martina heck

11.05.2016

Fachgespräch für den Hundetrainer nach § 11 TSchG trotz Schulung

Über eine der möglichen Auswirkungen des § 11 TSchG hatten wir bereits hier berichtet.

Insbesondere für Hundetrainer ist die Diskussion um § 11 TSchG aber noch lange nicht zu Ende.

Im Rahmen der Erlaubniserteilung zum gewerbsmäßigen Ausbilden von Hunden hat das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (im Rahmen eine Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens) nun entschieden, dass die zuständige Behörde auch dann einen weiteren Fachkundenachweis in Form eines Fachgespräches fordern kann, wenn der Betreiber der gewerblichen Hundeschule einen Fortbildungskurs bei einem privaten Schulungszentrum absolviert hat.

In dem konkreten Fall betreibt die Antragstellerin seit 2007 eine gewerbliche Hundeschule und seit 2013 zudem eine von dem Antragsgegner in 2013 erlaubte gewerbliche Hundepension. Nachdem die gewerbsmäßige Ausbildung von Hunden gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f TierSchG mit Wirkung zum 01.08.2014 erlaubnispflichtig geworden war, beantragte die Antragstellerin die Erteilung dieser Erlaubnis. Mit Bescheid vom 09.02.2015 erteilte der Antragsgegner mit Blick auf die von der Antragstellerin auf eigene Initiative begonnene Ausbildung im Schulungszentrum „E.“ unter Auflagen eine bis zum 30.09.2015 befristete Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Ausbilden und zum gewerbsmäßigen Anleiten des Tierhalters zum Ausbilden von Hunden. Den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer unbefristeten Erlaubnis zum Betrieb der Hundeschule lehnte der Antragsgegner ab. Zur Begründung verwies er im Wesentlichen auf die Vorgabe, ein Fachgespräch mit den Erlaubnispflichtigen zu führen, die – wie die Antragstellerin – nicht eine anerkannte Aus- oder Weiterbildung aufwiesen.

Hiergegen hat die Antragstellerin Klage. Ihren zugleich gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Ziel, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, den gewerbsmäßigen Betrieb ihrer Hundeschule bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu dulden, hat das Verwaltungsgericht Oldenburg mangels Anordnungsanspruches abgelehnt.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg keinen Erfolg.

Grundsätzlich besteht gemäß §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f, 21 Abs. 4 b TierSchG (in der Fassung des Dritten Änderungsgesetzes zum Tierschutzgesetz vom 04.07.2013 seit dem 01.08.2014 eine Erlaubnispflicht für den gewerbsmäßigen Betrieb einer Hundeschule besteht. Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale einer derartigen Erlaubnispflicht liegen unstreitig vor. Solange – wie bisher – das zuständige Bundesministerium von seiner in § 11 Abs. 2 TierSchG vorgesehenen Ermächtigung zur näheren Regelung des Erlaubnisverfahrens in Gestalt einer Rechtsverordnung noch keinen Gebrauch gemacht hat, ist gemäß § 21 Abs. 5 TierSchG unter anderem die bisherige Regelung des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG in der bis zum 13.07.2013 geltenden Fassung – TierSchG a. F. – weiter anzuwenden. Hiernach muss die für die Tätigkeit verantwortliche Person auf Grund ihrer Ausbildung oder ihres bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren die für die Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten haben; der Nachweis hierüber ist auf Verlangen in einem Fachgespräch bei der zuständigen Behörde zu führen.

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat nach Auffaasung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg zu recht darauf abgestellt, dass die Antragstellerin die demnach erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten (Sachkundenachweis) bisher nicht hinreichend nachgewiesen hat, sodass die Behörde zu Recht ein Fachgespräch fordert.

