Im Februar 2016 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahren sollen Bürger, die ihre Steuererklärung mit erheblicher Verspätung einreichen, einen Verspätungszuschlag zahlen. Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung sollen Steuererklärungen danach soweit möglich automatisiert bearbeitet werden.
Das Besteuerungsverfahren in Deutschland soll, so die Bundesregierung, modernisiert werden und in Zukunft weitgehend ohne schriftliche Belege auskommen.
Die Bundesregierung führte hierzu aus:
Steuerpflichtige, die von Steuerberatern beraten werden, bekämen danach zwei Monate mehr Zeit zur Abgabe ihrer Erklärung. Die Jahressteuererklärung muss künftig am 28. Februar des Zweitfolgejahres vorliegen. Damit werde den beratenden Berufen mehr Zeit gegeben und außerdem für kontinuierlichere Auslastung der Berater und ihrer Mitarbeiter gesorgt. Steuerpflichtige, die ihre Erklärung mit erheblicher Verspätung abgeben, müssen mit einem Verspätungszuschlag rechnen. Der Zuschlag ist festzusetzen, wenn die Steuererklärung nicht binnen 14 Monaten nach Ablauf des Besteuerungsjahres abgegeben wurde. Dabei ist es unerheblich, ob die Erklärung persönlich oder mit Hilfe eines Beraters erstellt wurde. Der Verspätungszuschlag beträgt je nach Fall mindestens zehn beziehungsweise mindestens 50 Euro für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung.
Die heutige Pflicht zur Vorlage von Belegen beim Finanzamt soll weitgehend entfallen. Aus der Belegvorlagepflicht werde eine Belegvorhaltepflicht, heißt es im Gesetzentwurf. Die Steuerpflichtigen müssen allerdings damit rechnen, dass die von ihnen vorgehaltenen Belege von den Finanzbehörden angefordert werden können. Dies betrifft besonders Spendenquittungen. „Der Erhalt einer Zuwendungsbestätigung ist zwar nach wie vor Voraussetzung der steuerlichen Berücksichtigung der Zuwendung, die Zuwendungsbestätigung muss aber nicht mehr mit der Steuererklärung eingereicht werden“, heißt es in dem Entwurf. Der Steuerpflichtige müsse die Bescheinigung erst auf Anforderung vorlegen. Mit Einwilligung des Steuerpflichtigen könne sogar ganz auf die Belegvorhaltepflicht verzichtet werden, wenn der Zuwendungsempfänger die erhaltene Zuwendung direkt an die Finanzverwaltung melde. Mit den Maßnahmen solle der Aufwand für die Erstellung der Steuererklärungen verringert, die Anwenderfreundlichkeit von ELSTER (Elektronische Steuererklärung) erhöht und die automationsgestützte Verarbeitung der Steuererklärung auf Seiten der Finanzverwaltung erleichtert werden.
Zur automatisierten Bearbeitung von Steuererklärungen schreibt die Bundesregierung, damit könnten personelle Ressourcen auf die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle konzentriert werden. Es werde Risikomanagementsysteme geben. Durch die vollautomatische Fallbearbeitung auf der Basis eines Risikomanagementsystems werde neben der herkömmlichen Bearbeitung einer Steuererklärung durch Amtsträger ein zweites gesetzlich geregeltes Leitbild der Steuerfestsetzung geschaffen, nämlich das einer „ausschließlich automationsgestützten Bearbeitung mit einem ausschließlich automationsgestützt erlassenen oder korrigierten Steuerbescheid als Ergebnis“. Außerdem soll der Schriftverkehr weiter auf elektronische Verkehrswege umgestellt werden. So sollen sich Steuerpflichtige ihren Steuerbescheid über das ELSTER-Portal herunterladen können.
Der Bundesrat verlangt in seiner Stellungnahme, dass Rentner jedes Jahr von ihrem Rentenversicherungsträger eine Bescheinigung mit den steuerrelevanten Daten erhalten sollen, die sie wie die Lohnsteuerbescheinigungen der Arbeitgeber zum leichteren Ausfüllen der Steuererklärung nutzen können. In vielen Fällen sei der steuerpflichtige Teil der Rente von den Rentenempfängern selbst nur schwierig zu ermitteln. In der Folge komme es „gehäuft zu unzutreffenden, von der Rentenbezugsmitteilung abweichenden Eintragungen in die Steuererklärungsformulare“, stellen die Länder fest und verlangen, dass die Bescheinigung der steuerrelevanten Daten allen Rentenempfängern automatisch zugestellt wird. Bisher geschehe dies nur auf Antrag.
Die Bundesregierung lehnt dies in ihrer Gegenäußerung ab. 600.000 Rentner würden derzeit die Mitteilung zur Vorlage beim Finanzamt erhalten. Eine Erweiterung würde bei den Trägern der Rentenversicherung zu erheblichen Kosten führen. Allein die Rentenversicherung Bund hätte dann elf Millionen Informationen zu versenden. Außerdem erwartet die Regierung, dass dann mehr Rentner eine Steuererklärung abgeben würden, weil sie das Schreiben als Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung ansehen könnten. Bis 2011 sei die Zahl der steuerbelastete Einkommensteuerpflichtigen mit Rentenbezügen schon auf 3,8 Millionen gestiegen. Es gebe insgesamt 20,6 Millionen Rentenbezieher.
Die Sachverständigenanhörung:
Im Rahmen einer Sachverständigenanhörung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens hat die Mehrheit der Sachverständigen die Pläne der Bundesregierung, bei der Prüfung von Steuerfällen in den Finanzämtern den Grundsatz der „Wirtschaftlichkeit“ einzuführen und damit die Behörden zu entlasten, indem personelle Ressourcen auf die wirklich prüfungsbedürftigen Fälle konzentriert werden, zurückgewiesen. So erklärte der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine in seiner Stellungnahme für die öffentliche Anhörung des Finanzausschusses unter Vorsitz von Ingrid Arndt-Brauer (SPD) am Mittwoch, 13.04.2016, die Einführung von Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit als unbestimmter Rechtsbegriff sei als Grundlage für Entscheidungen über Art und Umfang der Ermittlungen zu weitgehend: „Wir sehen dadurch den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gefährdet“, warnte die Organisation.