Im Rahmen von Mieterhöhungsverlangen kann Streit darüber entstehen, wann ein Gutachten als ungeeignet zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete angesehen werden muss. Hierzu hat sich nun der Bundesgerichtshof in einer aktuellen Entscheidung geäußert.
Die Beklagten sind Mieter von Doppelhaushälften der Klägerin in Ahlen. Die Mietobjekte gehören zu der in den Jahren 1910 bis 1924 durch die Bergwerksgesellschaft Westfalen errichteten “Zechensiedlung Neustadt”, die bis zur Schließung der Zeche “Westfalen” im Jahr 2000 subventioniert und fast ausschließlich von Bergleuten bewohnt war. Die Siedlung besteht aus überwiegend älterer Bausubstanz im gleichförmigen Siedlungsstil und steht wegen ihres Charakters als Gartenstadt unter Denkmalschutz. Im Jahr 2005 verlangte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Mietspiegel von Ahlen für eine Vielzahl ihrer Mietobjekte in der Zechensiedlung die Zustimmung zu einer Erhöhung der monatlichen Nettomiete. Die Beklagten erteilten die Zustimmung nicht. Daraufhin erhob die Vermieterin Klagen auf Zustimmung zur Mieterhöhung.
Das Amtsgericht Ahlen hat die Klagen abgewiesen. Es hat die ortsübliche Vergleichsmiete mit Hilfe eines Sachverständigen anhand des (einfachen) Mietspiegels von Ahlen ermittelt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese niedriger als die bisher gezahlte Miete ist und somit kein Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung besteht. Das Landgericht Münster als Berufungsgericht hat die erstinstanzlichen Urteile abgeändert und den Klagen (in zwei Fällen ganz, in einem Fall teilweise) stattgegeben. Es hat sich auf ein Sachverständigengutachten gestützt, das ausschließlich Wohnungen der Klägerin aus der ehemaligen Zechensiedlung als Vergleichsobjekte herangezogen hat.
Der Bundesgerichtshof sah dies anders.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin sei, da die maßgeblichen Anforderungen des § 558a BGB erfüllt seien, formell ordnungsgemäß begründet worden und daher wirksam. An den Inhalt der Begründung des Mieterhöhungsverlangens dürften keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Die Be-gründung müsse die verlangte Erhöhung anhand von Tatsachen darlegen und dem Mieter die Möglichkeit geben, die Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen. Nehme der Vermieter – wie hier – zur Begründung des Erhöhungsverlangens auf einen Mietspiegel Bezug, so müsse er erkennen lassen, wie er die Wohnung eingruppiert habe. Die sachliche Richtigkeit der Eingruppierung sei keine Zulässigkeitsvoraussetzung. Entgegen der Auffassung der Beklagten genüge das Erhöhungsverlangen diesen Anforderungen. Die Klägerin habe darin unter Bezugnahme auf den einfachen Mietspiegel der Stadt Ahlen dargelegt, dass das Mietobjekt in einem Umfang saniert und neuzeitlichen Wohnansprüchen angepasst worden sei, der ungeachtet des tatsächlichen Baujahrs eine Umgruppierung in die Baualtersklasse “1981-1990″ rechtfertige (“Vollmodernisierung”). Hierdurch habe sie in ausreichendem Maße die Tatsachen mitgeteilt, aus denen sie ihren Anspruch herleite.
Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin sei materiell teilweise gerechtfertigt. Die Klägerin habe gemäß § 558 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete von 5,17 € je qm, nachdem die weiteren Voraussetzungen des § 558 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB (Wartefrist, Sperrfrist) und des § 558 Abs. 3 BGB (Kappungsgrenze) erfüllt seien. Der Anspruch der Klägerin lasse sich – materiell – allerdings nicht aus der Begründung des Mieterhöhungsverlangens herleiten. Bei dem streitgegenständlichen Mietobjekt handele es sich nicht um eine durch Umbau neu geschaffene Wohnung im Sinne von Ziffer 5 des Mietspiegels der Stadt Ahlen.