Nach der Systematik des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG a. F. obliegt es demjenigen, der eine Erlaubnis zum Führen einer gewerblichen Hundeschule beantragt, seine Fachkunde hinreichend nachzuweisen. Der Begriff der Fachkunde stellt dabei einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der vom Verwaltungsgericht uneingeschränkt überprüft werden kann. Der Antragsteller kann seine Fachkunde in einem ersten Schritt auf zwei selbständig nebeneinander stehenden Wegen belegen: Zum einen durch eine Ausbildung und zum anderen durch den bisherigen – nicht zwingend beruflichen – Umgang mit Tieren. In beiden Fällen kann die nach § 15 Abs. 1 Satz 1 TierSchG zuständige Behörde in Zweifelsfällen in einem zweiten Schritt einen (weiteren) Nachweis in Gestalt eines mit ihr zu führenden Fachgesprächs verlangen. Dieses Erfordernis eines Fachgesprächs gilt trotz der Gesetzesbegründung zu der Neufassung des § 11 Abs. 2 Nr. 1 TierSchG durch die am 01.06.1998 in Kraft getretene Gesetzesnovelle nicht nur für den Personenkreis, der außerhalb einer Ausbildung oder eines beruflichen Umgangs die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in einem privaten Umfeld erworben hat, sondern auch und gerade für die hier interessierende Personengruppe der bereits gewerblich und beruflich Tätigen.

Der Beschwerdeeinwand der Antragstellerin, bereits ihr beanstandungsfreier Betrieb einer Hundepension, den der Antragsgegner ihr aufgrund eines insoweit erfolgreich bestandenen Fachgesprächs erlaubt habe, spreche dafür, dass sie den Sachkundenachweis auch für den Betrieb einer Hundeschule geführt habe, greift nicht durch. Entgegen ihrer Ansicht ist das Fachgespräch nicht ausschließlich tierartbezogen. Gegenstand eines solchen Gesprächs ist in erster Linie die jeweilige Tätigkeit. Der Einschätzung des Verwaltungsgerichts Oldenburg, dass der Betrieb einer Hundeschule andersartige und weitergehende Anforderungen als derjenige einer Hundepension stellt, ist das Oberverwaltungsgericht Lünerburg ausdrücklich beigetretem. Gleiches gilt für die Annahme, dass auch die Bescheinigung einer, wonach alle bei der Antragstellerin ausgebildeten Hundehalter den Sachkundenachweis gemäß § 3 NHundG hätten führen können, den Nachweis der erforderlichen Sachkunde nicht ersetzen kann. Die in § 11 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 TierSchG a. F. genannte zweite Fallgruppe des Sachkundenachweises in Gestalt des bisherigen beruflichen oder sonstigen Umgangs mit Tieren ist mithin bereits nicht erfüllt.

Die absolvierte Ausbildung im Schulungszentrum für Hundetrainer „E.“ im Ausbildungsgang „Hundetrainer@Home“ genügt nach Auffassung des Oberverwaltungsgericht Lüneburg nicht als hinreichender Sachkundenachweis im Sinne der ersten Fallgruppe in § 11 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 TierSchG a. F., so dass die Forderung des Antragsgegners auf Führen eines Fachgespräches als rechtmäßig anzusehen ist – so das Oberverwaltungsgericht Lüneburg.

Der Antragstellerin ist zwar zuzugestehen, dass die genannte Fallgruppe nicht zwingend eine Ausbildung bei einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft wie der Industrie- und Handelskammer voraussetzt. Die von der Antragstellerin in den Vordergrund ihrer Argumentation in erster und zweiter Instanz gestellten Vollzugsempfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz – Arbeitsgruppe Tierschutz – (zuletzt in der Fassung v. 10.11.2015 bzw. 12/2015) geben für einen Erfolg der Beschwerde aber nichts her –  so das Oberverwaltungsgericht Lüneburg. Zum einen befinden sich diese zurzeit ersichtlich noch im Entwurfsstadium. Zum anderen liegt ein die zuständigen Behörden bindender Erlass des zuständigen Landesministeriums noch nicht vor. Und schließlich lassen ungeachtet dieser bisherigen rechtlichen Unverbindlichkeit die Vollzugsempfehlungen zwar auch private Anbieter – wie hier das Schulungszentrum E. – als Aus- oder Weiterbildungsstätte genügen, wenn bestimmten näher bezeichneten Anforderungen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht sowohl an die Schulung als auch die Prüfung Rechnung getragen wird. Insbesondere müssen nach Ziffer 4. der von der Antragstellerin vorgelegten Entwurfsfassung der Vollzugsempfehlungen die Ausbilder/Dozenten für ihr jeweiliges Themengebiet ausreichend qualifiziert sein und die Prüfung muss unter Beteiligung geeigneter Prüfer – genannt werden beispielhaft qualifizierte Tierärzte, qualifizierte Hundetrainer und qualifizierte Biologen – erfolgen und schriftlich dokumentiert werden. Im Fall der von der Antragstellerin absolvierten Ausbildung bei dem genannten privaten Schulungszentrum ist nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass diesen Anforderungen hinsichtlich der Qualifikation der Ausbilder und Dozenten sowie der Prüfer genügt worden ist. Die von der Antragstellerin vorgetragene Selbsteinschätzung des Ausbildungsinstituts in seinem im Beschwerdeverfahren vorgelegten Schreiben reicht nicht aus.

