martina heck

29.04.2016

Die formelle Ordnungsgemäßheit von Betriebskostenabrechnungen

Die Ordnungsgemäßheit von Betriebskostenabrechnungen ist bekanntlich ein Dauerbrenner im Mietrecht. Spannend ist häufig bereits die Frage, ob eine Betriebskostenabrechnung formell ordnungsgemäß ist.

Der Bundesgerichtshof hat nun die Anforderungen an die formelle Ordnungsgemäßheit gesenkt, indem er entschieden hat, dass es genügt, hinsichtlich der Angabe der „Gesamtkosten“, wenn der Vermieter bei der jeweiligen Betriebskostenart den Gesamtbetrag angibt, den er auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegt.
Dies gilt nach Auffaasung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn der Vermieter diesen Gesamtbetrag vorab um nicht auf den Mieter umlagefähige Kostenanteile bereinigt hat. Einer Angabe und Erläuterung
der zum angesetzten Gesamtbetrag führenden Rechenschritte bedarf es nicht. Damit hat der Bundesgerichtshof seine diesbezügliche Rechtsprechung.

In dem entschiedenen Fall war die Klägerin Eigentümerin und Vermieterin einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage in Bochum. Die Beklagten haben in dem zu diesem Komplex gehörenden Gebäude H eine Wohnung gemietet.
Die Klägerin rechnete die Nebenkosten gegenüber den Mietern jeweils
nach Gebäuden ab. Bei den Nebenkostenpositionen Wasser, Abwasser und
Müllabfuhr besteht die Besonderheit, dass die gesamte Anlage über einen zentralen Müllplatz und zwei Heizstationen mit zentraler Warmwasseraufbereitung verfügt, die jeweils die anderen Häuser mitversorgen
Die Klägerin sah sich deshalb veranlasst, bei diesen Positionen zunächst
von den Gesamtkosten für die Wohnanlage auszugehen und diese
Kosten nach dem Verhältnis der Wohnfläche auf die einzelnen Gebäude zu verteilen. Dieser Rechenschritt ist allerdings aus den Nebenkostenabrechnungen, die den Mietern erteilt wurden, nicht
ersichtlich. Vielmehr erschien darin nur der von der Klägerin für das jeweilige Gebäude errechnete „Gesamtbetrag“, der dann auf die Mieter des jeweiligen Gebäudes mittels des anzuwendenden Umlageschlüssels verteilt wurde. Aus diesem Grund entsprechen die für das jeweilige Gebäude
in den Nebenkostenabrechnungen ausgewiesen en „Gesamtkosten“
nicht den Beträgen, die aus den Gebührenbescheiden der Gemeinde
und den jeweiligen Rechnungen der Stadtwerke ersichtlich sind.

Die Klägerin verlangte aufgrund der Nebenkostenabrechnung eine Nachzahlung.

Der Bundesgerichtshof hat zunächst festgestellt, dass er an seiner
bisherigen Rechtsprechung nicht festhält, wonach die Angabe lediglich „bereinigter“ Gesamtkosten die Unwirksamkeit der Abrechnung aus formellen Gründen zur Folge hat.
Er entscheidet nunmehr, dass es zur Erfüllung der Mindestanforderungen einer Nebenkostenabrechnung, durch die die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB gewahrt wird, genügt, wenn als „Gesamtkosten“ bei der
jeweiligen Betriebskostenart die Summe der Kosten angegeben ist, die
der Vermieter auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit
(in der Regel: Gebäude) umlegt.

Eine Betriebskostenabrechnung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann formell ordnungsgemäß und damit wirksam, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält.

Dabei hat der Bundesgerichthof die bei der Abrechnung von Betriebskosten bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig aufzunehmenden Mindestangaben in zahlreichen Entscheidungen wie folgt umschrieben:
eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und – soweit erforderlich – die Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen.

