martina heck

10.08.2012

Kraftfahrzeugsteuer: Pkw oder Wohnmobil?

Das Finanzgericht Hamburg hat in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren entschieden, dass  (auch) ein Fahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8t – nach Wegfall einer Sonderregelung für Wohnmobile im Jahr 2004 – als PKW zu besteuern ist, wenn es (nach einem Umbau) nicht mehr von dem Zweck der Lastenbeförderung, sondern der Personenbeförderung geprägt ist infolge einer Herrichtung zur Nutzung als Wohnmobil. Eine (günstigere) Besteuerung als Wohnmobil verlange jedoch, dass die Bodenfläche des Wohnteils den überwiegenden Teil der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs einnimmt und der Wohnteil eine Stehhöhe von mindestens 170 cm sowohl an der Kochgelegenheit als auch an der Spüle ausweist.

Der Kläger scheiterte mit seinem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, da nach Auffassung des Finanzgerichts Hamburg keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kraftfahrzeugsteuerbescheids bestanden. Der Antragsgegner war nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG befugt, die Kraftfahrzeugsteuer geändert festzusetzen, denn die Bemessungsgrundlage hat sich seit 2005 auch für so genannte unechte Wohnmobile geändert, so dass die vorherige Steuerfestsetzung fehlerhaft ist.

Nach alter Rechtslage, die ihre Ausgestaltung durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes erhalten hatte , waren sogen. Kombinationsfahrzeuge und auch Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 2,8 t nicht als Pkw, sondern als andere Fahrzeuge im Sinne des § 8 Nr. 2 KraftStG zu besteuern. Mit der Aufhebung des § 23 Abs. 6a der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) durch die 27. Verordnung vom 2.11.2004 ist die bis dahin nur für die Kombinationskraftwagen bestehende Sonderregelung ersatzlos entfallen. Die frühere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, Wohnmobile mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild des Fahrzeuges nicht als Pkw zu besteuern, kann deshalb keine Geltung mehr beanspruchen.

Der Antragsgegner hat das Fahrzeug der Antragstellerin zu Recht als Pkw i. S .d. § 8 Nr. 1 KraftStG eingestuft und nach dem Hubraum besteuert. Das Steuergesetz enthält keine ausdrückliche Definition des Pkw und verweist in § 2 Abs. 2 S. 1 KraftStG lediglich auf die jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die verkehrsrechtlichen Vorschriften enthalten keine ausdrückliche Bestimmung des Begriffs Pkw oder Lkw. Der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt vielmehr ein eigenständiger kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Pkw-Begriff zu Grunde. Danach ist ein Pkw ein Fahrzeug mit vier oder mehr Rädern, dass nach seiner Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt ist. Die Abgrenzung zwischen Lkw und Pkw ist nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind von der Rechtsprechung z. B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Fenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Er-scheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers anerkannt worden. Bei Fahrzeugen, die nach ihrem äußeren Erscheinungsbild sowie ihrer technischen Ausstattung sowohl als Pkw als auch als Lkw eingesetzt werden können, kommt eine Besteuerung als Lkw nach dem Fahrzeuggewicht erst dann in Betracht, wenn diese den typischen Gewichtsbereich und die regelmäßigen Zuladungsmöglichkeiten eines Pkw deutlich überschreiten. Denn ein Lkw wird maßgeblich durch die Möglichkeit geprägt, Lasten von erheblichem Umfang zu befördern.

Zwar erfüllte das Fahrzeug der Antragstellerin in dem entschiedenen Fall etliche Kriterien, die es als Lkw kennzeichnen könnten, wie beispielsweise die Verblechung der Fenster, die Anzahl der Sitzplätze, das Gesamtgewicht und die Nutzlast. Es wird jedoch von dem Zweck der Personenbeförderung und nicht der Lastenbeförderung geprägt.

Das Fahrzeug ist – wie sowohl auf den Fotos der Polizei als auch der Antragstellerin ersichtlich – mit Innenausbauten ausgestattet, wie sie für die Nutzung als Wohnmobil kennzeichnend sind. Dies gilt insbesondere für den Einbau eines Gestells als Matratzenunterlage, von Schränken als Stauraum, der Verkleidung der Seitenwände und des Daches, die Einrichtung einer Beleuchtung. Zweck eines Wohnmobils ist es, Personen zu befördern und eine besondere Art des Reisens zu ermöglichen, bei dem auch ein vorübergehendes Wohnen in dem Fahrzeug erfolgen kann. Zu diesem Zweck und nicht zur Lastenbeförderung wird das Fahrzeug von der Antragstellerin ausweislich der Lichtbilder der Polizei auch genutzt (Ausstattung mit Matratze und Musikanlage). Eine Besteuerung als Lkw scheidet danach aus.

Die Voraussetzungen für eine (günstigere) Besteuerung als Wohnmobil nach § 2 Abs. 2b, § 9 Abs. 1 Nr. 2a KraftStG liegen nicht vor, weil das Fahrzeug der Antragstellerin nicht die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Danach gelten Fahrzeuge als Wohnmobile, wenn sie auch zum vorübergehenden Wohnen ausgelegt und ausgebaut sind, die Bodenfläche des Wohnteils den überwiegenden Teil der gesamten Nutzfläche des Fahrzeugs einnimmt und der Wohnteil eine Stehhöhe von mindestens 170 cm sowohl an der Kochgelegenheit als auch an der Spüle ausweist. In dem streitgegenständlichen Pkw fehlt es an einer Kochgelegenheit, einer Spüle und nach den Angaben der Polizei ist die erforderliche Stehhöhe von 170 cm nicht gegeben. Dies wird auch von der Antragstellerin nicht bestritten.

Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ist auch nicht deshalb zweifelhaft, weil die Kraftfahrzeugsteuer rückwirkend höher festgesetzt worden ist.

Der Antragsgegner konnte nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Nr. 4 KraftStG zur Beseitigung der fehlerhaften Besteuerung als Lkw die Steuer neu festsetzen, denn die Regelung erlaubt es ohne Rücksicht auf die Unanfechtbarkeit des Kraftfahrzeugsteuerbescheids rückwirkend auf den Zeitpunkt, in dem sich die Bemessungsgrundlage geändert hat, die Steuer neu festzusetzen. Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner zutreffend die Steuerfestsetzung nicht seit Mai 2005, sondern erst mit der Ummeldung des Kfz nach Hamburg und dem Eintritt seiner Zuständigkeit geändert. Die vierjährige Festsetzungsfrist nach § 1 Abs. 2 KraftStG i. V. m. § 169 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung war bei der Erlass des Bescheids noch nicht abgelaufen.

Die Antragstellerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, denn es besteht kein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand der bestehenden Rechtslage. Soweit verfahrensrechtlich eine Änderung des Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung zulässig war, konnte diese auch von dem Antragsgegner vorgenommen werden, nachdem er von der fehlerhaften Besteuerung Kenntnis erlangt hat. Der Einstufung des Kraftfahrzeugs durch die Verkehrsbehörde oder der zuvor für die Besteuerung zuständigen Stelle als Lkw kommt keine Bindungswirkung für den hier streitigen Zeitraum zu.

Finanzgericht Hamburg, Beschluss vom 20.4.2012 – 2 V 114/12