Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der allgemeine Gleichheitssatz es nicht gebietet, nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewährte Ruhegehälter wie Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung nur mit einem Besteuerungsanteil zu erfassen.
Durch das Alterseinkünftegesetz ist die Besteuerung der Alterseinkünfte zum 01.01.2005 neu geregelt worden. Diese Neuregelung war erforderlich, weil das Bundesverfassungsgericht die nur anteilige Besteuerung von Sozialversicherungsrenten gegenüber der vollen Besteuerung von Beamtenpensionen für verfassungswidrig erklärt hatte. Im Alterseinkünftegesetz hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, dass Sozialversicherungsrenten ebenso wie Beamtenpensionen vollständig nachgelagert besteuert werden. Dazu wird der steuerpflichtige Anteil der Sozialversicherungsrenten in einer Übergangszeit kontinuierlich erhöht bis im Jahr 2040 Sozialversicherungsrenten ebenso wie Beamtenpensionen der vollen Besteuerung unterliegen.
In dem nun entschiedenen Fall wandte sich ein Wahlbeamter gegen die Besteuerung von Pensionen. Der Wahlbeamte begehrte für sich die niedrigere Besteuerung nach der für Sozialversicherungsrentner geltenden Übergangsregelung. Dies gebiete der verfassungsrechtliche allgemeine Gleichheitssatz. Beim Bundesfinanzhof hatte er damit keinen Erfolg.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. auch Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen. Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, die als Ruhegehalt oder als gleichartiger Bezug auf Grund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften gewährt werden, sind gemäß § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG Versorgungsbezüge. Von diesen Versorgungsbezügen bleiben nach § 19 Abs. 2 S. 1 EStG ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungsfreibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Der maßgebende Prozentsatz, der Höchstbetrag des Versorgungsfreibetrags und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind § 19 Abs. 2 S. 3 EStG zu entnehmen. Soweit es sich um Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt, ist für Werbungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte gemäß § 9a S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ein Pauschbetrag von 102 EUR abzuziehen, wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden.
Die dem Kläger wegen seiner ehemaligen Tätigkeit als Wahlbeamter gewährten Bezüge sind solche aus früheren Dienstleistungen i.S. des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Es handelt sich dabei um ein Ruhegehalt aufgrund beamtenrechtlicher Vorschriften i.S. des § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG, das wegen seiner Gewährung ab 1998 gemäß § 19 Abs. 2 S. 3 EStG in Höhe des Versorgungsfreibetrags von 3.000 EUR und des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag von 900 EUR steuerfrei bleibt. Mangels Nachweises höherer Werbungskosten ist hiervon nach § 9a S. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ein Pauschbetrag in Höhe von 102 EUR abzuziehen.
Entgegen der Auffassung der Kläger verstoßen diese Vorschriften nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG; eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht ist daher nicht einzuholen. Die streitbefangenen Vorschriften bewirken zwar eine unterschiedliche Behandlung mit Sozialversicherungsrentnern. Denn aufgrund beamtenrechtlicher oder entsprechender gesetzlicher Vorschriften gewährte Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen werden nicht nur mit dem Besteuerungsanteil, sondern im vollen Umfang nachgelagert besteuert. Gleichwohl führt dies nicht zu einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der Grundsatz der gleichen Zuteilung steuerlicher Lasten verlangt eine gesetzliche Ausgestaltung der Steuer, die den Steuergegenstand in den Blick nimmt und mit Rücksicht darauf eine gleichheitsgerechte Besteuerung des Steuerschuldners sicherstellt. Ausnahmen von dem jedenfalls für die Ertragsteuern geltenden Gebot gleicher Besteuerung bei gleicher Ertragskraft bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes. Bei der Bestimmung der Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitssatz ist allerdings zu berücksichtigen, dass das BVerfG dem Gesetzgeber gerade bei der Umstrukturierung komplexer Regelungssysteme stets einen besonders weiten Spielraum bei der Ausgestaltung der Übergangsvorschriften einräumt. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt.
Die unterschiedliche Besteuerung von beamtenrechtlichen Ruhegehältern und Sozialversicherungsrenten ist durch besondere sachliche Gründe gerechtfertigt.
Das BVerfG hat dem Gesetzgeber in seinem Urteil in BStBl. II 2002, 618 aufgegeben, sich im Rahmen der Neuregelung der Besteuerung von Renten und Pensionen für ein Lösungsmodell zu entscheiden und dieses folgerichtig auszugestalten. Als tragendes Element der Neuordnung wurden durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) vom 05.07.2004 sämtliche Basis-Altersversorgungssysteme unter schiedslos dem System der nachgelagerten Besteuerung unterworfen. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Da jedoch die Alterseinkünfte bis zu dieser Neuregelung vollkommen unterschiedlich besteuert wurden, sind zur Verwirklichung einer einkommensteuerrechtlichen Gleichbehandlung jeweils unterschiedliche Zwischenschritte notwendig. Denn die gleitende Überführung der Besteuerung von Sozialversicherungsrenten unter bisheriger Berücksichtigung von Ertragsanteilen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG a.F. hin zur vollständigen nachgelagerten Besteuerung erfordert steigende Besteuerungsanteile, wohingegen Versorgungsbezüge bereits dem tragenden Element des AltEinkG entsprechend nachgelagert besteuert werden.