In diesen Fällen verlangen auch die Vollzugsempfehlungen unter Ziffer 5. (dort S. 4) unter Hinweis auf Nr. 12.2.2.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Tierschutzgesetzes – AVV Tierschutzgesetz – ein Fachgespräch, das die zuständige Behörde gemäß § 15 Abs. 2 TierSchG in der Regel unter Beteiligung eines beamteten Tierarztes als Sachverständigen und bei Bedarf unter weiterer Hinzuziehung eines oder mehrerer externer Sachverständiger vorzunehmen hat. Auch die Vollzugsempfehlungen regen unter Ziffer 7. (dort S. 6) die Beteiligung geeigneter Sachverständiger als sinnvoll an.

Etwas anderes ergibt sich weder aus dem bisherigen Verhalten des Antragsgegners noch aus der Verwaltungspraxis anderer Erlaubnisbehörden.

Aus der befristeten Erlaubnis zum vorläufigen Weiterbetrieb ihrer Hundeschule kann die Antragstellerin nichts für sich herleiten. Der Antragsgegner hat in der Begründung dieses Bescheides zwar angeführt, dass die Antragstellerin die für die Tätigkeit notwendige Sachkunde im Umgang und in der Ausbildung von Hunden zwar erwerbe, aber noch nicht abschließend nachgewiesen habe. Hieraus kann aber nicht auf eine Zusicherung des Antragsgegners im Sinne der §§ 1 Abs. 1 Nds. VwVfG, 38 VwVfG geschlossen werden, nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung bei dem Institut E. werde eine unbefristete Erlaubnis erteilt.

Der Beschwerdeeinwand der Antragstellerin, die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Oldenburg, wonach sich ein etwaiger Anspruch auf Gleichbehandlung lediglich gegen den jeweiligen Hoheitsträger richte, dessen Entscheidung zur Überprüfung anstehe, seien für sich genommen zwar richtig, würden aber den Kern der Sache verkennen, rechtfertigt nach dem oben Gesagten kein anderes Ergebnis. Der Antragsgegner fordert hiernach zu Recht von der Antragstellerin die Durchführung eines Fachgesprächs, ohne dass es auf eine etwaige andersgelagerte Verwaltungspraxis anderer Landkreise als zuständige Tierschutzbehörde ankommt. Ungeachtet dessen geht diese Verwaltungspraxis selbst nach Darstellung der Antragstellerin in ihrer weiteren Beschwerdebegründung vom 16. Dezember 2015 dahin, einen Amtstierarzt zu den Prüfungen der privaten Ausbildungsinstitute hinzuzuziehen.
Der gesetzlichen Einführung der Erlaubnispflicht für gewerbliche Hundeausbilder gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 f TierSchG und insbesondere der Forderung des Antragsgegners auf Durchführung eines Fachgesprächs stehen nicht Grundrechte der Antragstellerin entgegen. Dem Gesetzgeber ist es unbenommen, auch für bereits ausgeübte gewerbliche Tätigkeiten nachträglich eine Erlaubnis zu fordern. Den verfassungsrechtlichen Anforderungen ist dadurch hinreichend Rechnung getragen worden, dass der Gesetzgeber den Eintritt der Erlaubnispflicht mit einem einjährigen Übergangszeitraum verbunden hat, um den gewerblichen Hundeausbildern genügend Zeit zur Erlangung der erforderlichen Fachkenntnisse zu geben.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 27.01.2016 – 11 ME 249/15