA, und führt weiter aus, gewisse Rassen seien „einfach an der Spitze zu finden“ und nennt die Hunderasse „Dogo Argentino“ als mutmaßlich gesteigert aggressive Hunde oder Kampfhunde.

Wenn sich der Gesetzgeber Nordrhein-Westfalens u. a. auf dieser Grundlage für die Aufnahme einer Rasseliste mit Einbeziehung der Hunderasse Dogo Argentino in das Landeshundegesetz entschieden hat, hat er damit eine Wertungsentscheidung auf tragfähiger Tatsachengrundlage getroffen. Anschließend daran durfte daher die Gemeindevertretung der Gemeinde A-Stadt dieser gesetzgeberischen Wertung, wie sie mit der Aufnahme der Hunderasse „Dogo Argentino“ in die Rasseliste des Landeshundegesetzes Nordrhein- Westfalens erfolgt ist, bei seiner eigenen Entschließung als örtlicher Steuersatzungsgeber wesentliches Gewicht beimessen.

Aus den gleichen Gründen bestehen auch keine rechtlichen Bedenken, einen Mischling aus den Rassen Cane Corso und Mastiff zu den gefährlichen Hunden im Sinne des Hundesteuerrechts zu zählen. Die Rasse Cane Corso („italienische Dogge“, Risthöhe 70 cm, Gewicht ca. 50 kg) ist aus der Rasse Alano entwickelt worden, die in die Rasseliste des § 10 Abs. 1 LHundG NRW aufgenommen worden ist. Die Rasse wird als Nachkomme des Mastino Napoletano angesehen. In diesem Zusammenhang ist es entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts Köln für das dem zugrunde liegende Gefährdungspotential unerheblich, ob diese Rasse seit 1997 vorläufig und seit 2007 endgültig von der FCI und dem VDH als eigenständige Rasse anerkannt worden ist. Die Umetikettierung einer bestimmten Gruppe von Hunden zu einer neuen eigenständigen Rasse ändert an ihrer abstrakten Gefährlichkeit nichts. Ebenso wie der Mastiff („englische Dogge“) zählt er zu den molossoiden Hunderassen, die bereits aufgrund ihrer Körpermasse und ihrer Beißkraft abstrakt gefährlich sind.

Zwar wird der Mastiff im Allgemeinen als ruhiger Hund mit hoher Reizschwelle beschrieben. Mit einer Widerristhöhe von etwa 80 cm und einem Gewicht von ca. 90 kg handelt es sich aber andererseits um einen sehr kräftigen, mutigen und wehrhaften Hund, der zudem über einen stark ausgeprägten Schutztrieb verfügt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass es sich bei dieser Rasse um keine einfach zu haltenden Hunde handelt. Der Mastiff gilt auch im Allgemeinen als sehr kinderfreundlich. Bei fremden Kindern sei jedoch immer Vorsicht geboten, da die grenzenlose Geduld und Loyalität des Mastiff sich vor allem auf die eigene Familie bezieht. Erwähnt wird ferner eine ausgeprägte „Dickköpfigkeit“. Habe der Mastiff einmal beschlossen, etwas nicht zu tun, so habe der Besitzer wenig Chancen, sich durchzusetzen. Diese Anlagen bergen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, erhebliche Risiken, insbesondere wenn ein solcher Hund gezielt fehlgeleitet oder nicht konsequent erzogen wird. Zwar ist es in der Vergangenheit nur sehr selten zu Beißvorfällen unter Beteiligung von Hunden dieser Rasse gekommen. Dadurch wird jedoch das abstrakte, aufgrund ihrer Rassemerkmale bestehende Gefährdungspotential dieser Hunde nicht in Frage gestellt.

Auch wenn sich aus den wissenschaftlichen Veröffentlichungen auch ergibt, dass nicht bei allen individuellen Exemplaren einer Hunderasse auf Grund ihrer Merkmale von vornherein von einer gesteigerten Gefährlichkeit auszugehen sein wird, ergibt sich hieraus nichts, aufgrund dessen auf die Unzulässigkeit einer Rasseliste geschlossen werden kann. Das aggressive Verhalten eines einzelnen Hundes hängt von mehreren Faktoren ab, wie seiner Veranlagung, seiner Aufzucht und den Verhaltensweisen seines Halters. Das Fehlen der Aggressivität und der darauf beruhenden Gefährlichkeit im Einzelfall berührt jedoch nicht die Rechtmäßigkeit der Einstufung der Hunderasse und der Heranziehung zur erhöhten Hundesteuer für alle Hunde, die dieser Rasse angehören. Mit dem als unwiderlegliche Vermutung ausgestalteten Steuertatbestand für gefährliche Hunde wird nicht in erster Linie oder sogar ausschließlich ein im engeren Sinne „polizeilicher“ Zweck verfolgt, hier die Abwehr konkreter Störungen der öffentlichen Sicherheit. Das Lenkungsziel besteht vielmehr – und zulässigerweise – auch darin, ganz generell und langfristig im Gebiet der Gemeinde A-Stadt solche Hunde zurückzudrängen, die auf Grund ihres Züchtungspotenzials in besonderer Weise die Eignung aufweisen, ein gefährliches Verhalten zu entwickeln und sei es auch erst nach Hinzutreten anderer Faktoren. Müssten in bestimmten Einzelfallen Ausnahmen von der höheren Besteuerung gewährt werden, so liefe dies dem steuerlichen Lenkungszweck zuwider, den Bestand an potenziell gefährlichen Hunden möglichst gering zu halten. Da aus der potenziellen Gefährlichkeit bei Hinzutreten anderer Faktoren jederzeit eine konkrete und unter Umständen auch akute Gefährlichkeit erwachsen kann, ist es sachgerecht, bereits an das abstrakte Gefahrenpotenzial anzuknüpfen, so das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht abschliessend.

Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 04.09.2014 – 4 LB 21/13