Nachdem hinsichtlich der Besteuerung von Versorgungsbezügen das Ziel des AltEinkG also bereits in der Übergangsphase erreicht wurde, liefe ihre einkommensteuerliche Erfassung mit einem Besteuerungsanteil – sei es auch nur für eine Übergangszeit – dem Leitgedanken des AltEinkG zuwider und entspräche nicht dem Gebot der Folgerichtigkeit.
Überdies hat der Gesetzgeber während der Übergangszeit zur Wahrung des Vertrauensschutzes von Versorgungsempfängern Maßnahmen aufrechterhalten bzw. ergriffen, um zwischen Versorgungsbezügen und Sozialversicherungsrenten bestehende Besteuerungsunterschiede abzumildern.
So wurde der Versorgungsfreibetrag während der Übergangsphase unverändert beibehalten. Dieser wurde wegen der steuerrechtlichen Ungleichbehandlung der nur geringfügigen Besteuerung von Sozialversicherungsrenten nach dem Ertragsanteil im Vergleich zu der vollen steuerlichen Erfassung der Versorgungsbezüge eingeführt. Obwohl Sozialversicherungsrenten bereits ab dem Jahr 2005 nicht mehr mit dem Ertragsanteil, sondern mit dem regelmäßig höheren Besteuerungsanteil erfasst werden, werden einkommensteuerrechtliche Ungleichbehandlungen für bis zum Jahr 2005 beginnende Versorgungsbezüge durch einen weitgehend unveränderten Versorgungsfreibetrag reduziert.
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Anpassung des für Beamtenpensionen ursprünglich gewährten Arbeitnehmer-Pauschbetrags (1.044 EUR) an den Rentenbeziehern zustehenden Werbungskosten-Pauschbetrag (102 EUR) nahezu kompensiert. Denn für bis zum Jahr 2005 beginnende Versorgungsbezüge wurde zur Vermeidung eines sprunghaften Anstiegs der Besteuerung zum Ausgleich dem Versorgungsfreibetrag ein entsprechender Zuschlag in Höhe von 900 EUR hinzugerechnet.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Gesetz den Besteuerungsanteil der Sozialversicherungsrenten nach dem Renteneintrittsalter bestimmt und für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs gleichbleibend festschreibt (§ 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa S. 5 EStG). Der Gesetzgeber war nicht aus gleichheitsrechtlichen Gründen gehalten, den Besteuerungsanteil – insbesondere von Rentnern mit einem Renteneintrittsalter bis 2005 – während des Übergangszeitraums zur nachgelagerten Besteuerung schrittweise zu erhöhen. Er konnte vielmehr berücksichtigen, dass Bezieher von Sozialversicherungsrenten und rentennahe Arbeitnehmer sich bei der Planung ihrer Altersversorgung auf die seit Jahrzehnten nahezu unverändert bestehende Rechtslage eingestellt haben, nach der Sozialversicherungsrenten nur mit einem geringen Ertragsanteil der Besteuerung unterlegen haben, und dass diese ihre Altersversorgung nicht mehr an die geänderte Rechtslage anpassen können. Mit dem schrittweisen, Jahr um Jahr steigenden Besteuerungsanteil der Sozialversicherungsrenten nach dem jeweiligen Renteneintrittsalter und dem parallel dazu verlaufenden Abbau des Versorgungsfreibetrags hat der Gesetzgeber eine behutsame, den gebotenen Vertrauensschutz hinreichend beachtende Übergangsregelung geschaffen. Bezieher von Beamtenversorgungsbezügen bedurften demgegenüber keines besonderen Vertrauensschutzes, da die Versorgungsbezüge der Beamten bereits vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in BStBl. II 2002, 618 und den daraufhin folgenden gesetzlichen Regelungen der vollen Besteuerung unterlagen und nur ein Versorgungsfreibetrag gewährt wurde.
Ferner konnte und musste der Gesetzgeber beachten, dass Rentner über unterschiedliche Rentenerwerbsbiographien verfügen und ein höherer Besteuerungsanteil oder ein sich während des Rentenbezugs erhöhender Besteuerungsanteil bei zahlreichen Rentnern dem Verbot der Doppelbesteuerung zuwiderliefe.
Auf die Frage, ob der Gesetzgeber für den Fall eines gleichheitswidrig zu langen Übergangszeitraumes überhaupt mit einer Regelung zu Gunsten des Klägers reagieren würde, kommt es danach nicht mehr an.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.02.13 – VI R 83/10