Allerdings hat der Bundesgerichtshof die Notwendigkeit, „Gesamtkosten“
jeder Abrechnungsposition anzugeben, bisher nicht strikt darauf beschränkt, dass nur die jeweiligen (Gesamt-) Kosten angegeben werden müssen, die in der Abrechnungseinheit nach der Abrechnung auf die Wohnungsmieter umgelegt werden.
Vielmehr hat er vom Vermieter in einigen Sonderfällen verlangt, auch darüber hinausgehende Kosten anzugeben sowie den Rechenschritt zu er
läutern, mit dem die letztlich umgelegten Gesamtkosten der Abrechnungseinheit erst ermittelt worden sind.

Es handelt sich dabei zum einen um den Fall, dass dem Vermieter seinerseits Betriebskosten von einem Dritten einheitlich für eine größere Wohnanlage in Rechnung gestellt wurden, ohne dass bereits von diesem Dritten eine Aufschlüsselung auf das einzelne Gebäude als Abrechnungseinheit vorgenommen wurde. Zum anderen geht es um die Fälle, in denen einzelne dem Vermieter entstandene Kosten nicht vollständig als Betriebskosten umlagefähig sind, etwa weil ein angestellter Hausmeister teils umlagefähige Arbeiten ausführt und teils vom Vermieter mit der Ausführung nicht als Betriebskosten umlagefähiger Verwaltungstätigkeiten betraut ist oder weil im Hinblick auf eine gewerbliche Nutzung einzelner Einheiten ein Vorwegabzug vorgenommen wird.

Die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den „bereinigten“ Gesamtkosten in den beschriebenen Sonderfällen fügt sich
indes nicht mehr in die vom Bundesgerichtshof inzwischen weiterentwickelten rechtlichen Maßstäbe zur Bestimmung der Mindestanforderungen einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung ein, die der Vermieter innerhalb der Jahresfrist erfüllen muss, um nicht mit einer etwaigen Nachforderung ausgeschlossen zu sein.
Der Bundesgerichtshof hat zwischenzeitlich mehrfach betont, dass an die Abrechnung von Nebenkosten in formeller Hinsicht keine zu hohen
Anforderungen zu stellen sind. Diesem Grundgedanken hat er in mehreren Entscheidungen Einschränkungen der eingangs beschriebenen Mindestanforderungen
abgeleitet. So hat er bei den Vorauszahlungen jeden Fehler (zu hoch oder zu niedrig angesetzte Vorauszahlungen, Ansatz der Soll- statt der Istvorauszahlungen) als lediglich materiellen Fehler eingestuft, der
nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung aus formellen Gründen führt
((BGH, Urteil vom 18.05.2011 – VIII ZR 240/10)).
Später hat er gänzlich davon abgesehen, Angaben zu den Vorauszahlungen zu den Mindestanforderungen zu zählen, weil es auf eine leere Förmelei hinausliefe, etwa eine ausdrückliche Angabe „Null Vorauszahlungen“
zu verlangen.

In gleicher Weise hat der Bundesgerichtshof die Nichtvornahme eines gebotenen Vorwegabzugs für einzelne gewerbliche Einheiten allein als materiellen Fehler eingeordnet.

Weiter hat es der Bundesgerichtshof bei der Heizkostenabrechnung ausreichen lassen, dass nur die verbrauchte Brennstoffmenge und der Gesamtbetrag der dafür angefallenen Kosten angegeben werden, während die Mitteilung der Zählerstände, aus denen sich der Brennstoffverbrauch erst ergibt, nicht zu den Mindestvoraussetzungen gehört.

Ebenso gehört es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu den Voraussetzungen einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostena
brechnung, diejenigen Zwischenschritte offen zu legen, mit denen der Vermieter aus kalenderjahresübergreifenden Abrechnungen eines Versorgers die auf das abzurechnende Kalenderjahr entfallenden Betriebskosten ermittelt.

Ohnehin kann der Mieter aus der Abrechnung regelmäßig nicht alle Rechenschritte ablesen, die zu ihrer Erstellung erforderlich waren, denn auch die Einzelbeträge einer Kostenposition (etwa die Einzelbeträge mehrerer in den Abrechnungszeitraum fallenden Rechnungen, die der Vermieter vom Versorger oder sonstigen Dritten seinerseits erhalten hat),
müssen nicht angegeben werden, sondern nur der jeweilige Gesamtbetrag einer Kostenposition.

