martina heck

30.04.2014

Die Barzahlung an das Au-pair-Mädchen

 

Das Finanzgericht Köln hatte über den in einer Einkommensteuererklärung geltend gemachten Ansatz von unbar bezahlten Kinderbetreuungskosten an ein Au-pair-Mädchen zu entscheiden.

In dem konkreten Fall war der Kläger von Beruf Kriminalbeamter und erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er ist seit 2005 verwitwet und hat eine 2001 geborene Tochter.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2010 machte der Kläger Kinderbetreuungskosten in Höhe von insgesamt 9.153 € geltend. Nach einer beigefügten Anlage waren in diesem Betrag 3.080 € für ein Au-pair-Taschengeld enthalten. Der Kläger erläuterte dazu, das Au-pair- Mädchen habe nach eigenen Angaben nicht über ein Konto verfügt. Der Beklagte kürzte die geltend gemachten Kinderbetreuungskosten u. a. um den oben genannt Betrag und berücksichtigte 5.533 € steuermindernd. Dies führte im Einkommensteuerbescheid vom 29.1.2013 zum Ansatz von erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten i.H.v. 3.689 € (= 2/3 von 5.533 €) und zur Festsetzung von Einkommensteuer i.H.v. 8.189 €. In den Erläuterungen zu Bescheid führte der Beklagte aus, dass Geldleistungen im Rahmen eines Au-pair-Verhältnisses nur anerkannt werden könnten, wenn diese unbar und zudem auf ein Konto des Au-pairs gezahlt seien.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein. Er begründete diesen damit, dass sein damaliges Au-pair, Frau A, ihm gegenüber angegeben habe, kein Konto zu benötigen, und es daher abgelehnt habe, die vertraglich vereinbarten Geldleistungen unbar entgegenzunehmen. Insofern habe er überhaupt nicht die Möglichkeit gehabt, unbar zu leisten. Gleiches Vorgehen sei in den vergangenen Jahren durch den Beklagten immer steuerlich anerkannt worden. Aufgrund seiner Familiensituation habe er nicht die Alternative gehabt, ein in der Kinderbetreuung erfahrenes Au-pair-Mädchen abzulehnen, weil sie kein Konto habe einrichten wollen. Der Kläger macht insoweit Vertrauensschutz geltend und trägt vor, die meisten Finanzverwaltungen würden die Kinderbetreuungskosten in der hier streitigen Form anerkennen. Er bitte um Gleichbehandlung.
In seiner Einspruchsentscheidung wies der Beklagte den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück. Er begründet dies damit, dass gemäß § 9c Abs. 3 S. 3 EStG für den Abzug von Aufwendungen als Kinderbetreuungskosten Voraussetzung sei, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringer der Leistung erfolgt sei. Die hier erfolgte Barzahlung genüge dieser Vorschrift nicht. Unerheblich sei, dass die Leistungserbringerin es abgelehnt habe, die Geldleistungen unbar entgegenzunehmen. Wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung bei der Einkommensteuer gemäß § 2 Abs. 7 EStG seien die Aufwendungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes anzuerkennen.
Daraufhin hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sich weiterhin gegen die Kürzung der bar gezahlten Kinderbetreuungskosten wendet.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2010 ist nach rechtmäßig und verletzt daher den Kläger nicht in seinen Rechten. Denn zu Recht hat der Beklagte aus dem bar an die Au-pair-Kraft geleisteten Betrag von 3.080 € auch nicht in Höhe eines – bis zum Höchstbetrag von insgesamt 6.000 € zu berücksichtigenden – Teilbetrages von 466 € Aufwendungen des Klägers nicht in Höhe von 311 € als (weitere) erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten im Sinne des § 9c Abs. 1 S. 1 EStG steuermindernd berücksichtigt.

