martina heck

24.01.2014

Lebende Katze von Hunden zerfleischt – Schnäppchen

€ 300,00 kostete es den Halter zweier Hunde, der eine Katze seinen Hund zum Fraß vorwarf. Er wollte angeblich seinen Mitbewohner mit der Katze erschrecken …

Gegen diesen Betrag wurde ein Strafverfahren im Rahmen eines Klageerzwingungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Braunschweig (vorläufig) eingestellt, nachdem sich zuvor die Staatsanwaltschaft geweigert hatte, überhaupt Anklage zu erheben.

1.

Soweit dem Beschuldigten Tierquälerei gemäß § 17 Nr. 1 und Nr. 2 Tierschutzgesetz vorgeworfen wurde, war der Antrag unzulässig, da die Anzeigeerstatterin nicht als Verletzte im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO anzusehen ist.

Verletzte im Sinne des § 172 Abs. 1 StPO ist grundsätzlich, wer durch die behauptete Tat – ihre tatsächliche Begehung unterstellt – unmittelbar in einem Rechtsgut verletzt ist.

Da das Tierschutzgesetz in erster Linie das lebende Tier vor Beeinträchtigungen durch den Menschen schützt und Ausdruck eines auf den Schutz des Tieres ausgerichteten ethischen Tierschutzes ist, ist nach ganz überwiegender Meinung, der sich das Oberlandesgericht Braunschweig anschließt, der Eigentümer/Halter des Tieres vom Schutzzweck des Gesetzes nicht erfasst und damit nicht als Verletzter anzusehen.

Die Rechte des Halters werden durch die Vorschrift des § 303 StGB, so das Oberlandesgericht Braunschweig, ausreichend geschützt.

2.

Wegen der übrigen Vorwürfe des Diebstahls und der Sachbeschädigung ist der Antrag nach Auffassung des Oberlandesgerichts Braunschweig zulässig mit der Maßgabe, dass statt des Diebstahls eine Unterschlagung in Betracht kommt.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist auch begründet.

Der Beschuldigte ist aufgrund der Schilderung in dem Antrag dringend verdächtigt,  am 28.11.2012 gegen 00.10 Uhr sich eine fremde, bewegliche Sache rechtswidrig zugeeignet und rechtswidrig eine fremde Sache zerstört zu haben, indem er

zur Tatzeit die sechs Monate alte rotgetigerte europäische Kurzhaarkatze mit Namen „Kater Findus“ der Anzeigeerstatterin T., die im Bereich der Appartementanlage frei herumlief, aufgenommen, in den Nacken gepackt und trotz lauten Schreiens der Katze diese am Schwarzen Brett und dem Kreisel vorbei in das von ihm und dem Zeugen K. bewohnte Appartement Nr. … verbracht hat. In der Wohnung befanden sich die zwei Jagdterrier des Beschuldigten, von denen zumindest einer die Katze sofort tötete, was der Beschuldigte auch für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat.

Der Beschuldigte hat angeführt, er habe die Katze mitgenommen, um seinen Mitbewohner zu erschrecken. Dabei war ihm durchaus bewusst, dass sich in der Wohnung seine für die Jagd ausgebildeten, nach seinen eigenen Angaben mit einem starken Jagdtrieb versehenen und zur Bewegungsjagd auf Schwarzwild eingesetzten Hunde befanden.

Da der Beschuldigte einen Mitbewohner hat und somit dritte Personen ohne sein Wissen Zugang zur Wohnung hatten, konnte er – entgegen seiner Einlassung – nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass seine Zimmertür noch versperrt und die Hunde eingeschlossen waren, zumal sie offenbar auch sonst in der Wohnung umherliefen. So sah der Zeuge F.. sie nach der Tat in der Küche und sie werden nach Angaben des Beschuldigten auf dem Balkon gefüttert. Der Beschuldigte wusste weder, wann sein Mitbewohner in die Wohnung zurückkam, noch mit wem und welche Aktivitäten dann stattfanden; insbesondere musste er auch damit rechnen, dass sein Mitbewohner sich erschrocken hätte beim Anblick der Katze und sofort zu ihm ins Zimmer gelaufen wäre, wodurch die Hunde dann ebenfalls ungehinderten Zugriff auf die Katze gehabt hätten. Dem Beschuldigten war auch bewusst, dass eine sechs Monate alte Katze sich gegen zwei Jagdhunde in deren „Revier“ nicht erfolgreich zur Wehr setzen kann. Den (tödlichen) Angriff der Hunde auf die Katze hat der Beschuldigte in Kauf genommen, wobei zu seinen Gunsten von einer alkoholbedingten Enthemmung auszugehen ist.

Es besteht daher der hinreichende Verdacht, dass sich der Beschuldigte wegen Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 StGB sowie wegen Sachbeschädigung gemäß § 303 Abs. 1 StGB schuldig gemacht hat.

Ein Diebstahls an der Katze scheitert mangels Wegnahme i.S.d. § 242 StGB. Da die Anzeigeerstatterin zur Tatzeit nicht wusste, wo sich die frei herumlaufende Katze befand, fehlte ihr die für fortbestehenden Gewahrsam nötige tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit.

Bei dem Vorwurf der Sachbeschädigung gemäß § 303 StGB handelt es sich zwar grundsätzlich gemäß § 374 Abs. 1 Nr. 6 StPO um ein Privatklagedelikt, bei dem der Weg des Klageerzwingungsverfahrens gemäß § 172 Abs. 2 S. 3 StPO verschlossen ist; da jedoch die angezeigte Tat im Sinne des § 264 StPO auch die Unterschlagung als Offizialdelikt betrifft und die Antragstellerin auch hinsichtlich der Unterschlagung Verletzte ist, führt dies zur Zulässigkeit des Klageerzwingungsverfahrens insgesamt.

3.

Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 153a StPO gegen Zahlung einer Geldauflage von 300,- € vorläufig einzustellen, weil es der Durchführung einer Hauptverhandlung nicht bedarf.

Der Beschuldigte, sein Verteidiger sowie die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig haben einer entsprechenden Einstellung zugestimmt.

Die Delikte sind im Bereich der unteren Kriminalität anzusiedeln, wenngleich der subjektive Schmerz für die Tierhalterin deutlich größer ist. Der Beschuldigte war zum Tatzeitpunkt aufgrund des Alkoholgenusses enthemmt und es ist ihm abzunehmen, dass sich das Geschehen verselbstständigt und einen so von ihm nicht von vornherein beabsichtigten dramatischen Verlauf genommen hat.

Der Beschuldigte ist strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten.

Unter diesen Voraussetzungen kann das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung durch die Zahlung von 300,- € an eine gemeinnützige Einrichtung beseitigt werden, so das Oberlandesgericht Braunschweig. Dem steht auch die Schwere der Schuld im vorliegenden Fall nicht entgegen.

Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 29.08.2013 – 1 Ws 227/13