Aus dem vom Landgericht Münster eingeholten Gutachten des Sachverständigen S. ergebe sich jedoch, dass die Klägerin die geltend gemachte Miete jedenfalls zum Teil beanspruchen könne, weil sie die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteige. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Landgerichts Münster fest, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für das streitgegenständliche Mietobjekt zwischen 4,71 € und 5,17 € je qm betrage. Die Klägerin dürfe die Miete bis zum oberen Wert der Bandbreite der durch Sachverständigengutachten ermittelten konkreten ortsüblichen Vergleichsmiete anheben. Sie habe danach einen Anspruch auf Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete um 9,93 € auf 464,63 € monatlich (5,17 € x 89,87 qm). Bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete folge die Kammer in vollem Umfang den überzeugenden Ausführungen des von ihr beauftragten Sachverständigen. Demgegenüber sei der einfache Mietspiegel der Stadt Ahlen (Stand 1. Januar 2004) für die Kammer nicht als taugliche Erkenntnisquelle in Betracht gekommen. Gegen eine Einordnung der Mietobjekte in der ehemaligen Zechensiedlung in diesen Mietspiegel bestünden grundsätzliche Bedenken. Unstreitig seien die Wohnungen in der ehemaligen Zechensiedlung in die Datenerhebung zu diesem Mietspiegel nicht eingeflossen. Nach den einleuchtenden Ausführungen des Sachverständigen sei der Mietspiegel aus diesem Grund zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für den Wohnraum in der ehemaligen Zechen-siedlung nur sehr eingeschränkt nutzbar. Denn die Wohnungen in dieser Siedlung stellten einen nicht zu vernachlässigenden Anteil am Gesamtmietmarkt der Stadt Ahlen dar. Darüber hinaus wiesen diese Wohnungen verschiedene bedeutsame Besonderheiten auf, die allgemein einem Vergleich mit dem Miet-wohnraum im übrigen Stadtgebiet, der in den Mietspiegel eingeflossen sei, entgegenstünden. Eine sachgerechte Einordnung der Objekte in der ehemaligen Zechensiedlung in den einfachen Mietspiegel sei insbesondere im Hinblick auf die Wohnlage, den Wohnungstyp und die Beschaffenheit des Wohnraums (Höhenlage der Nebenräume und geringe Raumhöhe) nicht möglich, wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert habe.
Insoweit begegne es keinen Bedenken, so das Landgericht Münster, anstelle des von der Klägerin zur Begründung ihres Mieterhöhungsverlangens herangezogenen Mietspiegels für die Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens auf ein Sachverständigengutachten abzustellen, das die ortsübliche Vergleichsmiete im Sinne einer Einzelvergleichsmiete konkret ermittle. Bei Vorliegen eines – wie hier – formell wirksamen Mieterhöhungsverlangens sei vom Tatrichter materiell-rechtlich zu überprüfen, ob die verlangte Mieterhöhung nach § 558 BGB tatsächlich berechtigt sei, insbesondere ob die neue Miete innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete im Sinne von § 558 Abs. 2 BGB liege. Das Gericht sei bei der Beurteilung der Begründetheit eines Mieterhöhungsverlangens nicht an das zunächst vom Vermieter gewählte Begründungsmittel gebunden. Es müsse klar unterschieden werden zwischen der Begründung des Mieterhöhungsverlangens und der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem nicht entgegen. Demnach sei die sachlich zutreffende Einordnung einer Mietwohnung in ein Mietspiegelfeld keine Frage der Wirksamkeit, sondern der materiellen Begründetheit eines auf das Begründungsmittel des Mietspiegels gestützten Mieterhöhungsverlangens. Zu der Frage, ob eine unzutreffende Einordnung in den Mietspiegel zwingend zur Abweisung der Klage wegen materieller Unbegründetheit führe, obgleich die ortsübliche Vergleichsmiete dem Mieterhöhungsverlangen (teilweise) entspreche, habe der Bundesgerichtshof sich in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht geäußert.