Nach dieser Norm können (i.V.m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG) – unter anderem – Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden leiblichen, noch nicht 14 Jahre alten Kindes, die wegen einer Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen anfallen, in Höhe von 2/3 der Aufwendungen, höchstens i.H.v. 4.000 € bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wie Werbungskosten abgezogen werden. Voraussetzung dafür ist gemäß §§ 9c Abs. 3 S. 3, 9 Abs. 5 S. 1 EStG, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

Die Abzugsvoraussetzung einer unbaren Zahlung dieser Aufwendungen ist rechtmäßig und sieht zu Recht keine Ausnahmen vor. Hier hat der erwerbstätige Kläger zwar unstreitig aufgrund eines Au-pair-Vertrages die Leistung des Au-Pairs zur Betreuung seines unter 14 Jahre alten Kindes aufgewendet, diese jedoch in bar entgolten, so dass deshalb deren steuermindernde Berücksichtigung ausscheidet.

Sieht der Gesetzgeber nämlich vor, dass steuermindernd geltend gemachte Aufwendungen nur dann anzuerkennen sind, wenn diese unbar durch Zahlung auf ein Konto nachgewiesen werden, so ist diese Abzugsvoraussetzung ohne Ausnahme zu beachten. So hat der Bundesfinanzhof bereits im Anwendungsbereich des § 35a EStG die Ungleichbehandlung zwischen baren und unbaren Zahlungsvorgängen als durch das am Gemeinwohl orientierte Ziel gerechtfertigt angesehen, die Schwarzarbeit im Privathaushalt zu bekämpfen. Ferner ist geklärt, dass der Gesetzgeber bei Erwerbsaufwendungen, die die Privatsphäre des Steuerpflichtigen berühren, besondere formelle Anforderungen an die Abziehbarkeit stellen kann, wie es z.B. in § 4 Abs. 7 EStG geschehen ist.
Mit den Nachweiserfordernis in den genannten Normen verfolgte der Gesetzgeber dieselben Zwecke wie mit den insoweit inhaltsgleichen Regelungen des – bis 31.12.2008 geltenden – § 4 f S. 5 EStG, des § 10 Abs. 1 Nr. 8 S. 6 EStG und § 35a Abs. 2 S. 5 EStG. Mit diesen Anforderungen sollten Anreize gegeben werden, legale Beschäftigungsverhältnisse in Privathaushalten zu schaffen, Missbrauch soll vorgebeugt und die Schwarzarbeit bekämpft werden. Diese Regelungen haben damit einen Lenkungszweck, der die unterschiedliche Behandlung von Zahlungsvorgängen zu rechtfertigen vermag, auch wenn es sich wie bei der Norm des § 4f EStG a. F. um eine solche handelt, die die verfassungsrechtlich grundsätzlich gebotene Berücksichtigung zwangsläufiger Kinderbetreuungskosten bezweckt. Denn auch diese Art von Aufwendungen ist zumindest privat mitveranlasst und hat einen engen Bezug zur räumlichen Privatsphäre; vielfach findet die Betreuung im Privathaus des Steuerpflichtigen statt (z.B. Au-Pair-Mädchen, angestellte Kinderfrau, Babysitter). Auch bei außerhäuslichen Betreuungsformen (z.B. Tagesmutter, Betreuung bei Großeltern oder anderen Verwandten) bestehen erhebliche Schwarzarbeitsrisiken und Missbrauchsgefahren, denen der Gesetzgeber entgegentreten durfte.

Dieselben Erwägungen treffen auch auf die hier zu beurteilende – in den Veranlagungszeiträumen ab 2009 bis 2011 geltende – Norm des § 9c EStG zu.

Denn nach der Gesetzesbegründung sollte dieser als inhaltlich unveränderter Nachfolgeregelung u.a. zu § 4f EStG a.F. lediglich dazu dienen, dass „die bisher in mehreren Vorschriften verstreuten Regelungen zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten“ …“– ohne materiell-rechtliche Änderungen – in einer einzigen Vorschrift zusammengefasst“ werden (Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsgesetz – FamLeistG). Dies bestätigt auch die Einzelbegründung zum neu geschaffenen § 9c Abs. 3 EStG, in der es heißt: „Er enthält die bisher in den §§ 4f, 10 Abs. 1 Nr. 5 und 8 EStG enthaltenen Verfahrensregelungen und Abzugsbedingungen“.

