martina heck

04.02.2015

Die Umsatzsteuervorauszahlung als Betriebsausgabe früherer Jahre

Für welches (vergangene) Jahr kann eine gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung als Betriebsausgabe geltend gemacht werden?

Zu dieser Frage hat der Bundesfinanzhof aktuelle noch einmal seine Rechtsprechung bestätigt, dass als “kurze Zeit” im Sinne des § 11 EStG ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen gilt, wobei eine Verlängerung des Zehn-Tage-Zeitraums auch im Hinblick auf die nach § 108 Abs. 3 AO hinausgeschobene Fälligkeit von Umsatzsteuervorauszahlungen nicht in Betracht kommt.

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine am 11. Januar 2010 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 EUR als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2009 zu berücksichtigen ist.

In dem entschiedenen Fall sind die Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute; der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Umsatzsteuerrechtlich ist der Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2 S. 1 UStG das Kalendervierteljahr. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das 4. Quartal 2009 reichte der Kläger am 11. Januar 2010 (einem Montag) fristgerecht ein. Gleichzeitig leistete er die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 EUR.

In der Einkommensteuererklärung 2009 berücksichtigte der Kläger die Umsatzsteuervorauszahlung von 3.357,69 EUR bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe.

Mit Einkommensteuerbescheid 2009 erkannte das beklagte Finanzamt die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 nicht als Betriebsausgabe an, weil sie erst im Jahr 2010 abgeflossen sei. Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Niedersächsische Finanzgericht als unbegründet ab.

Die hiergegen gerichtete Revision zum Bundesfinanzhof blieb erfolglos.

Die Kläger hatten geltend gemacht, die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 sei als Betriebsausgabe für das Jahr 2009 zu berücksichtigen. Es handele sich um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2009 abgeflossen und deshalb nach § 11 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 2 EStG im Jahr 2009 anzusetzen seien. Soweit das Finanzamt die Formulierung “kurze Zeit” in dieser Vorschrift auf einen Zeitraum von zehn Tagen begrenze, müsse berücksichtigt werden, dass der 10. Januar 2010 ein Sonntag gewesen sei und deshalb nach § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für Fristberechnungen der darauffolgende Werktag maßgeblich sei. Da die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig am 11. Januar 2010 erfolgt sei, lägen die Voraussetzungen der Zurechnung der Aufwendung zum Jahr 2009 vor.

Dieser Argumentation hat sich der Bundesfinanzhof nicht angeschlossen.

Ausgaben sind gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 EStG für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Nach § 11 Abs. 2 S. 2, Abs. 1 S. 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres angefallen sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören, als in diesem Kalenderjahr abgeflossen.

Im Streitfall ist das Finanzgericht zutreffend davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen für den Veranlagungszeitraum 2009 hinsichtlich der vom Kläger am 11. Januar 2010 geleisteten Umsatzsteuervorauszahlung nicht erfüllt sind.

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind Umsatzsteuervorauszahlungen regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung bei der Art der von dem Kläger erbrachten Leistungen von vornherein feststeht.

Nach § 18 Abs. 1 S. 1 UStG hat der Unternehmer bis zum zehnten Tag nach Ablauf jedes Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung abzugeben (so im Streitjahr) bzw. auf elektronischem Weg zu übermitteln; die Vorauszahlung ist gemäß § 18 Abs. 1 S. 4 UStG am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig.

Im Streitfall ist die Umsatzsteuervorauszahlung zwar fristgerecht am Montag, den 11. Januar des dem Streitjahr folgenden Jahres geleistet worden. Sie ist indes nicht i.S. von § 11 EStG kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres abgeflossen; als “kurze Zeit” gilt ein Zeitraum von bis zu zehn Tagen. Der Kläger hat die Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig erst am 11. Januar 2010, d.h. nach Ablauf des Zehn-Tage-Zeitraums, entrichtet.

Entgegen der Auffassung der Kläger kommt eine Verlängerung des Zehn-Tage-Zeitraums nicht in Frage. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass eine Erweiterung dieser Höchstgrenze unter Berufung auf besondere Verhältnisse des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. In seinen bislang zu der hier zu entscheidenden Frage ergangenen Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof als “kurze Zeit” stets einen Zeitraum von “höchstens zehn Tagen” angesehen; einige Entscheidungen weisen die Formulierung “in der Regel ein Zeitraum bis zu zehn Tagen” auf; in anderen Entscheidungen ist der Bundesfinanzhof stillschweigend von einem zehn Tage nicht überschreitenden Zeitraum ausgegangen.

Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch unter dem Gesichtspunkt der Regelungen in § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB nicht geboten. Ist danach an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag. Zwar gilt diese Vorschrift nach § 108 Abs. 1 AO auch im Steuerverfahrensrecht. Zutreffend verneint das Finanzgericht indes die Anwendung der Normen auf Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 EStG. Es fehlt bereits an der Voraussetzung, dass eine Leistung “zu bewirken ist”. § 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 EStG regeln nämlich keine Zahlungspflicht, sondern knüpfen nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um danach im Rahmen der Einkommensermittlung eine vom Grundsatz abweichende periodengerechte zeitliche Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben für die Gewinn- bzw. Überschusseinkünfte zu bestimmen.

Nach § 18 Abs. 1 S. 4 UStG ist eine Umsatzsteuervorauszahlung am zehnten Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig. Nach § 108 Abs. 3 AO verlängert sich die Zahlungsfrist bis zum folgenden Werktag, sofern deren Ende auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Für den Zeitraum des § 11 EStG hat diese Verlängerung indes keine Bedeutung. Denn § 11 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 EStG regeln keine Frist, sondern schaffen lediglich eine gesetzlich normierte Zufluss- bzw. Abflussfiktion.

Soweit die Kläger rügen, bei der Umsatzsteuer handele es sich um eine indirekte Steuer und vereinnahmte und abzuführende Umsatzsteuerbeträge seien im Ergebnis neutral und müssten bei der Einkommensbesteuerung außer Ansatz bleiben, andernfalls liege ein Verstoß gegen Art. 12 bzw. gegen Art. 14 GG vor, ist die Revision unsubstantiiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellt die vom Überschussrechner gezahlte Umsatzsteuer (Vorsteuer/Zahllast) im Zeitpunkt der Verausgabung eine Betriebsausgabe dar, während die vereinnahmte bzw. verrechnete Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Vereinnahmung als Betriebseinnahme zu erfassen ist.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.11.2014 – VIII R 34/12