Die gegen das Gutachten des Sachverständigen erhobenen Einwände der Beklagten griffen nicht durch. Nicht zu beanstanden sei, dass der Sachverständige bei der Begutachtung ausschließlich Wohnungen aus der ehemaligen Zechensiedlung als Vergleichsobjekte herangezogen habe. Angesichts der großen Anzahl zur Verfügung stehender Vergleichsobjekte in dieser Siedlung, deren Vergleichbarkeit die Beklagten im Übrigen nicht in Abrede stellten, sei kein Grund dafür ersichtlich, dass der Sachverständige auf Objekte außerhalb der Siedlung hätte zurückgreifen müssen. Die Ermittlung eines repräsentativen Querschnitts der Mieten setze nicht voraus, dass die Vergleichsobjekte mit einer großen Streubreite über das Gemeindegebiet verteilt seien. Der vergleichbare Wohnraum dürfe zudem auch vom selben Vermieter stammen und sogar im selben Haus gelegen sein. Darüber hinaus hätte ein Vergleich mit Mietobjekten aus dem übrigen Stadtgebiet – den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen folgend – hier nicht zu realistischen Ergebnissen geführt. Die Doppelhaushälfte der Beklagten stimme in mehrfacher Hinsicht nicht mit den “üblichen” Doppelhaushälften außerhalb der ehemaligen Zechensiedlung überein. Mit knapp 90 qm bleibe das Objekt der Beklagten weit hinter der sonst üblichen Größe von 120 bis 150 qm zurück. Auch die besondere Typik der Wohnung der Beklagten, die sich in den geringen Raumhöhen und den Höhenunterschieden der Räume im Erdgeschoss zueinander (Küche und Bad lägen tiefer) niederschlage, spreche gegen eine Vergleichbarkeit mit “normalen” Doppel-haushälften. Schließlich fehle es auch – wie der Sachverständige weiter dargelegt habe – an einer belastbaren Datenbasis für einen Vergleich mit Objekten im sonstigen Stadtgebiet. Die Stadt Ahlen, der Eigentümerverein und der Mieter-verein hätten die in den Mietspiegel 2004 eingeflossenen Daten entweder nicht archiviert oder sich gegenüber der vom Sachverständigen erbetenen Auskunft auf den Datenschutz berufen. Auch die Recherche bei Maklern, Immobilienverwaltern und Banken führe nicht zu verwertbaren Vergleichsmieten. Der eigene Datenpool des Sachverständigen enthalte keine repräsentative Anzahl von geeigneten Vergleichsobjekten. Demgegenüber sei in der ehemaligen Zechensiedlung – was nach Angaben des Sachverständigen sehr selten vorkomme – eine Vielzahl von tauglichen Vergleichsobjekten und damit eine äußerst belastbare Datenbasis vorhanden.
Die weitere Vorgehensweise des Sachverständigen bei der Ermittlung der zur Verfügung stehenden Vergleichsobjekte sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Sachverständige habe ausgeführt, er habe von der Klägerin auf Nachfrage eine Aufstellung der Mietanpassungen und Neuvermietungen der Jahre 2001 bis 2006 erhalten. Dabei habe er ausgehend von der zu begutachtenden Wohnung Vorgaben im Hinblick auf die Lage (Quartier), den Zuschnitt und den Wohnungstyp gemacht. Auf diese Datenbasis habe er sich bei der Auswahl der Vergleichsobjekte gestützt. Für das Landgericht Münster sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Sachverständige sich nicht auf die Listen der Klägerin hätte stützen dürfen. Zu Recht habe der Sachverständige darauf hingewiesen, dass ihm eine Kontrolle dieser Listen nicht möglich gewesen sei. Auch sei nicht ersichtlich, dass er auf anderem Wege an die gewünschten Informationen hätte gelangen können. Es bestünden zudem keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Listen der Klägerin unvollständig oder fehlerhaft seien. Konkrete Einwendungen gegen die Richtigkeit dieser Listen hätten die Beklagten nicht erhoben.
Auch die Auswahl der Vergleichsobjekte begegne insgesamt keinen Bedenken. Es führe nicht zur Unbrauchbarkeit des Gutachtens, dass Mieterhöhungen, die vor dem 01.10.2002 wirksam geworden seien, nicht in die Begutachtung eingeflossen seien. Es sei nicht ersichtlich, dass die Nichtberücksichtigung dieser Objekte zu einer fehlerhaften Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete geführt habe oder dass die Beklagten hierdurch benachteiligt worden seien.
Nicht zu beanstanden sei zudem, dass bei den Vergleichsmieten aus Mieterhöhungen Quadratmetermieten unter 4,24 € je qm nicht in die Begutachtung eingeflossen seien. Hier sei weder eine fehlerhafte noch eine die Klägerin begünstigende Auswahl der Objekte durch den Sachverständigen festzustellen.
