Das Verwaltungsgericht Gießen hat entschieden, dass es keinen rechtlichen Bedenken begegnet, wenn eine kommunale Satzung über Hundesteuer bestimmte Merkmale aufstellt, anhand deren ein Hund als gefährlich klassifiziert wird, sofern diese Kriterien sachangemessen und hinreichend bestimmt sind.
In dem konkreten Fall stritten die Beteiligten über die Rechtmäßigkeit eines Hundesteuerbescheides. Die Klägerin war Halterin eines Cocker Spaniels „Rino“ sowie einer Boxerhündin „Sarah“. In der Nacht vom 10. auf den 11.04.2011 verließen diese Hunde das Grundstück der Klägerin durch eine versehentlich offen gelassene Eingangstür, drangen auf das Grundstück des Herrn C., D-Straße, in A-Stadt ein, bezwangen dort den Zaun zu den Hasenställen, zerstörten die Käfige und töteten durch Bisse insgesamt 22 Stallhasen. Die Beklagte nahm den Vorfall zum Anlass, die Klägerin auf die Vorschriften der Hundeverordnung hinzuweisen. Hiernach seien die beiden Hunde nunmehr als „gefährlich“ einzustufen.
Mit Bescheid vom 20.05.2011 setzte die Beklagte die Hundesteuer für die Hunde der Klägerin auf insgesamt € 840,00 für das Jahr 2011 fest.
Die Klägerin legte Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Zur Begründung trug sie vor, die Hunde einer Wesensprüfung unterzogen zu haben, die zu dem Ergebnis gelangt sei, die Tiere seien nicht gefährlich.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung gab sie an, die Hunde seien durch den Vorfall im April 2011 unwiderlegbar als gefährlich einzustufen. Die tierärztlichen Gutachten seien nur erforderlich gewesen, um eine Entscheidung über die weitere Hundehaltung treffen zu können.
Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben. Sie trägt vor, die Beklagte habe die Hunde in Unkenntnis der Gutachten als „gefährlich“ eingestuft. Die nach der Hundeverordnung hierfür erforderlichen Voraussetzungen seien nicht gegeben. Zudem sei durch die Wesensprüfung gutachtlich festgestellt, dass die Tiere nicht gefährlich seien. Aus dem einmaligen Vorfall vom 10.04.2011, dessen genaue Umstände nicht aufgeklärt seien, könne und dürfe nicht auf eine Gefährlichkeit der beiden Hunde geschlossen werden.
Das Verwaltungsgericht Giessen hat die Klage als unbegründet abgewiesen, da der angefochtene Hundesteuerbescheid sowie der Widerspruchsbescheid rechtmäßig seien und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzten (vgl. § 113 Abs. 1 S.1 VwGO).
Rechtsgrundlage des Hundesteuerbescheides ist § 7 Abs. 2 KAG i. V. m. §§ 2, 5 der Satzung über die Erhebung einer Hundesteuer im Gebiet der Beklagten (im Folgenden: Satzung). Die Erhebung einer Hundesteuer ist hierbei grundsätzlich gemäß Art. 105 Abs. 2 a GG i. V. m. § 7 Abs. 2 KAG als örtliche Aufwandsteuer zulässig.
Die Klägerin ist Steuerpflichtige nach § 2 der Satzung. Gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung ist Steuerschuldnerin die Halterin eines Hundes. Im Jahr 2011 war die Klägerin Halterin der beiden Hunde.
Zu Recht wurde, so das Verwaltungsgericht Gießen, in dem angefochtenen Bescheid auch einen Steuersatz für einen gefährlichen Hund in Höhe von € 600,00 jährlich zugrundegelegt und anteilig für den Zeitraum vom 01.05.2011 bis 31.12.2011 je Hund festgesetzt. Diese Vorgehensweise entspricht § 5 der Satzung. Nach Abs. 4 Nr. 3 dieser Norm gelten Hunde als gefährlich, die ein anderes Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein. Gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 4 der Satzung gelten Hunde ebenfalls als gefährlich, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert andere Tiere hetzen oder reißen. Das Zutodebeißen der Stallhasen durch die Hunde der Klägerin erfüllt sowohl die Voraussetzungen für eine Einstufung der Hunde als gefährlich nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 als auch nach § 5 Abs. 4 Nr. 4 der Satzung. Dies gilt selbst unter Annahme der von der Klägerin aufgestellten Vermutung, dass sich die beiden Hunde bei Dunkelheit in einem fremden, durch einen Zaun gesicherten Anwesen, selbst bedroht gefühlt hätten. Den von der Klägerin gestellten Beweisanträgen auf Vernehmung des Herrn C. zu den Vorgängen bis zur Tötung der Hasen durch die Hunde sowie auf Vorlage der von Herrn C. in diesem Zusammenhang gemachten Fotos war deshalb nicht nachzugehen. Denn auf diese Umstände kommt es für die Einstufung der Hunde als gefährlich und damit für die Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit nicht an.
Fest und von der Klägerin nicht bestritten steht, dass die Tiere in besagter Nacht freilaufend, d. h. außerhalb jeder Kontrolle durch ihre Halterin waren, auf ein fremdes Grundstück eingedrungen sind und dort die Hasen durch Biss getötet haben.
Nach den satzungsrechtlichen Regelungen der Beklagten, die mit höherrangigem Recht, insbesondere der Hundeverordnung vom 22.01.2003 in Einklang stehen, gelten die beiden Hunde aufgrund dieses konkreten Verhaltens in unwiderlegbarer Weise als gefährlich. Deshalb kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, die Hunde seien aufgrund der durchgeführten Wesensprüfung als nicht gefährlich anzusehen.
Es begegnet keinen Bedenken, wenn eine Satzung bestimmte Merkmale aufstellt, anhand deren ein Hund als gefährlich klassifiziert wird, sofern diese Kriterien sachangemessen und hinreichend bestimmt sind. Dies ist bezüglich der Satzung der Beklagten der Fall. Die dort getroffene Regelung ist eine rechtlich nicht zu beanstandende Ausübung der kommunalen Satzungshoheit. Durch den erhöhten Steuersatz wird beabsichtigt, das Verhalten der Hundehalter langfristig in der Weise zu beeinflussen, dass diese ihre Hunde so halten und führen, dass Gefährdungen der Rechtsgüter Dritter ausgeschlossen sind.
Der in der Satzung der Beklagten normierte Steuersatz in Höhe von € 600,00 EUR für einen gefährlichen Hund ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Dieser Steuersatz verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Der festgesetzten Steuer kommt eine erdrosselnde Wirkung nicht zu, nimmt man insbesondere die Unterhaltskosten für einen Hund mit in den Blick. Insoweit ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn mit einer hohen Steuer die Haltung von als gefährlich eingestuften Hunden einzudämmen versucht wird. Denn mit der Erhebung von Steuern dürfen außerfiskalische Zwecke verfolgt werden und die Absicht zur Einnahmeerzielung darf in den Hintergrund treten.
Die Hundesteuerfestsetzung ist schließlich auch der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat ersichtlich die Jahressteuer von € 600,00 für einen gefährlichen Hund jeweils nur für den Zeitraum ab Mai 2011 anteilig festgesetzt.
Verwaltungsgericht Gießen, Urteil vom 10.10.2013 – 8 K 1452/12.GI