Auch das weitere Klägervorbringen, wonach das Au-pair als Erbringerin der Betreuungsleistung im Streitfall auf Barzahlung bestanden habe, vermag der Klage nicht etwa dadurch zum Erfolg zu verhelfen, dass die Normen des §§ 9c Abs. 3 S. 3, 9 Abs. 5 S. 1 EStG insoweit verfassungswidrig wären, da sie für diesen Fall eine steuerliche Anerkennung der Aufwendungen versagen. Denn auch bei der steuerlichen Behandlung von Unterhaltskosten, wozu die Kinderbetreuungskosten gehören, ist die grundsätzliche Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten. Er darf grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Der Gesetzgeber des § 9c EStG durfte davon ausgehen, dass angesichts der weiten Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs von den Steuerpflichtigen die Abzugsvoraussetzungen gemäß §§ 9c Abs. 3 Satz 3, 9 Abs. 5 S. 1 EStG typischerweise erfüllt werden können. Dem Sonderfall, dass sich ein Leistungserbringer, wie im Streitfall geschehen, der bargeldlosen Zahlung verweigert, musste der Gesetzgeber jedenfalls nicht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten Rechnung tragen.

Des Weiteren dringt der Kläger mit seinem Klagebegehren auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht durch.

Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung (§ 25 Abs. 1 EStG) hat das Finanzamt nämlich in jedem Veranlagungszeitraum bei der Festsetzung der Einkommensteuer die einschlägigen Besteuerungsgrundlagen erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es zum frühest möglichen Zeitpunkt aufgeben, auch wenn der Steuerpflichtige auf diese Rechtsauffassung vertraut und entsprechend disponiert haben sollte. Dies gilt selbst dann, wenn die Finanzbehörde über eine längere Zeitspanne eine rechtsirrige Auffassung vertreten hat, es sei denn, das Finanzamt hat eine entsprechende Behandlung in den Folgejahren ausdrücklich zugesagt. Der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung schließt danach die Bildung eines Vertrauenstatbestands aus, der über die im Steuerbescheid für ein Veranlagungsjahr zugrunde gelegte Entscheidung hinausgeht.

Auf dieser Grundlage kann die Nichtbeanstandung einer steuerrechtlich fehlerhaften Handhabung – wie hier der (hier zu Gunsten des Klägers unterstellte) unrichtige Ansatz von bar gezahlten Kinderbetreuungskosten in den Einkommensteuerbescheiden des Klägers für die Vorjahre – keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Klägers im Streitjahr schaffen. Darin liegt jedenfalls keine, zur Entstehung eines schützenswerten Vertrauens erforderliche ausdrückliche Zusage des Beklagten einer Anerkennung unbar gezahlter Kinderbetreuungskosten.

Schließlich führt auch die Behauptung des Klägers, dass „die meisten Finanzverwaltungen“ bar bezahlte Kinderbetreuungskosten steuerlich anerkennen würden, nicht zum Erfolg der Klage. Denn etwaige Fehler anderer Finanzämter oder aber auch des Beklagten bei der Einkommensteuerveranlagung anderer Steuerpflichtigen führen nicht dazu, die hier streitigen Kinderbetreuungskosten entgegen der Gesetzesvorschrift zu berücksichtigen. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) gewährt nämlich keinen Anspruch auf Anwendung einer — hier unterstellten — rechtswidrigen Verwaltungspraxis, weil es keine “Gleichheit im Unrecht” gibt.

Finanzgericht Köln, Urteil vom 10.01.2014 – 15 K 2882/13