Ebenso beanstandungsfrei habe der Sachverständige ein gleichmäßiges Verhältnis von Neuvermietungs-Vergleichsobjekten und Mieterhöhungs-Vergleichsobjekten zugrunde gelegt. Zwar sei den Beklagten insoweit zuzugestehen, dass die Anzahl der Mieterhöhungen die Anzahl der Neuvermietungen im Begutachtungszeitraum deutlich übersteige. Hieraus folge indes nicht, dass die Mietanpassungen im Verhältnis zu den Neuvermietungen stärker berücksichtigt werden müssten.
Dem vermochte sich der Bundesgerichtshof nicht in allen Punkten anzuschliessen und legte dar, dass ein Anspruch der Klägerin nach § 558 Abs. 1 S. 1 BGB auf Zustimmung zu der geltend gemachten Mieterhöhung mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht bejaht werden kann.
Rechtsfehlerfrei habe das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin ihr Mieterhöhungsverlangen formell ordnungsgemäß nach § 558a BGB begründet hat.
Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das Erhöhungsverlangen dem Mieter in Textform zu erklären und zu begründen. Dem Mieter sollen mit dem Mieterhöhungsverlangen im Interesse einer außergerichtlichen Einigung die Tatsachen mitgeteilt werden, die er benötigt, um die vom Vermieter begehrte Mieterhöhung auf ihre Berechtigung – zumindest ansatzweise – überprüfen zu können, also etwa die Angabe der ortsüblichen Vergleichsmiete und bei Bezugnahme auf einen Mietspiegel – wie hier der Fall – die Einordnung der Wohnung in die betreffende Kategorie des Mietspiegels. Dabei dürfen an die Begründung des Mieterhöhungsverlangens keine überhöhten Anforderungen gestellt werden; es genügt, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, die Angabe der nach Auffassung des Vermieters einschlägigen Kategorien des Mietspiegels. Die Richtigkeit dieser Einordnung ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen habe, keine Frage der formellen Wirksamkeit, sondern der materiellen Begründetheit des Erhöhungsverlangens. Einer Beifügung des Mietspiegels bedarf es für die formelle Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens nicht, wenn der Mietspiegel allgemein zugänglich ist.
Diesen Anforderungen wird das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin, das die Einstufung der Wohnung nach Baualtersklasse, Lage, Ausstattung und Größe mitteilt und die dafür im Mietspiegel angesetzte Vergleichsmiete angibt, gerecht. Dies gilt, anders als die Revision meint, auch hinsichtlich der Einordnung der streitgegenständlichen Doppelhaushälfte in eine nicht ihrem Baujahr entsprechende jüngere Baualtersklasse. Hieran ändert der von der Revision angeführte Umstand nichts, dass der im Mieterhöhungsverlangen insoweit verwendete Begriff der Vollmodernisierung im Mietspiegel nicht enthalten ist. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass sich gleichwohl aus der die Baualtersklasse betref-fenden Passage des Mieterhöhungsverlangens in Verbindung mit der einschlägigen Ziffer 5 des in Bezug genommenen Mietspiegels mit ausreichender Deutlichkeit ergibt, dass die streitgegenständliche Doppelhaushälfte nach Auffassung der Klägerin mit einem so wesentlichen Bauaufwand saniert und neuzeitlichen Wohnansprüchen angepasst worden ist, dass gemäß Ziffer 5 des Mietspiegels die Einordnung in die dem Zeitpunkt der Durchführung dieser baulichen Maßnahmen entsprechende Baualtersklasse gerechtfertigt ist. Es begegnet daher auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht Münster unter Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles für die Ordnungsmäßigkeit des Mieterhöhungsverlangens wei-tergehende Angaben zu der von der Klägerin angeführten Vollmodernisierung nicht für erforderlich erachtet hat.
Der formellen Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens steht auch nicht entgegen, dass die angeführten baulichen Maßnahmen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Großteil lediglich der Instandhaltung des Hauses dienten und damit keinen Umbau im Sinne der Ziffer 5 des Mietspiegels darstellten. Denn hierbei handelt es sich, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, nicht um eine Frage der formellen Wirksamkeit, sondern der materiellen Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens.
Die Ausführungen des Landgerichts Münster zur materiellen Berechtigung des Mieterhöhungsverlangens sind nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nicht frei von Rechtsfehlern.