Bei der Frage, welche Mindestanforderungen an eine die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB wahrende Betriebskostenabrechnung zu stellen sind, geht es letztlich entscheidend darum, die insoweit betroffenen
berechtigten Interessen von Mieter und Vermieter unter Berücksichtigung des Zwecks einer solchen Abrechnung in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

Mit der Betriebskostenabrechnung werden die für das Abrechnungsjahr vom Mieter zu tragenden Kosten, auf die er bisher nur Vorauszahlungen
erbracht hat, mit dem exakten Betrag ermittelt. Aus Sicht des Vermieters sollte die dem Mieter jeweils innerhalb der Jahresfrist zu übermittelnde
Abrechnung nicht überfrachtet werden und sich der insoweit zu leistende Verwaltungsaufwand in vertretbaren Grenzen halten.
Auch der Mieter hat grundsätzlich ein Interesse daran, dass die ihm erteilte Abrechnung möglichst übersichtlich gestaltet ist und nicht mit Details versehen wird, die für ihn regelmäßig nicht mit einem wesentlichen Erkenntniswert verbunden sind. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass dem Mieter ein Anspruch auf Einsicht in die Abrechnungsunterlagen
und Belege zusteht und er auf diese Weise – sofern im Einzelfall ein entsprechendes Interesse besteht – weitere Einzelheiten in Erfahrung bringen kann.

Typischerweise geht es dem Mieter vor allem darum, dass die entstandenen Kosten in übersichtlicher Weise (also getrennt nach unterschiedlichen Kostenarten) zusammengestellt sind und er darüber
informiert wird, auf welche Weise (mit welchem Umlageschlüssel) der auf ihn entfallende Kostenanteil ermittelt worden ist und welche Beträge im
Abrechnungsjahr auf ihn entfallen.
Mit diesen Informationen kann er überprüfen, ob die ihm in Rechnung
gestellten Kosten dem Grunde nach umlagefähig sind, ob der richtige Umlageschlüssel verwendet wurde und die für die Abrechnungseinheit angesetzten Gesamtkosten der Höhe nach für ihn plausibel sind oder er Anlass sieht, die Richtigkeit der angesetzten Kosten durch eine Einsicht in die Belege zu überprüfen.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Interessenlage von Mieter und Vermieter und der dargestellten Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hält der Bundesgerichtshof nun die Auffassung,
bei sogenannten „bereinigten“ Kosten bedürfe es für die formelle Ordnungsgemäßheit einer Nebenkostenabrechnung zusätzlicher Angaben zu den Betriebskosten der gesamten Wohnanlage oder zu den Gesamtkosten einschließlich nicht umlagefähiger Kostenanteile und der Erläuterung insoweit angewendeter Rechenschritte, nicht mehr aufrecht.

Vielmehr genügt es auch in diesen Fällen, wenn der Vermieter in der Abrechnung bei der jeweiligen Betriebskostenart – beziehungsweise, soweit eine Zusammenfassung mehrerer Betriebskostenarten zulässig ist, bei dieser zusammengefassten
Position den Gesamtbetrag angibt -, den er auf die Wohnungsmieter der gewählten Abrechnungseinheit umlegt. Ob der Vermieter diesen Gesamtbetrag zutreffend errechnet beziehungsweise ermittelt hat oder dabei Kostenanteile mit angesetzt hat, die nicht umlagefähig sind, ist ausschließlich eine Frage der materiellen Richtigkeit, deren Überprüfung der Mieter ohnehin nicht allein anhand der Abrechnung vornehmen kann, sondern nur mittels einer Einsicht in die Belege.
Entsprechendes gilt für einen Vorwegabzug für die gewerbliche Nutzung
einzelner Einheiten.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.01.2016 – VIII ZR 93/15