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Tatrichter bei der Beurteilung der Begründetheit eines Mieterhöhungsverlangens im Rahmen seiner freien Überzeugungsbildung nicht auf das im Erhöhungsverlangen des Vermieters genannte Begründungsmittel im Sinne des § 558a Abs. 2 BGB beschränkt ist. Ist – wie hier – ein formell wirksames Mieterhöhungsverlangen gegeben, so ist vom Tatrichter materiell-rechtlich zu überprüfen, ob die konkret vom Vermieter verlangte Mieterhöhung nach § 558 BGB tatsächlich berechtigt ist, insbesondere ob die neue Miete innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Hierzu durfte das Berufungsgericht den von der Klägerin im Rechtsstreit zusätzlich zum in Bezug genommenen Mietspiegel angebotenen Sachverständigenbeweis erheben.
Wie die Revision aber mit Recht rügt, ist das vom Berufungsgericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen S. jedoch als Grundlage für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für die von den Beklagten gemietete Doppelhaushälfte ungeeignet.
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder, von Erhöhungen nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden sind (§ 558 Abs. 2 BGB). Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist ein objektiver Maßstab anzulegen, der einen repräsentativen Querschnitt der üblichen Entgelte darstellen soll. Die ortsübliche Vergleichsmiete darf im Prozess daher nur auf der Grundlage von Erkenntnisquel-len bestimmt werden, die die tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen in einer für die freie tatrichterliche Überzeugungsbildung (§ 286 ZPO) hinreichenden Weise ermittelt haben.
Diesen Anforderungen genügt das vom Landgericht Münster verwertete Gutachten des Sachverständigen S. nicht. Der Sachverständige muss bei der Ermittlung der Einzelvergleichsmiete ein breites Spektrum von Vergleichswohnungen aus der Gemeinde berücksichtigen. Diese Anforderung ist nicht erfüllt, wenn – wie hier – nur Vergleichswohnungen aus einer einzigen Siedlung, die im Eigentum ein und desselben Vermieters steht, Berücksichtigung finden.
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist das nicht deshalb anders zu beurteilen, weil der Ortsteil, in dem sich die Wohnung der Beklagten befindet, gewisse Besonderheiten aufweist und sich dort eine Reihe fast identischer Vergleichsobjekte befindet. Diese Umstände nötigen auch nicht dazu, eine Art “Spezialmietspiegel” für diesen Ortsteil aufzustellen. Denn Grundlage der ortsüblichen Vergleichsmiete ist das Mietniveau in der gesamten Gemeinde. Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete können deshalb auch Objekte herangezogen werden, die nach Ausstattung, Art, Größe und Lage nur ungefähr vergleichbar sind. Einzelnen Unterschieden bei den Vergleichswohnungen kann gegebenenfalls durch Zu- oder Abschläge Rechnung getragen werden. Im Übrigen kann der Vermieter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558a BGB auf den eigenen Bestand zurückgreifen. Ferner hat es der Bundesgerichtshof nicht beanstandet, dass der gerichtliche Sachverständige die Vergleichswohnungen nur durch Befragungen verschiedener Vermieter ermittelt. Eine Auswahl von Wohnungen, die sämtlich dem die Mieterhöhung begehrenden Vermieter gehören, stellt aber keine repräsentative Stichprobe für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete im Prozess dar.
Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht den vom Sachverständigen S. auf diese Weise ermittelten Wert zu Grunde gelegt. Den einfachen Mietspiegel der Stadt Ahlen hingegen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft als vermeintlich nicht taugliche Erkenntnisquelle außer Betracht gelassen. Wie der Bundesgerichtshof aber bereits entschieden hat, darf auch ein – hier gegebener – Mietspiegel im Sinne des § 558c Abs. 1 BGB, der die Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 BGB nicht erfüllt (einfacher Mietspiegel), in die Überzeugungsbildung des Tatrichters einfließen. Ihm kommt zwar nicht die in § 558d Abs. 3 BGB dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene Vermutungswirkung zu. Er stellt jedoch ein Indiz dafür dar, dass die dort angegebenen Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben. Wie weit diese Indizwirkung reicht, hängt von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls, insbesondere der Qualität des Mietspiegels und den Einwendungen der Parteien gegen den Erkenntniswert der Angaben des Mietspiegels ab. Hierzu hat das Berufungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – bisher keine Feststellungen getroffen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.07.2013 – VIII ZR 263/12